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Bauseitig verursachte Schimmelerscheinungen – Keine Mängelbeseitigungsverweigerung

Ein komplexer Fall von Mietrecht und Eigentumsübertragung

Ein komplizierter Mietrechtsfall ist vor dem LG Hamburg mit dem Aktenzeichen 307 S 60/15 zur Verhandlung gekommen. Das Urteil vom 28.06.2018 befasst sich mit einer strittigen Situation zwischen Mietern und Vermieter bezüglich einer Wohnung in Hamburg und der damit verbundenen finanziellen Forderungen. Der Hauptkonflikt besteht in der Frage, wer in diesem Fall das Recht auf seiner Seite hat und ob die Beklagte die Wohnung räumen und an den Kläger herausgeben muss.

Direkt zum Urteil Az: 307 S 60/15 springen.

Der Fall im Detail

Die Beklagte mietete am 7. Februar 1985 eine Wohnung mit 2 1/2 Zimmern, Küche, Flur, Duschbad, WC und Keller in Hamburg von Herrn H. S. Irgendwann in der Folge erwarb der Kläger zu 2.) das Eigentum an der betroffenen Mietwohnung und trat als Vermieter in das Mietverhältnis ein. Der vereinbarte Nettokaltmiete betrug zu diesem Zeitpunkt EUR 590,54 zusätzlich zu monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von EUR 32,00 und Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von EUR 92,00.

Streit um Mängel der Mietsache

Die Problematik begann, als die Beklagtenseite durch einen Anwalt im Oktober 2010 verschiedene Mängel der Mietsache geltend machte. Es wurde ein Schreiben verfasst, in dem diese Mängel explizit angeführt wurden.

Das Urteil und seine Konsequenzen

Im Urteil wurde die Beklagte dazu verurteilt, an den Kläger zu 2.) EUR 12.145,72 zuzahlen, inklusive Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 3. September 2012. Zudem wurde die Beklagte angewiesen, die betroffene Wohnung zu räumen und an den Kläger zu 2.) herauszugeben.

Die Kostenentscheidung wurde ebenfalls im Urteil geregelt. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2.) wurden zu 4/5 von der Beklagten und zu 1/5 vom Kläger selbst getragen. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Beklagten übernahm die Klägerin zu 1.) 10/25, der Kläger zu 2.) 3/25 und der Beklagte 12/25. Die Kosten des Berufungsverfahrens wurden vom Kläger zu 2.) zu 17 % und von der Beklagten zu 83 % getragen.

Eine weitere Räumungsfrist wurde der Beklagten nicht gewährt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abgewendet werden kann, sofern der Kläger zu 2.) vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Berufung der Beklagten

Nachdem das erstinstanzliche Urteil gefällt wurde, legte die Beklagte Berufung ein. Sie widersetzte sich der Verpflichtung zur Zahlung von EUR 16.213,79 an den Kläger zu 2.) und der Herausgabe der Wohnung an denselben.

Die Rolle des Mietvertrages

Der Mietvertrag, der am 7. Februar 1985 zwischen der Beklagten und dem ursprünglichen Vermieter geschlossen wurde, spielte eine wichtige Rolle in diesem Fall. Dieser regelte die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien und war somit ein Schlüsselelement bei der Beurteilung der Sachlage durch das Gericht.

Die Entscheidung des Gerichts

Letztlich entschied das Gericht, dass die Beklagte verpflichtet ist, die besagte Summe an den Kläger zu zahlen und die Wohnung zu räumen und herauszugeben. Zudem wurde die Verteilung der Kosten des Verfahrens festgelegt, wobei der größte Teil von der Beklagten getragen werden muss.

Es ist wichtig zu beachten, dass dieses Urteil vorläufig vollstreckbar ist, was bedeutet, dass es sofort wirksam ist, solange die Sicherheitsleistung in der festgelegten Höhe geleistet wird. Eine weitere Räumungsfrist wurde der Beklagten nicht gewährt, was die Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Situation unterstreicht.

Dieser Fall dient als Beispiel für die Komplexität von Mietrechtsstreitigkeiten, in denen sowohl finanzielle Aspekte als auch Fragen des Besitzrechts eine Rolle spielen. Die Entscheidung des Gerichts zeigt, wie wichtig es ist, sich seiner Rechte und Pflichten als Mieter und Vermieter bewusst zu sein.


Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 307 S 60/15 – Urteil vom 28.06.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2.) EUR 12.145,72 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 03.09.2012 (mittlerer Zinstermin). Im Übrigen wird der Klagantrag zu 1. abgewiesen.

2. Der Klagantrag zu 2. wird abgewiesen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr innegehaltene Wohnung im Hause A. E. …, … H., 2. OG links, bestehend aus 2 1/2 Zimmern, Küche, Flur, Duschbad/WC, einem halben Kellerraum nebst Balkon zu räumen und geräumt an den Kläger zu 2.) herauszugeben.

II. Die Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils wird wie folgt abgeändert:

Die Klägerin zu 1) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) tragen der Kläger zu 2) 1/5 und die Beklagte 4/5.

Von den Gerichtskosten sowie den außergerichtlichen Kosten des Beklagten tragen die Klägerin zu 1) 10/25, der Kläger zu 2) 3/25 und der Beklagte 12/25.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 2) 17 % und die Beklagte 83 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Hinsichtlich der Räumung kann die vorläufige Vollstreckung abgewendet werden durch Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 10.000,00, wenn der Kläger zu 2) vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in selber Höhe leistet. Im Übrigen kann die Vollstreckung abgewendet werden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages, wenn der Kläger zu 2) vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Eine weitergehende Räumungsfrist wird der Beklagten nicht gewährt.

Beschluss: Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf EUR 21.300,27.

Tatbestand:

I.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen die erstinstanzliche Verurteilung zur Zahlung von EUR 16.213,79 an den Kläger zu 2) sowie die geräumte Herausgabe der Wohnung, belegen A. E. …, … H., ebenfalls an den Kläger zu 2).

Bauseitig verursachte Schimmelerscheinungen - Keine Mängelbeseitigungsverweigerung
(Symbolfoto: Jovica Varga/Shutterstock.com)

Mit Mietvertrag vom 7. Februar 1985 mietete die Beklagte von Herrn H. S. eine Wohnung, bestehend aus 2 1/2 Zimmern, Küche, Flur, Duschbad, WC und Keller mit einer Wohnfläche von ca. 66 qm, belegen A. E. … in … H. an. Für die näheren Einzelheiten dieses Mietvertrages wird ergänzend Bezug genommen auf die Anlage K 1 (Bl. 6 ff. d.A.). Zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt erwarb der Kläger zu 2) das Eigentum von dem ursprünglichen Vermieter an der streitgegenständlichen Mietwohnung und trat auf Vermieterseite in das Mietverhältnis ein. Zum streitgegenständlichen Zeitpunkt betrug die vereinbarte Nettokaltmiete EUR 590,54 zuzüglich Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von EUR 32,00 monatlich sowie Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von EUR 92,00 (vgl. hierzu auch anwaltliches Schreiben vom 7. Oktober 2010, Anl. B 1, Blatt 29 f der Akte).

Mit anwaltlichem Schreiben vom 7. Oktober 2010 (Anl. B 1, Bl. 29 f. d.A.) machte die Beklagtenseite gegenüber den Klägern verschiedene Mängel der Mietsache geltend, unter anderem Feuchtigkeit im Wandbereich oberhalb des Fensters im Büro, welche bereits zu einer Schimmelbildung im linken Wandschrank geführt habe, und forderte die Vermieterseite bis 31. Oktober 2010 zur Mängelbeseitigung auf. Diese Beseitigungsaufforderung wiederholte die Beklagtenseite dann noch einmal mit anwaltlichem Schreiben vom 31. März 2011 (Anl. K 2, Bl. 12 d.A.).

Beginnend mit April 2011 zahlte die Beklagte sodann jeweils EUR 428,72 pro Monat weniger auf die vertraglich vereinbarte Miete und begründete dies zum einen mit einer Mietminderung um 15 % sowie der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes in Höhe des dreifachen Minderungsbetrages. Für den hier streitgegenständlichen Zeitraum April 2011 bis März 2014 ergibt dies insgesamt einen Betrag in Höhe von EUR 15.433,92.

Mit zwei Schreiben jeweils vom 14. März 2014 (Anl. K 3 und K 4, Bl. 13 ff. und Bl. 17 ff. d.A.) rechnete die Klägerseite gegenüber der Beklagten über die Nebenkosten für den Abrechnungszeitraum 2011/2012 sowie 2012/2013 ab.

