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Anforderungen an Mieterhöhungsverlangen wegen Modernisierung

LG Bremen – Az.: 1 S 1/19 – Urteil vom 10.02.2020

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 30.11.2018, Az. 16 C 392/18, wird zurückgewiesen. Klarstellend wird der Tenor des Urteils vom 30.11.2018 unter Ziff. 2 dahingehend abgeändert, dass die Zinsen auf den Betrag von 2.079,54 EUR insgesamt erst ab dem 11.09.2018 zu zahlen sind.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil sowie das Urteil des Amtsgerichts Bremen zum Az. 16 C 392/18 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.003,78 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Mieterhöhungserklärung nach umfangreichen Modernisierungs- und Sanierungsarbeiten der Beklagten.

Die Kläger sind Mieter einer Wohnung der Beklagten in der A-Str. X in Bremen. Als Grundmiete war zuletzt ein Betrag i.H.v. 380,00 € vereinbart. Mit Schreiben vom 23.03.2016 kündigte die Beklagte eine Modernisierungsmieterhöhung von monatlich 77,02 €, beginnend ab 01.06.2016 an, dies auf Grundlage umfangreicher Modernisierungsarbeiten an den Gebäuden der A-Straße X-Y. Die Kläger zahlten ab Juni 2016 vorbehaltlos die erhöhte Miete.

Mit ihrer am 10.09.2018 zugestellten Klage vor dem Amtsgericht Bremen wendeten sich die Kläger gegen die Mieterhöhungserklärung und forderten die überzahlten Mieten zurück. Sie sind der Ansicht, dass das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam sei.

Die Beklagte ist demgegenüber der Ansicht, dass das Erhöhungsverlangen wirksam sei, da die Kläger ohne weiteres erkennen könnten, wie sich die Mieterhöhung zusammensetze. Man habe sich im Übrigen durch Zahlung auf die neue Miete geeinigt, da die Miete vorbehaltlos überwiesen wurde. Hilfsweise erhebt die Beklagte den Einwand der Entreicherung und macht geltend, dass sie bei einer im Sinne der § 559 ff. BGB unwirksamen Erhöhungserklärung alternativ nach § 558 BGB die Miete im Sinne der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöht hätte.

Das Amtsgericht Bremen hat mit Urteil vom 30.11.2018, Az. 16 C 392/18 der Klage stattgegeben. Es hat festgestellt, dass der Beklagten aus der Mieterhöhungserklärung kein Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Miete zustehe, da das Mieterhöhungsverlangen formell unwirksam sei. In seiner Begründung bezieht sich das Amtsgericht u.a. darauf, dass hier keine Aufteilung in Gewerke erfolgt sei. Entsprechend wurde die Beklagte zur Rückzahlung der zu viel gezahlten Miete verurteilt. Im Übrigen wird gem. § 540 Abs. 2 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil vom 30.11.2018 Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte ist der Auffassung, das Amtsgericht habe die Mieterhöhungserklärung zu Unrecht als formell unwirksam angesehen. Eine Aufteilung in Gewerke sei nicht notwendig. Die einzelnen Kosten seien lediglich auf der Detailebene der Maßnahme zu erläutern. Den Klägern sei überdies bewusst gewesen, dass sie nach ihrer Rechtsauffassung die erhöhte Miete nicht schulden.

In der mündlichen Verhandlung vor der Kammer vom 15.01.2020 haben die Kläger ihre Klage hinsichtlich der gestellten Zinsanträge insoweit zurückgenommen, als der Zinsanspruch auf Zahlung von Zinsen ab Rechtshängigkeit beschränkt wird. Die Beklagte hat der teilweisen Klagerücknahme zugestimmt.

Die Beklagte beantragt, das am 30.11.2018 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bremen, Az. 16 C 392/18 abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Die Entscheidung des Amtsgerichts Bremen ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte kann von den Klägern für die Wohnung A-Straße X in Bremen keine um 77,02 € pro Monat erhöhte Miete ab dem 01.06.2016 verlangen. Demgegenüber besteht ein Anspruch der Kläger auf Rückerstattung zu viel gezahlter Miete in Höhe von insg. 2.079,54 €.

