Skip to content
Menü

Anfechtung eines WEG-Eigentümerbeschlusses aus formellen Gründen – Streitwert

LG Hamburg – Az.: 318 T 75/10 – Beschluss vom 30.12.2010

Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 9. Juli 2010 – Az. 102D C 36/09 -, mit dem der Streitwert auf insgesamt € 2.000,- festgesetzt worden ist, unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Der Streitwert für das Verfahren in erster Instanz wird auf € 18.753,94 festgesetzt.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

Das zulässige Rechtsmittel des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den im Tenor bezeichneten Beschluss des Amtsgerichts Hamburg hat in der Sache teilweise Erfolg und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses in dem tenorierten Umfang; im Übrigen bleibt die Beschwerde indes erfolglos und ist zurückzuweisen.

Das Amtsgericht hat den Wert der Gerichtsgebühren, der auch für die abzurechnenden Anwaltsgebühren maßgeblich ist (§ 32 Abs. 1 RVG), unzutreffend auf lediglich € 2.000,- festgesetzt. Die Überlegungen des Amtsgerichts dazu in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 18. November 2010 überzeugen die Kammer nicht. Gleiches gilt allerdings auch für das Begehren des Beschwerdeführers, den Streitwert für das Verfahren vor dem Amtsgericht auf € 30.642,19 festgesetzt wissen zu wollen. Für die hier vorzunehmende Bemessung des Streitwertes gelten folgende Grundsätze:

Nach § 49a Abs. 1 S. 1 GKG ist der Streitwert in Wohnungseigentumssachen vom erkennenden Gericht auf 50% des Interesses der Parteien und aller Beigeladenen an der Entscheidung festzusetzen. Er darf das Interesse des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen an der Entscheidung nicht unterschreiten und das 5-fache des Wertes ihres Interesses nicht überschreiten, § 49a Abs. 1 S. 2 GKG. Die Anknüpfung an das Interesse aller Beteiligten – statt an das geringere Interesse der einzelnen Partei – soll die Wohnungseigentümer dazu anhalten, die über ihr subjektives Interesse hinausgehende Wirkung des Verfahrens auf die anderen Beteiligten zu bedenken und von einer leichtfertigen Klage abzusehen; zugleich kann das weitergehende Interesse aller Beteiligten als Indiz für den Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit angesehen werden (BVerfG, NJW 1992, 1673 zu § 48 WEG a.F.).

Danach ist der Streitwert vorliegend auf einen Betrag von € 18.753,94 festzusetzen.

Maßgebend dafür ist das Begehren des Klägers ausweislich seines Klageantrages. Mit diesem hat der Kläger begehrt, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 5. März 2009 zu TOP 3, mit dem ausweislich des Protokolls (Bl. 15 d.A.) die Wohngeldabrechnung 2007 beschlossen worden ist, (insgesamt) für ungültig zu erklären. Der Kläger hat seine Anfechtungsklage dazu auf zwei formelle Fehler gestützt und diese innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 HS 2 WEG auch begründet (fehlender Entwurf der Abrechnung und mangelnde Bestimmtheit von TOP 3 in der Einladung).

