AG Wetzlar – Az.: 35 C 118/21 – Urteil vom 13.01.2022
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Wohnung in … Erdgeschoss vorne bestehend aus drei Zimmern, einer Wohnküche, einer Teileinbauküche, einer Diele, einem Bad mit Doppelwaschbecken, Badewanne, WC und Duschvorrichtung, einer Waschküche, einem Kellerraum mit Flur und einer Garage bis spätestens zum 2.9.2022 zu räumen und mit allen Schlüsseln versehen an die Kläger herauszugeben.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Garage, welche sich auf dem Grundstück … von der Hofeinfahrt aus Richtung … zum Garagengebäude kommend geradeaus auf der linken Seite befindet, bis spätestens zum 2.9.2022 zu räumen und mit sämtlichen Schlüsseln versehen an die Kläger herauszugeben
3. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 8.900 Euro abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Räumung und Herausgabe einer Mietwohnung in Anspruch. Mit schriftlichem Vertrag vom 26.7.2004, für den wegen inhaltlicher Einzelheiten auf die Anl. K1 zur Klageschrift (Bl. 20 ff. der Akte) Bezug genommen wird, mieteten der Beklagte vom Vater der Klägerin eine Wohnung im Hause … in … beginnend ab dem 1.9.2004. Der Beklagte bewohnt die Wohnung zusammen mit seiner Ehefrau, der Beklagten und dem gemeinsamen elfjährigen Sohn.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 28.9.2020 erwarben die Kläger das gesamte Grundstück … in …, wobei der Übergang des Besitzes sowie der Nutzungen und Lasten auf die Kläger zum 1.12.2020 vereinbart wurde. Für Einzelheiten des Kaufvertrages wird Bezug genommen auf die Ablichtung der notariellen Urkunde vom 28.9.2020 (Anl. K2 zur Klageschrift, Bl. 21 ff. der Akte). Die Kläger wurden am 16.12.2020 als neuer Eigentümer des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen.
Das Grundstück … in … ist bebaut mit einem Wohnhaus, das aus zwei Wohnungen im Erdgeschoss besteht, von denen die vordere von den Beklagten und deren minderjährigem Sohn bewohnt wird. In der hinteren Wohnung, die derzeit leer steht, wohnte zuletzt der Bruder der Klägerin, Herr …. Im selben Haus befindet sich weiterhin noch eine 87 m² große Kellerwohnung, die nach Auszug von Frau … am 7.1.2020 zunächst leer stand, dann aber an Herrn … vermietet wurde, der im Dezember 2020 dort eingezogen ist. Bei dem Hausanwesen handelt es sich um das Elternhaus der Klägerin, das nach dem Tod ihrer Eltern zunächst im Eigentum von Frau …, geborene …, und Herrn … zu je ½ stand. Die Kläger übten bei Erwerb des Grundstücks ihr eingetragenes Vorkaufsrecht aus.
Die Kläger selbst bewohnen derzeit ein Haus, das sich unmittelbar neben der Wohnung der Beklagten befindet und sich über zwei Etagen verteilt und unterkellert ist.
Mit mündlicher Vereinbarung vom 15.12.2009 hat der Beklagte die im Urteilstenor zu Ziffer 2 beschriebene Garage von den Rechtsvorgängern der Kläger, Frau M. und Herrn B., angemietet.
Am 1.12.2020 kam es zu Streitigkeiten zwischen den Klägern, Herrn … und … auf der einen Seite, dem Beklagten auf der anderen Seite, deren Verlauf und Ursache zwischen den Parteien streitig sind, als die bisherigen und die neuen Eigentümer gemeinschaftlich die Verbrauchsdaten für Strom, Wasser und Öl im Heizungsraum ablesen wollten.
