LG Karlsruhe – Az.: 11 S 8/14 – Urteil vom 07.10.2014
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Pforzheim vom 23. Dezember 2013, Az. 12 C 82/13, abgeändert und wie folgt gefasst:
Die in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft … vom 14. August 2013 unter den Tagesordnungspunkten Ziffer 1 a bis d und Ziffer 4 gefassten Beschlüsse werden für ungültig erklärt.
2. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft … in … und streiten um die Wirksamkeit von Beschlüssen der Eigentümerversammlung betreffend die Durchführung und Finanzierung einer Fassadensanierung. Die Gemeinschaft ist verhältnismäßig groß und besteht aus 201 Einheiten. Die Kosten der Sanierungsmaßnahme, die eine Dämmung der Außenwände vorsieht, werden mit etwa 2 Millionen EUR veranschlagt und sollen nach den angefochtenen Beschlüssen durch einen … Kredit Nummer … finanziert werden.
Bereits in der regulären Eigentümerversammlung vom 17. Juli 2013 stimmten die Eigentümer über entsprechende Anträge zur Durchführung und Finanzierung mittels … Kredit ab. Dabei stimmten 100 Eigentümer dafür, 15 dagegen und 3 enthielten sich, was nach der Teilungserklärung wie eine Ablehnung gewertet wurde. Es wurde daraufhin das Ergebnis verkündet, dass die erforderliche Mehrheit von 101 Ja-Stimmen nicht erreicht wurde. Da unklar sei, ob der Kredit noch 2014 zu haben sei, wurde eine außerordentliche Eigentümerversammlung zur erneuten Abstimmung über die Anträge zur Sanierung und Finanzierung angekündigt (Protokoll vom 25. Juli 2013, Akten erster Instanz Seite 91).
Mit Schreiben vom 26. Juli 2013 (Akten erster Instanz Seite 63) wurden die Eigentümer zur außerordentlichen Eigentümerversammlung am 14. August 2013 eingeladen. In dieser Versammlung stimmten unter TOP 1a 130 Eigentümer für die Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung mit Kosten von ca. 2 Mio. EUR und unter TOP 1b 131 Eigentümer für die Aufnahme einer …/-Förderkredits in Höhe von ca. 1,32 Mio. EUR und die restliche Finanzierung von ca. 900.000,00 EUR durch einen Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage. Der protokollierte Beschluss unter TOP 1b lautet auszugsweise:
„Die WEG beschließt weiter:
Aufnahme des …-Förderkredits von ca. 1.320.000 EUR:
a) Die Darlehenskonditionen und die Bedingungen für eine Förderzusage des Förderkredits sind in dem …-Förderprogramm Nummer … festgelegt. Informationen zu diesem …-Förderprogramm sind allen Miteigentümern bereits zugegangen.
b) Die Festschreibung des Zinssatzes für den … Förderkredit erfolgt erst nach Eingang des Kreditantrags bei der den …-Förderkredit bewilligenden Stelle, der … Aktuell gelten folgende Konditionen:
Sollzins (Effektivzins) pro Jahr 0,00 % (0,00 %)
Laufzeit 10 Jahre
Auszahlung 100 %
Tilgungsfreie Anlaufzeit 2 Jahre
Zinsbindung 10 Jahre
Die Rückzahlung erfolgt nach Ablauf der tilgungsfreien Anlaufzeit in gleichbleibenden Annuitätsraten. Sondertilgungen sind jederzeit möglich.
c) Jeder Wohnungseigentümer haftet nach § 10 Abs. 8 WEG nur nach dem Verhältnis seines Miteigentumsanteils für diese Verbindlichkeiten. Das … übernimmt eine Ausfallbürgschaft für Zahlungsausfälle von Miteigentümern.
d) Der Verwalter wird ermächtigt, nach Eintritt der Bestandskraft der Beschlüsse im Namen und in Vollmacht der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Darlehensvertrag mit der … zu den nach dem Landeswohnraumförderprogramm und zu den nach den …-Förderprogrammen geltenden Bedingungen zu schließen.
e) Der Verwalter wird ermächtigt, der … und der … die für den Erhalt und Zusage des Förderkredits nach den Programmvorschriften erforderlichen Unterlagen und Angaben vorzulegen und mitzuteilen.“
Unter TOP 1c beschlossen die Eigentümer mehrheitlich die Wahl eines Bauausschusses, unter TOP 1d die Ermächtigung der Verwaltung, des Verwaltungsbeirats und Bauausschusses zur Nachverhandlung mit den drei günstigsten Anbietern sowie zur Auftragsvergabe und unter TOP 4 die Beauftragung des Ingenieurbüros … mit der Begleitung der Fassaden- und Dachsanierung zur einem Honorarsatz von maximal 8 Prozent der anrechenbaren Baukosten.
