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Ausschluss Mietminderungsrechts bei Weigerung der Wohnungsbesichtigung

LG Berlin, Az.: 63 S 626/12, Urteil vom 15.10.2013

Auf die Berufung des Beklagten wird – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – das am 6. November 2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Spandau – 5 C 185/12 – abgeändert und neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.801,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 24,45 EUR seit dem 6. Januar 2011 und dem 4. Februar 2011, aus 73,35 EUR seit dem 4. März 2011, aus 244,50 EUR seit dem 5. April 2011, aus 195,60 EUR seit dem 5. Mai 2011, aus jeweils 122,25 EUR seit dem 7. Juni 2011 und 5. Juli 2011, 401,– EUR seit dem 4. August 2011, aus 175,21 EUR seit dem 6. September 2011, aus jeweils 97,80 EUR seit dem 6. Oktober 2011 und dem 4. November 2011, aus jeweils 244,50 EUR seit dem 6. Dezember 2011 und 5. Januar 2012, aus jeweils 97,80 EUR seit dem 4. Februar 2012 und 6. März 2012, aus 146,70 EUR seit dem 5. April 2012 sowie aus 146,50 EUR seit dem 5. Mai 2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Ausschluss Mietminderungsrechts bei Weigerung der Wohnungsbesichtigung
Foto: : style-photographs/Bigstock

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

Der Kläger kann gemäß § 535 Abs. 2 BGB von dem Beklagten für die Zeit von Dezember 2010 bis Juli 2012 restliche Mieten in Höhe von insgesamt 2.801,46 EUR verlangen. Die von dem Beklagten geschuldete Miete war nur in geringem Umfang gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert.

Der Ausfall der Warmwasserversorgung begründet in der Zeit von Dezember 2010 bis Februar 2011 gemäß § 536 Abs. 1 BGB eine Minderung von monatlich 48,90 EUR. Die Anzeige des Mangels erfolgte mit Schreiben vom 18. November 2010. Der Boiler bzw. Durchlauferhitzer ist unstreitig am 2. März 2011 ausgetauscht worden. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts kommt es auf die obige Verweigerung der Besichtigung nicht an, weil diese nicht diesen Mangel betrifft, sondern die später mit Schreiben vom 10. Februar 2011 angezeigten Mängel. Eine Besichtigung ist vom Kläger nicht verlangt worden, sodass er den vom Beklagten vorgetragenen Mangel, dass keine Warmwasserversorgung vorhanden war, nicht mit Nichtwissen bestreiten kann. Die vom Beklagten geltend gemachte Minderung von monatlich 48,90 EUR ist nicht zu beanstanden. Das entspricht etwa 10 % der Bruttomiete von 511,– EUR.

Im Übrigen begründen die von dem Beklagten eingewandten Mängel keine Minderung.

1. Kabelanschluss

Ein Minderungsanspruch ist insoweit nicht begründet. Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die streitgegenständliche Wohnung infolge des Wechsels des Kabelbetreibers durch den Kläger nicht mit einem Mangel behaftet ist. Auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Aus der Regelung in § 3 Nr. 3 des Mietvertrags ergibt sich nicht, dass der Kläger eine Versorgung durch die dort genannte Kabelbetreiber-Firma gewährleisten muss. Die Regelung befindet sich im Rahmen der Vereinbarungen zu den Nebenkosten. Dies beinhaltet nur, dass entsprechende Betriebskosten nicht in der Umlage enthalten sind und der Mieter die Kosten direkt an den Kabelbetreiber zahlen muss. Es kommt nicht darauf an, ob von Seiten des Klägers eine Kabelversorgungsmöglichkeit geschuldet wird. Diese wird weiterhin auch durch den vom Kläger vorgenommenen Wechsel des Betreibers gewährleistet. Der Umstand, dass mit letzterem ein Gesamtvertrag geschlossen wurde und die Kosten innerhalb der Betriebskosten umgelegt werden ändert daran nichts. Einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot hat der Beklagte nicht konkret dargetan. Die pauschale Behauptung, dass das Leistungsangebot des alten Betreibers günstiger gewesen sei, genügt hierfür nicht. Der Beklagte hätte ggf. nach Einsichtnahme in die Verträge die Leistungen konkret gegenüberstellen müssen, um einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot konkret darzulegen.

