Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Urteil beleuchtet rechtliche Anforderungen beim Austausch von Aufzugsanlagen
- Der Fall vor Gericht
- Teilerneuerung von Aufzugsanlagen: Gericht bestätigt Beschlüsse einer Münchner Eigentümergemeinschaft
- Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen mit klarer Rechtfertigung
- Gericht sieht keine Verstöße gegen Wirtschaftlichkeitsgebot
- Teilweise Ungültigkeit bei Ingenieurleistungen
- Wartungskosten werden deutlich reduziert
- Sonderumlage bleibt bestehen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Kriterien muss ein Aufzugstausch erfüllen, um als ordnungsgemäße Instandsetzung zu gelten?
- Wie wird die Kostentragung bei einer Aufzugserneuerung in der WEG geregelt?
- Welche Rolle spielt die Nutzungsdauer eines Aufzugs bei der Entscheidung zur Erneuerung?
- Wie viele Vergleichsangebote müssen bei einer Aufzugserneuerung eingeholt werden?
- Welche Rechte haben einzelne Eigentümer bei der Anfechtung eines Beschlusses zur Aufzugserneuerung?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht München
- Datum: 08.07.2024
- Aktenzeichen: 1291 C 15828/23
- Verfahrensart: Anfechtungsklage im Wohnungseigentumsrecht
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Verwaltungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin 1: Eigentümerin in der Wohnungseigentümergemeinschaft, sie argumentiert, dass die Aufzüge funktionsfähig und gut gewartet seien. Sie hält die Sanierung für unnötig und wirtschaftlich riskant.
- Klägerin 2: Weitere Eigentümerin in der Gemeinschaft, teilt die Bedenken bezüglich der Eigentümerbeschlüsse und der daraus resultierenden finanziellen Auswirkungen.
- Beklagte: Wohnungseigentümergemeinschaft, vertritt die Ansicht, dass die Beschlüsse notwendig sind, um steigende Instandhaltungskosten zu reduzieren und den technischen Zustand der Aufzüge zu verbessern.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerinnen fochten mehrere Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung an, die Sanierungen und Veränderungen der Aufzugsanlagen umfassten. Sie bemängelten eine fehlende Wirtschaftlichkeitsberechnung und betrachteten die Beschlüsse als bauliche Veränderungen, die über die Instandhaltung hinausgehen.
- Kern des Rechtsstreits: Die Gültigkeit der gefassten Beschlüsse über Teilsanierungen und Neuabschlüsse von Verträgen, sowie die Frage, ob diese gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot oder das Bestimmtheitsgebot verstoßen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beschluss zu TOP 10 c) wurde teilweise für ungültig erklärt hinsichtlich der Ingenieurleistungen. Die übrigen Klagen wurden abgewiesen.
- Begründung: Der Teil der Beschlüsse, der die Beauftragung von Ingenieurleistungen ohne Vergleichsangebote umfasste, wurde als nicht ordnungsgemäß befunden. Die übrigen Maßnahmen wurden als ordnungsgemäß und wirtschaftlich vernünftig angesehen.
- Folgen: Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens anteilig. Die Entscheidung bekräftigt, dass umfangreiche Auftragsvergaben einer sorgfältigeren Vorbereitung bedürfen, insbesondere durch Einholung von Vergleichsangeboten. Die übrigen Beschlüsse bleiben rechtskräftig und können umgesetzt werden. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung.
Urteil beleuchtet rechtliche Anforderungen beim Austausch von Aufzugsanlagen
Der Austausch einer Aufzugsanlage ist eine komplexe Instandsetzungsmaßnahme, die von zahlreichen rechtlichen Vorschriften und Richtlinien begleitet wird. Die Sicherheit von Aufzugsanlagen steht dabei im Vordergrund, denn ordnungsgemäße Wartung und regelmäßige Aufzugsprüfungen sind unerlässlich, um Qualitätsstandards zu gewährleisten. Zudem müssen Genehmigungen eingeholt werden, wenn es um die Modernisierung oder Sanierung von Aufzügen geht. Ein durchdachter Instandhaltungsplan und die Beachtung der Aufzugsanlagenrichtlinien sind entscheidend, um die Effizienz und Sicherheit der Fördertechnik zu gewährleisten.