1. Das Amtsgericht Bremen hat zutreffend festgestellt, dass das Mieterhöhungsverlangen der Beklagten vom 23.03.2016 unwirksam ist und die Beklagte aus der Mieterhöhungserklärung keinen Anspruch auf Zahlung einer erhöhten Miete herleiten kann.

a) Die Mieterhöhungserklärung entspricht nicht den Anforderungen des § 559b BGB und ist damit formell unwirksam. Selbst in Zusammenschau mit der Modernisierungsankündigung, sind die angegebenen Gesamtkosten für die Modernisierungsarbeiten für die Kläger nicht hinreichend verständlich.

Nach § 559 b Abs. 1 BGB setzt die Wirksamkeit einer Mieterhöhungserklärung des Vermieters wegen Modernisierungsmaßnahmen nach § 559 Abs. 1 BGB neben einer Berechnung der Mieterhöhung aus den entstandenen Kosten voraus, dass darin die Erhöhung entsprechend den gesetzlichen Voraussetzungen des § 559 Abs. 1 BGB erläutert wird. Sinn und Zweck dieser Verpflichtung bestehen darin, den Informationsvorsprung auf Vermieterseite abzubauen und dem Mieter die Informationen zu geben, die er benötigt, um qualifiziert überprüfen zu können, ob der Anspruch berechtigt ist. Die Vorschriften über die Berechnungs- und Erläuterungspflichten des Vermieters sind damit das notwendige Gegengewicht zu der dem Vermieter in Abweichung von allgemeinen Grundsätzen des Vertragsrechts eingeräumten Möglichkeit, die Pflicht des Mieters zur Mietzahlung durch einseitige Erklärung zu gestalten (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 559b BGB Rn. 22 f. und 25 m.w.N.). Es ist daher mindestens erforderlich, dass angegeben wird, ob und in welchem Umfang Modernisierungsmaßnahmen und Instandsetzungsarbeiten durchgeführt wurden und wie sich die Kosten auf die einzelnen Mieter verteilen. Der Vermieter hat dabei eine spezifizierte Berechnung vorzunehmen und dem Mieter die einzelnen Kostenpositionen überprüfbar zu erläutern.

Der Mieter muss den Grund der Mieterhöhung anhand der Erläuterungen des Vermieters als plausibel nachvollziehen können (BGH, Beschluss vom 12.06.2018, VIII ZR 121/17, Rn. 10, juris). Die Erklärung muss so ausgestaltet sein, dass eine überschlägige Überprüfung des verlangten Mehrbetrages dem Mieter ohne besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Rechnungsprüfung und ohne Einsicht in die Belege möglich ist (vgl. schon LG Bremen, Urteil vom 08.08.2018, 1 S 282/17). Der Umfang der Erläuterungen ist sowohl davon abhängig, wie umfangreich die durchgeführten Arbeiten waren, als auch davon, welche Informationen dem Mieter bereits vorliegen. Je umfangreicher die Arbeiten waren, umso ausführlicher müssen die Erläuterungen sein (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, aaO, Rn. 24 und 25 m.w.N.). Hat der Vermieter mehrere Modernisierungsarbeiten durchgeführt, so muss er die Gesamtkosten zunächst auf die verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen aufteilen. Nicht ausreichend ist somit die bloße Angabe eines Gesamtbetrages. In dem hier vorliegenden Fall einer umfangreichen Modernisierung, welche bereits in einzelnen Positionen Beträge im sechsstelligen Bereich ausweist, müssten, um die Nachvollziehbarkeit für den Mieter zu gewährleisten, die sehr umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen unter Zuordnung einzelner Betragspositionen weiter untergliedert werden. Dies könnte insbesondere durch die Aufschlüsselung nach einzelnen Gewerken geschehen (vgl. LG Bremen, Urteil vom 28.11.2019, Az.: 2 S 86/19; Beschluss vom 26.03.2019, Az. 2 S 296/18; Urteil vom 08.08.2018 – 1 S 282/17; Urteil vom 22.03.2018, Az.: 2 S 124/17, Rn. 5, juris; Blank/Börstinghaus, 5. Aufl. 2017, BGB § 559b Rn. 7, BeckOK BGB/Schüller, 50. Ed. 1.5.2019, BGB § 559b Rn. 11; LG Dresden, Urteil vom 14.10.1997, Az. 15 S 316/97, juris; LG Potsdam, Urteil vom 25.05.2000, Az.: 11 S 190/99, LG Hamburg, Urteil vom 17.01.2020, 307 S 50/18), ggf. auch durch weitere Darlegung zu den einzelnen Rechnungspositionen. Dabei gilt zu beachten, dass die höchste Anforderung an eine Erläuterung dann zu stellen ist, wenn es sich – wie hier – um Maßnahmen außerhalb der Wohnung handelt. Denn hier kann der Mieter den Umfang der Arbeiten und auch die Frage, inwieweit hierdurch eine Modernisierung im Sinne des § 559 BGB eintritt, am allerwenigsten beurteilen (vgl. Schmidt-Futterer/Börstinghaus, aaO, Rn. 25 m.w.N.). Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die mietrechtlichen Verfahrensvorschriften, welche dem Ausgleich zwischen Belangen des Vermieters und des Mieters dienen, nicht in einer Weise ausgelegt werden dürfen, die die Verfolgung der Vermieterinteressen unzumutbar erschwert. Deshalb dürfen auch bei einer Mieterhöhungserklärung nach § 559b BGB von Verfassung wegen nicht so hohe formale Anforderungen an die Begründung des Erhöhungsverlangens gestellt werden, dass hierdurch der gesetzliche Anspruch auf die Mieterhöhung zu Fall gebracht würde. Maßgeblich sind dabei die Umstände des Einzelfalls.