2. Heizungsausfall

Wegen des Heizungsausfalls sind Minderungsansprüche des Beklagten ausgeschlossen, weil der Beklagte nach der Mängelanzeige vom 10. Februar 2011 dem Kläger die Besichtigung verweigert hat. Der Beklagte hat auf das Besichtigungsverlangen des Klägers vom 17. Februar 2011 in der Antwort mit Schreiben vom 21. Februar 2011 unter Hinweis auf ein gegenüber dem Kläger bereits früher ausgesprochenes Hausverbot ausdrücklich angekündigt, dem Kläger einen persönlichen Zutritt zur Wohnung zu verweigern, und ihn auf eine Besichtigung durch Handwerker verwiesen. Dem tatsächlichen Besichtigungsverlangen des Klägers am 24. Februar 2011 ist der Beklagte nicht nachgekommen. Das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass dem Kläger nach der Mängelanzeige des Beklagten das Recht zusteht, die angezeigten Mängel selbst in Augenschein zu nehmen. Auch wenn hierzu eine persönliche Besichtigung durch den Vermieter nicht zwingend ist und auch durch Dritte wahrgenommen werden könnte, kann sie dem Kläger nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) grundsätzlich nicht verwehrt werden. Es obliegt letztlich seiner Beurteilung und Entscheidung, in welcher Weise die gerügten Mängel zu beseitigen sind. Es kann dahinstehen, ob in bestimmten Einzelfällen, dem Mieter eine persönliche Besichtigung durch den Vermieter nicht zuzumuten ist. Anhaltspunkte für die Annahme eines solchen Ausnahmefalls liegen hier nicht vor. Der Umstand, dass es nach dem Vortrag des Beklagten bei früheren Besichtigungen durch den Kläger nach Mängelanzeigen zum Streit der Parteien gekommen ist, bei dem der Kläger dem Beklagten gedroht und versucht hat, ihn durch aggressives Verhalten zum Verzicht auf die geltend gemachten Ansprüche zu bewegen, rechtfertigt das vom Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochene Hausverbot nicht. Dies lässt für den Beklagten eine persönliche Besichtigung neuer Mängel durch den Kläger nicht unzumutbar erscheinen. Dass der Kläger hierbei ein nicht mehr hinzunehmendes Verhalten gezeigt und beispielsweise Straftaten gegenüber dem Beklagten begangen hat, ist nicht erkennbar. Das Abstreiten und Abwehren von Ansprüchen ist als solches nicht zu beanstanden.

Der Umstand, dass später der Hausmeister … in der nachfolgenden Heizperiode 2011/12 auf weitere angezeigte Heizungsausfälle die Heizung mehrmals wieder in Gang gesetzt hat, ändert hieran nichts. Nachdem der Beklagte auf die Mängelanzeige sich nochmals ausdrücklich auf das frühere Hausrecht berufen hat, musste der Kläger nicht bei jeden erneuten Ausfall der Heizung eine erneute persönliche Besichtigung verlangen. Es sind keine Anzeichen erkennbar, aufgrund derer der Beklagte von seiner zuvor ausdrücklich mitgeteilten Haltung abgerückt ist. Er hätte vielmehr hinreichend klar zu erkennen geben müssen, nunmehr eine persönliche Besichtigung durch den Kläger zu ermöglichen.

3. Schimmelschäden

Die in Wohnzimmer und Küche aufgetretenen Schimmelbildungen begründen ebenfalls keine Minderung.

Die Minderung ist auch insoweit durch eine Verweigerung der Besichtigung ausgeschlossen. Die Mängel sind Gegenstand der Mängelanzeige vom 10. Februar 2011, auf die hin der Beklagte unter Berufung auf das dem Kläger erteilte Hausverbot die Besichtigung durch ihn ausdrücklich verweigert hat. Soweit der Hausmeister … zwischenzeitlich die Schäden besichtigt und aufgenommen hat, ändert dies aus den bereits oben darlegten Gründen am Ausschluss des Minderungsrechts nichts.