In einem aktuellen Urteil wird nun ein Fall behandelt, der die rechtlichen Aspekte des Austauschs einer Aufzugsanlage beleuchtet. Dabei werden sowohl die Anforderungen an die Aufzugsenergieeffizienz als auch die Bedeutung eines funktionsfähigen Notrufsystems für die Nutzer thematisiert.
Der Fall vor Gericht
Teilerneuerung von Aufzugsanlagen: Gericht bestätigt Beschlüsse einer Münchner Eigentümergemeinschaft
Das Amtsgericht München hat eine Klage gegen Beschlüsse zur Teilerneuerung von Aufzugsanlagen in einer Wohnanlage mit 130 Einheiten überwiegend abgewiesen. Die Eigentümergemeinschaft hatte im Juni 2023 die schrittweise Modernisierung ihrer zwölf Aufzüge beschlossen, die nach 22 Jahren Betrieb ihre übliche Nutzungsdauer erreicht hatten.
Umfangreiche Sanierungsmaßnahmen mit klarer Rechtfertigung
Die Wohnungseigentümer genehmigten für die Gesamtmaßnahme ein Budget von rund 671.000 Euro. Der Beschluss sieht vor, dass zunächst zwei Aufzugsanlagen für etwa 114.000 Euro erneuert werden sollen. Die Priorisierung erfolgt dabei nach Substanzschäden und Ausfallhäufigkeit. Zur Finanzierung wurde eine Sonderumlage von 36.000 Euro beschlossen.
Gericht sieht keine Verstöße gegen Wirtschaftlichkeitsgebot
Das Gericht widersprach der Auffassung der klagenden Eigentümerinnen, die Sanierung sei unwirtschaftlich und nicht erforderlich. Die Wohnungseigentümer hätten einen Ermessensspielraum bei der Entscheidung zwischen Reparaturen und Erneuerung. Da die Aufzüge ihre betriebsgewöhnliche Nutzungszeit von 20 bis 25 Jahren erreicht haben, sei die Entscheidung zur Teilerneuerung nachvollziehbar. Von sechs eingeholten Angeboten wurde das günstigste gewählt.
Teilweise Ungültigkeit bei Ingenieurleistungen
Lediglich in einem Punkt gab das Gericht den Klägerinnen Recht: Die Beauftragung eines Ingenieurbüros für begleitende Leistungen im Wert von knapp 35.000 Euro wurde ohne Einholung von Vergleichsangeboten beschlossen. Dies widerspreche der ordnungsgemäßen Verwaltung, da bei Maßnahmen größeren Umfangs Vergleichsangebote einzuholen seien. Der Beschluss wurde in diesem Punkt für ungültig erklärt.
Wartungskosten werden deutlich reduziert
Mit der Modernisierung verbunden ist auch ein Wechsel des Wartungsunternehmens. Die jährlichen Wartungskosten sollen sich dadurch von rund 34.000 Euro auf etwa 17.250 Euro halbieren. Das Gericht bestätigte auch diesen Beschluss als rechtmäßig, da die Eigentümer durch einen Preisspiegel ausreichend über die verschiedenen Angebote informiert wurden.
