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Altbauwohnung – Sollbeschaffenheit Trittschalldämmung

AG Schöneberg – Az.: 9 C 5/16 – Urteil vom 24.05.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist seit dem 01.10.2008 Mieterin und die Beklagte Vermieterin der Wohnung R. Straße, … B., Quergebäude, Erdgeschoss rechts. Das streitgegenständliche Gebäude wurde im Jahr 1890 errichtet. Die Wohnung oberhalb der klägerischen Wohnung im 1. OG rechts ist an Herrn M. vermietet. Mit Schreiben vom 17.10.2013, Anlage K 2, Bl. 8 f. d. A., teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie sich durch Lärmbelästigungen gestört fühle, die von der Wohnung des Herrn M. ausgehen würden. Mit Schreiben vom 20.02.2014, Anlage K 4, Bl. 18 d. A., forderte die Klägerin, vertreten durch den B. M. Verein e. V., die Beklagte zur Mängelbeseitigung bis zum 07.03.2014 auf.

Die Klägerin behauptet, die Geschossdecke zwischen den beiden streitgegenständlichen Wohnungen entspreche nicht den schallschutztechnischen Standards. Die Schüttung in der Zwischendecke habe sich über die Jahrzehnte aufgelöst, so dass eine Masse zur Schalldämmung nicht mehr vorhanden sei. Von der Wohnung des Herrn M., welche wechselnd untervermietet werde, gehe eine erhebliche Lärmbelästigung vor allem während der Nachtzeit aus. Die Klägerin führte seit dem 30.09.2013 Lärmprotokolle, in denen sie die von ihr behaupteten Lärmbelästigungen nach Tagen und Uhrzeiten aufführt. Wegen der Einzelheiten der behauptetem Lärmbeeinträchtigungen wird auf die Lärmprotokolle, Anlage K 2, Bl. 8 R ff. d. A., und den Schriftsatz vom 08.08.2014, Bl. 3. d. A., verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, geeignete Maßnahmen zu treffen, damit die Lärmbeeinträchtigung durch Trittschall ausgehend von der Wohnung R. Straße, … B., Quergebäude, 1. OG rechts, auf die Wohnung R. Straße, … B., Quergebäude, EG rechts, den für vor 1989 errichtete Gebäude geltenden Grenzwert von 63 dB nicht übersteigt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, dass die maßgeblichen Richtwerte für die streitgegenständliche Wohnung eingehalten würden und auch die bestehende Dämmung den bautechnischen Vorgaben zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes entspreche.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschlüssen vom 23.06.2015, Bl. 49 d. A., und vom 26.01.2017, Bl. 122 d. A.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten vom 23.11.2015, Bl. 62 ff. d. A., und das Ergänzungsgutachten vom 02.03.2017, Bl. 127 f. d. A., Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsprotokolle vom 12.03.2015, Bl. 47 d. A., und vom 05.01.2017, Bl. 120 d. A., verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1.

Die Klage ist zulässig.

Der in der mündlichen Verhandlung am 05.01.2017 gestellte Antrag ist hinreichend bestimmt. Die Klägervertreterin hat auf Nachfrage des Gerichts klargestellt, dass sich der Klageantrag im Schriftsatz vom 31.10.2014, Bl. 28 d. A., auf den Trittschallpegel bezieht. Damit ist ausreichend klar, dass die Klägerin die Einhaltung eines bestimmten Trittschallpegels (L´n,w) begehrt. Durch welche Maßnahmen die Beklagte dies erreicht, musste nicht in den Antrag aufgenommen werden, da die Klägerin dies der Beklagten gar nicht vorgeben darf. Vielmehr hat die Beklagte ein Wahlrecht, auf welche Weise sie einen etwaigen Mangel beseitigt.

2.

Die Klage ist aber nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auf die beantragten Maßnahmen zur Einhaltung eines Trittschallpegels von L´n,w = 63 dB.

