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Anspruch auf Untervermietungserlaubnis?

AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Az.: 5 C 74/19 – Urteil vom 25.06.2019

In dem Rechtsstreit wegen Unterlassung hat das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt durch die Richterin am Amtsgericht ### aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.04.2019 für Recht erkannt:

1. Aufgrund seines Anerkenntnisses wird der Beklagte verurteilt, die Nutzung der von ihm gemieteten 5-Zimmer-Wohnung im 3. Stock des Gebäudes ### zu kommerziell-gewerblichen Zwecken zu unterlassen.

2. Der Beklagte wird darüber hinaus verurteilt, die Nutzung der von ihm gemieteten 5-Zimmer-Wohnung im 3. Stock des Gebäudes ### zu kommerziell-gewerblichen Zwecken durch Untervermietung der gesamten Wohnung an mehrere Einzelpersonen zu unterlassen.

3. Dem Beklagten wird für den Fall der Zuwiderhandlung nach Ziffer 1 und 2 ein Ordnungsgeld bis zu 10.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 100 Tagen (1 Tag pro 100 Euro) angedroht.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

7. Der Streitwert wird auf 17.400 festgesetzt.

Tatbestand

Zwischen den Parteien besteht ein schriftlicher Mietvertrag aus dem Jahr 1968 über die 5-Zimmer-Wohnung im 3. Stock des Gebäudes am ###. Ursprünglich wurde die Wohnung von der ### den Beklagten vermietet. Diese ist im Jahr 1986 mit der Klägerin verschmolzen.

Die monatliche Kaltmiete für die 120 qm große Wohnung beträgt seit dem 01.03.2015 Euro 790,00.

Unstreitig erfolgt seitens des Beklagten derzeit eine Untervermietung der gesamten Wohnung an mehrere Einzelpersonen. Der Beklagte hat der Klägerin auf deren Verlangen im Jahr 2016 die damaligen 5 Untermieter namentlich benannt. Dabei erfolgt eine Einzelvermietung der 5 Zimmer bei gemeinschaftlicher Nutzung der übrigen Räume. Derzeit bewohnt der Kläger selbst dort kein eigenes Zimmer.

Der Beklagte ist in den 1980-er Jahren aus beruflichen Gründen von Stuttgart nach Göttingen gezogen, da er dort einer wissenschatlichen Tätigkeit an der Universität nachgeht. Seither erfolgt eine Untervermietung jedenfalls von Teilen der Wohnung. Auch vorher hatte der Beklagte nach seinem unbestrittenen Vortrag schon einzelne Zimmer untervermietet.

Der Klägerin ist diese Untervermietung jedenfalls teilweise schon seit Jahrzehnten bekannt, ohne dass bis 2016 insoweit Einwände erhoben wurden.

Die Klägerin behauptet, es liege eine unerlaubte gewerbliche Untervermietung vor, da der Beklagte durch die Untervermietung Mieteinnahmen von 1.450 Euro erziele, während er tatsächlich nur eine Miete von 790 Euro an die Klägerin bezahle und damit 660 Euro im Monat verdiene. Sie verlangt entsprechende Unterlassung dieser gewerblichen Nutzung durch Untervermietung. Sie ist der Ansicht, dass diese unzulässig ist. Sie verweist insoweit auch auf § 9 des Mietvertrages (vgl. Anlage K 1, Bl. 7 der Akte). Nach mehrfacher Abmahnung des Beklagten und dessen Sohn, der den Kläger teilweise vertritt, mit Aufforderung zur Beendigung der Untermietverhältnisse sei nunmehr Klage geboten.

Die Klägerin beantragt: Der Beklagte wird verurteilt, die Nutzung der von ihm gemieteten 5-Zimmer-Wohnung im 3. Stock des Gebäudes ### zu kommerziell-gewerblichen Zwecken durch Untervermietung an mehrere Einzelpersonen zu unterlassen.

Der Beklagte anerkennt die Klagforderung teilweise, nämlich: die Nutzung der von ihm gemieteten 5-Zimmer-Wohnung im 3. Stock des Gebäudes ### zu kommerziell-gewerblichen Zwecken zu unterlassen.

Im Übrigen – bzgl. des Zusatzes „durch Untervermietung an mehrere Einzelpersonen“ beantragt der Beklagte, die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass ohnehin keine kommerziell-gewerbliche Nutzung vorliegt, ist aber bereit, sich entsprechend zu verpflichten.

Er ist jedoch der Ansicht, zur Untervermietung (nicht-gewerblich) berechtigt zu sein. Er verweist darauf, dass er die Wohnung von Anfang an – in Kenntnis der Klägerin bzw. der ### – teilweise untervermietet habe, ohne dass dies von der Klägerin bzw. vormals der ### – beanstandet worden sei. Dies sei zunächst im Rahmen einer Wohngemeinschaft gewesen. Dann sei er berufsbedingt weggezogen und habe weiter untervermietet, wobei er früher noch ein eigenes Zimmer in der Wohnung gehabt habe und zunächst auch dort seinen Wohnsitz behalten habe. Jedoch seien zwischenzeitlich alle Zimmer einzeln an mehrere Untervermieter untervermietet, wobei sein Sohn sich darum gekümmert habe. Er sei auch in dem Haus aufgewachsen in einer anderen Wohnung, die von seinen Eltern gemietet gewesen sei.