In solchen Fällen bemisst die Kammer in ständiger Rechtsprechung (vgl. grundlegend zuletzt ZMR 2009, 71) den Streitwert nach der sog. Hamburger Formel, wonach das Gesamtinteresse der Parteien aus der Summe des Eigenanteils des Klägers und 25% der Differenz zwischen Eigen- und Gesamtanteil gebildet wird. Entgegen den Ausführungen des Amtsgerichts in seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 18. November 2010 sieht die Kammer angesichts dieser benannten Berechnungsweise keinerlei Veranlassung, den Streitwert noch zusätzlich dadurch herabzusenken, dass die Anfechtungsklage hier lediglich auf formelle Mängel gestützt worden ist. Maßgebender Gesichtspunkt dafür ist nach Auffassung der Kammer der notwendige Ausgleich zwischen Rechtssicherheit einerseits und materieller Gerechtigkeit andererseits. Dieser könnte in Fällen der Anfechtung einer Jahresabrechnung nicht mehr in angemessener Weise gefunden werden, wenn zusätzlich auch noch eine Einzelfalldifferenzierung nach den vom Kläger jeweils vorgebrachten Anfechtungsgründen vorzunehmen wäre. Soweit das Amtsgericht in diesem Zusammenhang auf einen Streitwert-Beschluss der Kammer vom 30. Juni 2010 in der Sache 318 S 171/09 abstellt, ergibt sich daraus nichts anderes, weil dieses Verfahrens nicht die Anfechtung einer Jahresabrechnung zum Gegenstand hatte. Soweit das LG Dessau-Roßlau (ZMR 2009, 794) bei der Geltendmachung lediglich formeller Mängel in Fällen der Anfechtung einer Jahresabrechnung eine Bemessung von nur 10% des Gesamtvolumens für angemessen hält, folgt dem die Kammer nicht; jene Sichtweise lässt sich nicht mit dem systematischen Grundgedanken der sog. Hamburger Formel in Einklang bringen, wonach das Gesamtinteresse nicht lediglich pauschal am Gesamtvolumen der angefochtenen Jahresabrechnung zu bemessen ist. Ferner vermag sich die Kammer auch den Erwägungen des BayObLG (ZMR 2004, 50) sowie des LG Köln (NJW-RR 1989, 81) nicht anzuschließen. Der Ansatz, dass beim Erfolg einer auf einen formellen Mangel gestützten Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses damit gerechnet werden muss, dass derselbe Beschluss unter Vermeidung des Verfahrensmangels erneut gefasst wird, weil der Eigentümerbeschluss in seinem Inhalt nicht in Frage gestellt wurde und daher die Beschlussanfechtung in aller Regel bewirkt nur eine zeitliche Verzögerung bewirkt, Ist zwar zutreffend. Allerdings beinhaltet auch eine auf materielle Erwägungen gestützte und erfolgreiche Anfechtung eines Beschlusses einer Eigentümerversammlung nebst rechtskräftiger Ungültigerklärung desselben keine Sperrwirkung für eine erneute Beschlussfassung darüber in einer nachfolgenden Versammlung (vgl. Kümmel, in: Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl. 2010, § 25, Rn. 82). Grundlage für die hiesige Streitwertbemessung ist danach allein, dass der Anfechtende den Beschluss über die Jahresabrechnung zu Fall bringen will, aus welchen – formellen oder materiellen – Gründen auch immer. Im Übrigen kann auch ein Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung bei der Aufstellung einer Jahresabrechnung „geheilt“ und diese zur erneuten Abstimmung gestellt werden, so dass es im Ergebnis ohne Belang ist, weshalb der Anfechtungskläger einen solchen Zweitbeschluss mit seiner Klage erfolgreich veranlasst.

Gemäß vorgenannter Erwägungen berechnet sich der Streitwert hier wie folgt:

Das Gesamtvolumen der Jahresabrechnung 2007 betrug € 30.642,19. Davon entfielen auf den Kläger, der drei Einheiten in der Gemeinschaft mit einer Gesamtfläche von 797,69 m2 zwangsverwaltet hat (Objektfläche insgesamt: 1.303,35 m2), € 18.753,94 (entspricht auch der Summe der Einzelabrechnungen, vgl. Bl. 18 d.A.). Dies entspricht rechnerisch einem Anteil von 61,2% und nicht – wie vom Amtsgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung als Hilfserwägung herangezogen – lediglich 1/5. Daraus ergibt sich ein Gesamtinteresse von € 21.726,- (€ 18.753,94 zuzüglich € 2.972,06 [0,25 x (€ 30.642,19 – € 18.753,94)]), wovon an sich lediglich 50% anzusetzen sind. Allerdings darf das Einzelinteresse des Klägers, welches sich hier mit dem bereits benannten Betrag von € 18.753,94 bemessen lässt, nicht unterschritten werden, so dass der Streitwert im Ergebnis auf eben diesen Betrag festzusetzen ist.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!