Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Sonderkündigungsrecht § 573a BGB: AG Koblenz entscheidet über Kündigung im Zweifamilienhaus trotz strittiger dritter Räume
- Kündigung im Zweifamilienhaus: Ausgangslage und Streit um Wohnungscharakter im Erdgeschoss
- Vermieter kündigt nach § 573a BGB: Erleichterte Kündigung ohne berechtigtes Interesse
- Mieter beruft sich auf mündliche Zusage und Wohnungscharakter der Kellerräume
- Amtsgericht Koblenz gibt Räumungsklage statt: Mieter muss ausziehen
- Mündliche Zusage des Vermieters unwirksam: Schriftform nach § 550 BGB nicht eingehalten
- Sonderkündigungsrecht § 573a BGB anwendbar: Voraussetzungen für erleichterte Kündigung erfüllt
- Gerichtliche Prüfung: Wann gelten Räume als eigenständige Wohnung nach § 573a BGB?
- Schutzzweck des § 573a BGB: Vermieterschutz im gemeinsam bewohnten Haus
- Erdgeschossräume im Detail: Warum sie keine Wohnung darstellen laut AG Koblenz
- Folgen der Entscheidung: Mieter trägt Kosten und muss Räumungskosten erstatten
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet das Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB für Vermieter in einem Zweifamilienhaus?
- Wie wird definiert, was eine „Wohnung“ im Sinne des Mietrechts ist und welche Rolle spielt das bei der Anwendung des § 573a BGB?
- Welche Bedeutung hat eine mündliche Zusage des Vermieters im Zusammenhang mit einem Ankaufsrecht des Mieters für die Gültigkeit einer Kündigung?
- Was bedeutet „Treuwidrigkeit“ im Zusammenhang mit einer Kündigung und wann liegt sie vor?
- Was sind die Unterschiede zwischen einer Kündigung nach § 573a BGB und einer Kündigung wegen Eigenbedarfs?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 152 C 2003/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Koblenz
- Datum: 10.04.2025
- Aktenzeichen: 152 C 2003/24
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Eigentümer und Vermieter, der eine Wohnung im Haus selbst bewohnt und die Kündigung aussprach.
- Beklagte: Der Mieter der Wohnung im 2. Obergeschoss, der die Kündigung für unwirksam hielt.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger, Eigentümer eines Wohnhauses, vermietete eine Wohnung an den Beklagten. Er bewohnt selbst eine andere Wohnung im Haus. Nach Verschlechterung des Verhältnisses kündigte der Kläger das Mietverhältnis.
- Kern des Rechtsstreits: Zentraler Streitpunkt war, ob der Kläger das Sonderkündigungsrecht für Vermieter (§ 573a BGB) nutzen durfte. Dies hing davon ab, ob Räume im Erdgeschoss als dritte Wohnung im Sinne des Gesetzes zählen. Auch die Wirksamkeit einer mündlichen Bleibezusage des Klägers war relevant.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht gab der Klage statt. Der Beklagte muss die angemietete Wohnung räumen und die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers erstatten. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
- Begründung: Das Gericht sah die Kündigung als wirksam an, weil dem Kläger das Sonderkündigungsrecht zustand. Die mündliche Zusage, dass der Beklagte in der Wohnung bleiben könne, war mangels Schriftform unwirksam. Die Räume im Erdgeschoss galten nicht als weitere Wohnung, da sie die Kriterien für eine Wohnung nach dem Gesetz nicht erfüllten.
- Folgen: Der Mieter muss die Wohnung verlassen. Er hat die Kosten des Gerichtsverfahrens und einen Teil der Anwaltskosten des Vermieters zu tragen.
Der Fall vor Gericht
Sonderkündigungsrecht § 573a BGB: AG Koblenz entscheidet über Kündigung im Zweifamilienhaus trotz strittiger dritter Räume
Das Amtsgericht Koblenz hat in einem Urteil (Aktenzeichen: 152 C 2003/24) vom 10. April 2025 entschieden, dass ein Vermieter, der selbst im Haus wohnt, seinem Mieter unter erleichterten Bedingungen kündigen kann, auch wenn Unklarheit über die Anzahl der Wohneinheiten im Gebäude besteht.

Kern des Streits war die Frage, ob bestimmte Räume im Erdgeschoss als eigenständige, dritte Wohnung zu werten sind, was das Sonderkündigungsrecht nach § 573a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausgeschlossen hätte. Das Gericht verneinte dies und gab der Räumungsklage des Vermieters statt.
Kündigung im Zweifamilienhaus: Ausgangslage und Streit um Wohnungscharakter im Erdgeschoss
Der Vermieter ist Eigentümer eines Wohnhauses, in dem er selbst die Wohnung im ersten Obergeschoss bewohnt. Die Wohnung im zweiten Obergeschoss hatte er seit dem 15. Juni 2006 an den späteren Mieter und dessen damalige Lebensgefährtin vermietet. Die Beziehung zwischen Vermieter und Mieter war ursprünglich gut, was sich auch darin zeigte, dass der Vermieter dem Paar mit einem notariellen Vertrag vom 25. Februar 2022 ein Ankaufsrecht für die gesamte Immobilie einräumte. Zusätzlich gab der Vermieter dem Paar die mündliche Zusage, dass sie bis zum Eintritt des Ankaufsfalls, also bis sie das Haus potenziell kaufen könnten, in der Wohnung bleiben dürften.
Die Situation änderte sich jedoch grundlegend, nachdem sich der Mieter von seiner Lebensgefährtin trennte. Diese zog aus der gemeinsamen Wohnung aus und schied am 30. Juni 2023 offiziell aus dem Mietvertrag aus. In der Folgezeit verschlechterte sich das Verhältnis zwischen dem Vermieter und dem allein verbliebenen Mieter erheblich.