Sonderumlage bleibt bestehen
Die beschlossene Sonderumlage von 36.000 Euro bleibt trotz der teilweisen Ungültigkeit des Beschlusses zur Ingenieurbeauftragung bestehen. Das Gericht begründete dies damit, dass die Umlage auch andere beschlossene Maßnahmen finanziere und die Eigentümer diese auch bei teilweisem Wegfall der Beschlüsse erheben wollten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Gericht hat einen Beschluss zur Teilerneuerung von Aufzugsanlagen teilweise für ungültig erklärt, soweit er die Beauftragung einer bestimmten Firma mit Ingenieurleistungen betraf. Der Kernpunkt des Urteils ist, dass Beschlüsse zur Vergabe von Ingenieurleistungen ohne vorherige ordnungsgemäße Beschlussfassung der Eigentümerversammlung nicht rechtmäßig sind. Dies unterstreicht die Bedeutung korrekter Beschlussverfahren bei der Vergabe von Dienstleistungen in Wohnungseigentümergemeinschaften.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungseigentümer haben Sie das Recht, dass wichtige Dienstleistungsaufträge nur nach ordnungsgemäßer Beschlussfassung vergeben werden. Wenn Ihre Hausverwaltung eigenständig Aufträge vergibt oder diese nachträglich beschließen lässt, können Sie dagegen vorgehen. Sie müssen nicht für Kosten aufkommen, die aus solchen ungültigen Beschlüssen entstehen. Bei größeren Sanierungsmaßnahmen sollten Sie darauf achten, dass zunächst die Beauftragung von Planungsleistungen ordnungsgemäß beschlossen wird, bevor weitere Schritte eingeleitet werden.
Rechtssicherheit bei Modernisierungen
Das Amtsgericht München hat entschieden: Die Beauftragung von Ingenieurleistungen bei größeren Sanierungsmaßnahmen erfordert eine ordnungsgemäße Beschlussfassung der Eigentümergemeinschaft. Unklarheiten über die Gültigkeit von Beschlüssen und die korrekte Vergabe von Aufträgen können zu unnötigen Kosten und langwierigen Streitigkeiten führen. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte als Wohnungseigentümer zu wahren und setzen uns für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben in Ihrer Eigentümergemeinschaft ein. Sichern Sie sich rechtzeitig ab und lassen Sie sich von uns beraten, um Ihre Interessen zu schützen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Kriterien muss ein Aufzugstausch erfüllen, um als ordnungsgemäße Instandsetzung zu gelten?
Ein Aufzugstausch, der als ordnungsgemäße Instandsetzung gilt, muss technische, wirtschaftliche und rechtliche Anforderungen erfüllen. Diese Kriterien gewährleisten die Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Gesetzeskonformität der Maßnahme.
Technische Anforderungen
- Sicherheitsstandards: Der neue Aufzug muss den aktuellen technischen Normen entsprechen, wie z. B. der DIN EN 81-Reihe, die Sicherheitsanforderungen für Konstruktion und Betrieb regelt. Auch spezifische Vorschriften wie die DIN EN 13015 für Instandhaltung sind relevant.
- Gefährdungsbeurteilung: Vor dem Austausch ist eine Gefährdungsbeurteilung gemäß der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) durchzuführen. Diese bewertet den Zustand des alten Aufzugs und definiert notwendige Maßnahmen zur Risikominderung.
- Zulassung und Abnahme: Nach dem Austausch ist eine Abnahmeprüfung durch eine zugelassene Überwachungsstelle (z. B. TÜV) erforderlich. Diese bestätigt, dass der neue Aufzug sicher und betriebsbereit ist.
Wirtschaftliche Aspekte
- Verhältnismäßigkeit der Kosten: Die Kosten des Austauschs müssen in einem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen. Beispielsweise könnte ein Austausch gerechtfertigt sein, wenn die Reparaturkosten des alten Aufzugs regelmäßig steigen oder dieser nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden kann.
- Langfristige Effizienz: Der neue Aufzug sollte energieeffizient sein und geringere Wartungskosten verursachen, um langfristig wirtschaftlich zu sein.
Rechtliche Anforderungen
- Gemeinschaftseigentum in WEGs: In einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ist ein Aufzug in der Regel Gemeinschaftseigentum. Die Entscheidung über den Austausch muss im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung getroffen werden (§ 21 WEG). Ein Mehrheitsbeschluss ist ausreichend, sofern keine bauliche Veränderung vorliegt.
- Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV): Der Betreiber ist verpflichtet, die Sicherheit des Aufzugs zu gewährleisten. Dies umfasst regelmäßige Prüfungen sowie den Austausch veralteter oder unsicherer Anlagen.