Altbauwohnung - Sollbeschaffenheit Trittschalldämmung
(Symbolfoto: Von Dmitry Kalinovsky/Shutterstock.com)

Der Vermieter hat dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Fehlt es an Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache, schuldet der Vermieter eine Beschaffenheit, die sich für den vereinbarten Nutzungszweck – hier die Nutzung als Wohnung – eignet und die der Mieter nach der Art der Mietsache erwarten kann. Der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der Mieter aber grundsätzlich nur die Einhaltung der zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes maßgeblichen technischen Vorschriften erwarten. Der Vermieter ist also nicht zu einer Anpassung der Wohnung an aktuelle technische Bauvorschriften verpflichtet (vgl. Entscheidung des BGH vom 05.06.2013, VIII ZR 287/12, juris; Entscheidung des BGH vom 07.07.2010, VIII ZR 85/09, juris; Entscheidung des LG Berlin vom 16.12.2011, 63 S 111/11, juris).

Vorliegend wird der Standard eingehalten, der für vergleichbare Wohnungen mit Baujahr 1890 üblich ist. Zu diesem Zeitpunkt existierten noch keine DIN-Normen bezüglich eines schallschutztechnischen Mindeststandards. Insbesondere die DIN 4190, deren ursprüngliche Fassung aus dem Jahr 1944 stammt, existierte zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes noch nicht und kann deshalb vorliegend auch nicht zum Maßstab genommen werden. Die Baupolizeiordnung von 1892, die also auch erst nach der Errichtung des streitgegenständlichen Gebäudes in Kraft getreten ist, enthielt keine Vorgaben zum Schallschutz, sondern nur zur Feuersicherheit und zur Gesundheitspflege. Mangels entsprechender Regelungen zu einem technischen Mindeststandard im Jahr 1890 ist deshalb darauf abzustellen, was bei vergleichbaren Wohngebäuden dieser Baualtersklasse üblich war. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen in seinem Ergänzungsgutachten vom 02.03.2017 ergibt sich, dass Holzbalkendecken, wie sie damals üblicherweise ausgeführt wurden und auch in dem streitgegenständlichen Gebäude vorhanden sind, einen Normtrittschallpegel von ca. L´n,w = 65 bis 70 dB aufweisen. Somit kann die Klägerin auch gegenwärtig bei einem solchen Altbau aus dem Jahr 1890 nicht die Einhaltung eines besseren Schallschutzes als L´n,w = 65 bis 70 dB verlangen. Nach den durchgeführten Messungen des Sachverständigen, welche er in seinem Gutachten vom 23.11.2015 dargestellt hat, wird bei der streitgegenständlichen Wohnung im Wohnzimmer ein Trittschallpegel von L´n,w = 67 dB und im Schlafzimmer ein Trittschallpegel von L´n,w = 65 eingehalten. Diese Werte bewegen sich also in dem Bereich, der für vergleichbare Wohnungen der Baualtersklasse mit Holzbalkendecken erwartet werden kann. Es kann dahin gestellt bleiben, ob sich tatsächlich die Schüttung in der Zwischendecke über die Jahrzehnte aufgelöst oder vermindert hat, da die Beschaffenheit der Zwischendecke jedenfalls sicherstellt, dass die üblicherweise zu erwartenden Standards eingehalten werden. Damit ist der gegenwärtige Zustand vertragsgemäß. Ob der Mieter M. oder etwaige Untermieter den von der Klägerin behaupteten Lärm verursachen, konnte in der Folge dahinstehen, da die Klägerin die von ihr mit dem Klageantrag geforderte Einhaltung eines Trittschallpegels von L´n,w = 63 dB in jedem Fall nicht verlangen kann. Darüber hinaus ist auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich, dass durch den Mietgebrauch der anderen Wohnung der Trittschallpegel von L´n,w = 65 bis 70 dB regelmäßig überschritten wird.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 S. 1 und 2, 709 S. 2 ZPO.

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