Ein zentraler Punkt des späteren Rechtsstreits waren Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses. Diese waren teilweise mit Erde angeschüttet und ihre genaue Beschaffenheit wurde im Prozess durch Fotos, einen Grundriss und die Erläuterungen beider Parteien dargelegt. Die Frage war, ob diese Räume – bestehend aus einem „Hobbyraum“ und einem „Saunabereich“ – als separate, dritte Wohnung im Sinne des Mietrechts zu qualifizieren sind.
Vermieter kündigt nach § 573a BGB: Erleichterte Kündigung ohne berechtigtes Interesse
Aufgrund des zerrütteten Verhältnisses kündigte der Vermieter dem Mieter mit Schreiben vom 16. August 2023 das Mietverhältnis. Er stützte sich dabei auf das Sonderkündigungsrecht gemäß § 573a Absatz 1 BGB. Dieses Gesetz erlaubt es einem Vermieter, der selbst im selben Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen wohnt, einem Mieter ohne Angabe eines berechtigten Interesses (wie z.B. Eigenbedarf) zu kündigen. Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.
Der Vermieter argumentierte, dass die Voraussetzungen für diese erleichterte Kündigung gegeben seien, da das Haus eben nur zwei Wohnungen – seine eigene und die des Mieters – umfasse. Die Räume im Erdgeschoss seien keine eigenständige Wohnung. Hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht dem nicht folgen sollte, sprach der Vermieter mit Anwaltsschreiben vom 1. Oktober 2024 zusätzlich eine Kündigung wegen Eigenbedarfs aus. Er gab an, die Wohnung für die Unterbringung einer Pflegefachkraft zu benötigen. An seine frühere mündliche Zusage, der Mieter könne bis zum Ankaufsfall wohnen bleiben, fühlte sich der Vermieter nach der Trennung des Mieters von dessen Partnerin nicht mehr gebunden.
Mieter beruft sich auf mündliche Zusage und Wohnungscharakter der Kellerräume
Der Mieter wehrte sich gegen die Kündigung und beantragte die Abweisung der Räumungsklage. Sein Hauptargument war, dass das Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB hier nicht anwendbar sei. Er behauptete, die Räumlichkeiten im Erdgeschoss stellten sehr wohl eine dritte Wohnung dar, womit das Gebäude insgesamt mehr als zwei Wohnungen aufweise. Die Voraussetzungen für die erleichterte Kündigung seien somit nicht erfüllt.
Weiterhin bestritt der Mieter den vom Vermieter hilfsweise geltend gemachten Eigenbedarf. Vor allem aber machte er geltend, dass die Kündigung treuwidrig sei. Der Vermieter breche sein ausdrückliches mündliches Versprechen, ihn bis zum möglichen Ankauf des Hauses in der Wohnung wohnen zu lassen. Im Vertrauen auf diese Zusage habe er, der Mieter, erhebliche Investitionen in das Haus getätigt. Er habe sogar ein ihm durch Erbschaft zugefallenes anderes Haus verkauft und sei trotz eines zwischenzeitlichen Wasserschadens in der Mietwohnung geblieben, weil er auf die langfristige Wohnperspektive und das Ankaufsrecht vertraut habe.
Amtsgericht Koblenz gibt Räumungsklage statt: Mieter muss ausziehen
Das Amtsgericht Koblenz folgte der Argumentation des Vermieters und verurteilte den Mieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung im zweiten Obergeschoss samt Keller und Stellplatz. Darüber hinaus muss der Mieter die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Vermieters in Höhe von 627,13 Euro zuzüglich Zinsen tragen und die gesamten Kosten des Rechtsstreits übernehmen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei der Mieter die Räumung durch eine Sicherheitsleistung von 3.000 Euro vorerst abwenden könnte. Der Streitwert wurde auf 6.000 Euro festgesetzt.
Mündliche Zusage des Vermieters unwirksam: Schriftform nach § 550 BGB nicht eingehalten
In seiner Begründung führte das Gericht aus, dass der Vermieter einen Anspruch auf Räumung gemäß § 546 Abs. 1 BGB habe, da das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 16. August 2023 wirksam beendet worden sei. Die mündliche Zusage des Vermieters, der Mieter könne bis zum Ankaufsfall wohnen bleiben, stehe der Kündigung nicht entgegen.
Zwar könne eine solche Abrede grundsätzlich als vertraglicher Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts interpretiert werden. Jedoch unterliegt eine solche Vereinbarung, wenn sie – wie hier – für einen längeren Zeitraum als ein Jahr getroffen wird und das Kündigungsrecht einschränkt, dem Schriftformerfordernis des § 550 BGB. Da die Zusage nur mündlich erfolgte, sei sie nicht formwirksam und könne daher die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit nicht ausschließen. Das Gericht verwies auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wonach bereits der Ausschluss einzelner Kündigungsgründe der Schriftform bedarf.
Das Gericht erkannte zwar an, dass der Mieter sich auf die Zusage verlassen und darauf basierend Lebensentscheidungen getroffen haben mag (Verkauf des geerbten Hauses, Investitionen). Dieses Vertrauen sei jedoch rechtlich nicht geschützt, wenn die Vereinbarung nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form getroffen wurde. Auch aus dem notariell beurkundeten Ankaufsrecht selbst ergebe sich kein Verbot der ordentlichen Kündigung, da Mietvertrag und Ankaufsrecht rechtlich voneinander unabhängige Vereinbarungen seien.