- Baurechtliche Vorgaben: Je nach Gebäudehöhe und Nutzung können baurechtliche Anforderungen an den Einbau eines neuen Aufzugs bestehen, z. B. in Bezug auf Barrierefreiheit oder Brandschutz.
Beispiele aus der Praxis
- Wenn ein alter Aufzug keine aktuellen Sicherheitsanforderungen erfüllt (z. B. kein Notrufsystem), kann ein Austausch erforderlich sein.
- In einer WEG kann ein Austausch beschlossen werden, wenn der alte Aufzug häufig ausfällt und hohe Reparaturkosten verursacht. Dabei müssen die Eigentümer die Kosten-Nutzen-Verhältnisse abwägen.
Ein ordnungsgemäßer Aufzugstausch erfordert somit eine sorgfältige Planung unter Berücksichtigung technischer Standards, wirtschaftlicher Effizienz und rechtlicher Vorgaben.
Wie wird die Kostentragung bei einer Aufzugserneuerung in der WEG geregelt?
Die Kostentragung für eine Aufzugserneuerung richtet sich nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und kann durch Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft gestaltet werden.
Gesetzliche Grundverteilung
Nach § 16 Abs. 2 WEG werden die Kosten für die Aufzugserneuerung grundsätzlich nach Miteigentumsanteilen auf alle Wohnungseigentümer verteilt. Diese Regelung gilt automatisch, wenn keine abweichenden Vereinbarungen getroffen wurden.
Abweichende Kostenverteilung
Die Eigentümergemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss von der gesetzlichen Kostenverteilung abweichen. Dabei sind folgende Modelle möglich:
- Verteilung nach Stockwerken
- Befreiung der Erdgeschosswohnungen
- Verteilung nach tatsächlicher Nutzungsintensität
Mehrheitserfordernisse
Für die Änderung der Kostenverteilung gelten unterschiedliche Mehrheitsanforderungen:
Bei einer Verteilung auf die gesamte Eigentümergemeinschaft ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich, die mindestens 50% der Miteigentumsanteile repräsentieren muss.
Für alternative Verteilungsmodelle genügt ein einfacher Mehrheitsbeschluss. Die gewählte Verteilung muss dabei dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung entsprechen.
Besondere Regelungen
Die Teilungserklärung kann spezifische Regelungen zur Kostenverteilung enthalten, die vorrangig zu beachten sind. Wenn die Teilungserklärung beispielsweise bestimmte Eigentümer von den Aufzugskosten befreit, kann dies nur durch eine Änderung der Teilungserklärung aufgehoben werden.
Der BGH hat in einem Urteil vom März 2024 den Wohnungseigentümern einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Kostenverteilung eingeräumt. Die gewählte Verteilung muss sich an der tatsächlichen Nutzung orientieren und darf keine Eigentümer unangemessen benachteiligen.
Welche Rolle spielt die Nutzungsdauer eines Aufzugs bei der Entscheidung zur Erneuerung?
Die Nutzungsdauer eines Aufzugs ist ein entscheidender Faktor für die Erneuerungsentscheidung. Nach 25 Betriebsjahren sollte der technische Zustand des Aufzugs grundsätzlich neu beurteilt werden.
Technische Aspekte der Nutzungsdauer
Bei Aufzügen greift das sogenannte „Badewannen-Prinzip“: Direkt nach der Installation und nach Jahrzehnten intensiver Nutzung treten vermehrt Störungen auf. Aufzüge, die älter als 15 Jahre sind, benötigen bereits eine intensivierte Wartung mit sechs Kontrollen pro Jahr.
Wartungsintensität als Indikator
Die erforderliche Wartungsfrequenz steigt mit zunehmendem Alter der Anlage:
- Bei über 40.000 Fahrten monatlich: Monatliche Wartung
- Bei über 6.000 Fahrten monatlich oder Alter über 15 Jahre: Zweimonatliche Wartung
- Bei bis zu 6.000 Fahrten monatlich: Vierteljährliche Wartung
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Wenn die vom Hersteller angegebene Lebensdauer überschritten wird, ist ein Austausch oft wirtschaftlicher als weitere Reparaturen. Unzureichende Wartung und Überschreitung der Komponentenlebensdauer gehören zu den Hauptgründen für eine verkürzte Aufzugslebensdauer.
