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Auslegung einer Mietererklärung über Mietvertragsbeendigung

AG Prüm – Az.: 6 C 88/18 – Urteil vom 13.02.2019

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 1.210,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2018 zu zahlen.

2. Die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 201,71 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2018 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreites haben zu zwei Dritteln der Kläger einerseits und zu einem Drittel die Beklagten als Gesamtschuldner andererseits zu tragen.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei ihrerseits vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beiden Parteien wird nachgelassen, Sicherheit auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Bank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder Genossenschaftskasse zu erbringen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wesentlichen um Mietzinsen und Nebenkosten für Wohnraum.

Der Kläger und seine Ehefrau hatte den Beklagten, den Eltern der Ehefrau, ab Anfang 2014 mündlich Wohnraum in dem Haus vermietet, in welchem sie selbst wohnten. Monatlich waren 300,00 € Mietzins und für Nebenkosten weitere 300,00 € zu leisten. Von Anfang an wies die Wohnung Mängel auf, die die Beklagten mit Schreiben vom 22.08.2016 reklamierten und Abhilfe verlangten. Für September, Oktober und November 2016 zahlten die Beklagten monatlich 155,00 € Mietzins, für Dezember 2016 nur noch 125,00 € Mietzins. Unter dem 22.11.2016 schrieben die Beklagten dem Kläger und seiner Ehefrau unter anderem: „Des Weiteren teilen wir Euch mit, dass wir Anfang Januar 2017 in eine andere Wohnung umziehen. Der genaue Termin wird Euch noch mitgeteilt.“ Wegen Nebenkostenabrechnungen kam es zu Meinungsverschiedenheiten und umfangreicher Korrespondenz der Parteien. Unter dem 21.07.2018 trat die Ehefrau des Klägers diesem alle ihr etwa gegenüber den Beklagten zustehenden Ansprüche aus dem Mietverhältnis ab. Erfolglos forderte der Kläger die Beklagten auf, ihm Mietzinsen und abgerechnete Nebenkosten zu zahlen.

Der Kläger behauptet, mit den Beklagten sei vereinbart worden, daß diese alle Nebenkosten jeweils hälftig zahlen. Die den Beklagten erteilten Nebenkostenabrechnungen seien formal und inhaltlich korrekt. Für ihre vorgerichtliche Tätigkeit habe er seinen Prozeßbevollmächtigten 492,54 € gezahlt.

Auslegung einer Mietererklärung über Mietvertragsbeendigung
(Symbolfoto: Von timyee/Shutterstock.com)

Der Kläger meint, die Beklagten müßten ihm – jeweils nebst gesetzlichen Rechtshängigkeitszinsen – restliche Mietzinsen für September bis November 2016 in Höhe von jeweils 145,00 € monatlich, für Dezember 2016 in Höhe von 175,00 € und für Januar 2017 bis August 2017 in Höhe von monatlich jeweils 300,00 €, ausstehende Nebenkosten 2015 in Höhe von 231,98 € und Nebenkosten 2016 in Höhe von 915,06 € zahlen sowie schließlich die außergerichtlich aufgewandten Rechtsanwaltskosten.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 4.007,75 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2018 zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn weitere 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.06.2018 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, nur Verbrauchskosten wie Heizung, Wasser und Strom seien als umlagefähig vereinbart worden. Die Nebenkostenabrechnung 2016 sei zunächst an ihre hinsichtlich Nebenkosten nicht mandatierten früheren bevollmächtigten Rechtsanwälte und erst 2018 dem Mieterbund zugesandt worden. Am 26.11.2016 habe der Kläger den Beklagten in der Garage grundlos zusammengeschlagen.

Die Beklagten halten den Kläger alleine für nicht aktivlegitimiert. Nebenkosten müßten nach Wohnflächen abgerechnet werden. Die erteilten Abrechnungen seien unwirksam, zumal weder Anfangs- noch Endstände und auch keine Betankungen aufgeführt seien. Das Schreiben vom 22.11.2016 enthalte eine Kündigung, und wegen des Vorfalles in der Garage seien sie, die Beklagten, zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt gewesen.