Mit Schreiben des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein e.V. Gießen vom 18.12.2020 ließen die Kläger den Beklagten die fristlose Kündigung mit Herausgabeverlangen zum 31.12.2021, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zum 30.9.2021 erklären. Die fristlose Kündigung wird auf das Verhalten des Beklagten anlässlich der Auseinandersetzung vom 1.12.2020 gestützt; die ordentliche Kündigung begründen die Kläger mit Absicht, die von den Beklagten bewohnte Wohnung mit der angrenzenden hinteren Wohnung zusammenlegen, altersgerecht umbauen und die dann entstehende großflächige ebenerdige Wohnung künftig selbst bewohnen zu wollen. Für inhaltliche Einzelheiten des Kündigungsschreibens vom 18. Dezember wird auf die Anl. K8 zur Klageschrift (Bl. 29 ff. der Akte) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom zweiten 22.12.2020 (auf die Anlage K 10 zur Klageschrift, Bl. 36 ff d.A., wird Bezug genommen) hat der Kläger der Kündigung widersprochen.
Mit weiterem Schreiben des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Gießen e.V. vom 18.12.2020, für dessen inhaltliche Einzelheiten auf die Anlage K 14 zur Klageschrift (Bl. 43 ff. der Akte) Bezug genommen wird, ließen die Kläger die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses über die weitere Garage erklären.
Die Kläger behaupten zur fristlosen Kündigung, als sie am 5.6.2020 gemeinsam mit den Voreigentümern das Objekt besichtigt und dabei wegen der Covid-Pandemie Mund und Nasenschutz getragen hätten, sei plötzlich der Beklagte aus seinem Kellerraum herausgekommen und auf die übrigen Anwesenden zugetreten. Der Beklagte habe dabei keinen Mund-Nasenschutz getragen. Er habe einer Aufforderung, wegen der beengten räumlichen Verhältnisse Abstand zu wahren, nicht Folge geleistet und dabei noch angedeutet, spucken zu wollen. Am 1.12.2020, als die Kläger und die Voreigentümer im Objektverbrauchswerte hätten ablesen wollen, sei der Beklagte wiederum unerwartet herangestürzt, habe einer lautstarken Aufforderung der Klägerin, wegen der Corona-Situation Abstand zu halten, wiederum nicht Folge geleistet und sie, die Klägerin, stattdessen heftig mit beiden Händen an der Schulter gestoßen (Beweis: Zeugnis der … und des …, Parteivernehmung der Kläger).
Zur Eigenbedarfskündigung behaupten die Kläger, sie hätten bezüglich der Veräußerung des Anwesens ihr Vorkaufsrecht deshalb ausgeübt, da sie aufgrund der vorliegenden baulichen Beschaffenheit, die ein ebenerdiges und deshalb altersgerechtes Wohnen ermögliche, das Haus als Altersruhesitz nutzen wollten.
Die hierzu beabsichtigte Verbindung beider nebeneinanderliegenden Wohnungen entspreche auch dem ursprünglichen Zustand des Gebäudes. Die Wohnfläche im derzeit von Ihnen bewohnten Haus betrage ca. 240 m²; die Wohnung der Beklagten weise eine Fläche von ca. 130 m² auf, die benachbarte Wohnung eine Wohnfläche von 138 m². Der Nutzungswunsch sei auf das fortgeschrittene Lebensalter und auf den absehbaren Ruhestand zurückzuführen. Daneben leide die Klägerin an einer erblich bedingten Arthrose in den Gelenken, insbesondere in den Kniegelenken, die ihr das Treppensteigen erschwere. Aufgrund einer fünf Jahre zurückliegenden Notoperation sei dem Kläger angeraten worden, künftig nicht mehr schwer zu heben. Gerade das Tragen von Getränkekisten und anderen schweren Alltagsgegenständen würde bei den erstrebten Wohnverhältnissen und der damit einhergehenden Möglichkeit, sich zur Überwindung einzelner Stufen mit einer Sackkarre zu behelfen, erleichtert. Auch wollten Sie künftig die Pflege des Gartens auf beiden benachbarten Grundstücken Herrn … übertragen, dem deshalb die Untergeschosswohnung vermietet worden sei. Angedacht sei daneben, dass die Lebensgefährtin des Zeugen … der Klägerin künftig auch im Haushalt helfe.