Der Versammlungsleiter verkündete jeweils die Annahme des Beschlusses. An der Versammlung nahm der Hausmeister … teil, der kein Eigentümer ist, aber in Vollmacht für einige Eigentümer auftrat. In § 10 Nummer 5 und 6 der Teilungserklärung vom 16. Dezember 1982 (Anlage B 2) sind Einzelheiten zur Bevollmächtigung und zu Teilnahmerechten an den Eigentümerversammlungen geregelt.
Die Klägerin focht die genannten Beschlüsse rechtzeitig an und trug zur Begründung vor, das Gebot der Nichtöffentlichkeit sei verletzt worden, weil der Hausmeister als Nichteigentümer teilgenommen habe. Für eine erneute Befassung und einen zweiten Beschluss über die Anträge fehle es an einem sachlichen Grund. Die außerordentliche Versammlung am 14. August 2013 sei zur Unzeit, nämlich in den Schulferien, abgehalten worden. Man habe gezielt Stimmung für die kreditfinanzierte Fassadensanierung gemacht, Befürworter mobilisiert und entsprechend Vollmachten eingesammelt, während die Gegner in den Urlaub gefahren seien. Die Sanierung dürfe nicht mittels eines Kredits der Gemeinschaft, sondern müsse mittels Instandhaltungsrücklage und Sonderumlage finanziert werden.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Es bestehe grundsätzlich die Kompetenz der Eigentümerversammlung, mehrheitlich die Kreditaufnahme der Gemeinschaft zu beschließen. In dem Wortlaut des Beschlusses unter TOP 1b seien alle notwendigen Eckpunkte der Kreditaufnahme bestimmt. Der Hausmeister habe als Bevollmächtigter teilnehmen dürfen. Die außerordentliche Eigentümerversammlung sei bereits am Ende der Vorversammlung angekündigt worden, so dass ein Vertrauen in die zunächst erfolgte Beschlussablehnung nicht habe entstehen können.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer rechtzeitig eingelegten Berufung ihre Anfechtungsanträge in vollem Umfang weiter und begründet sie im Wesentlichen mit einer Wiederholung des Vortrags aus erster Instanz. Das Amtsgericht habe die Sach- und Rechtslage nicht ausreichend oder falsch gewürdigt.
Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil ebenfalls im Wesentlichen mit ihrem Vortrag aus erster Instanz und beantragten Zurückweisung der Berufung, möglichst im Wege des Beschlusses gemäß § 522 Absatz 2 ZPO, da die Angelegenheit mit Blick auf das zeitlich beschränkte Kreditangebot eilbedürftig sei. Die … sei im Jahr 2014 noch zur Kreditgewährung zu den beschriebenen Konditionen bereit.
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet. Die von der Klägerin rechtzeitig angefochtenen Beschlüsse entsprechen nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und sind deshalb für ungültig zu erklären.
1. Die Anfechtungsklage hat allerdings nicht schon deshalb Erfolg, weil der Hausmeister an der Versammlung teilgenommen hat. Seine Teilnahme verstößt nicht gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit. Die Rechtslage ist nach der Teilungserklärung eindeutig. § 10 Nummer 5 der Teilungserklärung vom 16. Dezember 1982 (vorgelegt als Anlage zur Klageerwiderung vom 21. Oktober 2013) gestattet den Eigentümern, sich durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Der Kreis der Personen, die die Eigentümer bevollmächtigen können, ist nicht eingegrenzt, so dass der Hausmeister bevollmächtigt werden konnte. § 10 Nummer 6 gestattet folgerichtig nicht bloß die Teilnahme von Eigentümern, sondern auch von Bevollmächtigten. Damit durfte der Hausmeister teilnehmen.