Die Entscheidung für eine Erneuerung wird durch mehrere Faktoren beeinflusst:
- Steigende Wartungskosten
- Häufigkeit von Störungen
- Verfügbarkeit von Ersatzteilen
- Sicherheitsrelevante Anforderungen
Der Eigentümer bestimmt die Nutzungsdauer auf Basis des aktuellen Stands der Technik und der guten Ingenieurspraxis. Wenn Sie einen älteren Aufzug betreiben, ist eine jährliche Bestimmung der Restnutzungsdauer ab dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme vorgeschrieben.
Wie viele Vergleichsangebote müssen bei einer Aufzugserneuerung eingeholt werden?
Die lange Zeit geltende strikte „Drei-Angebote-Regel“ wurde durch ein wegweisendes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10.02.2023 deutlich flexibler gestaltet.
Grundsätzliche Anforderungen
Ein Beschluss zur Aufzugserneuerung kann auch dann ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, wenn weniger als drei Vergleichsangebote vorliegen. Entscheidend ist der nachweisliche Versuch, mehrere Angebote einzuholen.
Nachweis der Bemühungen
Die Verwaltung muss dokumentieren, dass sie:
- Ausreichend viele Anfragen an potenzielle Anbieter gestellt hat
- Bei fehlenden Rückmeldungen nachgefasst hat
- Die Suche nach Anbietern strukturiert und rechtzeitig durchgeführt hat
Rechtliche Konsequenzen
Wenn trotz nachweislicher Bemühungen nur ein oder zwei Angebote eingehen, kann der Beschluss dennoch rechtmäßig sein. Dies gilt etwa bei:
- Vollen Auftragsbüchern der angefragten Firmen
- Fehlender Reaktion trotz mehrfacher Nachfrage
- Ablehnung der Angebotsabgabe durch kontaktierte Unternehmen
Bei einer Aufzugserneuerung empfiehlt sich die Einbindung eines Fachplaners, der ein neutrales Leistungsverzeichnis erstellt. Dies erhöht die Vergleichbarkeit der eingeholten Angebote und stärkt die Rechtmäßigkeit des Beschlusses.
Welche Rechte haben einzelne Eigentümer bei der Anfechtung eines Beschlusses zur Aufzugserneuerung?
Anfechtungsfrist und -gründe
Wenn Sie als Wohnungseigentümer mit einem Beschluss zur Aufzugserneuerung nicht einverstanden sind, haben Sie das Recht, diesen Beschluss anzufechten. Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung begründet werden . Diese Fristen sind sehr wichtig, da eine Versäumnis dazu führt, dass der Beschluss rechtskräftig wird, selbst wenn er rechtswidrig ist .
Anfechtungsgründe können formelle und materielle Gründe umfassen. Formelle Mängel beinhalten Verfahrensfehler wie Ladungsmängel oder Zählfehler bei der Abstimmung . Materielle Gründe könnten beispielsweise sein, dass der Beschluss gegen das Gesetz, die Teilungserklärung oder die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt .
Erfolgsaussichten einer Anfechtungsklage
Die Erfolgsaussichten einer Anfechtungsklage hängen von verschiedenen Faktoren ab:
- Rechtswidrigkeit des Beschlusses: Wenn der Beschluss gegen das Gesetz oder die Gemeinschaftsordnung verstößt, haben Sie gute Chancen, dass die Klage erfolgreich ist .
- Verfahrensfehler: Wenn bei der Beschlussfassung formelle Fehler gemacht wurden, kann dies ebenfalls zu einer erfolgreichen Anfechtung führen .
- Unzulässige Benachteiligung: Wenn der Beschluss einzelne Eigentümer unzulässig benachteiligt, kann dies ein Anfechtungsgrund sein .
Rechtliche Grundlagen
Die rechtlichen Grundlagen für die Anfechtung von Beschlüssen finden sich im Wohnungseigentumsgesetz (WEG):
- § 44 WEG: Beschlussklagen, die die Anfechtung, Nichtigkeitsfeststellung oder Beschlussersetzung ermöglichen .