Er trägt vor, er wohne sowohl in Göttingen als auch in Stuttgart und wolle auch wieder ganz nach Stuttgart zurückkommen nach Beendigung seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der Universität Göttingen. In Stuttgart sei er aufgewachsen und hier habe er seine persönlichen Bezüge. Deshalb sei ihm daran gelegen, die Wohnung zu behalten. Die Untervermietung erfolge nur vorübergehend. Zwar habe er derzeit kein Zimmer in der Wohnung, jedoch wolle er wieder ein Zimmer haben und werde dies auch veranlassen.

Im Übrigen sind die Ausführungen des Beklagten teilweise kaum lesbar, ohne Zusammenhang zur Klage oder unklar.

Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

1. Der Beklagte hat die Klage teilweise anerkannt – nämlich soweit die Nutzung der Wohnung zu kommerziell-gewerblichen Zwecken zu unterlassen ist. Es ist deshalb insoweit entsprechend seines Anerkenntnisses zu verurteilen, vgl. Ziffer 1 des Tenors.

2. Darüber hinaus hat die Klägerin gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Unterlassung soweit die obige Untervermietung durch Vermietung der gesamten Wohnung an mehrere Einzelmieter (zimmerweise) erfolgt.

Nach § 9 des Mietvertrages bedarf die Untervermietung / die Gebrauchsüberlassung an Dritte der schriftlichen Einwilligung des Vermieters.

Im Fall der teilweisen Gebrauchsüberlassung an Dritte nach § 553 BGB und damit bei teilweiser Untervermietung kommt ein Anspruch auf Erlaubniserteilung (unabdingbar, vgl. Abs. 3) in Betracht kommt, wenn für den Mieter nach Gebrauchsüberlassung ein berechtigtes Interesse entsteht und wenn nicht die Ausschlussgründe nach § 553 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegen (Unzumutbarkeit für den Vermieter wegen Überbelegung, wichtiger Grund in der Person des Dritten/Untermieters oder aus sonstigen Gründen). Auch eine stillschweigende Erteilung ist möglich. Dagegen kommt bei der vollständigen Gebrauchsüberlassung nach § 540 BGB kein Anspruch auf Erlaubniserteilung in Betracht. in diesem Fall ist der Vermieter frei, ob er die Erlaubnis erteilt oder nicht. In beiden Fällen muss allerdings die Erlaubnis des Vermieters grundsätzlich eingeholt werden, wobei auch deren konkludente Erteilung möglich ist.

Da derzeit eine Gesamtvermietung der ganzen Wohnung, wenngleich durch Einzelmietverträge für die einzelnen Zimmer, stattfindet, kommt ein Anspruch auf Erlaubniserteilung nicht in Betracht. Eine Erlaubnis liegt insoweit auch nicht vor. Selbst wenn eine solche zeitweise vorgelegen hätte, so liegt jedenfalls ein wirksamer Widerruf vor, indem die Klägerin den Beklagten schon außergerichtlich mehrfach zur Beendigung aufgefordert hat und sich insoweit auch die Umstände geändert haben.

Bzgl. einer teilweisen Untervermietung lag dagegen eine wirksame konkludente Erlaubnis über Jahre und Jahrzehnte vor. Der Mietvertrag besteht unstreitig seit dem Jahr 1968. Es ist unstreitig, dass ein Teil der Wohnung über Jahrzehnte, ggf. auch von Anfang an, untervermietet wurde und die Klägerin über Jahrzehnte hinweg keinerlei Einwände geltend gemacht hatte. Die Klägerin räumt ein, dass sie über die Untervermietung jedenfalls teilweise informiert gewesen sei. So wusste die Klägerin beispielsweise, dass die Tante des Beklagten bereits in den 1980-er Jahren jedenfalls einen Teil der Wohnung bewohnte. Im Übrigen liegt insoweit auch die E-Mail-Korrespondenz aus jüngerer Zeit zwischen den Parteien vor, wonach die Klägerin nicht die grundsätzliche Zulässigkeit der Untervermietung in Frage stellt, sondern lediglich die Namen der Untermieter wissen will. Insoweit ist jedenfalls von einer stillschweigenden / konkludenten Genehmigung der teilweisen Untervermietung durch die Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin über die Jahre / Jahrzehnte auszugehen. Eine Berufung auf das Schriftformerfordernis des Mietvertrages nach jahrzehntelanger Duldung wäre insoweit treuwidrig und verwirkt. Es besteht immer noch ein berechtigtes Interesse des Beklagten, dass er im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit an der Universität Göttingen einen Teil der Wohnung untervermieten kann, um die Wohnung zur Eigennutzung zu erhalten für seinen Lebensabend.

3. Der Klage ist damit stattzugeben. Lediglich zur Klarstellung wird in den Tenor Ziffer 2 eingeführt Untervermietung der gesamten Wohnung, da die Untervermietung einzelner Räume damit nicht erfasst ist, wie oben ausgeführt. Dies entspricht auch den Ausführungen der Klägerseite mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 10.04.2019.

Die Androhung von Ordnungsgeld/-haft auf Antrag der Klägerin folgt aus § 890 ZPO.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 92 Abs. 2 ZPO. Die teilweise Klagabweisung erfolgt lediglich zur Klarstellung, dass nicht grundsätzlich eine Untervermietung einzelner Zimmer unzulässig wäre, insoweit liegen jedenfalls die Voraussetzungen nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor. Soweit die Klage anerkannt wurde liegt kein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO vor.

Den Streitwert bemisst das Gericht nach den Jahresmieteinnahmen des Beklagten, wie von Klägerseite vorgetragen und vom Beklagten nicht widersprochen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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