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Anspruch auf insolvenzfeste Anlage einer Mietsicherheit gegenüber Wohnungserwerber

LG Berlin, Az.: 67 S 425/13, Urteil vom 06.03.2014

Die Berufung des Beklagten gegen das am 17.10.2013 verkündete Schlussurteil des Amtsgerichts Wedding – 6b C 50/13 – wird auf seine Kosten nach einem Wert von bis 2.000,00 € zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatbestandlichen Feststellungen wird abgesehen, §§ 540Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Dem Beklagten steht der gegenüber der Klägerin widerklagend geltend gemachte Anspruch auf insolvenzsichere Anlage der von ihm geleisteten Mietsicherheit gemäß den §§ 551Abs. 3 Satz 3, 566 a Satz 1 BGB nicht zu.

Der Vermieter ist gemäß § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB grundsätzlich zur insolvenzfesten Anlage der vom Mieter geleisteten Kaution verpflichtet (BGH, Urt. v. 13. Oktober 2010 – VIII ZR 98/10, NJW 2011, 59 Tz. 19). Dieser Verpflichtung ist die Rechtsvorgängerin der Klägerin zwar nicht nachgekommen, doch ist die Klägerin ausnahmsweise nicht gemäß § 566 a Satz 1 BGB in die Rechte und Pflichten ihrer Rechtsvorgängerin zur bislang unterbliebenen Anlage der Kaution eingetreten.

Insoweit bedurfte es keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob dem geltend gemachten Anspruch des Beklagten die unstreitig erst nach Eigentumsübergang auf die Klägerin erfolgte Aufrechnung ihrer Rechtsvorgängerin mit zuvor entstandenen und die Kautionssumme übersteigenden Gegenansprüchen entgegenstand, oder ob eine derart verspätete Aufrechnung des ursprünglichen Vermieters nach erfolgtem Eigentumsübergang bereits grundsätzlich keine Rechtswirkungen zu Lasten des Mieters zu rechtfertigen vermag (vgl. zum Streitstand Streyl, in: Schmidt-Futterer, 11. Aufl. 2013, § 566 a Rz. 16 m.w.N.). Ebenso konnte dahinstehen, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin die von ihr nicht angelegte Barkaution wegen der ihr zustehenden und mittlerweile rechtskräftig festgestellten Gegenansprüche nicht durch bloßen Zugriff vor dem Eigentumsübergang wirksam verwerten konnte, ohne dass es einer Aufrechnungserklärung bedurft hätte (vgl. Emmerich, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2011, § 566 a Rz. 31).

Der geltend gemachte Anspruch steht dem Beklagten wegen Verstoßes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben nicht zu. Die von der Klägerin verlangte Neuanlage der Kaution stellt eine mit den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbare unzulässige Rechtsausübung dar. Eine Rechtsausübung ist dann missbräuchlich, wenn sie der Art oder den Begleitumständen nach ungehörig ist, sie anderweitige Pflichten verletzt oder ihr kein schutzwürdiges Interesse des Ausübenden zugrunde liegt, so dass ihr einziger möglicher Zweck die Benachteiligung der Betroffenen ist (Roth/Schubert, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012 Rz. 12 m.w.N.). So liegt der Fall hier:

Der Beklagte hat sich gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin grob vertragswidrig verhalten, indem er seine Kautionsleistung weit übersteigende – und durch die Kammer in einem gesonderten Rechtsstreit rechtskräftig festgestellte – Mietzinsansprüche von 15.027,29 EUR bis heute nicht beglichen hat. Der nunmehr der Klägerin gegenüber geltend gemachte Anspruch auf insolvenzfeste (Neu-)Anlage der Kaution wäre gegenüber der Rechtsvorgängerin der Klägerin bei unterbliebenem Eigentumsübergang nicht durchsetzbar gewesen, da diese sich insoweit nicht nur auf ihr Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB hätte berufen, sondern die Kaution auch unter Fortfall des dem Beklagten ursprünglich zustehenden Anspruchs auf insolvenzfeste Anlage vollständig hätte verwerten dürfen (Blank, in: Schmidt-Futterer, a.a.O., § 551 Rz. 91). Wären die rechtskräftig festgestellten Mietzinsrückstände hingegen erst nach dem Eigentumsübergang auf die Klägerin dieser gegenüber entstanden, wäre der Beklagte gleichfalls gehindert gewesen, seinen Anspruch auf insolvenzfeste Anlage der Kaution gegenüber der Klägerin erfolgreich durchzusetzen. Denn auch diese hätte von ihrem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch machen oder die Kaution vollständig verwerten können.

Vor diesem Hintergrund handelt der Beklagte rechtsmissbräuchlich, wenn er sich ohne eigene schutzwürdige Interessen auf die rein formale Rechtsposition beruft, der Erwerber hafte gemäß § 566 a Satz 1 BGB auf die bislang unterbliebene insolvenzfeste Anlage der Mietsicherheit. Denn § 566 a BGB dient allein dem Ziel, einer Schlechterstellung des Mieters durch den Verkauf des Mietobjekts vorzubeugen; es ist jedoch nicht Sinn und Zweck der Vorschrift, das Mietverhältnis insgesamt zu verändern, aus rein formellen Gründen unnötig kompliziert zu gestalten (BGH, Beschl. v. 28. April 1999 – VIII ARZ 1/98, NJW 1999, 2177 (zu § 571 BGB a.F.) oder den Mieter durch den Eigentumsübergang sogar besser zu stellen (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 15. April 2011 – 2 U 192/10, ZMR 2011, 870).

Im Falle der insolvenzfesten Neuanlage der Kaution durch die Klägerin aber würde der Beklagte ohne materielle Rechtfertigung wirtschaftlich besser gestellt. Denn die von ihm geleistete Kaution wäre ohne den Eigentumsübergang auf die Klägerin aufgrund seiner erheblichen Mietzinsrückstände bei der ursprünglichen Vermieterin verblieben, während dem Beklagten nach dem Eigentumsübergang im Falle der Neuanlage durch die Klägerin und nach Beendigung des Mietverhältnisses ein – neuerlicher – Anspruch auf Rückgabe der Kaution erwachsen würde. Dafür aber besteht kein schützenswertes Interesse des ansonsten zahlungsunfähigen Beklagten:

Die begehrte Neuanlage der Kaution durch die Klägerin verfolgt nach den Bekundungen des Beklagten wirtschaftlich allein das Ziel, eine spätere Zwangsvollstreckung des Rechtsvorgängers der Klägerin oder sonstiger Gläubiger in den nach Beendigung des Mietverhältnisses etwaig bestehenden Rückgabeanspruch des Beklagten zu ermöglichen. Damit dient sie im Verhältnis zur Klägerin lediglich als formaler Vorwand für die Erreichung vertragsfremder Zwecke, nämlich der Schaffung einer Vollstreckungsmasse für die dem Beklagten gegenüber bestehenden Ansprüche seiner ehemaligen Vermieterin und sonstiger Gläubiger. Die Geltendmachung einer allein derart begründeten – formalen – Rechtsposition ist jedoch gegenüber der Klägerin mit den Grundsätzen von Treu und Glauben unvereinbar (vgl. BGH, Urt. v. 14. September 2010 – VIII ZR 83/10, WuM 2010, 680 Tz. 5; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 242 Rz. 50 (jeweils zu § 242 BGB allgemein)).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97Abs. 1, 708 Nr. 10,713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

 

 

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