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Anbringungsverbots und eines Entfernungsgebots für Parabolantennen

WEG: Anbringungsverbots und eines Entfernungsgebots für Parabolantennen an der Außenwand des Gemeinschaftseigentums

AG Hamburg-Wandsbek, Az.: 750 C 24/14

Urteil vom 24.10.2014

1. Der Beschluss zu TOP 10 der Eigentümerversammlung vom 21.05.2014 der WEG … Hamburg, ist nichtig, soweit darin geregelt wird, dass die vorhandene Satellitenschüssel auf Kosten des Eigentümers fachgerecht entfernt werden soll.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.

5. Der Streitwert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien bilden die WEG …, H..

WEG: Anbringungsverbots und eines Entfernungsgebots für Parabolantennen an der Außenwand des Gemeinschaftseigentums
Foto: alan_p/Bigstock

Der Kläger führt Beschlussmängelklage wegen des auf der Eigentümerversammlung vom 21.05.2014 zu TOP 10 gefassten Beschlusses.

Zu diesem Tagesordnungspunkt wurde mehrheitlich beschlossen, das Anbringen von SAT-Anlagen am Gemeinschaftseigentum zu untersagen und die vorhandene Satellitenschüssel auf Kosten des Eigentümers fachgerecht entfernen zu lassen.

Die Kläger sind die betroffenen Eigentümer, deren Satellitenanlage entfernt werden soll.

Die Satellitenantenne ist an der Außenwand oberhalb der zu der Wohnung der Kläger gehörenden Terrasse angebracht.

Nach § 5 Ziff. 2 der Teilungserklärung bedürfen bauliche Veränderungen an und in der Wohnung der schriftlichen Zustimmung des Verwalters, soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum berührt wird.

Nach Ziffer 11 der Hausordnung ist das Anbringen weiterer Antennen zu unterlassen, da eine Gemeinschaftsantenne vorhanden ist.

Die Kläger machen geltend, den Eigentümern fehle die Beschlusskompetenz sowohl für das getroffene allgemeine Verbot als auch für die sich selbst erteilte (Eigen) Macht, die Satellitenschüssel zu entfernen.

Ferner machen die Kläger u.a. geltend, bereits ihr Rechtsvorgänger habe die Antenne vor 18 Jahren an der jetzigen Stelle installiert. Sie verweisen ferner darauf, dass ihnen von der Gemeinschaft die Kosten für die Demontage und anschließende Montage der Antenne im Jahr 2008 ersetzt worden sei, als an der Fassade Arbeiten vorgenommen worden seien.

Außerdem hätten sie ein besonderes schutzwürdiges Interesse an dem Betrieb der Satellitenantenne, da die Klägerin als Produktmanagerin für Bekleidung berufsbedingt häufig in den asiatischen Rum reisen müsse und es erforderlich sei, sich zur Vorbereitung auf die Reisen ein Bild über die örtliche Sicherheitslage und sonstige Umweltbedingungen zu verschaffen.

Die Kläger beantragen, den Beschluss zu TOP 10 der Eigentümerversammlung vom 21.05.2014 der WEG …, H., wonach das Anbringen von SAT-Anlagen am Gemeinschaftseigentum untersagt wird und die vorhandene Satellitenschüssel auf Kosten des Eigentümers fachgerecht entfernt werden soll, für nichtig, hilfsweise für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie machen geltend, im Rahmen ihrer Regelungskompetenz nach § 15 II WEG gehandelt zu haben.

Die Kläger hätten die SAT-Anlage vor kürzerer Zeit ummontiert. Sie sei gut sichtbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Der angefochtene Beschluss ist nichtig, soweit er regelt, dass die vorhandene Satellitenschüssel auf Kosten des Eigentümers fachgerecht entfernt werden soll.

Dieser Beschluss ist so zu verstehen, dass die Gemeinschaft die Antenne selbst – auf Kosten des betroffenen Eigentümers – abmontieren will. Durch diesen Beschluss soll hierfür die Berechtigung geschaffen werden.

Hierfür fehlt den Eigentümern aber die Beschlusskompetenz. Die Eigentümer können sich nicht durch einen Beschlussakt selbst das Recht verschaffen, in den Besitz und Eigentum eines anderen Eigentümers einzugreifen. Wann eine Selbsthilfe oder Ersatzvornahme berechtigt ist, richtet sich allein nach dem BGB bzw. nach den zwischen den Betroffenen getroffenen Vereinbarungen. Einseitig können solche Rechte nicht geschaffen werden (vgl. BGH NJW 2010,1063). Selbsthilferechte nach dem BGB liegen nicht vor.

Nehmen die Eigentümer für sich Beseitigungsansprüche in Anspruch, so sind auch sie darauf angewiesen, diese im Rechtswege geltend zu machen mit dem Ziel, einen Vollstreckungstitel zu erlangen.

Soweit der Beschluss regelt, dass das Anbringen von SAT-Anlagen am Gemeinschaftseigentum untersagt wird, widerspricht der Beschluss dagegen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es handelt sich um eine Gebrauchsregelung nach § 15 II WEG, die die Eigentümer grundsätzlich innerhalb des im Rahmen ihres Selbstorganisationsrechts bestehenden Ermessensspielraums treffen können.

Die grundsätzlich bestehende Beschlusskompetenz ist nicht durch eine entgegenstehende Bestimmung in der Teilungserklärung eingeschränkt. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall, der dem Beschluss des BGH vom 22. 1. 2004 (V ZB 51/03, NZM 2004, 227) zugrunde lag. Dort war die Versagung der Zustimmung zur Installation von Antennen gemäß Regelung in der Teilungserklärung nur aus wichtigem Grund zulässig.