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen ist festzustellen, dass in dem hier vorliegenden Fall das Mieterhöhungsverlangen den formalen Anforderungen nicht genügt. Die Beklagte ist ihrer Erläuterungspflicht nicht hinreichend nachgekommen. Die an die Kläger übersandte Übersicht „Darlegung der für die Modernisierung angefallenen Kosten und Instandhaltungsanteile“ enthält zwar eine Aufteilung der verschiedenen Modernisierungsmaßnahmen, jedoch keine weitere Aufschlüsselung, aus denen sich nachvollziehbar entnehmen ließe, in welchem Umfang die Maßnahmen der Instandsetzung bzw. Modernisierung zuzuordnen sind. Eine derartige genauere Zuordnung, etwa durch Unterteilung in die verschiedenen Gewerke, wäre jedoch angesichts der umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten angezeigt gewesen, zumal sich die Maßnahmen ausweislich der Kostenaufstellung auf ein mehrere Hausnummern umfassendes Objekt beziehen. So werden allein für den Kostenpunkt „Wärmedämmung an den Außenwänden/Fassadenarbeiten“ Gesamtkosten in Höhe von 148.868,34 € genannt, ohne dass dabei differenziert wird z.B. nach Aufbau des Gerüstes, Abtragung des alten Putzes, Verkleidung mit Dämmmaterial etc. Auf diese Weise wird es den Klägern nicht ermöglicht, den Gesamtbetrag auf seine Schlüssigkeit und Berechtigung im Hinblick auf etwaige unberechtigte Kosten für die Instandhaltung des Gebäudes zu prüfen. Die bloße Nennung eines hohen Kostenbetrages ist für sie nutzlos. Ausreichend nachvollziehbare Angaben zu den Instandhaltungsanteilen und ihren Kosten ergeben sich auch nicht aus einem Ankündigungsschreiben vom 28.01.2015.