Ihren jetzigen Wohnsitz wollten Sie zeitnah an einen ihrer Söhne übertragen, um diesem eine bessere Familienplanung zu ermöglichen.
Die Kläger beantragen,
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Wohnung in …, Erdgeschoss vorne bestehend aus drei Zimmern, einer Wohnküche, einer Teileinbauküche, einer Diele, einem Bad mit Doppelwaschbecken, Badewanne, WC und Duschvorrichtung, einer Waschküche, einem Kellerraum mit Flur und einer Garage zu räumen und mit allen Schlüsseln versehen an die Kläger herauszugeben,
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Garage, welche sich auf dem Grundstück … von der Hofeinfahrt aus Richtung S.straße zum Garagengebäude kommend geradeaus auf der linken Seite befindet, zu räumen und mit sämtlichen Schlüsseln versehen an die Kläger herauszugeben.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen, hilfsweise die Bewilligung einer Räumungsfrist von zwölf Monaten.
Zur außerordentlichen Kündigung behaupten die Beklagten, am 5.6.2020 hätten die Kläger und ihr Sohn … den zur Wohnung der Beklagten gehörenden Kellerflur unangekündigt und ohne ihre Zustimmung betreten.
Weder habe er, der Beklagte, aber ein Spucken angedeutet noch anderweitig von seinem Recht, diese Besitzstörung abzuwenden, Gebrauch gemacht. Auch sei es ihm am 1.12.2020 zwar aufgrund der beengten räumlichen Verhältnisse nicht möglich gewesen, den erforderlichen räumlichen Abstand einzuhalten, als die Kläger diesen Kellerflur erneut unangekündigt aufgesucht hätten. Jedoch habe er, der Beklagte, die Tür zu seiner Waschküche geschlossen, ohne dabei die Klägerin an der Schulter zu stoßen.
Zur ordentlichen Kündigung behaupten die Beklagten, der geltend gemachte Eigenbedarf sei nur vorgetäuscht um eine Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen den Parteien herbeizuführen. Das von den Klägern derzeit bewohnte Haus sei wesentlich kleiner als die Fläche der beiden Wohnungen, die zusammenlegen zu wollen sie behaupten. Nach Abzug der Dach- und Wandflächen würden die Kläger derzeit über eine Wohnfläche von ca. 150 m² verfügen und nun einen angeblichen Nutzungswunsch auf eine noch ca. 150 m² größere Fläche richten. Die Beklagten sind deshalb der Rechtsansicht, der behauptete Eigenbedarf sei jedenfalls deutlich überhöht.
Hätten die Kläger zum Betreten ihrer jetzigen Wohnung vor der Hauseingangstür lediglich eine Stufe zu überwinden, müssten Sie zum benachbarten Hauseingang drei Stufen bewältigen.
Grund für die Kündigung sei vielmehr, dass sich die Kläger unter anderem am Verhalten des Sohnes der Beklagten störten, der auf dem Grundstück Fußball spiele. Auch missbilligten die Kläger, wie die Beklagten ihren PKW kurzfristig zum Be- und Entladen vor dem Grundstück abstellten.
Die Beklagten sind der Rechtsauffassung, die Beendigung des Mietverhältnisses stelle für sie eine Härte dar, die auch unter Würdigung berechtigter Interessen der Kläger nicht zu rechtfertigen sei, da das Mietverhältnis seit mehr als 16 Jahren besteht, der Beklagte am Ort seit fast 25 Jahren seinen Beruf ausübt und deshalb dort verwurzelt sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass der elfjährige Sohn der Beklagten im örtlichen Fußballverein aktiv ist und Freundschaften zu Gleichaltrigen in der Nachbarschaft pflegt. Auch könne nicht ausgeschlossen werden, bzw. sei es sogar wahrscheinlich, dass ein Umzug einen Schulwechsel des Sohnes zur Folge habe.
Weder in … noch im benachbarten … stünden vergleichbare Wohnungen zur Vermietung zur Verfügung.
