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Anspruch Wohnungseigentümer auf Durchquerung Sondernutzungsfläche

LG Frankfurt – Az.: 2/13 S 103/18 – Urteil vom 07.11.2019

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Kirchhain vom 23.04.2018 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Streitwert für das Berufungsverfahren: bis 5.000 €

Gründe

I.

Die Parteien sind Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Grundstück einer historischen Burganlage. Den Parteien wurden jeweils Sondernutzungsrechte eingeräumt, der Kläger hat ein Sondernutzungsrecht an dem sogenannten Berggarten, der Beklagte erhielt das Sondernutzungsrecht an dem oberhalb des Berggartens liegenden Gartenteils im äußeren Zwinger. An den Gartenteil des Beklagten schließt sich ein abgetrennter und durch eine Mauer mit einem Holztor verbundener Platz, der sogenannte „…“ an. Dieses Grundstücksteil gehört zum gemeinschaftlichen Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft und ist in der Teilungserklärung keinem besonderen Zwecke gewidmet. Nachdem der Kläger in einem Vorverfahren bereits erreicht hatte, dass ihm gestattet wurde, über die Sondernutzungsrechtsfläche des Beklagten zu der Treppe zu gelangen, welche zu seinem Sondernutzungsrecht an dem Berggarten führt, begehrt er nunmehr mit der vorliegenden Klage, dass der Beklagte ihm über seine Sondernutzungsrechtsfläche auch Zugang zu dem „…“ gewährt. Über den Zutritt zu Pflegemaßnahmen an diesem Platz ist in der Eigentümerversammlung vom 29.09.2016 ein Beschluss gefasst worden.

Das Amtsgericht hat die Örtlichkeiten in Augenschein genommen und festgestellt, dass zu dem Platz nur ein Zugang über das Sondereigentum des Beklagten möglich ist, ein Zugang ist faktisch auch über einen anderen Weg möglich, der aber zu einer anderen Wohnungseigentumsgemeinschaft gehört.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen, ergänzend wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die amtsgerichtliche Entscheidung ist zutreffend.

Ein Anspruch des Klägers auf den geltend gemachten Anspruch, das Sondernutzungsrecht des Beklagten zum Zwecke des Erreichens des „…“ zu durchqueren, ist nicht ersichtlich.

Das Sondernutzungsrecht am Gartenteil im äußeren Zwinger gibt dem Beklagten das Recht, diesen Teil des Gemeinschaftseigentums wie ein Alleineigentümer zu gebrauchen und die Vorteile daraus zu ziehen, negativ enthält es das Recht, die übrigen Wohnungseigentümer von dem Mitgebrauch und der damit verbundenen Gebrauchsvorteile auszuschließen (ständige Rechtsprechung vgl. BGHZ 145, 158 = ZWE 2000, 518; BGH ZWE 2012, 381).

Nutzungsbeschränkungen für dieses Sondernutzungsrecht finden sich in der Teilungserklärung nicht. Allerdings ist in der Teilungserklärung auch eine Fläche dem Gemeinschaftseigentum ohne eine bestimmte Nutzungsart ausgewiesen worden, die über gemeinschaftliche Fläche nicht zu erreichen ist. In einem derartigen Fall ist durch objektiv-normative Auslegung zu ermitteln, wie die entsprechenden Rechtsverhältnisse gestaltet werden sollten.

Denkbar ist eine Auslegung der Begründung der Sondernutzungsrechte dahingehend, dass diese dem Sondernutzungsberechtigten nur eingeschränkt zugewiesen worden sind, etwa mit der Bindung zum Durchqueren oder des Mitgebrauchs der anderen Wohnungseigentümer zu gewähren, wie dieses etwa der Fall ist, wenn Aus- und Eingänge zu Kellerräumen nur über eine Fläche zu erreichen sind, an denen ein Sondernutzungsrecht besteht (KG NJW-RR 1990, 333). Demgegenüber kann allerdings die Auslegung auch ergeben, dass der Mitgebrauch des isolierten Gemeinschaftseigentums nach § 14 Nr. 1 WEG ausgeschlossen oder auf eine Nutzung zu Zwecken der Wohnungseigentümergemeinschaft (Instandhaltung, -Setzung) beschränkt ist, wie dieses vor allem in den Fällen eines Spitzbodens anerkannt ist (BayObLG NJW-RR 2001, 801; OLG Köln MZM 2001, 385; anders für generelle Betretungsrechte LG Wuppertal, Beschluss vom 24.03.1998 – 6 T 239/98).