2. a) Letztlich offen bleiben kann, ob die außerordentliche Versammlung zur Unzeit erfolgte. Allerdings enthält das Wohnungseigentumsrecht keine ausdrückliche Regelung darüber, zu welchem Zeitpunkt eine Versammlung der Wohnungseigentümer stattfinden soll. Die Frage ist deshalb nach den Regeln des § 21 WEG über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu beantworten. Dabei können die Mitglieder durch Vereinbarung Vorgaben zum Versammlungszeitpunkt machen. Denn § 24 WEG ist grundsätzlich abdingbar. Daher kann die Gemeinschaft durch Vereinbarung bestimmte Zeiträume für die Versammlung vorschreiben (Staudinger/Bub BGB 13. Bearbeitung 2005 § 24 WEG Rn. 11). Dies ist vorliegend nicht geschehen. Nach den allgemeinen Regeln ist eine kurzfristige Ansetzung einer außerordentlichen Eigentümerversammlung in der Ferienzeit aber nur ausnahmsweise zulässig. Ausgehend von dem Grundgedanken, dass der Versammlungszeitpunkt nicht das Teilnahmerecht der Mitglieder vereiteln darf, kann die Anberaumung einer Versammlung in der Ferienzeit, die auch für Mitglieder ohne schulpflichtige Kinder aus vielen Gründen (z.B. Lehrerberuf des Mitglieds oder seines Partners, Kinder im Kindergarten, verpflichtender Urlaub wegen Betriebsschließung, schulpflichtige und zu betreuende Enkelkinder etc.) typische Reisezeit ist, regelmäßig nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn sie mit ausreichendem Vorlauf angekündigt worden ist. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Mitglieder ihre Teilnahme an der Versammlung einrichten können. Die Mindestvorgabe des § 24 Absatz 2 WEG von zwei Wochen reicht dafür nicht aus, weil durch sie innerhalb der typischen Reisezeit nicht sichergestellt wird, dass die Mitglieder rechtzeitig von der Versammlung erfahren, zumal wenn auch die Versendung der Einladung selbst in diese Zeit fällt. Ohne hinreichenden Vorlauf nimmt die Verwaltung billigend in Kauf, dass einige Mitglieder die Einladung erst nach der Urlaubsrückkehr zur Kenntnis nehmen können, wenn die Versammlung schon abgehalten worden ist (Urteil der Kammer vom 25. Oktober 2013 – 11 S 16/13 – NJW-RR 2014, 197). Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Verwaltung auf andere Weise sichergestellt hat, dass die Mitglieder an einer kurzfristig innerhalb einer typischen Reisezeit angesetzten Versammlung teilnehmen können, oder wenn es sich um eine Angelegenheit von besonderer Dringlichkeit handelt.
Vorliegend machen die Beklagten geltend, dass die Versammlung bereits am Ende der ordentlichen Versammlung vom 17. Juli 2014 angekündigt wurde. Zudem trägt die Klägerin selbst vor, dass im Vorfeld der außerordentlichen Versammlung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft aktiv für die Unterstützung der kreditfinanzierten Sanierung geworben wurde. Ob dies ausreicht, damit die Wahl des Versammlungszeitpunkts ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, kann jedoch dahinstehen, da die angefochtenen Beschlüsse aus anderem Grund rechtswidrig sind.
b) Ebenfalls offenbleiben kann die Frage, ob es sich um einen unzulässigen Zweitbeschluss handelt. In der Zusammenschau dürften aber die mäßige Beteiligung an der Versammlung vom 17. Juli 2013, die denkbar knappe Verfehlung der von der Verwalterin für erforderlich gehaltenen Stimmzahl und die große Bedeutung der Sanierung für die Gemeinschaft einen hinreichenden Grund für eine erneute Befassung der Eigentümerversammlung darstellen.
