LG Berlin – Az.: 67 S 239/19 – Beschluss vom 10.12.2019
Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet im Beschlusswege zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die sich allein gegen die Stattgabe der Widerklage richtende Berufung der Klägerin ist gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.
Das Amtsgericht hat die Widerklage aus den zutreffenden und die Berufungsangriffe bereits erschöpfenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die die Kammer Bezug nimmt und denen im Wesentlichen nichts mehr hinzuzufügen ist, abgewiesen.
Das Amtsgericht hat im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung der Kammer die streitgegenständlichen Beeinträchtigungen als Mangel der Mietsache i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB beurteilt, wobei weder die in Ansatz gebrachte Minderungsquote noch die – abgesenkten – Anforderungen an die Substantiierung des Vortrags zu den behaupteten Beeinträchtigungen zu beanstanden sind (vgl. zuletzt Kammer, Beschl. v. 15. Januar 2019 – 67 S 309/18, WuM 2019, 253). Soweit die Berufung im Wesentlichen darauf abstellt, der Mieter habe „seine Minderungsansprüche“ nicht angezeigt, vermag sie auch damit nicht durchzudringen. Zwar ist es richtig, dass dem Mieter gemäß § 536c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB keine Minderungsansprüche zustehen, wenn er dem Vermieter den Mangel – und nicht „seine Minderungsansprüche“ – nicht angezeigt hat. Allerdings scheidet eine Anwendung des § 536c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BGB aus, wenn der Vermieter auch ohne Anzeige in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Mangels ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 13. Juli 2010 – VIII ZR 129/09, NJW 2010, 2879, beckonline Tz. 30).
So indes liegt der Fall hier, in dem die Klägerin selbst Kenntnis von den streitgegenständlichen Beeinträchtigungen hatte. An die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ist die Kammer gemäß § 314 ZPO gebunden, da die Klägerin sie nicht gemäß § 320 ZPO mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angefochten hat (vgl. Feskorn, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 314 Rz. 3 m.w.N.).
Eine der Klägerin günstigere Beurteilung käme aber selbst dann nicht in Betracht, wenn sie keine Kenntnis von den Beeinträchtigungen gehabt hätte. Denn § 536c Abs. 2 Nr. 1 BGB steht Gewährleistungsansprüchen des Mieters nur entgegen, wenn der Vermieter wegen der unterlassenen Mangelanzeige keine Abhilfe schaffen konnte. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier, da die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin insoweit nichts vorgetragen hat (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1986 – VIII ZR 279/85, NJW 1987, 1072, juris Tz. 33). Es kommt hinzu, dass sie ohnehin nicht zur Abhilfe bereit war, sondern ausweislich der auch insoweit nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angefochtenen tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts in Kenntnis des Bauvorhabens eine Beseitigung der Beeinträchtigungen unterlassen und stattdessen eine Nachbarschaftsvereinbarung mit dem Bauherrn wegen etwaiger Minderungsansprüche der (beklagten) Mieter geschlossen hat.
II.
Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.