Von der Beklagten wird auch kein unzumutbarer Aufwand verlangt. Sie muss bei großen Vorhaben entsprechende Berechnungen zur Trennung von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen ohnehin durchführen, sodass sie dies auch zum Verständnis und zur überschlägigen Überprüfbarkeit durch den Mieter aufführen könnte und müsste. Nicht nachvollziehbar sind insoweit Ausführungen der Beklagten, es sei ihr nicht möglich, zu den Modernisierungsmaßnahmen auch die einzelnen Arbeitsschritte aufzuführen und dazu die Kosten anzugeben. Die Beklagte verfügt über entsprechend aufgeschlüsselte Rechnungen. Notwendigenfalls wäre sie bei größeren Bauvorhaben überdies gehalten, sich die entsprechenden Angaben von den ausführenden Unternehmen zu besorgen. Dabei ist eine Unterteilung etwa nach Gewerken vorzunehmen oder sind ausnahmsweise die einzelnen Rechnungspositionen näher aufzuschlüsseln. Insoweit ist es unerheblich, inwiefern der Begriff des „Gewerks“ gesetzlich definiert, vom Gesetzestext konkret erwähnt oder von den Kommentatoren benutzt wird. Denn es kommt letztlich nur darauf an, dass der Mieter die ihm vorgehaltenen Kostenpositionen nachvollziehen kann. Dies ist einem durchschnittlichen Mieter nur möglich, wenn eine Gesamtleistung in konkrete Arbeitsabschnitte, die ihrerseits in greifbare Einzelarbeiten untergliedert sind, unterteilt wird. Dies geschieht für Gewöhnlich anhand der Gewerke. So gibt etwa die Nennung eines Betrages von 148.868,34 € für „Wärmedämmung an den Außenwänden/Fassadenarbeiten“ keinerlei Aufschluss darüber, welche Arbeiten konkret ausgeführt wurden und wie diese zu bepreisen sind.

Unabhängig davon konnte hier eine Aufschlüsselung der Arbeiten nach Gewerken bereits deshalb verlangt werden, weil sich die Beklagte in der „Darlegung der für die Modernisierung angefallenen Kosten und Instandhaltungsanteile“ zur Erläuterung des angewandten Umlageschlüssels selbst auf den Begriff der „Gesamtgewerke“ bezogen hat. Eine Nachprüfbarkeit der in der Erläuterung des Schlüssels aufgestellten Behauptung, die Gesamtgewerke seien „für alle Wohnungen gleichermaßen“ zutreffend, ist nur gegeben, wenn die Erklärung der jeweiligen Gewerke auch aufgeschlüsselt darlegt wird.

b) Eine andere Beurteilung ist auch nicht mit Rücksicht auf die von der Beklagtenseite zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Aufschlüsselung der Betriebskostenposition „Versicherung“ angezeigt. Danach soll die Pflicht des Vermieters zur Spezifizierung der angerechneten Kosten für die Sach- und Haftpflichtversicherung im Rahmen einer Betriebskostenabrechnung nicht überspannt werden, da es sich dabei um eng zusammenhängende Kosten handelt (BGH, Urteil vom 16.09.2009, VIII ZR 346/08, Rn. 7, juris). Zwei kleinere Kostenpositionen können somit zusammengefasst werden, wenn dies der Verständlichkeit für den Mieter nicht entgegensteht. Dies ist auf den vorliegenden Fall aber nicht übertragbar. Denn hier wurden umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt. Die Gesamtkosten lagen dabei im sechsstelligen Bereich. Dafür wurden notwendigerweise auch zahlreiche Einzelarbeiten in verschiedenen Gewerken durchgeführt. Eine Zusammenfassung von nur zwei kleineren Kostenpositionen (wie die Kosten für eine Sach- und eine Haftpflichtversicherung) stellt den Mieter dagegen bezüglich der Nachvollziehbarkeit nicht ansatzweise vor ähnliche Herausforderungen wie in dem vorliegenden Fall.

Dass auf eine Aufschlüsselung der Kosten nach Gewerken verzichtet werden könnte, ergibt sich auch nicht daraus, dass z.B. das Landgericht Berlin mit Urteil vom 05.12.2008 zum Aktenzeichen 63 S 149/08 ein Recht des Mieters auf eine entsprechende Darlegung im Falle einer Pauschalpreisvereinbarung bei einem Generalunternehmer verneint hat. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Im Übrigen wären auch in einem solchen Fall, in dem der Vermieter zu einer Schätzung berechtigt wäre, die Schätzungsgrundlagen nachvollziehbar darzulegen.