3. Die unter Tagesordnungspunkt Ziffer 1 b beschlossene Finanzierung der Sanierung durch einen zinslosen …-Kredit Nummer … widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Kreditaufnahme in der konkreten Ausgestaltung nicht ausreichend die Interessen derjenigen Wohnungseigentümer, die ihren Anteil selbst finanzieren wollen, berücksichtigt und hinsichtlich der Haftungsrisiken für die Wohnungseigentümer nicht ausreichend transparent ist. Zudem sind der Handlungsspielraum der Verwalterin nicht eingeschränkt und die Tilgung nicht ausreichend bestimmt. Weil keine alternative Finanzierung beschlossen wurde, entsprechen mangels einem tragfähigen Finanzierungskonzepts auch die Sanierung selbst und in der Folge auch die Begleitbeschlüsse nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
a. Die Befugnis der Wohnungseigentümer, den Finanzbedarf der Wohnungseigentümergemeinschaft auch durch die Aufnahme von Darlehen zu decken, ergibt sich zwar nicht ausdrücklich aus dem Wohnungseigentumsgesetz, wird von diesem jedoch vorausgesetzt. Über die Deckung des Finanzbedarfs des nunmehr rechtsfähigen Verbandes (§ 10 Absatz 6 Satz 1 WEG) durch Beschluss zu befinden, ist Sache der Wohnungseigentümer. Dass hierzu auch die Entscheidung darüber gehört, ob der Bedarf durch einen Rückgriff auf vorhandene Rücklagen, durch die Erhebung von Sonderumlagen oder durch die Aufnahme von Darlehen gedeckt werden soll, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH, Urteil vom 28. September 2012 – V ZR 251/11 -, BGHZ 195, 22). Die Kreditaufnahme ist dabei nicht bloß zur Überbrückung kurzfristigen Finanzierungsbedarfs zulässig, sondern kann auch längerfristig wie vorliegend zur Finanzierung eines Sanierungsvorhaben erfolgen (Urteil der Kammer vom 19. Juli 2011 – 11 S 75/10 – ZMR 2012, 660; LG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2013 – 25 S 152/12 – ZMR 2013, 823; Bärmann/Merle WEG 12. Auflage 2013 § 27 Rn. 242; Jennißen WEG 3. Auflage 2012 § 16 Rn. 10a; Dötsch, MDR 2013, 1441, 1444; Elzer NZM 2009, 57; anderer Ansicht OLG Hamm, Beschluss vom 14. Mai 2012 – 15 Wx 251/11 – ZMR 2012, 800; LG Köln, Urteil vom 26. August 2010 – 29 S 177/09 – ZWE 2011, 45; Spielbauer/Then WEG 2. Auflage 2012 § 21 Rn. 27; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 10. Auflage 2013 § 21 Rn. 36 Fn. 86 und Rn. 73; Jennißen/Heinemann WEG 3. Auflage 2012 § 21 Rn. 106; Krebs, jurisPR-MietR 16/2012 Anm. 4 mit pointierter Kritik; anderer Ansicht wohl auch LG München I, Beschluss vom 17. Mai 2010 – 1 T 13364/09 -, juris Rn. 56, obiter dictum, und OLG München, Beschluss vom 28. Oktober 2005 – 34 Wx 50/05 – NZM 2006, 229; skeptisch auch Lafontaine in: jurisPK-BGB, 6. Auflage 2012, § 16 WEG Rn. 108.5 und MüKoBGB/Engelhardt 6. Auflage 2013 § 27 WEG Rn. 37). Bei der Beschlussfassung müssen die wesentlichen Rahmenbedingungen der Kreditaufnahme jedoch feststehen; die Eigentümergemeinschaft darf die Einzelheiten der Darlehensbedingungen nicht der Entscheidung der Verwaltung überlassen. Der Verwalter ist das Vollzugsorgan der Gemeinschaft, dessen vorrangige Aufgabe die Durchführung der von der Gemeinschaft beschlossenen Maßnahmen ist (Bärmann/Merle WEG 12. Auflage 2013 § 27 Rn. 10). Bei einer wirtschaftlich so bedeutenden Maßnahme wie einer Kreditaufnahme über ca. 1,3 Mio. EUR sind an die Festlegung der Einzelheiten keine geringen Anforderungen zu stellen.
aa. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts enthält der Beschlusswortlaut nicht alle notwendigen Festlegungen zur beabsichtigten Kreditaufnahme. Insbesondere nennt der Beschluss bloß die aktuellen Konditionen, ermächtigt aber die Verwaltung zum Abschluss eines Kreditvertrags nach den erst nach Eingang des Kreditantrags festzulegenden Bedingungen. Eine Eingrenzung des Handlungsspielraums wie in dem der Entscheidung des LG Düsseldorf zugrundeliegenden Rechtsstreit (LG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2013 – 25 S 152/12 – ZMR 2013, 823: Abschlussvollmacht nur, wenn Bedingungen sich nicht um 25 Prozent verschlechtern) erfolgte nicht, so dass die Verwaltung den Kreditvertrag auch abschließen könnte, wenn sich die in Aussicht gestellten Bedingungen deutlich verschlechtern würden. Ob die gewählte Eingrenzung im Fall des LG Düsseldorf tauglich ist, kann dahinstehen. Denn im vorliegenden Fall wurde die Abschlussvollmacht überhaupt nicht eingeschränkt. Ohne eine hinreichende Einschränkung des Handlungsspielraums kann die Ermächtigung zum Darlehensabschluss nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.
