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Barkaution – Rückzahlung bei Verkauf des Hauses

AG Hamburg-Altona, Az.: 316 C 279/18, Urteil vom 12.02.2019

Es wird festgestellt, dass durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 16. Juli 2018 ausgesprochene fristlose und hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietvertrages für die Wohnung in der E.-Straße 14, Erdgeschoss Mitte, 22605 Hamburg, das Mietverhältnis nicht beendet wurde.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 12.09.2018 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 73 % und die Klägerin 27 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede der Parteien darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf € 1.800,- festgesetzt.

Tatbestand

Barkaution – Rückzahlung bei Verkauf des Hauses
Symbolfoto: Von Freedomz /Shutterstock.com

Die Parteien streiten über Beendigung eines Mietvertrags über Wohnraum durch eine von der Beklagten vermieterseitig ausgesprochenen Kündigung.

Die Klägerin hatte von R. N. ab dem 01.05.2016 eine Wohnung in der E.-Straße 14, 22605 Hamburg, angemietet. Als monatliche Bruttomiete waren 1.450,- EUR (1.200,- EUR nettokalt) vereinbart. Als Mietsicherheit waren EUR 3.600,- vereinbart, die die Klägerin leistete.

Die Beklagte erwarb die Wohnung und wurde am 13.04.2018 als Eigentümerin der Wohnung im Grundbuch eingetragen.

Herr N. erstattete die an ihn geleistete Mietsicherheit zurück an die Klägerin. In einer begleitenden E-Mail an den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 07.02.2018 teilte er mit, dass die Beklagte neue Eigentümerin sei und bat, dies der Klägerin mitzuteilen. Weiter hieß es: „Ich benötige von Frau M. eine Kontonummer, auf welche ich die Mietkaution überweisen kann“.

Mit Schreiben vom 29.03.2018 ersuchte die von der Beklagten beauftragte Wohnungsverwaltung die Klägerin um erneute Bestellung der Mietsicherheit.

Mit Anwaltsschreiben vom 24.05.2018 wurde der Klägerin wegen Eigenbedarfs zum 31.08.2018 gekündigt. Inzwischen ist diesbezüglich eine Räumungsklage zum Aktenzeichen 314 a 122/17 anhängig.

Mit Anwaltsschreiben vom 16.07.2018 (Anlage K3, Bl. 22ff d.A.) wurde der Klägerin zudem fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt mit der Begründung, die vertraglich geschuldete Mietsicherheit nicht erbracht zu haben. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin forderte die Beklagte wiederholt auf, auf die Rechte aus der Kündigung wegen Nichtbestellung der Mietsicherheit zu verzichten, worauf die Beklagte nicht reagierte.

Die Klägerin hatte ursprünglich außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit geltend gemacht, die Klage insofern aber vor der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

1.

festzustellen, dass durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 16. Juli 2018 ausgesprochene fristlose und hilfsweise fristgemäße Kündigung des Mietvertrages für die Wohnung in der E.-Straße 14, Erdgeschoss Mitte, 22605 Hamburg, das Mietverhältnis nicht beendet wurde,

2.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie meint, die Klage sei bereits unzulässig. Außerdem sei die Kündigung wegen fehlender Kautionszahlung wirksam. Denn die Klägerin habe keine taugliche Sicherheit gestellt, obwohl sie jedenfalls nach Treu und Glauben dazu verpflichtet gewesen wäre.

Ergänzend wird für das Vorbringen der Parteien auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Das Mietverhältnis wurde nicht durch die von der Beklagten mit Schreiben vom 16. Juli 2018 ausgesprochene fristlose und hilfsweise fristgemäße Kündigung wegen Nichtbestellung der Mietsicherheit beendet, da die Kündigung mangels Kündigungsgrundes unwirksam war.

I.

Die Klage ist zulässig. Der (Fort-)Bestand eines Mietverhältnisses infolge einer unwirksamen Kündigung kann zum Gegenstand der begehrten Feststellung gemacht werden (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 12. 9. 2012 – 3 U 100/09). Trotz der zu dem Aktenzeichen 314 a 122/17 anhängigen Räumungsklage hinsichtlich der Wohnung besteht ein Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, da Folgeansprüche hinsichtlich der Kündigung und der Kaution denkbar wären (vgl. KG Berlin, Urteil vom 29. Juli 2013 – 8 U 257/12 –, juris Rn. 36).