- § 45 WEG: Fristen für die Anfechtungsklage .
- § 46 WEG: Anfechtung von Beschlüssen .
Handlungsschritte
- Einreichung der Anfechtungsklage: Innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung muss die Anfechtungsklage beim zuständigen Amtsgericht eingereicht werden .
- Begründung der Klage: Innerhalb von zwei Monaten nach der Beschlussfassung muss die Klage begründet werden .
- Beklagte: Seit der WEG-Reform zum 01.12.2020 ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) die Beklagte, vertreten durch den Verwalter .
Beispiel
Stellen Sie sich vor, Sie sind Eigentümer einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus, und die Eigentümerversammlung hat beschlossen, die Aufzugsanlage zu erneuern. Sie sind jedoch der Meinung, dass die Kostenverteilung ungerecht ist, da nur die Eigentümer der oberen Stockwerke den Aufzug nutzen. In diesem Fall könnten Sie die Anfechtungsklage einreichen, wenn Sie der Ansicht sind, dass der Beschluss gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt oder formelle Fehler bei der Beschlussfassung vorliegen.
Wichtige Hinweise
- Keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Wenn die Anfechtungsfrist versäumt wird, kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfolgen, wenn Sie anwaltlich vertreten sind .
- Nichtigkeitsgründe: Wenn die Anfechtungsfrist versäumt wurde, können nur noch Gründe geprüft werden, die zur Nichtigkeit des Beschlusses führen könnten .
Durch die Beachtung dieser Schritte und der rechtlichen Grundlagen können Sie Ihre Rechte als Eigentümer bei der Anfechtung eines Beschlusses zur Aufzugserneuerung effektiv wahrnehmen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Eigentümergemeinschaft
Eine Gemeinschaft aller Eigentümer einer Wohnungseigentumsanlage, die gemeinsam für die Verwaltung und Instandhaltung des Gebäudes verantwortlich ist. Geregelt im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), trifft sie Entscheidungen über gemeinschaftliches Eigentum durch Mehrheitsbeschlüsse. Beispiel: Die Entscheidung über die Modernisierung der Aufzüge muss von der Eigentümergemeinschaft gemeinsam getroffen werden. Bei Streitigkeiten können einzelne Eigentümer Beschlüsse gerichtlich anfechten.
Sonderumlage
Eine zusätzliche, einmalige Geldzahlung, die Wohnungseigentümer neben den regulären Hausgeldzahlungen leisten müssen. Sie wird gemäß § 28 Abs. 2 WEG beschlossen, um außerordentliche Ausgaben wie größere Reparaturen oder Modernisierungen zu finanzieren. Die Verteilung erfolgt nach Miteigentumsanteilen. Beispiel: Für die Aufzugserneuerung wurde eine Sonderumlage von 36.000 Euro beschlossen, die alle Eigentümer anteilig zahlen müssen.
Ordnungsgemäße Verwaltung
Der rechtliche Maßstab für das Handeln einer Eigentümergemeinschaft nach § 18 WEG. Sie verpflichtet zu wirtschaftlich sinnvollem und rechtmäßigem Handeln zum Wohl der Gemeinschaft. Dazu gehören etwa die Einholung von Vergleichsangeboten bei größeren Aufträgen oder die regelmäßige Instandhaltung. Im Fall der Aufzugserneuerung wurde die fehlende Einholung von Vergleichsangeboten für Ingenieurleistungen als Verstoß gewertet.
Ermessensspielraum
Der rechtliche Handlungsrahmen, innerhalb dessen die Eigentümergemeinschaft Entscheidungen treffen kann. Er ermöglicht flexible, aber sachgerechte Entscheidungen unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände gemäß § 18 WEG. Beispiel: Die Entscheidung zwischen Reparatur oder Kompletterneuerung der Aufzüge liegt im Ermessensspielraum der Eigentümer, solange sie nachvollziehbar begründet ist.