2. Der Beklagtenpartei steht auch nicht aus einem anderen Gesichtspunkt ein Anspruch auf die erhöhte Miete zu. Eine Einigung auf einen erhöhten Mietzins, die trotz formeller Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens möglich wäre, liegt nicht vor. Das Mieterhöhungsverlangen vom 24.03.2016 nach §§ 559 ff. BGB ist eine einseitige Erklärung. Für den Mieter ist darin gerade kein Angebot auf Vertragsanpassung zu erkennen. Der Mieter soll auch nach den Vorstellungen der Vermieterpartei gerade nicht wählen können, ob die erhöhte Miete gezahlt werden soll. Denn der Vermieter will erkennbar von seinem einseitigen Erhöhungsrecht Gebrauch machen (Schmidt-Futterer/Börstinghaus, aaO, Rn. 70, 71). Wenn der Mieter, z.B. um das Mietverhältnis nicht zu gefährden oder aus Unkenntnis Mietzahlungen in der erhöhten Summe leistet, stellt dies auch kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar.

3. Die Kläger haben daneben einen Anspruch auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete in Höhe von insgesamt 2.079,54 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.

a) Die Kläger haben infolge der formellen Unwirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens die Mieten in Höhe von monatlich 77,02 € für Juni 2016 bis August 2018 ohne Rechtsgrund geleistet.

b) Einem Rückzahlungsanspruch der Kläger steht nicht § 814 BGB entgegen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kläger sich bei jeder einzelnen Leistung eine Rückforderung vorbehalten haben oder nicht. Denn ein Kondiktionsanspruch ist gemäß § 814 BGB nur ausgeschlossen, wenn der Leistende die zurückzufordernde Leistung in Kenntnis der Nichtschuld erbracht hat. Die Voraussetzungen des § 814 BGB, für deren Eingreifen als Ausschlusstatbestand die Beklagte als potentielle Bereicherungsschuldnerin die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. OLG Köln BeckRS 2011, 5572; KG MDR 2013, 396; OLG Hamm BeckRS 2016, 20914), sind nicht erfüllt. Erforderlich ist die positive Kenntnis des Leistenden zum Zeitpunkt seiner Leistung, dass er zu dieser Leistung nicht verpflichtet ist (Martinek in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 814 BGB, Rn. 10, 18 m.w.N.). Die bloße Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Nichtbestehen der Verbindlichkeit ergibt, reicht für die Anwendbarkeit von § 814 BGB nach ständiger Rechtsprechung keinesfalls aus (BGH NJW 1991, 919; BGH NJW 2002, 2871; BGH NJW 2009, 580). Erforderlich sind keine juristischen Spezialkenntnisse, jedoch eine „Parallelwertung in der Laiensphäre“ (BGH WM 2008, 886).

Vorliegend fehlt es an jeglicher Darlegung der Beklagtenseite, dass von einer positiven Kenntnis der Kläger vom Bestehen einer Nichtschuld auszugehen ist. Es greift auch keine Beweiserleichterung zugunsten der Beklagtenseite ein, etwa dahingehend, die Kläger hätten eine positive Kenntnis von der Nichtschuld im Sinne einer „Parallelwertung in der Laiensphäre“ gehabt. Wenn ein Mieter im Zweifel vorsichtshalber, um das Mietverhältnis nicht zu gefährden, den erhöhten Mietzins entrichtet, ist dies nicht mit einer Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld gleichzusetzen (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl. 2018, § 814 Rn. 3 m.w.N.). § 814 BGB greift nur dann ein, wenn dem Leistenden selbst ein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen ist (OLG Hamm BeckRS 2016, 16433). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Insoweit genügt weder die vorbehaltlose Zahlung noch eine Zahlung durch Einzelüberweisungen, da auch damit keine konkreten Erklärungen der Kläger verbunden sind. Bestehen danach Zweifel, ob das Verhalten des Leistenden als Rückforderungsverzicht auszulegen ist, gehen diese zulasten des Empfängers (OLG Hamm aaO).

c) Der Anspruch der Kläger ist auch nicht verwirkt. Zwar haben die Kläger fortlaufend gezahlt. Dies begründet aber nicht die Verwirkung. Vielmehr müssen Umstände vorliegen, wonach die Beklagte aus dem gesamten Verhalten der Kläger schließen konnte und das auch getan hat, dass diese das ihr zustehende Recht künftig nicht einfordern werden. Es muss ein Vertrauenstatbestand geschaffen werden, und zwar durch das Verhalten der Kläger. Solche Umstände, die auf ein schutzwürdiges Vertrauen der Beklagten schließen lassen, sind aber nicht ersichtlich.