Sonderkündigungsrecht § 573a BGB anwendbar: Voraussetzungen für erleichterte Kündigung erfüllt
Da die mündliche Zusage unwirksam war, prüfte das Gericht die Wirksamkeit der Kündigung vom 16. August 2023. Diese war formell ordnungsgemäß erklärt worden, und die Kündigungsfrist war unstreitig abgelaufen. Entscheidend war somit, ob dem Vermieter der Kündigungsgrund aus § 573a Abs. 1 BGB zustand.
Die Voraussetzungen hierfür sind:
- Die Kündigung betrifft eine Wohnung in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen.
- Der Vermieter bewohnt selbst eine Wohnung in diesem Gebäude.
Das Gericht bejahte beide Voraussetzungen. Der Vermieter wohnte unstrittig im Haus. Die entscheidende Frage war, ob die Räume im Erdgeschoss als dritte Wohnung zu zählen sind. Das Gericht kam nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall ist.
Gerichtliche Prüfung: Wann gelten Räume als eigenständige Wohnung nach § 573a BGB?
Für die Beurteilung, ob mehr als zwei Wohnungen vorhanden sind, sei nicht allein auf baurechtliche Definitionen abzustellen, sondern auf die Verkehrsanschauung, also das Verständnis eines objektiven Dritten. Eine Wohnung im Sinne des § 573a BGB sei nach gefestigter Rechtsprechung des BGH ein selbstständiger, räumlich und wirtschaftlich abgegrenzter Bereich, der eine eigenständige Haushaltsführung ermöglicht.
Das Gericht zog auch die technische Definition (DIN 28356) heran, wonach eine Wohnung die Summe der Räume ist, die eine Haushaltsführung ermöglichen und zwingend über eine Küche oder Kochgelegenheit, Wasserversorgung, Ausguss und Toilette verfügen müssen – wobei all diese Merkmale innerhalb der abgeschlossenen Wohnung liegen müssen. Maßgeblich seien dabei die objektiven Gegebenheiten zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Die bloße Möglichkeit eines späteren Ausbaus zu einer Wohnung sei unerheblich.
Schutzzweck des § 573a BGB: Vermieterschutz im gemeinsam bewohnten Haus
Das Gericht betonte auch den Sinn und Zweck des § 573a BGB. Diese Norm stelle eine Ausnahme vom strengen Mieterschutz dar und diene dem Schutz des Vermieters, der eng mit seinem einzigen Mieter unter einem Dach lebt. Sie solle ihm ermöglichen, sich von einem Mieter zu trennen, mit dem das Zusammenleben unerträglich geworden ist, ohne die sonst hohen Hürden eines berechtigten Interesses nachweisen zu müssen. Es wäre eine unzumutbare Einschränkung seines Eigentums, wenn er gezwungen wäre, auf Dauer mit einer Person zusammenzuleben, mit der er sich nicht mehr versteht. Daher sei die Norm vermieterschützend auszulegen und nicht aus Mieterschutzgründen einschränkend anzuwenden. Es komme darauf an, ob der Mieter nach dem Verständnis eines objektiven Dritten bei Kündigungszugang davon ausgehen musste, dass im Haus nicht mehr als zwei selbständige Haushalte geführt werden.
Erdgeschossräume im Detail: Warum sie keine Wohnung darstellen laut AG Koblenz
Unter Anwendung dieser Maßstäbe kam das Gericht zu dem klaren Ergebnis, dass die Räume im Erdgeschoss keine dritte Wohnung darstellen:
- Keine abgeschlossene Einheit: Die Räume bildeten keinen zusammenhängenden, abgeschlossenen Wohnbereich. Es handelte sich um zwei separate Bereiche (Hobbyraum und Saunabereich), die jeweils nur einzeln vom allgemeinen Treppenhaus zugänglich waren. Eine interne Verbindungstür existierte nicht und war auch nicht entscheidend, da der Zustand bei Kündigung zählt.
- Fehlende Merkmale für Haushaltsführung: Keiner der Bereiche erfüllte für sich allein die Kriterien einer Wohnung. Dem Hobbyraum fehlte eine Kochgelegenheit und Sanitäranlagen, dem Saunabereich fehlte eine Küche/Kochmöglichkeit. Auch zusammen betrachtet fehlte die für eine Wohnung typische Struktur.
- Keine Planung als Wohnung: Die Räume waren offensichtlich nie als separate, abgeschlossene Wohnung konzipiert. Dafür sprach auch das Fehlen eines eigenen Stromzählers; der Verbrauch wurde über den Zähler des Vermieters mit erfasst.
- Keine Vermietung: Die Räume wurden während des gesamten langjährigen Mietverhältnisses niemals an Dritte vermietet. Gelegentliche Übernachtungen von Gästen oder einer Pflegekraft des Vermieters änderten nichts am Charakter der Räume als Nebenräume.
- Typische Kellernutzung: Die tatsächliche Nutzung entsprach der eines ausgebauten Kellers: Der eine Teil diente als Hobbyraum (für Schiffsmodelle des Vermieters), der andere beherbergte eine Sauna mit Sanitäranlagen. Zudem waren dort die Waschmaschinen beider Parteien aufgestellt.
- Heizungsanlage: Die zentrale Heizungsanlage für das gesamte Gebäude befand sich im Saunabereich und war nur durch diesen zugänglich. Dies spricht ebenfalls gegen eine Nutzung als eigenständige, vermietbare Wohnung.
- Mangelnde Belichtung: Es fehlte weitgehend an ausreichender natürlicher Belichtung. Der Saunabereich lag unterhalb der Erdoberfläche, und eine vorhandene Fensternische mit Lichtschacht war durch ein Regal verstellt.