bb. Zudem nennt der Beschluss nicht die Höhe der fällig werdenden Tilgungsraten. Ob der Kredit am Ende der Laufzeit komplett zurückgezahlt worden sein soll oder ob eine Anschlussfinanzierung notwendig wird, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht. Wie in der mündlichen Verhandlung über die Berufung erörtert, ist der Kredit mit der Nummer … mit einer Laufzeit von 10 Jahren als Volltilgungskredit und als Teiltilgungskredit mit Prolongationsangebot möglich. Zumindest über diese Frage müssen die Wohnungseigentümer in dem Beschluss zur Kreditaufnahme selbst entscheiden.
b. Schließlich ist für die Beurteilung, ob eine Kreditaufnahme den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, eine Abwägung der Interessen der Eigentümer, der Bedingungen der Kreditaufnahme und der Umstände des Einzelfalls erforderlich (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2013 – 25 S 152/12 – ZMR 2013, 823; Jennißen WEG 3. Auflage § 16 Rn. 10a). Diese Abwägung ergibt im vorliegenden Fall, dass die beschlossene Darlehensaufnahme unverhältnismäßig ist und daher nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.
aa. Es ist grundsätzlich Sache des einzelnen Eigentümers, wie er seinen Kostenanteil aufbringt, ob er also auf vorhandene Liquidität zurückgreift oder ein Darlehen aufnimmt (OLG Hamm, Beschluss vom 14. Mai 2012 – 15 Wx 251/11 – ZMR 2012, 800; LG Bielefeld, Verfügung vom 14. Dezember 2010 – 23 T 442/10 – ZMR 2011, 317). Daher muss eine mehrheitlich beschlossene Kreditaufnahme eine Option für einzelne Eigentümer enthalten, die Finanzierung selbst zu übernehmen und den auf sie entfallenden Kreditanteil binnen einer bestimmten Frist als Sonderumlage zur Finanzierung und zur Reduzierung des Darlehensbetrags einzuzahlen (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2013 – 25 S 152/12 – ZMR 2013, 823). Ob zudem eine Haftungsfreistellung der selbstfinanzierenden Wohnungseigentümer im Innenverhältnis der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich und ausreichend ist, um deren Interessen hinreichend zu schützen (vgl. dazu die zitierte Entscheidung des LG Düsseldorf; skeptisch bezüglich der Zulässigkeit solcher Freistellungen im Innenverhältnis Dötsch, jurisPR-MietR 5/2014 Anm. 6), oder ob nicht stattdessen oder zusätzlich im Außenverhältnis zum Kreditgeber eine Regelung getroffenen werden muss, wonach namentlich genannte Selbstzahler nicht gemäß § 10 Absatz 8 WEG haften (dafür wohl Jennißen WEG 3. Auflage 2012 § 16 Rn. 10a; Gottschalg NZM 2007, 860, 863; mit Formulierungsvorschlägen Elzer NZM 2009, 57, 61), bedarf hier keiner Entscheidung. Denn nach dem Wortlaut des angefochtenen Beschlusses ist die Darlehensaufnahme für jede Wohneinheit zwingend und entspricht schon deshalb nicht ordnungsgemäßer Verwaltung.
bb. Zudem kann nicht beurteilt werden, welches wirtschaftliche Risiko die einzelnen Eigentümer mit der Kreditaufnahme eingehen. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist das wirtschaftliche Risiko durch § 10 Absatz 8 WEG und eine Ausfallbürgschaft des … nicht auf ihren Anteil am Darlehensbetrag im Verhältnis ihres Miteigentumsanteils begrenzt. Verpflichtet wird durch die Kreditaufnahme die Gemeinschaft, die Rückzahlung erfolgt über den Wirtschaftsplan und die Wohngeldzahlungen der Mitglieder. Kommen einzelne Mitglieder mit ihren Wohngeldzahlungen in Rückstand, besteht nicht bloß theoretisch die Möglichkeit, dass die zahlenden Mitglieder die Tilgung zunächst mit übernehmen; diese Nachschusspflicht kann sogar unbegrenzt sein (Dötsch, MDR 2013, 1441, 1443). Dadurch kann es zu Doppelzahlungen einzelner Mitglieder kommen. Im Falle der Fälligstellung eines Restbetrags nach Kündigung o.