Im vorliegenden Fall gibt es zunächst keine Anhaltspunkte dafür, dass das Sondernutzungsrecht des Beklagten mit einer Beschränkung insoweit verbunden ist, als er anderen Wohnungseigentümern den Zugang zum gemeinschaftlichen Eigentum gewähren muss. Insoweit unterscheidet sich der Fall auch von dem bereits von der Kammer entschiedenen Fall (Urteil vom 02.12.2015 – 2-13 S 12/15), in dem es um die Möglichkeit des Überschreitens der Fläche ging, um zu dem Sondernutzungsrecht des Klägers zu gelangen. In dem dortigen Fall war ausdrücklich in der maßgeblichen notariellen Urkunde ein entsprechendes Betretungsrecht eingeräumt gewesen, hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Maßgeblich ist daher die Frage, welchen Umfang das gemeinschaftliche Eigentum hat und welche Bedeutung ihm zukommt. Unter Berücksichtigung der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme, dessen Ergebnis für die Kammer bindend ist und auch von der Berufung nicht in Frage gestellt wird, ist die Auffassung des Amtsgerichtes zutreffend, dass vorliegend nichts dafür ersichtlich ist, dass das Sondernutzungsrecht des Beklagten mit einem entsprechenden Betretungsrecht des Klägers belastet ist. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass es sich lediglich um eine kleine Freifläche handelt, welche ersichtlich von den Wohnungseigentümern keiner weiteren Nutzung zugeschrieben worden ist und von welcher auch kein besonderer Ausblick gegeben ist und die auch nur über das Sondernutzungsrecht des Beklagten betreten werden kann, was bei Begründung der WEG durch die Örtlichkeiten auch offensichtlich war. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass den Wohnungseigentümern auch anderweitige Freiflächen als Sondernutzungsrecht zugewiesen worden sind, insbesondere dem Kläger der Berggarten, ist daher nichts dafür ersichtlich, dass die Wohnungseigentümer zwingend auf die regelmäßige Nutzung dieses Platzes angewiesen sind. Die Auffassung des Amtsgerichts, dass insoweit – ähnlich wie bei einem Spitzboden – der Mitgebrauch sich auf das gelegentliche Betreten zu Instandsetzungs- und Instandhaltungszwecken reduziert, wird von der Kammer geteilt. Entsprechende Betretungsrechte, die der Beklagte allerdings auch zubilligt, muss er gemäß § 14 Nr. 4 Halbsatz 1 WEG dulden (BayObLG NJW-RR 2001, 801; 1992, 81).

Ob in einem Falle, in welchem ein Sondernutzungsrecht ohne eine entsprechende Beschränkung entstanden ist, überhaupt ein über § 14 Nr. 4 WEG hinausgehendes – insoweit der Gemeinschaft zustehendes – Betretungsrecht einzelner Eigentümer besteht, erscheint der Kammer äußerst zweifelhaft. Falls ein Wohnungseigentümer der Auffassung sein sollte, dass ihm oder allen anderen Eigentümern ein entsprechendes Recht zusteht, hat er die Möglichkeit, die Eigentümer zur Mitwirkung an einer Änderung der Teilungserklärung in Anspruch zu nehmen, ggf. mag – was aber eine Inanspruchnahme aller übrigen Eigentümer erfordert – auch eine Ersetzung einer Vereinbarung in Betracht kommen (vgl. BGH NZM 2019, 480; ZWE 2019, 318). Ob ein derartiger Anspruch besteht, bedarf allerdings im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da dieses ein gesondertes Verfahren voraussetzt, in das alle Eigentümer einbezogen werden müssen, und falls ein entsprechender Anspruch bejaht werden sollte, der Beklagte nach Lage der Dinge wohl nicht verpflichtet ist, hieran ohne einen entsprechenden finanziellen Ausgleich mitzuwirken.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat seine Rechtsgrundlagen in §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, denn es handelt sich letztlich um einen atypisch gelagerten Einzelfall.

Die Streitwertfestsetzung folgt der nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung (§ 49a GKG).

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