Wirtschaftlichkeitsgebot
Eine rechtliche Verpflichtung der Eigentümergemeinschaft, bei allen Maßnahmen auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu achten. Basierend auf § 18 WEG müssen Entscheidungen wirtschaftlich sinnvoll sein und dürfen die Eigentümer nicht unangemessen belasten. Im Aufzugsfall wurde die Wirtschaftlichkeit durch die Wahl des günstigsten Angebots und die Halbierung der Wartungskosten nachgewiesen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG (Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen):
Das Wohnungseigentumsgesetz erlaubt der Eigentümergemeinschaft, Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung zu beschließen, die notwendig sind, um die Funktionsfähigkeit des gemeinschaftlichen Eigentums sicherzustellen. Diese Maßnahmen dürfen ohne Zustimmung aller Eigentümer beschlossen werden, solange sie dem Erhalt der Anlage dienen und keine übermäßigen finanziellen Belastungen darstellen.
Im vorliegenden Fall wird die Teilerneuerung der Aufzugsanlagen unter TOP 10 c) als Instandsetzungsmaßnahme gewertet. Die gerichtliche Bewertung zeigt, dass die Maßnahme überwiegend der Substanzerhaltung dient und keine bauliche Veränderung darstellt, sodass eine Kosten-Nutzen-Analyse nicht zwingend erforderlich war. - § 21 Abs. 2 WEG (Ordnungsmäßige Verwaltung):
Nach dem Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung müssen Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft den Interessen aller Mitglieder gerecht werden und wirtschaftlich sinnvoll sein. Dies umfasst eine sorgfältige Vorbereitung und ausreichende Informationsbasis vor der Beschlussfassung.
Der Beschluss zu TOP 10 c) wurde insoweit für ungültig erklärt, als begleitende Ingenieurleistungen ohne ausreichende Tatsachengrundlage beschlossen wurden. Dies zeigt, dass ordnungsgemäße Verwaltung eine umfassende und transparente Planung voraussetzt, insbesondere bei finanziell erheblichen Maßnahmen. - § 45 WEG (Materielle Ausschlussfrist):
Eigentümer müssen Anfechtungsklagen innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung einreichen. Innerhalb dieser Frist vorgetragene Gründe können zur Ungültigerklärung eines Beschlusses führen, wenn Verstöße gegen das WEG oder die Gemeinschaftsordnung vorliegen.
Die Klägerinnen brachten fristgerecht vor, dass der Beschluss zu TOP 10 c) unzureichend begründet sei und gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoße. Das Gericht hat daraufhin die Begleitleistungen für unwirksam erklärt, während andere Aspekte der Beschlüsse als rechtmäßig bestätigt wurden. - § 20 WEG (Bauliche Veränderungen):
Bauliche Veränderungen, die über die Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, bedürfen grundsätzlich der Zustimmung aller betroffenen Eigentümer oder eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses.
Die Klägerinnen argumentierten, dass die Teilerneuerung der Aufzugsanlagen eine bauliche Veränderung sei. Das Gericht wies dies zurück, da der Schwerpunkt der Maßnahme auf der Substanzerhaltung liegt und somit eine Instandsetzungsmaßnahme vorliegt, die keiner zusätzlichen Zustimmung bedarf. - § 7 Ziff. 3 GO (Gemeinschaftsordnung):
Die Gemeinschaftsordnung regelt interne Angelegenheiten der Eigentümergemeinschaft, einschließlich Sonderregelungen zur Beschlussfassung. In diesem Fall enthält § 7 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung Regelungen zur Durchführung und Finanzierung von Maßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum.
Das Gericht stützte sich auf diese Bestimmung, um zu bewerten, ob die Beschlüsse zu TOP 10 c), d) und e) ordnungsgemäß gefasst wurden. Es kam zu dem Schluss, dass die Regelungen der Gemeinschaftsordnung eingehalten wurden, soweit die Maßnahmen nicht über das notwendige Maß hinausgingen.
Das vorliegende Urteil
AG München – Az.: 1291 C 15828/23 – Urteil vom 08.07.2024
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