Auch sei ihnen die Wohnungssuche deshalb besonders erschwert, da Vermieter bekanntlich davor zurückschrecken würden, an …, Familien mit Kindern und an Personen, denen wie der Beklagten anzusehen sei, dass sie aus einem orientalischen Land stammt, zu vermieten.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß den Beschlüssen vom 9.7.2021 (Bl. 205 ff.) und vom 20.9.2021 (Bl. 297 ff.) durch Vernehmung des Zeugen H. … und durch Einnahme richterlichen Augenscheins. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen Die Sitzungsniederschriften vom 19.8.2021 (Bl. 237 ff.) und vom 11.11.2021 (Bl. 103 ff. der …).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die Beklagten sind verpflichtet, die im Urteilstenor bezeichnete Wohnung und die zusätzlich angemietete Garage zu räumen und nach Ablauf der bewilligten Räumungsfrist an die Kläger herauszugeben.
Rechtliche Grundlage dieser Verpflichtung ist § 546 Abs. 1 BGB, wonach der Mieter verpflichtet ist, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis wurde jedenfalls durch die ordentlichen Kündigungen (betreffend Wohnung und Garage) mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet. Das Kündigungsrecht der Kläger folgt aus § 573 Abs. 1 und 2 BGB, wonach ein zur Kündigung berechtigendes Interesse des Vermieters vorliegt, wenn dieser die Räume als Wohnung für sich benötigt.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur gerichtlichen Überzeugung fest, dass die Kläger ernsthaft beabsichtigen, nach Zusammenlegung zweier benachbarter Wohnungen die dann entstehende große Wohnung zu beziehen. Das Gericht stützt diese Überzeugung auf die Aussage des Zeugen …, der bekundet hat, am 2.10.2020 sei er von den Klägern aufgesucht worden, da diese einen Rückbau des Hausanwesens durch Zusammenlegung beider Wohnungen beabsichtigten. Seiner Aussage zufolge hat der Zeuge selbst bei der Aufteilung der Räume zur Verwendung in der jetzigen Form mitgewirkt, so dass er es auch für unproblematisch hält, diese Änderung durch Zusammenlegung rückgängig zu machen. Das Gericht sieht sich weder veranlasst, die Glaubwürdigkeit des Zeugen noch die Glaubhaftigkeit seiner Aussage in Zweifel zu ziehen. Das Gericht lässt dabei nicht unberücksichtigt, dass der Zeuge mit dem Vater der Klägerin befreundet war und wohl auch jetzt noch den Klägern nahesteht. Es sind jedoch keine Anhaltspunkte für die Annahme ersichtlich, dass sich der Zeuge von diesem freundschaftlichen Verhältnis zu einer den Klägern günstigen, tatsächlich aber wahrheitswidrigen Aussage hat verleiten lassen. Der Zeuge räumt ein, sicherlich sei die als Anlage K 15 zum Schriftsatz des Klägervertreters vom 3.5.2021 (Bl. 112 der Akte) vorgelegte Zeichnung nicht geeignet, danach zu bauen. Plausibel erscheint aber seine Begründung, hierauf komme es auch nicht an, da alle Räume schon vorhanden seien. Zudem stand bei dieser Beratung die Detailplanung auch überhaupt nicht an. Auch anschließend ist der Zeuge seiner Aussage zufolge noch mehrfach zu Besprechung kleinerer Abstimmungen vor Ort gewesen. Nach der Aussage des Zeugen hat das Gericht auch keine Zweifel an der Durchführbarkeit der Zusammenführung der beiden Wohnungen. Das Gericht sieht keine Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen würden, die Kläger hätten die vom Zeugen bekundeten Gespräche nur deshalb geführt, um eine vorgetäuschte Nutzungsabsicht später beweisen zu können.
Die Kläger wurden vom Gericht auch deutlich auf mögliche strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen für den Fall des nur vorgetäuschten Eigenbedarfs hingewiesen.
Der geltend gemachte Nutzungswunsch wird auch auf vernünftige und nachvollziehbare Gründe gestützt.