II.

Die Klage ist auch begründet.

Das Mietverhältnis wurde nicht durch die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung wegen Nichtbestellung der Mietsicherheit beendet, da die Kündigung unwirksam ist. Die Kündigung vom 16.07.2018, die gem. §§ 543 Abs. 1, 549 Abs. 2a S. 1 BGB auf die Nichtbestellung der Mietsicherheit gestützt wird, ist unwirksam, weil zum Zeitpunkt der Kündigung schon keine Pflicht der Klägerin zur Zahlung der Kaution mehr bestand und eine fehlende Kautionszahlung somit keinen Kündigungsgrund darstellen konnte.

1.

Die Beklagte trat gem. § 566 Abs. 1 BGB in das Mietverhältnis des Veräußerers ein. Für den Inhalt des Mietverhältnisses, in das die Beklagte eintrat, ist der 13.04.2018 der maßgebliche Zeitpunkt. Gem. § 566 Abs. 1 BGB gehen der Mietvertrag und mit ihm die vertraglichen Rechte und Pflichten, so auch ein etwaiger Anspruch auf Zahlung einer Kaution, erst mit Veräußerung, also dem Eigentumswechsel, auf den Erwerber über. Vollendet ist die Veräußerung erst mit Eintragung des Erwerbers im Grundbuch (vgl. Emmerich in: Staudinger, Neubearb. 2018, Rn 26 zu § 566 BGB). Die Eintragung der Beklagten als Erwerberin im Grundbuch erfolgte am 13.04.2018. Dass der Kaufvertrag zwischen dem Voreigentümer Neuberger und der Beklagten schon deutlich früher geschlossen wurde, ist für den in § 566 Abs. 1 BGB normierten Eintritt der Beklagten als Erwerberin in das Mietverhältnis ohne Bedeutung.

2.

Als die Beklagte am 13.04.2018 in das Mietverhältnis eintrat, bestand für die Klägerin keine Pflicht mehr zur Leistung einer Kaution an ihren jeweiligen Vermieter.

a.)

Ursprünglich war die Klägerin zwar gem. § 12.1 des Mietvertrags zur Leistung einer Mietsicherheit von 3.600,- EUR verpflichtet. Indem der veräußernde Vermieter, R. N., die an ihn geleistete Kaution jedoch vor Veräußerung zurück zahlte, und die Klägerin dies annahm, wurde durch die Rückzahlung der Kaution die bestehende Kautionsabrede zwischen der Klägerin und dem veräußernden Vermieter konkludent aufgehoben (vgl. LG Mannheim, Urteil vom 13. April 2011 – 4 S 99/10 –, juris), und zwar im Wege eines Verzichts auf die Rechte aus der Kaution.

Die erforderliche Erklärungshandlung zur Aufhebung der Kautionsabrede seitens des Vermieters, die die Klägerin stillschweigend annahm, erfolgte dabei nicht ausdrücklich, aber konkludent. Zwar ist ein Verzicht nicht zu vermuten und im Zweifel eng auszulegen (OLG Hamm, Urteil vom 08. Juni 1998 – 22 U 176/97 –, juris Rn 33). Auch unter Anlegung dieser Maßstäbe konnte das Verhalten des ehemaligen Vermieters jedoch nicht anders zu verstehen sein als dahin, dass er künftig keine Ansprüche aus der Kaution mehr geltend machen wolle. Das ist das Wesen eines Verzichtes.

Auch nach dem Vortrag der Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 17.01.2019 ging der Rückzahlung keine Vereinbarung voraus, wonach die Klägerin die Kaution an den Erwerber weiterzuleiten habe. Vielmehr fand die Erstattung aus Sicht der Klägerin zunächst ohne ersichtlichen Grund statt – abgesehen davon, dass Anlass das bevorstehende Ende der vertraglichen Bindung zu Herrn N. war.