Zusammenfassend stellte das Gericht fest, dass die Räume im Erdgeschoss nach der Verkehrsanschauung, Treu und Glauben und dem für den Mieter klar erkennbaren Nutzungszweck eindeutig nicht als weitere Wohnung konzipiert oder genutzt wurden. Dem Mieter seien diese Umstände über die gesamte Mietdauer bekannt gewesen. Er habe realistischerweise nie damit rechnen müssen, dass eine dritte Mietpartei in diese Räume einzieht. Ihm sei immer klar gewesen, dass er – wie über Jahrzehnte praktiziert – allein mit dem Vermieter im Haus wohnt. Genau für solche Konstellationen sei das Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB geschaffen worden.
Folgen der Entscheidung: Mieter trägt Kosten und muss Räumungskosten erstatten
Da die Kündigung nach § 573a BGB wirksam war, wurde der Mieter zur Räumung verurteilt. Auf die hilfsweise erklärte Kündigung wegen Eigenbedarfs kam es nicht mehr an. Die Verpflichtung des Mieters zur Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten des Vermieters begründete das Gericht als Schadensersatzanspruch. Der Mieter habe seine mietvertragliche Pflicht zur Rückgabe der Mietsache nach wirksamer Kündigung verletzt, indem er nicht auszog, wodurch dem Vermieter diese Kosten entstanden seien. Die Entscheidung über die Prozesskosten beruht auf § 91 ZPO (wer verliert, zahlt), die Regelungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 7, Nr. 11, 711 ZPO.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bestätigt, dass Vermieter in Zweifamilienhäusern auch ohne Eigenbedarfsgründe nach § 573a BGB kündigen können, wenn sie selbst im Gebäude wohnen – und zwar selbst wenn es strittige Nebenbereiche gibt. Entscheidend ist, ob diese Räume objektiv als eigenständige Wohnung gelten können, wobei Merkmale wie Abgeschlossenheit, Kochgelegenheit und Sanitäranlagen maßgeblich sind. Mündliche Zusagen zum Kündigungsausschluss sind ohne Schriftform gemäß § 550 BGB wirkungslos, selbst wenn der Mieter darauf vertraut und entsprechende Lebensentscheidungen getroffen hat.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet das Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB für Vermieter in einem Zweifamilienhaus?
Das Sonderkündigungsrecht nach § 573a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist eine besondere Regelung für Vermieter, die in einem Haus mit nur zwei Wohnungen leben und eine davon vermietet haben. Stellen Sie sich ein Haus vor, in dem sich nur Ihre eigene Wohnung und eine einzige weitere, vermietete Wohnung befinden. Für diese spezielle Situation gibt es eine andere Kündigungsmöglichkeit als üblich.
Der entscheidende Punkt dieses Sonderkündigungsrechts ist, dass der Vermieter kein „berechtigtes Interesse“ für die Kündigung darlegen muss. Normalerweise muss ein Vermieter Gründe wie Eigenbedarf (die Wohnung für sich selbst, Familienangehörige oder Haushaltsgehörige zu benötigen) oder schuldhaftes Verhalten des Mieters angeben, um eine ordentliche Kündigung auszusprechen. Beim Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB ist das nicht erforderlich. Der Vermieter kann kündigen, weil er einfach mehr Gestaltungsfreiheit in seinem eigenen Haus haben möchte.
Dieses vereinfachte Kündigungsrecht gilt aber nur unter sehr strengen Voraussetzungen:
- Es muss sich um ein Haus mit genau zwei Wohnungen handeln. Ein Haus mit drei oder mehr Wohnungen erfüllt diese Voraussetzung nicht.
- Der Vermieter muss selbst in einer der beiden Wohnungen wohnen.
Als Ausgleich dafür, dass der Vermieter keinen Kündigungsgrund wie Eigenbedarf nennen muss, sieht das Gesetz eine verlängerte Kündigungsfrist vor. Die Kündigungsfrist verlängert sich bei einer Kündigung nach § 573a BGB um drei Monate im Vergleich zur regulären Kündigungsfrist. Das bedeutet, je länger der Mieter in der Wohnung wohnt, desto länger wird die Kündigungsfrist – zusätzlich verlängert um diese drei Monate.
Wichtig ist auch zu wissen, dass trotz dieses Sonderkündigungsrechts das Mietverhältnis nicht sofort endet, wenn der Mieter der Kündigung widerspricht und die Kündigung für ihn oder seine Familie eine besondere Härte bedeuten würde. Das Gericht prüft dann, ob die Interessen des Mieters schwerer wiegen als das Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses.
Wie wird definiert, was eine „Wohnung“ im Sinne des Mietrechts ist und welche Rolle spielt das bei der Anwendung des § 573a BGB?
Im deutschen Mietrecht, insbesondere wenn es um die Frage geht, welche Kündigungsregeln gelten, ist die Definition einer „Wohnung“ sehr wichtig. Sie ist entscheidend, um zu beurteilen, ob es sich bei einem Gebäude beispielsweise um ein Ein-, Zwei- oder Mehrfamilienhaus handelt.
Als Wohnung gilt in der Regel ein räumlich abgeschlossener und eigenständiger Bereich innerhalb eines Gebäudes, der zum dauerhaften Wohnen geeignet und bestimmt ist. Stellen Sie sich einen Bereich vor, der so beschaffen ist, dass eine Person oder Familie dort unabhängig von anderen Bewohnern leben kann.
Für diese Eignung zum Wohnen sind typischerweise bestimmte Merkmale notwendig:
- Abgeschlossenheit: Die Räume müssen eine baulich getrennte Einheit bilden, meist mit einem eigenen, abschließbaren Zugang.