d) Der Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB, wie von der Beklagten geltend gemacht, ist fernliegend. Die Beklagte kann das Risiko, das sich aus der Rechtsunwirksamkeit der streitgegenständlichen Mieterhöhung ergab, nicht über § 818 Abs. 3 BGB auf ihre Mieter abwälzen. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass ihr eine „reguläre“ Anpassung der Miete möglich gewesen wäre, so mag dieses grundsätzlich zutreffen. Indes führt die bloße Möglichkeit nicht zu einem Entfallen des Anspruchs der Kläger wegen Entreicherung i.S.d. § 818 Abs. 3 BGB. Denn das Gestaltungsrecht hat die Beklagte bislang nicht ausgeübt. Solange ein Mieterhöhungsverlangen unterblieben ist, schuldet der Mieter eine erhöhte Miete nicht allein schon wegen der durch eine Modernisierungsmaßnahme eingetretenen Steigerung des bisherigen Wohnwerts (BGH, Urt. v. 17.5.2017 – VIII ZR 29/16, NZM 2017, 517). Ohne eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Mieterhöhungserklärung hat eine wirksame Mieterhöhung nicht eintreten können und haben die Kläger mithin auch keine erhöhte Miete geschuldet (vgl. BGH aaO zu der insoweit vergleichbaren Konstellation des Ausschlusses der Rückforderung wegen einer möglichen aber unterbliebenen Modernisierungsmieterhöhung).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV.

Die Revision ist nicht zuzulassen.

Weder hat die Sache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

1. Die Sache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), Dies ist nur dann der Fall, wenn die Sache entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufwirft, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, oder wenn andere (tatsächliche oder wirtschaftliche) Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren (Kessal-Wulf in: BeckOK ZPO, Vorwerk/Wolf, 29. Edition, Stand: 01.07.2018, § 543, Rn. 19 m.w.N.; Krüger in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 543 Rn. 7).

Hier fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit, da weder in der Literatur noch in der Rechtsprechung eine andere als die hier vertretene Auffassung dazu vertreten wird, ob eine formell wirksame Mieterhöhungserklärung gemäß § 559b BGB infolge umfangreicher Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten nicht nur die einzelnen Modernisierungsmaßnahmen darstellen, sondern wegen des großen Umfangs ggf. noch kleinteiliger zu differenzieren ist. Mit der im vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfenen Rechtsfrage, ob insbesondere weiter in Gewerke zu untergliedern ist, haben sich andere Gerichte nicht explizit befasst.

2. Daher liegt auch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht vor.

a) Die Kammer vermag keine Divergenz der hier vertretenen Ansicht zu den Urteilen des Landgerichts Berlin vom 02.10.2012 zum Aktenzeichen 63 S 491/11 und vom 16.10.2012 zum Aktenzeichen 63 S 53/12 zu erkennen. Zwar scheint der Umfang der Modernisierungen in dem dort zugrundeliegenden Fall ein vergleichbares Ausmaß zu haben wie in dem vorliegenden Rechtsstreit. Soweit dort darauf abgestellt wird, dass der Vermieter nicht mitzuteilen habe, auf Grundlage welcher tatsächlichen Verhältnisse er den angegebenen Instandsetzungsaufwand berechnet habe, verhält sich das Urteil indes nicht konkret zu der in der vorliegenden Entscheidung herausgestellten Notwendigkeit, bei umfangreichen Maßnahmen insbesondere im Außenbereich, die Modernisierungsmaßnahmen nachvollziehbar durch weitere Differenzierung, etwa hinsichtlich einzelner Rechnungspositionen oder Untergliederung nach Gewerken zu erläutern.

b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vorgelegten Entscheidung des Landgerichts Köln vom 02.10.2014 zum Aktenzeichen 10 S 129/13. Das Gericht hat zwar ein inhaltlich ähnlich gestaltetes Mieterhöhungsverlangen wie das streitgegenständliche als formell wirksam bewertet; allerdings hat es sich mit der Frage, ob eine weitere Differenzierung der Modernisierungsmaßnahmen z.B. nach Gewerken im Rahmen der Erläuterung der Maßnahmen erforderlich ist, nicht auseinandergesetzt.