Gedanken über die Frage, ob eine Veräußerung stattgefunden hat und ob ein etwaiger Erwerber über eine Kaution verfügen sollte, musste sich die Klägerin nicht machen (vgl. LG Mannheim, Urteil vom 13. April 2011 – 4 S 99/10 –, juris). Vielmehr erweckte die Rückzahlung auf sie den Eindruck, dass vermieterseitig keine Kaution mehr nötig sei, womit ein konkludentes Angebot auf Aufhebung der Kautionsabrede verbunden war, das sie annahm, indem sie – wie aus der E-Mail vom 07.02.2018 hervorgeht – auf Aufforderung des Herrn N. eine Kontonummer benannte, auf die der Betrag überwiesen werden konnte.

b.)

Die konkludente Vereinbarung modifizierte den Inhalt des Mietverhältnisses, bevor die Beklagte am 13.04.2018 in das Mietverhältnis eintrat. Zwar tragen weder Klägerin noch Beklagte ein konkretes Datum der Rückzahlung der Kaution vor. Allerdings hat die Beklagte bereits mit Schreiben vom 29.03.2018 um erneute um erneute Bestellung der Mietsicherheit ersucht, weshalb die Rückzahlung vor diesem Datum und somit erst recht vor der Grundbucheintragung am 13.04.2018 erfolgt sein muss, also zu einem Zeitpunkt, zu dem R. N. als Vermieter das Mietverhältnis noch beeinflussen konnte.

c.)

An diesem Ergebnis ändert auch der Inhalt des Kaufvertrags zwischen R. N. und der Beklagten nichts. Dieser enthielt eine Klausel, wonach der Verkäufer ab sofort keine Erklärungen abgeben werde, die den Inhalt des Mietverhältnisses verändern. Das mag als Verbot für den Veräußerer anzusehen sein, die Kautionsabrede aufzuheben. Selbst dann würde ein solches Verbot allerdings aufgrund der Relativität von Schuldverhältnissen nur zwischen den Vertragsparteien, hier also zwischen Veräußerer und Erwerber, Wirkung entfalten, nicht jedoch im Verhältnis zum Mieter. Die Verbotsvereinbarung hat keine absolute Wirkung, kann also nicht unmittelbar auf das Verhältnis der Klägerin zum Veräußerer Einfluss nehmen, sondern gilt nur zwischen den Parteien der Verbotsvereinbarung.

d.)

Auch ein gesetzlicher Anspruch der Beklagten auf Kautionszahlung nach § 566a S. 1 BGB besteht nicht. Nach § 566a S. 1 BGB tritt der Erwerber nach der Veräußerung von vermietetem Wohnraum zwar in die Rechte und Pflichten ein, die dadurch begründet wurden, dass der Mieter dem (bisherigen) Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit geleistet hat. Eine solche Situation lag hier aber gerade nicht mehr vor, weil die Kaution schon vor Veräußerung, also vor dem 13.04.2018 zurückgegeben worden war. Die Klägerin als Mieterin des veräußerten Wohnraums hatte somit keine Sicherheit mehr geleistet, sodass es keine dadurch begründeten Rechte und Pflichten mehr gab, in die die Beklagte als Erwerberin gem. § 566a S. 1 BGB eintreten hätte können.

e.)

Schließlich ist die Klägerin auch nicht nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen, der Beklagten erneut eine Kaution zu stellen. Anders als in dem der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 2011 – VIII ZR 206/10 – zugrunde liegenden Fall erfolgte die Rückgabe der Kaution durch den Voreigentümer nicht, nachdem der Klägerin mitgeteilt worden war, dass die Beklagte die Kaution für sich beanspruchte; sie war auch vor Abgabe der Verzichtserklärung nicht aufgefordert worden, der Übertragung auf die Beklagte zuzustimmen (vgl. dort Rn 19 bei juris).

III.

Die Klägerin hat gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Dabei ist wegen der Besonderheit, dass es hinsichtlich des Feststellungsinteresses nur auf den Zeitraum bis zum Eintritt der (möglichen) Wirkung der Eigenbedarfskündigung ankommt, ein Gebührenstreitwert einer 1,5fachen Monatsmiete zugrunde zu legen, was 1.800,- EUR entspricht. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten betragen bei einer 1,3-Gebühr zuzüglich Nebenkostenpauschale und Mehrwertsteuer 255,85 EUR.

Der diesbezügliche Zinsanspruch ab Rechtshängigkeit folgt aus §§ 291, 288 BGB.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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