Das Gericht hat durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 21.11.2018 Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien, die zur Akte gereichten Unterlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Kläger hat aus eigenem sowie aus abgetretenem Recht gegen die Beklagten Anspruch auf Zahlung offener Mietzinsen in Höhe von 1.210,00 € für die Zeit von September 2016 bis Februar 2017 nach dem zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau einerseits und den Beklagten andererseits geschlossenen Vertrag über die Anmietung von Wohnraum in Verbindung mit §§ 398 ff., 535 Abs. 2 BGB. Unstreitig mieteten die Beklagten vom Kläger und seiner Ehefrau Wohnraum im Sprengel des angerufenen Gerichts und bezahlten für die Monate September 2016 bis Dezember 2016 die vereinbarte Miete nicht in voller Höhe und seit Januar 2017 nichts mehr. Dreimal einbehaltene 145,00 €, weitere 175,00 € und je 300,00 € für Januar und für Februar 2017 addieren sich zu 1.210,00 €.

Der monatlich zu zahlende Mietzins in Höhe von 300,00 € war nicht nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB gemindert, obwohl die Wohnung mängelbehaftet war. Denn Minderungsrechte der Beklagten sind nach § 536b Satz 1, 3 BGB ausgeschlossen. Unstreitig kannten die Beklagten die Mängel der Wohnung, in die sie gleichwohl zum Jahresanfang 2014 vorbehaltlos einzogen.

Mietzinsen schulden die Beklagten auch für Januar und Februar 2017. Denn ihr Schreiben vom 22.11.2016 enthält keine fristlose Kündigung.

Freilich enthält die Urkunde vom 22.11.2016 eine Kündigungserklärung. Die Kündigung eines Mietvertrages über Wohnraum auf unbestimmte Zeit durch den Mieter richtet sich nach § 542 Abs. 1 in Verbindung mit § 556 Abs. 1, § 573c Abs. 1 Satz 1 BGB. Hiernach bedarf eine solche Kündigung der Schriftform und ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ende des übernächsten Monats zulässig. Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem anderen Vertragsteil. Das Wort „Kündigung“ muß in der Urkunde nicht ausdrücklich enthalten sein; es reicht aus, daß der Wille zur einseitigen Vertragsbeendigung hinreichend klar zum Ausdruck kommt. Denn nach §§ 133, 157 BGB kommt es nicht auf den inneren Willen des Erklärenden, sondern darauf an, wie ein objektiver Dritter unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles die Erklärung verstehen durfte. Aus den Formulierungen „Des Weiteren teilen wir Euch mit, dass wir Anfang Januar 2017 in eine andere Wohnung umziehen. Der genaue Termin wird Euch noch mitgeteilt.“ erhellt, daß die Beklagten das Vertragsverhältnis nicht länger fortsetzen wollten. Nichts anderes konnten der Kläger und seine Ehefrau diesem Brief entnehmen, denn zum Zeitpunkt des Zuganges dieser Urkunde befanden sich die Parteien schon seit längerer Zeit im Streit. So hatten die Beklagten die Beseitigung von Mängeln verlangt und schon seit mehreren Monaten die Miete reduziert. Die Ansicht des Klägers, mit dem Schreiben vom 22.11.2016 hätten die Beklagten lediglich über ihren bevorstehenden Auszug informieren wollen, ist demgegenüber lebensfern. Denn die Beklagten wollten dem Kläger und seiner Ehefrau erkennbar ab Januar 2017 kein Geld für leerstehende Räume zahlen.