Bei Ausspruch der Kündigung war die Beklagte 59 Jahre alt; der Beklagte vollendete sein 60. Lebensjahr nur fünf Tage nach Ausspruch der Kündigung. Die Beklagten beabsichtigen die Gestaltung eines möglichst barrierefreien Wohnraums im Hinblick auf das fortschreitende Alter. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob, wie streitig behauptet wird, die Kläger bereits jetzt an gesundheitlichen Beeinträchtigungen leiden. Es erscheint durchaus vernünftig, die zukünftigen Wohnverhältnisse im Hinblick auf das Alter rechtzeitig zu planen und rechtzeitig mit der Umsetzung einer entsprechenden Planung zu beginnen. Als Eigentümer der Immobilie müssen sich die Kläger nicht darauf verweisen lassen, ihre Wohnverhältnisse erst dann anpassen zu dürfen, wenn bereits körperliche Einschränkungen eingetreten sind, dies auch deshalb, weil gerade die Durchführung von Umbau- und Umzugsarbeiten sich nach Eintritt körperlicher Beeinträchtigungen besonders schwierig gestalten würde. Vor diesem Hintergrund kann sich das Gericht der Auffassung der Beklagtenseite, es liege eine unzulässige sogenannte Vorratskündigung vor, nicht anschließen.
Zwar fehlt es am Tatbestandsmerkmal des Benötigens im Sinne von § 573 Abs. 2 Z. 2 BGB, wenn dem Vermieter eine andere freistehende Wohnung zur Verfügung steht, durch die sein Bedarf gedeckt werden kann (Blank/Börstinghaus, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl., § 573 Rn. 104). Gleichwohl waren die Kläger nicht verpflichtet, zunächst in einen anderen Teil des Hauses, nämlich in die hintere Wohnung zu ziehen. Durch die Absicht, beide Wohnungen zu einer einzigen großen Wohnung zu vereinigen, machen die Kläger jedenfalls keinen weit überhöhten Eigenbedarf geltend; die Kündigung erweist sich nicht als rechtsmissbräuchlich. Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass die Gerichte die Entscheidung des Vermieters über seinen Bedarf zu achten haben, und es den Gerichten verwehrt ist, die Wünsche und Vorstellungen des Eigentümers daraufhin zu überprüfen, ob diese angemessen sind. Maßgeblich ist nicht, welchen Bedarf die Gerichte für angemessen halten; vielmehr kommt es darauf an, welchen Bedarf der Eigentümer nach seinen persönlichen Vorstellungen und Bedürfnissen für angemessen ansieht (vergleiche Schmidt-Futterer, a.a.O., Rn. 133). Bei der Einnahme richterlichen Augenscheins war festzustellen, dass die Kläger bereits jetzt ein überaus geräumiges Hausanwesen bewohnen, dessen Wohnfläche sich über drei Stockwerke verteilt. Selbst der Keller, bzw. das Untergeschoss dieses Hauses wird nicht überwiegend als Abstellfläche genutzt, sondern vielmehr zu Wohnzwecken. Es befinden sich dort als Küche und Esszimmer eingerichtete Räume, ein Gästezimmer und ein kleiner Gesellschaftsraum, den der Kläger mit Jagdfreunden zu nutzen pflegt. Der im Rahmen der Augenscheinseinnahme durch das Gericht vorgenommene Vergleich der jetzigen Wohnung der Kläger mit der beabsichtigten Nutzung nach Zusammenlegung der Wohnungen im Nachbarhaus führt zu dem Ergebnis, dass die sich ergebende Wohnflächen nach dem Umbau die aktuell den Klägern zur Verfügung stehende Wohnfläche jedenfalls nicht wesentlich überschreitet. Hierbei ist auch nicht die genaue Flächenermittlung maßgeblich, worauf die Beklagtenseite abstellen möchte. Es kommt nicht darauf an, ob z.B. Räume mit Dachschrägen anders zu veranschlagen sind oder ob die von den Klägern begehrte Wohnung beispielsweise über eine wesentlich größere Terrasse verfügt.