Die erstgenannte Betriebskostenabrechnung endete mit einem Saldo zu Lasten der Beklagten in Höhe von 108,95 EUR, die zweitgenannte Betriebskostenabrechnung mit einem Saldo zu Lasten der Beklagten in Höhe von 670,92 EUR.

Mit Schreiben vom 11. März 2015 (Anl. K 5, Bl. 113 d.A.) erklärten die anwaltlichen Vertreter der Klägerseite gegenüber der Beklagten die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses unter Bezugnahme auf einen bis einschließlich März 2015 aufgelaufenen Mietrückstand in Höhe von EUR 20.578,56 (entspricht monatlich EUR 428,72 für den Zeitraum April 2011 bis März 2015).

Mit Schriftsatz vom 19. März 2015 (Bl. 111 d.A.) ist die Klage hinsichtlich der Klägerin zu 1) zurückgenommen worden und zugleich die Klage des Klägers zu 2) dahingehend erweitert worden, dass die Beklagte nicht nur auf Zahlung, sondern auch auf Räumung in Anspruch genommen werden soll.

In dem erstinstanzlichen Verfahren hat die Klägerseite zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) EUR 16.213,79 zu zahlen nebst einer Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. ab dem 03.09.2012;

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu 2) Rechtsverfolgungskosten in Höhe von EUR 899,40 nebst einer Verzinsung in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. ab Rechtshängigkeit der Klage zu bezahlen;

3. die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung im Hause A. E. … in H.- B., 2. OG links, bestehend aus 2 1/2 Zimmern, Küche, Flur, Duschbad, WC, einem halben Kellerraum nebst Balkon zu räumen und geräumt an den Kläger zu 2) herauszugeben.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die streitgegenständliche Wohnung weise Mängel, die eine Mietminderung in Höhe von 15% ergeben würden. Zudem stünde der Beklagten das Recht zu, bis zur Durchführung der Mängelbeseitigung monatlich einen Betrag in Höhe des dreifachen Minderungsbetrags zurückzubehalten.

Das Amtsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. E. J. V.. Für die Einzelheiten dieses Gutachtens vom 9. Februar 2015 wird ergänzend Bezug genommen auf Bl. 100 ff. d.A..

Das Amtsgericht hat die Beklagte unter Zurückweisung der Klage im Übrigen wie folgt verurteilt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger (zu 2)) 16.213,79 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 03.09.2012 (mittlerer Zinstermin) zu bezahlen.

2. Der Klagantrag zu 2. wird abgewiesen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr innegehaltene Wohnung im Hause A. E. …, … H., 2. OG links, bestehend aus 2 1/2 Zimmern, Küche, Flur, Duschbad/WC, einem halben Kellerraum nebst Balkon zu räumen und geräumt an den Kläger (zu 2)) herauszugeben.

Ferner hat das Amtsgericht der Beklagten eine Räumungsfrist bis 31. März 2016 eingeräumt unter der Bedingung, dass beginnend ab Juni 2015, spätestens bis zum 15. eines Monats im Voraus auf die Nutzungsentschädigung EUR 715,00 an den Kläger (zu 2)) gezahlt werden.

Gegen dieses Urteil ist die Beklagte mit ihrer mit Schriftsatz vom 29. Juni 2015 eingelegten sowie mit Schriftsatz vom 26. August 2015 begründeten Berufung in Berufung gegangen.

Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, das Amtsgericht sei rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Wohnung in dem Zeitraum April 2011 bis März 2014 mängelfrei gewesen sei. Richtigerweise sei davon auszugehen, dass Mängel der Wohnung bestünden, die die Beklagte zu einer Minderung der Miete um 15 % berechtigt hätten. Auch die mit Schreiben vom 11. März 2015 (Anl. K 5, Bl. 113 d.A.) erklärte Kündigung sei nicht wirksam. Es habe zum Zeitpunkt der Kündigung kein Zahlungsrückstand der Beklagten bestanden. Aufgrund der Mietmängel hätte ihr ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe der nicht gezahlten Miete zugestanden.

Die Beklagte beantragt in dem Berufungsverfahren, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 27. Mai 2015 (Geschäftszeichen: 531 C 70/14) – der Beklagten zugestellt am 29.05.2015 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerseite beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Klägerseite trägt vor, das Amtsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Wohnung mängelfrei sei und habe aus diesem Grund sowohl dem Zahlungsanspruch als auch der Räumungsklage in rechtsfehlerfreier Weise stattgegeben.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens, erstellt durch den Sachverständigen Dipl.-Ing. P.-A. K.. Für die Einzelheiten dieses Gutachtens vom 14. März 2017 wird ergänzend Bezug genommen auf Bl. 325 ff. d.A.