c) Die von Beklagtenseite vorgelegte Entscheidung des Amtsgerichts Eschweiler vom 13.06.2013 (Aktenzeichen 21 C 41/13) ist schon deshalb nicht für die Annahme einer zur Revisionszulassung zwingenden Divergenz geeignet, weil es sich um eine erstinstanzliche Entscheidung handelt. Eine Divergenz i.S.d. § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO liegt aber nur vor, wenn das Gericht, das über die Zulassung der Revision entscheidet, von einem in einer Entscheidung eines höherrangigen Gerichts, eines gleichgeordneten Gerichts oder eines anderen Spruchkörpers desselben Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (vgl. BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, 35. Ed. 1.1.2020, ZPO § 543 Rn. 26).

Soweit die Beklagte darüber hinaus auf Hinweisbeschlüsse anderer Gerichte aufmerksam macht, führen auch darin geäußerte Auffassungen nicht zu einer Revisionszulassung, da es sich nicht um Entscheidungen handelt.

d) Aus der weiter zitierten Entscheidung des Landgerichts Köln vom 06.11.2014 zum Aktenzeichen 21 S 16/14 ergibt sich ebenfalls nichts Gegenteiliges. Das Landgericht Köln stellt dort zur Annahme einer formell ordnungsgemäßen Mieterhöhung selbst auf eine Differenzierung einzelner Gewerke ab, die zumindest stichwortartig beschrieben sind.

e) Die Kammer weicht des Weiteren nicht von der Rechtsprechung des Landgerichts Berlin in dem Urteil vom 04.07.1994 zum Aktenzeichen 66 S 38/94 ab. Mit der Frage zur Aufschlüsselung von (umfangreichen) Modernisierungskosten nach Gewerken hat sich auch das Landgericht Berlin in diesem Urteil nicht befasst. Betrachtet man zudem die dort gegenständlichen Modernisierungsmaßnahmen (z.B. Einbau einer Klingel- und Sprechanlage), so handelt es sich nicht um solch umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen wie im vorliegenden Fall. Eine Vergleichbarkeit scheidet offensichtlich aus.

f) Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Entscheidung der Kammer auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entgegen, so dass bereits aus diesem Grund eine Zulassung der Revision erforderlich wäre. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich erklärt, dass der rechtliche Rahmen in der Rechtsprechung hinsichtlich der Frage, ob der Vermieter im jeweiligen Einzelfall den Grund der Mieterhöhung gemäß § 559b ZPO in formeller Hinsicht ausreichend dargelegt hat, bereits abgesteckt ist und in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung obliegt (BGH, Beschluss vom 12. Juni 2018 – VIII ZR 121/17 – Rn. 11, Juris). Die Entscheidung der Kammer hält sich in diesem Rahmen.

3. Die Beklagte kann sich schließlich nicht darauf berufen, dass eine grundsätzliche Bedeutung der vorliegenden Rechtsfragen bereits deswegen anzunehmen sein soll, weil sie und die zum Konzernverbund gehörenden Vermietergesellschaften bundesweit über einen Wohnungsbestand von über X Wohneinheiten verfügten, mit denen eine entsprechend große Anzahl an Modernisierungsmaßnahmen einhergingen. Andernfalls wäre der Rechtsweg für große Konzerne anders zu beurteilen als z.B. bei Vermietern nur einer Wohnung. Für eine solche Ungleichbehandlung besteht keine Rechtfertigung. Ein großer Wohnungsbestand tangiert für sich genommen auch noch nicht die Interessen der Allgemeinheit als solche.

4. Die Revision war ebenfalls nicht zuzulassen, weil nach dem Vortrag der Beklagten höchstrichterlich noch nicht darüber entschieden worden sei, ob die vorbehaltlose Zahlung einer aufgrund einer Modernisierungsmieterhöhung erhöhten Miete als konkludente Annahme eines entsprechenden Vertragsangebots gewertet werden kann. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 20.07.2005 entschieden, dass eine stillschweigende Mieterzustimmung zur Mieterhöhungserklärung durch Zahlung der erhöhten Miete nicht vorliegt, wenn der Vermieter einseitig eine höhere Miete festgesetzt hat (VIII ZR 199/04 –, Rn. 13, juris).

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