Darüber hinaus ist der Mietzinsanspruch des Klägers für August 2011 nicht durch eine Aufrechnung des Beklagten in Höhe von 192,22 EUR gemäß § 389 BGB erloschen. Dem Beklagten stand aus § 536 a Abs. 2 BGB kein Aufwendungsersatzanspruch infolge der von ihm veranlassten Mängelbeseitigung der WC-Spülung zu. Denn der Beklagte kann nicht mit Erfolg die Erstattung seiner Aufwendungen geltend machen, wenn er dem Kläger von vornherein die Besichtigung des angezeigten Mangels verweigert. Die Anzeige erfolgte mit Schreiben vom 18. Mai 2011 unter Fristsetzung zum 28. Mai 2011. Der Umstand, dass der Kläger eine Besichtigung nicht verlangt hat, steht dem Ausschluss des Gewährleistungsanspruchs nicht entgegen. Denn nachdem der Beklagte bereits zuvor mit Schreiben vom 21. Februar 2011 unter Berufung auf das von ihm erteilte Hausverbot dem Kläger grundsätzlich jede Besichtigung untersagt hat, ohne diese etwa von der Art des Mangels abhängig zu machen, konnte der Kläger bei lebensnaher Würdigung des Geschehens davon ausgehen, dass ihm auch in diesem Fall eine Besichtigung nicht ermöglicht werde. Eine nochmalige ausdrückliche Bitte um Zutritt zur Besichtigung stellte sich danach als unnötige Förmelei dar, weil auch insoweit keinerlei Anhaltspunkte erkennbar sind, aufgrund derer die Annahme gerechtfertigt wäre, dass der Beklagte von seiner zuvor ausdrücklich mitgeteilten Haltung abgerückt ist. Er hätte auf die weitere Mängelanzeige vielmehr hinreichend klar zu erkennen geben müssen, nunmehr eine persönliche Besichtigung durch den Kläger zu ermöglichen.

4. defekter Schließzylinder

Insoweit hat das Amtsgericht in jeder Hinsicht zutreffend ausgeführt, dass eine nicht ausreichende Verschraubung des Schließzylinders in der Kellertür, die ein Schließen nur erschwert, aber nicht unmöglich gemacht hat, die Erheblichkeitsschwelle gemäß § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht überschreitet und keine Minderung rechtfertigt.

Danach berechnet sich die begründete Klageforderung wie folgt:

Klage begründet

Minderung

………………….

Hinsichtlich der Widerklage auf Zahlung von 120,– EUR ist die Berufung nicht begründet. Dem Kläger steht ein entsprechender Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 BGB nicht zu. Es kann insoweit dahinstehen, ob die Umlage der Kabelkosten in der Betriebskostenabrechnung materiell richtig ist. Denn das Amtsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Beklagte gegen die Abrechnung vom 24. August 2011 vor der Geltendmachung im Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 25. September 2012 keine Einwendungen innerhalb der Jahresfrist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB erhoben hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 91 a ZPO. Soweit die Parteien den Räumungsanspruch in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, waren die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, weil die Kündigung vom 16. August 2011 begründet gewesen war. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen belief sich der Rückstand des Beklagten per August 2011 auf 1.207,85 EUR. Bei einer geschuldeten Miete von 511,– EUR übersteigt dieser Rückstand den Betrag von zwei Monatsmieten, sowie für Juli und August 2011 auch den Betrag von einer Monatsmiete, so dass eine fristlose Kündigung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB in beiden Alternativen begründet war. Angesichts der Weigerung des Beklagten, die Besichtigung zu ermöglichen, kam, wie das Amtsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, ein mangelndes Verschulden in Bezug auf die Berechtigung zur Minderung nicht in Betracht. Die Kosten hinsichtlich der Widerklage auf Mängelbeseitigung der Schimmelschäden hätte ebenfalls keinen Erfolg gehabt, weil der Beklagten die Besichtigung verweigert hat, sodass auch die hierauf entfallenden Kosten der Kläger zu tragen hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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