Ferner hat das Berufungsgericht Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin M. R. J.. Für das Ergebnis dieser Beweisaufnahme wird ergänzend Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 1. Juni 2018, Bl. 435 ff. d.A.

Im Laufe des Berufungsverfahrens hat die Klägerseite die streitgegenständliche Mietwohnung auf Grundlage des für vorläufig vollstreckbar erklärten erstinstanzlichen Urteils räumen lassen.

Für den weiteren Sach- und Streitstand wird ergänzend Bezug genommen auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst der dazugehörigen Anlagen.

Entscheidungsgründe:

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, und hat in dem tenorierten Umfang Erfolg.

Das erstinstanzliche Urteil ist abzuändern, soweit die Beklagte hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung für 2011/2012 zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 108,95 EUR verurteilt worden ist (hierzu unter 1.) sowie hinsichtlich der nicht zuerkannten Mietminderung in Höhe von 15 % für den streitgegenständlichen Zeitraum April 2011 bis März 2014, das heißt in Höhe von EUR 3.959,12 (hierzu unter 2.).

Ein weitergehender Erfolg bleibt der Berufung der Beklagten demgegenüber trotz des für sie positiv ausgefallenen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. versagt, denn auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Zurückbehaltungsrechtes bestand zum Zeitpunkt der Kündigung mit Schreiben vom 11. März 2015 ein kündigungsrelevanter Zahlungsrückstand, so dass das Mietverhältnis durch diese Kündigung beendet worden ist (hierzu unter 3.). Mit Beendigung des Mietverhältnisses entfallen auch alle sonstigen bis zu diesem Zeitpunkt etwaig bestehenden Zurückbehaltungsrechte (hierzu unter 4.). Einwendungen gegen die Betriebskostennachzahlung für den Abrechnungszeitraum 2012/2013 in Höhe von EUR 670,92 werden mit der Berufungsbegründung nicht erhoben.

Im Einzelnen:

1. Entgegen der erstinstanzlichen Verurteilung hat der Kläger zu 2) gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ausgleich eines Betriebskostensaldos in Höhe von 108,95 EUR aus der Betriebskostenabrechnung für 2011/2012. Diese Betriebskostenabrechnung wurde erst mit Schreiben vom 14. März 2014 (Anl. K 3, Bl. 13 d.A.) und mithin außerhalb der Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 BGB erteilt. Gemäß § 556 Abs. 3 BGB ist die Klägerseite daher mit diesem Nachforderungsanspruch ausgeschlossen.

2. Ferner hat die Berufung der Beklagten Erfolg, soweit sie sich wendet gegen eine Verurteilung zur Zahlung von EUR 3.959,12. Entgegen der seitens des Amtsgerichts vertretenen Rechtsauffassung war die Beklagte berechtigt, die Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum, das heißt die Monate April 2011 bis März 2014, um jeweils 15 % zu mindern wegen der Schimmel- und Feuchtigkeitserscheinungen in dem Arbeitszimmer. Das in dem Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. K. kommt frei von Widersprüchen und in einer für das Gericht überzeugenden Weise zu dem Ergebnis, dass die in dem Arbeitszimmer, insbesondere in der dortigen Abseite, auftretenden Feuchtigkeits- und Schimmelerscheinungen bauseitige Ursachen haben und mithin der Vermieterseite zuzurechnen sind (vgl. hierzu insbesondere Bl. 348 und 350 f. d.A.).

Ausgehend von einem Minderungsbetrag in Höhe von 15 % der vereinbarten Bruttomiete in Höhe von EUR 714,54, das heißt 107,18 EUR pro Monat für 36 Monaten, zuzüglich 15 % des verbleibenden Nebenkostensaldos aus 2012/2013 in Höhe von 670,92 EUR, mithin 100,64 EUR, ergibt dies insgesamt einen der Beklagtenseite zustehenden Minderungsbetrag in Höhe von EUR 3.959,12.