Hier bedürfen nach § 5 Ziff. 2 der Teilungserklärung bauliche Veränderungen an und in der Wohnung der schriftlichen Zustimmung des Verwalters, soweit dadurch das gemeinschaftliche Eigentum berührt wird.

Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch nicht, dass bauliche Veränderungen – einschließlich der Installation einer SAT-Anlage – uneingeschränkt zulässig sind, wenn eine Verwalterzustimmung vorliegt.

Das Erfordernis der Verwalterzustimmung lässt die Erfordernisse des § 22 I WEG unberührt, d.h. es ist zusätzlich die Zustimmung der Eigentümer erforderlich, die durch die bauliche Veränderung über das in § 14 WEG bezeichnete Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Verwalterzustimmung ist nur als zusätzliches Erfordernis anzusehen (vgl. Jennißen-Hogenschurz, WEG, § 22 Rdnr. 44; Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums 5. Auflage 20, Rdnr. 597-601, beide m.w.N.).

Die Beschlusskompetenz der Eigentümer ist ebenfalls nicht eingeschränkt, weil etwa ein unentziehbares Individualrecht im Kernbereich tangiert ist.

Dies kann der Fall sein, wenn ausländischen Bewohnern die Möglichkeit genommen oder eingeschränkt wird, Radio- und Fernsehsendungen in ihrer Sprache aus ihrem Heimatland zu empfangen.

Bei Vorliegen einer solchen nicht schlechthin unentziehbaren, wohl aber mehrheitsfesten Position hat die fehlende Zustimmung des betroffenen Wohnungseigentümers zunächst die schwebende Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge (BGH NZM 2004, 227).

Vorliegend ist aber nicht ersichtlich, dass dem Beschluss eine Person widersprochen hat, die in ihrem Individualrecht auf Information im Kernbereich betroffen ist.

Die Kläger sind in diesem Kernbereich nicht betroffen. Der Klägerin ist aus beruflichem Interesse daran gelegen, Programme aus dem asiatischen Raum zu empfangen, was durchaus nachvollziehbar ist. Das grundrechtlich geschützte Recht auf Informationsfreiheit ist jedoch nicht in seinem Kern tangiert. Das ist erst der Fall, wenn die mediale Grundversorgung, zu der die Möglichkeit für Ausländer gehört, Rundfunksendungen in ihrer Sprache aus ihrem Heimatland empfangen zu können, eingeschränkt wird. Das Recht auf Information gibt jedoch kein Recht auf die optimale Versorgung mit Rundfunksendungen (vgl. LG Hamburg, ZMR 2009, 796; 872; ZMR 2010, 61; ZMR 2014, 743; Vandenhouten, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, § 22 WEG, Rdnr. 111).

Die Kläger tragen nicht vor, auf welche Sender, die sie nicht über die Gemeinschaftsantenne – oder das Internet – empfangen können, sie dringend angewiesen sind, auch nicht, ob die Klägerin überhaupt die Landessprachen der von ihr bereisten Länder (China, Indien, Bangladesh) spricht.

Außerdem verbietet der streitgegenständliche Beschluss nur das Anbringen von SAT-Anlagen am Gemeinschaftseigentum, nicht die Installation von SAT-Anlagen generell.

Dies ist mangels entgegenstehender überragender Interessen nicht zu beanstanden. (vgl. auch BayObLG, Beschluss vom 23.12.2003, 2Z BR 185/03, BeckRS 2004, 02007).

Die Nichtigkeit eines Teils des angefochtenen Beschlusses führt auch nicht nach der grundsätzlich anwendbaren Vorschrift des § 139 BGB zur Unwirksamkeit oder Nichtigkeit des Beschlusses betreffend das Verbot der Anbringung von SAT-Anlagen am Gemeinschaftseigentum.

Nach § 139 BGB ist ein teilweise nichtiges Rechtsgeschäft im Übrigen aufrechtzuerhalten, wenn dies dem tatsächlichen oder hypothetischen Parteiwillen entspricht.

Bei der Beurteilung, welche Entscheidung die Parteien bei Kenntnis der Teilnichtigkeit nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte getroffen hätten, ist in der Regel davon auszugehen, dass die Parteien das objektiv Vernünftige gewollt hätten (BGH, NJW 2006, 2696).

Die Parteien wollten mehrheitlich das generelle Verbot der Anbringung von SAT-Anlagen am Gemeinschaftseigentum regeln und zugleich die Demontage der offenbar einzigen in der Anlage am Gemeinschaftseigentum angebrachten SAT-Anlage erreichen. Sie wollten also für alle Nutzer denselben Rechtszustand erreichen. Bezüglich der bereits vorhandenen SAT-Anlage sind sie dabei fehlerhaft vorgegangen.

Hätten sie fehlende Beschlusskompetenz für die Regelung des eigenmächtigen Abbaus der Satellitenantenne gekannt, so liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie das Vorhaben des generellen Verbots der Anbringung von SAT-Anlagen am Gemeinschaftseigentum aufgegeben hätten, zumal es die Eigentümer in der Hand haben, in einer Folgeversammlung einen teilweise nicht ordnungsgemäßen Beschluss nachzubessern. Vielmehr wird es dem Willen der Beteiligten entsprechen, den nicht zu beanstandenden Teil des Beschlusses aufrecht zu erhaltenen und wegen des nichtigen Teils in einer Folgeversammlung einen Beschlussgegenstand zur Abstimmung zu stellen, bei dem sie sich im Rahmen ihrer Beschlusskompetenz halten, etwa darüber zu beschließen, die Kläger unter Fristsetzung zur Demontage unter Fristsetzung aufzufordern und gegen die Kläger im Falle der Fruchtlosigkeit Klage auf Beseitigung der Satellitenantenne zu erheben.

Besondere Umstände, die eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 49a GKG.

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