Entscheidungserheblich ist allein, ob die Kläger nun eine Wohnfläche begehren, die die aktuell zur Verfügung stehende bei weitem überschreitet, so dass eine Vergleichbarkeit in gar keiner Hinsicht gegeben ist. Dies ist aber nach der Inaugenscheinnahme beider Objekte nicht der Fall.
Zwar hat der wegen Eigenbedarfs kündigende Vermieter im Rahmen seiner vertraglichen Rücksichtnahmepflicht dem Mieter eine andere, ihm während der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende Wohnung, die den Bedürfnissen des Mieters genügen würde, grundsätzlich anzubieten. Ohne dass es darauf ankommt, dass die Kläger zum Zeitpunkt der Vermietung einer Untergeschosswohnung im selben Hause an den Mieter … noch nicht Eigentümer des Hauses waren, kann hier eine Anbietpflicht nicht angenommen werden. Würden die Kläger nämlich wie beabsichtigt beide Wohnungen im Erdgeschoss zu einer einzigen zusammenführen und mit den Beklagten ein Mietverhältnis über die Untergeschosswohnung begründen, so könnten sie dieses neue Mietverhältnis ohne Angabe von Gründen nach § 573 Buchst. a BGB sogleich wieder kündigen, da es sich dann um ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen handeln würde. Aufgrund des deutlich zerrütteten Verhältnisses der Parteien untereinander wäre auch davon auszugehen gewesen, dass die Kläger von dieser vereinfachten Kündigungsmöglichkeit baldmöglichst Gebrauch gemacht hätten.
Der Widerspruch der Beklagten gegen die ordentliche Kündigung führt nicht zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses nach §§ 574, 574 Buchst. a Abs. 1 S. 1 BGB. Es ist nicht zu erkennen, dass die Beendigung des Mietverhältnisses für den Beklagten oder seine Familie eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Kläger nicht zu rechtfertigen ist.
Dass das Mietverhältnis seit über 16 Jahren besteht und der Beklagte seit mehr als 20 Jahren seinen Beruf … in … ausübt, stellt keine besondere Härte im Sinne von § 574 Abs. 1 BGB dar. Allein die lange Mietdauer begründet noch keine besonders starke „Verwurzelung“ mit dem Wohnumfeld wie dies der Fall wäre vielleicht bei Personen in hohem Lebensalter, denen aufgrund einer besonderen Angewiesenheit auf eine auf die Unterstützung von Nachbarn, Freunden oder Verwandten ein Wohnungswechsel, der die Aufgabe Der Kontakte zur Folge hätte, im Einzelfall nicht zugemutet werden kann. Seine ….
Auch dass das Engagement des Sohnes der Beklagten im örtlichen Sportverein durch einen Wegzug erschwert werden könnte, begründet keine Härte im Sinne der Vorschrift, da diese Unannehmlichkeit eine Vielzahl von Mietern treffen würde, denen die Wohnung gekündigt wird. Abgesehen davon wäre aber auch die weitere Vereinszugehörigkeit nicht zwangsläufig deshalb ausgeschlossen, wenn die Familie des Beklagten in eine Nachbargemeinde umziehen müsste.
Das Gericht vermag auch ohne nähere Darlegung nicht zu erkennen, dass für den Beklagten und seine Familie angemessener Ersatzwohnraum nicht zu beschaffen ist. Hierzu hätte nämlich substantiiert und gegebenenfalls unter Beweisantritt vorgetragen werden müssen, welche konkreten Bemühungen beklagtenseits unternommen wurden um solchen Wohnraum zu finden. Grundsätzlich ist der Mieter gehalten, sich mithilfe von Verwandten und Bekannten oder öffentlichen und privaten Stellen sowie unter Inanspruchnahme geeigneter Medien ernsthaft und nachhaltig um einen angemessenen Ersatzwohnraum zu bemühen. Soweit es seine finanziellen Verhältnisse zulassen, kann er verpflichtet sein, einen Makler zu beauftragen. Hat der Mieter mit einem potenziellen Vermieter Kontakt aufgenommen oder sogar Vertragsverhandlungen geführt oder eine konkrete Wohnung besichtigt, so muss er auch darlegen, warum es gleichwohl nicht zur Anmietung gekommen ist (Hartmann in Schmidt-Futterer, Mietrecht 15. Aufl., § 574 BGB Rn. 32 und 37). Bemühungen, die diesen Anforderungen genügen, sind aber dem Beklagtenvortrag nicht zu entnehmen.