- Eignung für die Lebensführung: Sie müssen die notwendigen Einrichtungen für die grundlegende Lebensführung enthalten. Dazu gehören in der Regel eine Küche oder Kochnische sowie ein Badezimmer oder zumindest ein WC.
Warum ist diese Definition für das Mietrecht und speziell für § 573a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) so wichtig? § 573a BGB regelt die Kündigung durch den Vermieter in einem Zweifamilienhaus. Diese spezielle Kündigungsregel erlaubt dem Vermieter, ein Mietverhältnis unter Umständen leichter zu beenden, wenn er selbst in einer der beiden Wohnungen im selben Haus wohnt.
Damit § 573a BGB überhaupt angewendet werden kann, muss es sich bei dem Gebäude rechtlich betrachtet um ein Haus mit genau zwei Wohnungen handeln. Hier kommt die Definition ins Spiel: Es muss geprüft werden, ob die vermieteten Räume und die vom Vermieter bewohnten Räume jeweils die Kriterien einer eigenständigen „Wohnung“ erfüllen. Wenn das Gebäude nach dieser Definition beispielsweise drei oder mehr separate Wohnungen enthält, greift § 573a BGB nicht, selbst wenn der Vermieter dort wohnt.
Raumsituationen, die nicht eindeutig sind – wie zum Beispiel ausgebaute Kellerräume oder Anbauten – müssen anhand der genannten Kriterien (Abgeschlossenheit, Eignung zum Wohnen, Grundausstattung) im Einzelfall genau geprüft werden. Ob solche zusätzlichen Räume als separate Wohnung zählen oder nur Teil einer größeren Wohnung sind, kann im Streitfall rechtlich beurteilt werden und hat direkte Auswirkungen darauf, ob ein Gebäude als Zwei- oder Mehrfamilienhaus gilt und somit, ob § 573a BGB anwendbar ist. Solche unklaren Konstellationen sind häufig Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten.
Welche Bedeutung hat eine mündliche Zusage des Vermieters im Zusammenhang mit einem Ankaufsrecht des Mieters für die Gültigkeit einer Kündigung?
Stellen Sie sich vor, Ihr Vermieter hat Ihnen mündlich zugesichert, dass Sie die Wohnung kaufen dürfen oder dass Sie zumindest so lange darin wohnen bleiben können, bis ein möglicher Kauf stattfindet. Was passiert nun, wenn der Vermieter trotz dieser Zusage das Mietverhältnis kündigt, zum Beispiel wegen Eigenbedarfs? Hat diese mündliche Zusage eine rechtliche Wirkung und schützt Sie vor der Kündigung?
Eine mündliche Zusage des Vermieters kann unter bestimmten Umständen durchaus eine Bedeutung haben und ist nicht grundsätzlich unwirksam, auch wenn wichtige Vereinbarungen im Mietrecht oft schriftlich getroffen werden sollten. Allerdings ist die Beweisbarkeit einer rein mündlichen Zusage oft eine große Herausforderung.
Fairness im Mietverhältnis: Der Grundsatz von Treu und Glauben
Im deutschen Recht gilt der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch). Das bedeutet, dass jeder im Rechtsverkehr fair und ehrlich handeln muss. Dieser Grundsatz spielt auch im Mietrecht eine wichtige Rolle.
Wenn ein Vermieter eine klare Zusage macht, auf die sich der Mieter verlässt – zum Beispiel, indem der Mieter Renovierungen vornimmt, die nur bei einem längeren Verbleib sinnvoll sind, oder indem er auf die Suche nach einer anderen Wohnung verzichtet – dann kann es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unzulässig sein, wenn der Vermieter diese Zusage ignoriert und das Mietverhältnis kündigt.
Wann schränkt eine Zusage das Kündigungsrecht ein?
Ob eine mündliche Zusage die Kündigung unwirksam macht, hängt sehr stark von den genauen Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt darauf an:
- Wie konkret war die Zusage? War es eine feste, unbedingte Zusicherung oder eher ein unverbindliches Gespräch über zukünftige Möglichkeiten?
- Haben Sie sich auf die Zusage verlassen? Haben Sie aufgrund der Zusage bestimmte Handlungen vorgenommen oder unterlassen (z.B. Investitionen in die Wohnung)?
- Warum kündigt der Vermieter? Hat der Vermieter einen sehr dringenden und berechtigten Kündigungsgrund, wie z.B. echten Eigenbedarf, der erst nach der Zusage entstanden ist?
- Wie lange liegt die Zusage zurück? Eine sehr alte Zusage hat unter Umständen weniger Gewicht als eine erst kürzlich getroffene.
Eine mündliche Zusage kann also dazu führen, dass sich der Vermieter nicht ohne Weiteres auf sein Kündigungsrecht berufen kann, insbesondere wenn die Kündigung im Widerspruch zu einer klaren und vertrauenswürdigen Zusicherung steht, auf die Sie sich verlassen haben. Die Kündigung könnte dann als verstoßend gegen Treu und Glauben angesehen werden.
Allerdings bedeutet eine solche Zusage nicht automatisch, dass jede Kündigung ausgeschlossen ist. Ein berechtigter und dringender Kündigungsgrund des Vermieters kann im Einzelfall trotz der Zusage überwiegen, insbesondere wenn der Vermieter triftige Gründe hat, warum er seine Zusage nun doch nicht einhalten kann.