ä. wären die Mitglieder einer Forderung gemäß § 10 Absatz 8 WEG im Verhältnis ihres Miteigentumsanteils ausgesetzt, ohne dass sie dem Darlehensgeber gegenüber ihre bisherigen Tilgungsleistungen im Rahmen der Wohngeldzahlungen entgegenhalten könnten (Bärmann/Klein WEG 12. Auflage 2013 § 10 Rn. 331; Dötsch, jurisPR-MietR 5/2014 Anm. 6). Diejenigen Mitglieder, die ihrer laufenden Tilgungsverpflichtung im Rahmen der Wohngeldzahlungen nachgekommen sind und über unbelastetes Wohnungseigentum verfügen, drohten dann unter dem Strich mit einem Vielfachen ihres Miteigentumsanteils durch die Darlehensverpflichtungen der Gemeinschaft belastet zu werden. Um das wirtschaftliche Risiko, das für die einzelnen Mitglieder aus der beabsichtigten Kreditaufnahme entsteht, abschätzen zu können, muss die Verwalterin vorab ermitteln, in welcher Höhe in den vergangenen Jahren Wohngeldzahlungen ausfielen, welche Miteigentumsanteile unter Insolvenz- oder Zwangsvollstreckungsbeschlag liegen und welche Miteigentumsanteile in welcher Höhe pfandrechtlich belastet sind. Die Ausfallbürgschaft des … mindert das wirtschaftliche Risiko dabei nicht; die Bürgschaft dient offensichtlich der Sicherung der Darlehensgebers und greift ohnehin nur ein, wenn der Darlehensgeber erfolglos den Hauptschuldner in Anspruch genommen hat. Dass das bürgende … im Falle der Inanspruchnahme der Bürgschaft auf den Rückgriff des Hauptschuldners verzichten würde, ist nicht zu erwarten.
Ohne eine für die abstimmenden Eigentümer transparente Darstellung ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Risiken kann ein Beschluss über die Aufnahme eines Darlehens nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.
4. Der unter TOP 1a gefasste Beschluss entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Sanierung unter der Annahme, dass ein öffentlich geförderter Kredit aufgenommen wird, beschlossen wurde. Eine alternative Finanzierung der Sanierung durch eine Sonderumlage (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 12. Juni 2013 – 25 S 152/12 – ZMR 2013, 823) haben die Wohnungseigentümer nicht beschlossen. Die Gemeinschaft hat eine Instandhaltungsrücklage von etwa 1 Mio. EUR angesammelt. Damit entsteht eine Finanzierungslücke von 1 Mio. EUR. Ohne gesicherte Finanzierung entspricht es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, eine Maßnahme von solchem Umfang zu beschließen (BGH, Urteil vom 8. Juli 2011 – V ZR 176/10 – NJW 2011, 2958; LG Hamburg, Urteil vom 28. März 2012 – 318 S 17/11 – ZWE 2012, 329; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 10. Auflage 2013 § 21 Rn. 73).
Ohne Sanierungsmaßnahme sind auch ein Bauausschuss, die Ermächtigung der Verwaltung, des Verwaltungsbeirats und des Bauausschusses zur Auftragsvergabe sowie der Auftrag zur Baubegleitung an den Architekten überflüssig und deshalb aufzuheben. Der unter TOP 1d gefasste Beschluss zur Ermächtigung zur Auftragsvergabe entspricht außerdem nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die eigentliche Auswahl des ausführenden Betriebs nicht delegiert werden darf. Die Auswahl des am besten geeigneten Angebots muss Sache der Eigentümerversammlung bleiben (Urteil der Kammer vom 26. November 2013 – 11 S 111/12; LG München I, Beschluss vom 28. Juni 2007 – 1 T 2063/07 – ZMR 2008, 488; Bärmann/Merle WEG 12. Auflage 2013 § 21 Rn. 107).
5. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nummer 10 ZPO und § 711 ZPO.
6. Die Kammer lässt die Revision zu, da der Rechtsstreit Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich ist. Schon die grundsätzliche Zulässigkeit einer Finanzierung einer größeren Sanierungsmaßnahme durch ein Darlehen der Gemeinschaft ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur umstritten. Unter den Befürwortern der Zulässigkeit werden deren Voraussetzungen uneinheitlich angegeben. Die energetische Sanierung von Wohnungseigentumsanlagen ist offenbar politisch gewünscht und wird öffentlich gefördert. Die Wirksamkeit dieser kreditbasierten Förderung hängt von der tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeit innerhalb der Wohnungseigentumsgemeinschaften ab. Zu hohe Anforderungen an die Vorbereitung und Durchführung eines entsprechenden Beschlusses werden Wohnungseigentumsgemeinschaften davon abhalten, entsprechende Kredite aufzunehmen und in möglicher Konsequenz auch die zu finanzierenden Sanierungsmaßnahmen durchzuführen (Elzer, ZWE 2014, 19, 20).