Der Vortrag der Klägerseite, die Beklagte sei mit etwaigen Minderungsansprüchen ausgeschlossen, da sie eine angemessene Mängelbeseitigung vereitelt habe, hat sich in der in dem Berufungsverfahren durch Vernehmung der Zeugin J. durchgeführten Beweisaufnahme nicht bestätigt. Zwar hat die Zeugin J. ausgesagt, dass ein von der Hausverwaltung der Klägerseite beauftragter Maler mehrfach vergeblich versucht habe, Zugang zu den Mieträumlichkeiten zu erlangen und dies stets an der fehlenden Kooperation der Beklagten gescheitert sei. Auch wenn der Maler in die Wohnung gelassen worden wäre, hätte dies im vorliegenden Fall indessen nicht zu einer Beseitigung der Mängel geführt. Die Zeugin J. hat weiter ausgesagt, der seitens der Wohnungsverwaltung beauftragte Architekt K. sei davon ausgegangen, dass die Ursache für die Schimmelerscheinungen beseitigt werden könne durch die Anbringung von Silikatplatten in der Abseite, verbunden mit dem Einbau einer Lüftung in der Abseitentür. Demgegenüber hat der Sachverständige K. in seinem Gutachten vom 14. März 2017 tiefgreifendere Ursachen für die Schimmelerscheinungen erkannt, nämlich „lokale bzw. abschnittsweise Durchfeuchtungen infolge von Fugenmängeln der Verblendung“ (vgl. Seite 19 des Gutachtens, Bl. 343 d.A.). Da der vermieterseits beauftragte Architekt diese Ursache nicht erkannt hat, hätten hier, auch bei Kooperation der Beklagten, im konkreten Fall also auch keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden können.

3. Ohne Erfolg bleibt die Berufung der Beklagten, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Räumung wendet. Auch unter Zuerkennung einer 15 %igen Minderung, wie unter Ziffer 2. dieses Urteils im Einzelnen ausgeführt, bestand zum Zeitpunkt der Kündigung mit Schreiben vom 11. März 2015 (Anl. K 5, Bl. 113 d.A.) ein Zahlungsrückstand, der die Klägerseite gemäß § 543 Abs. 2 BGB zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigte. Zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden Mietrückstände der Beklagten von ca. 20.000,00 EUR. Abzüglich der Zuerkennung einer Minderung von monatlich 15 % sowie einem Zurückbehaltungsrecht von fünf Monatsmieten verbleibt immer noch ein Betrag, der den Betrag von zwei Monatsmieten deutlich übersteigt. Entgegen der beklagtenseits mit der Berufungsbegründung vertretenen Rechtsauffassung ist im vorliegenden Fall unter Zugrundelegung der von dem Bundesgerichtshof mit Versäumnisurteil vom 17.06.2015 – VIII ZR 19/14 aufgeführten Rechtsgrundsätze ein Zurückbehalt von mehr als fünf Monatsmieten nicht gerechtfertigt. Insbesondere bei Mängeln, die – wie vorliegend – die Gebrauchstauglichkeit nur in beschränktem Umfang mindern, ist das Leistungsverweigerungsrecht schonend auszuüben und unterliegt einer sowohl zeitlichen als auch betragsmäßigen Begrenzung (BGH, aaO, Rdnr. 65 und 68).

4. Mit Beendigung des Mietverhältnisses – vgl. hierzu unter 3. – entfallen auch alle etwaigen Zurückbehaltungsrechte der Beklagtenseite (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 17.06.2015 – VIII ZR 19/14, Rdnr. 61), so dass der verbleibende Restbetrag aus den zurückgehaltenen Mieten abzüglich des zuzusprechenden Minderungsbetrages von EUR 3.959,12, mithin EUR 11.575,44 zu zahlen ist.

Gleiches gilt für den Anspruch der Klägerseite auf Ausgleich des Betriebskostensaldos in Höhe von EUR 670,92 aus der Betriebskostenabrechnung 2012/2013; Einwendungen gegen diesen erstinstanzlich zuerkannten Betriebskostensaldo werden mit der Berufungsbegründung nicht erhoben.

Hieraus ergibt sich insgesamt ein Zahlungsanspruch des Klägers zu 2) gegen die Beklagte in der tenorierten Höhe von EUR 12.145,72.

Eine weitergehende Räumungsfrist war der Beklagten nicht zu gewähren. Es sind im vorliegenden Fall keinerlei Gründe ersichtlich, die eine derartige Räumungsfrist rechtfertigen würden.

Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren ergibt sich aus § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils führt auch zu einer Abänderung der dortigen Kostenentscheidung unter Anwendung der Vorschriften der §§ 92, 100, 269 Abs. 3 ZPO.

 

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