Für ein echtes, rechtlich bindendes Ankaufsrecht an einer Immobilie ist im Übrigen immer eine notarielle Beurkundung erforderlich. Eine rein mündliche Zusage eines Ankaufsrechts ist in diesem Sinne nicht rechtsverbindlich und verhindert nicht den Verkauf an Dritte oder eine Kündigung aus anderen Gründen. Die mündliche Zusage im Zusammenhang mit der Kündigung wirkt eher über den Grundsatz von Treu und Glauben auf die Fairness der Kündigung selbst, nicht als formell bindendes Ankaufsrecht.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine mündliche Zusage des Vermieters kann die Kündigungsmöglichkeit einschränken, wenn sie klar war, Sie sich darauf verlassen haben und die Kündigung unter Berücksichtigung dieser Umstände als unfair erscheint (Verstoß gegen Treu und Glauben). Es ist jedoch immer eine Frage des Einzelfalls und der genauen Abwägung aller Umstände.
Was bedeutet „Treuwidrigkeit“ im Zusammenhang mit einer Kündigung und wann liegt sie vor?
Im deutschen Recht gilt der Grundsatz von Treu und Glauben. Er ist in § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) verankert und besagt vereinfacht, dass man sich im Rechtsverkehr ehrlich und fair verhalten muss, auch wenn formale Regeln eingehalten werden. Dieser Grundsatz spielt auch im Mietrecht eine Rolle und kann dazu führen, dass eine Kündigung, obwohl sie scheinbar rechtlich zulässig ist, trotzdem unwirksam ist, weil sie treuwidrig ist.
Was „Treuwidrigkeit“ bei Kündigungen bedeutet
Treuwidrigkeit bei einer Kündigung liegt vor, wenn der Vermieter (oder auch Mieter) eine Kündigung ausspricht, nicht weil der formale Kündigungsgrund der eigentliche Anlass ist, sondern um damit einen anderen, ungerechtfertigten Zweck zu erreichen oder eine unfaire Situation auszunutzen. Es geht darum, dass die Kündigung gegen den Geist des Gesetzes oder gegen das, was man billigerweise erwarten darf, verstößt, obwohl die „Buchstaben“ des Gesetzes eingehalten scheinen.
Stellen Sie sich vor, der Vermieter hat eigentlich keinen echten Bedarf für die Wohnung, kündigt aber wegen Eigenbedarfs, nur um den langjährigen Mieter loszuwerden und die Wohnung teuerer neu vermieten zu können. Oder der Vermieter kündigt wegen eines minimalen Verstoßes des Mieters, den er zuvor lange geduldet oder sogar verharmlost hat, nur um den Mieter aus einem ganz anderen Grund loszuwerden. Solche Fälle können als treuwidrig angesehen werden.
Beispiele für treuwidriges Verhalten
Treuwidriges Verhalten kann in verschiedenen Situationen vorliegen. Oft geht es darum, dass eine formale Rechtsposition (das Recht zur Kündigung aus einem bestimmten Grund) ausgenutzt wird, um etwas unfair zu umgehen. Beispiele können sein:
- Der Vermieter sichert dem Mieter mündlich oder schriftlich zu, dass er in der Wohnung bleiben kann (vielleicht im Zuge einer Modernisierung oder beim Einzug eines neuen Eigentümers), spricht aber kurz darauf eine Kündigung aus und beruft sich auf einen formellen Grund, der schon vorher bekannt war. Das Ausnutzen der formalen Kündigungsmöglichkeit, um eine zuvor gegebene Zusage zu umgehen, kann treuwidrig sein.
- Der Vermieter kündigt wegen geringfügiger Pflichtverletzungen des Mieters, die er zuvor über einen langen Zeitraum geduldet hat und die nicht der wahre Kündigungsgrund sind (z. B. wegen eines Haustiers, das seit Jahren geduldet wurde, oder wegen minimaler Mietrückstände, die sofort beglichen wurden). Hier wird ein formaler Grund genutzt, um einen anderen, möglicherweise nicht zulässigen Zweck zu verfolgen.
- Die Kündigung erfolgt zu einem Zeitpunkt oder unter Umständen, die besonders hart und unfair für den Mieter sind, obwohl ein Kündigungsgrund vorliegt (dies ist aber nicht bei jeder Härte der Fall, es muss ein Verstoß gegen Treu und Glauben hinzukommen).
Was bedeutet das für eine Kündigung?
Wenn eine Kündigung als treuwidrig eingestuft wird, ist sie unwirksam. Das bedeutet, das Mietverhältnis endet nicht durch diese Kündigung. Das Gericht prüft in solchen Fällen nicht nur, ob der Kündigungsgrund formal vorliegt (z.B. ob Eigenbedarf angegeben wurde), sondern auch, ob die Ausübung dieses Rechts unter den gegebenen Umständen gerecht und fair ist und nicht nur vorgeschoben wird oder eine unfaire Ausnutzung darstellt. Die Beurteilung, ob eine Kündigung treuwidrig ist, hängt immer stark von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.
Was sind die Unterschiede zwischen einer Kündigung nach § 573a BGB und einer Kündigung wegen Eigenbedarfs?
Wenn ein Vermieter ein Mietverhältnis beenden möchte, muss er dafür in der Regel einen gesetzlich anerkannten Grund haben. Das deutsche Mietrecht schützt Mieter stark. Zwei mögliche Gründe für eine Kündigung des Vermieters sind die Kündigung wegen Eigenbedarfs und die Kündigung nach § 573a BGB. Beide führen zur Beendigung des Mietverhältnisses, unterscheiden sich aber erheblich in ihren Voraussetzungen und den Auswirkungen.
Eigenbedarfskündigung: Was sind die Voraussetzungen?