Keine andere rechtliche Wertung zeitigt der Vortrag der Beklagten, sie seien auf dem Wohnungsmarkt deshalb anderen Mietinteressenten gegenüber deutlich benachteiligt, weil grundsätzlich ungern an …, Familien mit Kindern und Personen, denen anzusehen ist, dass sie aus einem orientalischen Land stammten, vermietet werde. Diese These hätte von Klägerseite jedenfalls der konkreten und nachprüfbaren Darlegung bedurft, bei welchen Gelegenheiten gerade deshalb ein Vertragsschluss abgelehnt wurde, weil diese Umstände für den Vermieter ausschlaggebend waren.
Soweit die Beklagten vortragen, ein Umzug hätte wahrscheinlich einen Schulwechsel ihres Sohnes zur Folge, begründet dies keine besondere Härte. Die Schule, die der Sohn der Beklagten seit kurzem besucht, befindet sich nicht in dem Ort, in der die Mietsache gelegen ist, so dass die Schule ohnehin von dort aus anzufahren ist. Warum dies beispielsweise aus einer Nachbargemeinde nicht möglich sein sollte, erschließt sich nicht. Zudem genügt die lediglich theoretische Möglichkeit des Eintritts von Nachteilen noch nicht für die Annahme einer besonderen Härte (Hartmann, a.a.O. Rn. 20).
Schließlich verkennt das Gericht nicht, dass es dem Sohn der Beklagten und damit der gesamten Familie natürlich angenehm wäre, bestehende Freundschaften auch künftig innerhalb der unmittelbaren Nachbarschaft pflegen zu können. Wollte man darin einen Härtegrund sehen, so würde dieser aber das Interesse der Kläger, schon jetzt eine möglichst barrierefreie und den Bedürfnissen des fortschreitenden Alters gerecht werdende Wohnung zu gestalten, nicht überwiegen.
Auch die nachträglich angemietete Garage ist an die Kläger nach § 546 Abs. 1 BGB in geräumtem Zustand herauszugeben. Das entsprechende Mietverhältnis wurde durch die Kündigung der Kläger beendet, da dieses Mietverhältnis, worauf die Beklagten zu Recht hinweisen, in Abhängigkeit zum Mietverhältnis über den Wohnraum steht.
Den Beklagten war eine Räumungsfrist bis zum 02.09.2022 nach § 721 Absatz 1 S. 1 ZPO 2 gewähren. Das Gericht wertet nämlich hier das Interesse der Kläger an der sofortigen Erlangung der Wohnung zwecks Umbau und Bezug geringer, als das Interesse der Beklagten, ausreichend Zeit zu haben, nun geeigneten Ersatzwohnraum möglichst in der Nähe zu finden. Die Beklagten waren nicht gehalten, sofort nach Erhalt der Kündigung Ersatzwohnraum zu suchen, da nicht zu diesem Zeitpunkt schon mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Unterliegen im Rechtsstreit auszugehen war. Erst das Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme hätte die Beklagten zu der Annahme veranlassen müssen, im Rechtsstreit unterliegen zu können. Dem steht nicht entgegen, dass zur Behauptung der Beklagten, Ersatzwohnraum sei zu angemessenen Bedingungen nicht zu finden, die Darlegung konkreter Bemühungen erforderlich gewesen wäre. Bei der Bemessung der Räumungsfrist war auch der Grundsatz zu berücksichtigen, dass Mieter mit schulpflichtigen Kindern nicht außerhalb der Schulferien umziehen müssen (Hartmann a.a.O., Rn. 55).
Als im Rechtsstreit unterlegene Partei tragen die Beklagten die Kosten des Verfahrens nach § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.