Eine fristlose Kündigung kann das Schreiben vom 22.11.2016 nicht darstellen, da zu diesem Zeitpunkt kein Kündigungsgrund nach § 543 BGB vorlag. Meinungsverschiedenheiten, insbesondere in engen Familienverhältnissen, stellen insbesondere nicht automatisch Umstände dar, denen zufolge die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Der Vorfall vom 26.11.2016 kann bei Ausspruch der Kündigung vom 22.11.2016 keinen Kündigungsgrund dargestellt haben, da sich dieser Vorfall zu dieser Zeit noch nicht ereignet hatte. Dementsprechend ist eine Schlägerei in der Garage im Schreiben vom 22.11.2016 nicht erwähnt.

Zinsen für die zugesprochenen Beträge stehen dem Kläger gegen die Beklagten als Rechtshängigkeitszinsen in gesetzlicher Höhe zu.

Der Kläger kann von den Beklagten nach dem Mietvertrag keine weiteren Nebenkosten für die Jahre 2015 und 2016 beanspruchen. Nach § 535 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 556 Abs. 1 Satz 1 BGB hat grundsätzlich der Vermieter die Betriebskosten zu zahlen.

Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, daß auf Nebenkosten eine monatliche Vorauszahlung in Höhe von 300,00 € erbracht werden sollte und daß über diese abzurechnen sei. Der Kläger hat jedoch seine Behauptung, daß sämtliche – welche? – Nebenkosten umlagefähig sein sollten und daß die Nebenkosten hälftig aufgeteilt werden sollten, nicht bewiesen. Der als Zeugin vernommenen Tochter der Beklagten und Ehefrau des Klägers hat das Gericht insoweit nicht glauben können, weil ihre Angaben nicht dem entsprochen haben, was sich während der informatorischen Befragung der Parteien als unstreitig herausgestellt hat. So haben beide Parteien angegeben, über einzelne Nebenkostenpositionen sei nicht gesprochen worden, während die Zeugin bekundet hat, im Gespräch seien die einzelnen Positionen bei Abschluß des Mietvertrages durchgegangen worden. Erst auf Vorhalt hat sich die Zeugin zu der vermutlich wahrheitsgemäßen Angabe durchringen können, daß sie sich nicht mehr genau erinnere. Die Aussage der Zeugin ist damit für das Beweisthema unergiebig geblieben.

Laut den Nebenkostenabrechnungen des Klägers zahlten die Beklagten für die Jahre 2015 und 2016 insgesamt 6.000,00 € Vorschüsse. Tatsächlich entstanden diesen Abrechnungen zufolge für Strom, Frischwasser, Abwasser und Heizung Kosten in Höhe von 5.768,96 €. Diese Kosten, die die Beklagten mitzutragen grundsätzlich bereit sind, sind durch die Vorschüsse gedeckt, so daß sich insoweit kein Anspruch auf eine Nachzahlung für den Kläger ergeben kann.

Hiernach konnte für die Entscheidung dahinstehen, ob die Nebenkostenabrechnungen formell und materiell korrekt sind und den Beklagten rechtzeitig zugingen.

Weitere Anspruchsgrundlagen, denen zufolge die Beklagten dem Kläger Nebenkosten zahlen müßten, sind nicht ersichtlich.

Schließlich kann der Kläger von den Beklagten als Verzugsschaden außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Rechtshängigkeitszinsen ersetzt verlangen. Diese errechnen sich allerdings ausgehend von einem Gegenstandswert von 1.210,00 € nur zu 201,71 €, nämlich einer Geschäftsgebühr in Höhe von 149,50 € zuzüglich einer Telekommunikationspauschale in Höhe von 20,00 € und endlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer in Höhe von 32,21 €. Durch eine Kopie der Handakte seiner Prozeßbevollmächtigten hat der Kläger bewiesen, daß er diesen Gebühren in Höhe von 492,54 € entrichtete.

Die Kosten des Rechtsstreites waren nach § 92 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz ZPO verhältnismäßig zu teilen, da jede Partei teils obsiegt hat und teils unterlegen ist.

Die anteilige Kostentragungspflicht trifft die Beklagten gemäß § 100 Abs. 4 ZPO als Gesamtschuldner, da sie als solche verurteilt worden sind.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf § 708 Nr. 11, § 711 Satz 1, 2 ZPO.

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