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist in § 573 Absatz 2 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Hier braucht der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses. Dieses berechtigte Interesse liegt vor, wenn der Vermieter die Wohnung für sich selbst, für seine Familienangehörigen oder für Angehörige seines Haushalts benötigt.
- Wer darf die Wohnung brauchen? Der Vermieter selbst, nahe Familienangehörige (wie Ehepartner, Kinder, Eltern, Großeltern, Enkel, Geschwister) oder Personen, die dauerhaft im Haushalt des Vermieters leben (wie Pflegepersonal).
- Was bedeutet „benötigen“? Es muss ein konkreter und ernsthafter Wunsch bestehen, die Wohnung selbst zu nutzen oder von einer der genannten Personen nutzen zu lassen. Ein bloßer Wunsch oder eine Absicht, die Wohnung später einmal zu nutzen, reicht nicht aus. Es muss ein tatsächlicher Bedarf vorliegen, der auch nachvollziehbar begründet wird (z.B. wegen Familienzuwachs, altersgerechtes Wohnen, Zusammenlegung von Haushalten).
- Das berechtigte Interesse ist notwendig: Ohne diesen nachweisbaren, konkreten Bedarf für sich selbst oder eine berechtigte Person ist eine Eigenbedarfskündigung nicht möglich.
Kündigung nach § 573a BGB: Die Besonderheit bei Zweifamilienhäusern
Die Kündigung nach § 573a BGB ist eine Sonderregelung, die nur in bestimmten Fällen Anwendung findet. Sie gilt für Gebäude, in denen der Vermieter selbst in einer der beiden Wohnungen wohnt und es insgesamt nicht mehr als zwei Wohnungen gibt (ein sogenanntes Zweifamilienhaus, wobei eine Wohnung vom Vermieter genutzt wird).
- Kein berechtigtes Interesse erforderlich: Der entscheidende Unterschied zur Eigenbedarfskündigung ist, dass der Vermieter für eine Kündigung nach § 573a BGB kein berechtigtes Interesse im Sinne eines Nutzungswunsches haben muss. Er braucht keinen Grund anzugeben, warum er das Mietverhältnis beenden möchte. Allein die Tatsache, dass er selbst im selben Haus mit nur einer weiteren Mietwohnung wohnt, reicht gesetzlich aus, um kündigen zu können.
- Längere Kündigungsfrist: Als Ausgleich dafür, dass der Vermieter keinen Grund braucht, sieht das Gesetz bei einer Kündigung nach § 573a BGB eine verlängerte Kündigungsfrist vor. Die gesetzliche Kündigungsfrist für den Vermieter verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.
Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Eigenbedarfskündigung setzt einen konkreten Nutzungswunsch des Vermieters oder naher Personen voraus und erfordert ein berechtigtes Interesse. Die Kündigung nach § 573a BGB hingegen benötigt keinen Grund, ist aber nur in sehr spezifischen Fällen (Vermieter wohnt in Zweifamilienhaus) möglich und führt zu einer längeren Kündigungsfrist.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Sonderkündigungsrecht nach § 573a BGB
Das Sonderkündigungsrecht nach § 573a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erlaubt es einem Vermieter, der selbst in seinem Haus mit nicht mehr als zwei Wohnungen wohnt, einem Mieter ohne Angabe eines Kündigungsgrundes (z. B. Eigenbedarf) zu kündigen. Dieses Recht ist eine Ausnahme vom üblichen Mieterschutz und soll dem Vermieter ermöglichen, die eigene Wohnung durch den Mieter nicht dauerhaft beeinträchtigt zu sehen. Die Kündigungsfrist ist bei Anwendung dieser Vorschrift um drei Monate länger als die reguläre Frist. Voraussetzung für die Anwendung ist insbesondere, dass das Gebäude tatsächlich nur zwei eigenständige Wohnungen enthält.
Beispiel: Ein Vermieter lebt im ersten Obergeschoss und vermietet das zweite Obergeschoss an einen Mieter – es gibt keine dritte Wohnung im Haus. Nach § 573a BGB kann der Vermieter die Kündigung auch ohne Angabe eines Grundes aussprechen.
Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB)
Die Eigenbedarfskündigung ist eine ordentliche Kündigung durch den Vermieter, die ein berechtigtes Interesse voraussetzt. Der Vermieter oder nahe Angehörige müssen die Wohnung für sich selbst oder ihren Haushalt tatsächlich benötigen. Eigenbedarf kann zum Beispiel vorliegen, wenn der Vermieter die Wohnung für sich oder Pflegepersonal zur Unterbringung benötigt. Eine bloße Absicht oder ein zukünftig geplanter Bedarf reicht nicht; es muss ein konkreter, ernsthafter Nutzungswunsch bestehen. Ohne dieses berechtigte Interesse ist eine Eigenbedarfskündigung unwirksam.
Beispiel: Der Vermieter kündigt, weil er die Wohnung für seine Tochter benötigt, die bald auszieht und die Wohnung dauerhaft beziehen will. Dies ist eine berechtigte Eigenbedarfskündigung.
Treuwidrigkeit bei der Kündigung
Treuwidrigkeit bedeutet, dass eine Kündigung zwar formal zulässig sein kann, aber gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt und deshalb unwirksam ist. Das ist der Fall, wenn der Vermieter die Kündigung aus einem unlauteren, unfairen Zweck ausspricht, zum Beispiel, um eine zuvor gegebene Zusage zu umgehen oder den Mieter zu schikanieren. Treuwidrigkeit schützt die Parteien vor missbräuchlichen Kündigungen, die dem Sinn des Gesetzes zuwiderlaufen, auch wenn der Kündigungsgrund formal zutrifft.
Beispiel: Ein Vermieter sichert dem Mieter zu, dass er sicher in der Wohnung bleiben kann, kündigt aber dennoch aus einem vorgeschobenen Grund, um ihn loszuwerden – dies kann als treuwidrig gelten.
Schriftformerfordernis bei Vereinbarungen, die Kündigungsrechte einschränken (§ 550 BGB)
Das Schriftformerfordernis des § 550 BGB besagt, dass Mietverträge oder Vereinbarungen, die das Kündigungsrecht für längere Zeit (mehr als ein Jahr) einschränken oder ausschließen, schriftlich niedergelegt und von beiden Parteien unterzeichnet sein müssen, um wirksam zu sein. Eine rein mündliche Absprache, etwa eine Zusage, dass der Mieter bis zu einem bestimmten Zeitpunkt wohnen bleiben darf, erfüllt dieses Formerfordernis nicht und hat daher keine rechtliche Bindungswirkung. Dies dient dem Schutz vor unbelegten, langfristig wirksamen Vereinbarungen, die zwischen den Parteien später strittig werden können.
Beispiel: Vermieter sagt mündlich zu, dass der Mieter bis zum möglichen Hauskauf bleiben darf. Da diese Zusage die ordentliche Kündigung ausschließt und länger als ein Jahr gelten soll, muss sie schriftlich sein, sonst gilt sie nicht rechtlich.
Definition „Wohnung“ im Mietrecht (im Kontext von § 573a BGB)
Eine „Wohnung“ ist ein räumlich abgeschlossener, eigenständiger Bereich innerhalb eines Gebäudes, der für eine eigenständige Haushaltsführung geeignet ist. Das bedeutet, die Einheit muss über alle wesentlichen Einrichtungen verfügen, die ein selbstständiges Wohnen ermöglichen, wie eine eigene Küche (oder Kochgelegenheit), sanitäre Anlagen (Toilette, Waschmöglichkeit) und einen eigenen Zugang. Bei der zivilrechtlichen Beurteilung, z. B. zur Anwendung von § 573a BGB, zählt dabei die objektive Verkehrsanschauung – also wie ein neutraler Dritter die Nutzung, Ausstattung und Abgeschlossenheit einschätzt. Fehlen solche Merkmale oder ist die Einheit nicht als solche konzipiert, gilt der Bereich nicht als Wohnung.
Beispiel: Ein Kellerraum mit Sauna und Hobbyraum, aber ohne Küche und eigenen Zugang, ist keine eigenständige Wohnung und zählt daher nicht als dritte Wohnung im Haus.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 573a Abs. 1 BGB (Sonderkündigungsrecht des Vermieters bei nicht mehr als zwei Wohnungen): Diese Vorschrift erlaubt dem Vermieter, der im selben Gebäude wohnt und nur bis zu zwei Wohnungen existieren, das Mietverhältnis ohne Angabe eines berechtigten Interesses und mit verlängerter Kündigungsfrist zu kündigen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte, ob das Zweifamilienhaus nur aus zwei Wohnungen besteht, um das Sonderkündigungsrecht anzuwenden; die Kellerräume wurden als keine dritte Wohnung eingestuft, somit war die Kündigung wirksam.
- § 546 Abs. 1 BGB (Rückgabepflicht nach Beendigung des Mietverhältnisses): Nach Beendigung des Mietverhältnisses muss der Mieter die Mietsache zurückgeben, andernfalls entsteht eine Pflichtverletzung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da das Mietverhältnis wirksam durch die Kündigung beendet war, besteht die Räumungs- und Herausgabepflicht der Wohnung durch den Mieter.
- § 550 BGB (Schriftformerfordernis bei längerfristigen Mietverträgen und Kündigungsausschlüssen): Verträge oder Vereinbarungen, die ein Mietverhältnis über ein Jahr hinaus einschränken oder kündigungsausschließend wirken, müssen schriftlich abgeschlossen werden, um wirksam zu sein. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die mündliche Zusage des Vermieters, dass der Mieter bis zum Ankaufsfall bleiben dürfe, war formunwirksam und schloss keine ordentliche Kündigung aus.
- § 91 ZPO (Kostenentscheidung – Grundsatz der Kostentragung): Der Unterlegene trägt die Kosten des Rechtsstreits. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Mieter wurde zur Übernahme der Verfahrens- und außergerichtlichen Anwaltskosten verurteilt, da er die Klage des Vermieters verlor.
- DIN 28356 (Definition der Wohnung im technischen Sinne): Eine Wohnung muss eine eigenständige, abgeschlossene Einheit mit ausreichender Ausstattung (Küche, Wasserversorgung, Toilette) sein, um eine eigenständige Haushaltsführung zu ermöglichen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kellerräume erfüllten diese Voraussetzungen nicht, da es keine Küche/Kochmöglichkeit und keine vollständigen Sanitäranlagen gab, weshalb sie keine eigenständige Wohnung darstellen.
- Verkehrsanschauung und Rechtsprechung des BGH (Qualifikation der Wohnung): Die Beurteilung, ob Räume eine eigenständige Wohnung darstellen, erfolgt nach dem Verständnis eines objektiven Dritten und setzt eine wirtschaftlich und räumlich abgegrenzte Haushaltsführung voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Nach dieser Rechtsprechung kamen Gericht und Parteien zu dem Ergebnis, dass die Erdgeschossräume keine Wohnung sind, womit die Voraussetzungen für das Sonderkündigungsrecht gegeben sind.
Das vorliegende Urteil
Wohnung oder nicht – das ist hier die Frage! – AG Koblenz – Az.:152 C 2003/24
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