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Beendigung des Mietverhältnisses durch fristgerechten Zugang der Kündigungserklärung

LG Düsseldorf – Az.: 1 O 332/10 – Urteil vom 08.09.2011

Der Beklagte zu 1 wird verurteilt, die im Erdgeschoss (nebst Galerie) und Untergeschoss des Hauses G-Straße in X gelegenen Räumlichkeiten bestehend aus

– Eingangsbereich mit Empfangsraum und Bar

– Saal mit 3 Galerien

– Garderobe mit zwei Fluren

– Treppe, Keller, Flur und Toilettenbereich bestehend aus einem Herren-WC und einem Damen-WC, jeweils mit Vorraum

zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten tragen der Kläger zu ¾ und der Beklagte zu 1 zu ¼. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2, 3 und 4 werden dem Kläger auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte zu 1 zu ¼. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist hinsichtlich der Hauptsache (Räumung) vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1 darf die Vollstreckung hinsichtlich der Hauptsache (Räumung) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 170.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Kosten ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Räumung und Herausgabe eines Gewerbeobjektes.

Das in der G-Straße in X gelegenen Gewerbeobjekt hatte ursprünglich im Eigentum des Herrn Q2 gestanden. Dieser hatte die Räumlichkeiten mit Mietvertrag vom 13.04.2000 (Anlage K 1, Anlagenband) an die G & Q GbR, die Beklagte zu 4, bestehend aus den Beklagten zu 1 bis 3, vermietet. § 2 dieses Mietvertrages lautet wie folgt:

„§ 2 Mietzeit/Kündigung/Verlängerung

(1) Das Mietverhältnis beginnt am 01.09.2000, Der Mietvertrag wird zunächst auf die Dauer von fünf Jahren geschlossen und endet somit am 31.08.2005

Der Mietvertrag verlängert sich jeweils um 5 Jahre, falls er nicht mit einer Frist von 9 Monaten vor Ablauf des Mietverhältnisses gekündigt wird. Den Mietern wird ein zweimaliges Optionsrecht für jeweils 5 Jahre zur Verlängerung des Mietverhältnisses gewährt. Die Ankündigung der Verlängerung muß 9 Monate vor Auslauf des Mietverhältnisses erfolgen.

(2) Die Kündigung oder Verlängerung muß schriftlich und per Einschreiben Brief bis zum 3. Werktag des ersten Monats der Kündigungs- bzw. Verlängerungsfrist erfolgen. Für die Rechtzeitigkeit der Kündigung bzw. Verlängerung kommt es nicht auf die Absendung, sondern auf den Zugang des Kündigungs- bzw. Verlängerungsschreibens an. Eine Kündigung vor Beginn des Mietverhältnisses ist ausgeschlossen.“

Wegen der weiteren Einzelheiten der mietvertraglichen Regelungen wird auf den Mietvertrag Bezug genommen.

Bei dem Mietobjekt handelt es sich um das ehemalige S-Kino, das umfangreich zu einer Diskothek umgebaut wurde, die unter dem Namen „S“ zunächst von der Beklagten zu 4 geführt wurde. In der Folgezeit wurde die Ehefrau des Herrn Q2, Frau Q3, als dessen Erbin Eigentümerin des Objektes und trat in den Mietvertrag vom 13.04.2000 ein. Rund neun Monate vor dem Auslaufen der Grundmietzeit zum 31.08.2005 verhandelten die Beklagten und Frau Q2 über die Fortsetzung des Mietverhältnisses. Gegenstand der Verhandlungen waren die Fragen eines Ausscheidens der Beklagten zu 2 und 3 aus dem Mietverhältnis und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses durch den Beklagten zu 1 zu geänderten Konditionen bzw. ein Erwerb des Objektes durch den Beklagten zu 1. Frau Q2 verlängerte die Frist zur Ausübung des Optionsrechts nach § 2 des Mietvertrages vor dem Hintergrund der Vertragsverhandlungen durch mehrfache Schreiben letztlich bis zum 25.01.2005. Die Verhandlungen über eine Änderungen des Mietvertrages und einen Erwerb des Objektes scheiterten.

Frau Q2 verkaufte das Objekt mit notariellem Kaufvertrag vom 23.10.2006 (Anlage K 2, Anlagenband) an den Kläger, der am 15.02.2007 als neuer Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurde. Die Beklagten zu 2 und 3 schieden gemäß der Ausscheidensvereinbarung vom 31.12.2007 (Anlage B 2, Bl. 52 d. A.) mit Wirkung zum 31.12.2007 aus der Gesellschaft, der Beklagten zu 4, aus. Die Anteile der Beklagten zu 2 und 3 gingen vereinbarungsgemäß auf den Beklagten zu 1 über, der seitdem die Diskothek alleine betreibt. Die Diskothek stellt die einzige Einnahmequelle des Beklagten zu 1 dar, der damit seinen eigenen und den Unterhalt seiner Frau und seiner Kinder bestreitet.

Zwischen dem Kläger und den Beklagten zu 1 und 4 kam es bereits zu einem Räumungsrechtsstreit, der mit einem klageabweisenden Urteil des Landgerichts Düsseldorf (12 O 592/07) endete, das vom Oberlandesgericht Düsseldorf (13 U 4/09) bestätigt wurde.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger das Mietverhältnis im Dezember 2009 wirksam zum 31.08.2010 gekündigt hat. Mit anwaltlichem Schreiben vom 19.05.2010 (Anlage K 7, Anlagenband) erinnerte der Kläger die Beklagten an die Kündigung und Räumung zum 31.08.2010. Hierauf erwiderte der Beklagte zu 1 mit anwaltlichem Schreiben vom 19.05.2010 (Anlage K 8, Anlagenband) und widersprach der Kündigung.

Der Kläger geht aufgrund der Bestellung der Beklagtenvertreter für die Beklagte zu 4 davon aus, dass die GbR zwar als werbende Gesellschaft ausgelöst worden sei, jedoch als Liquidationsgesellschaft fortbestehe. Die Ausscheidungsvereinbarung führe nicht dazu, dass die Beklagten zu 2 und 3 aus dem Mietvertrag ausgeschieden wären, da die Auflösung einer GbR oder das Ausscheiden einzelner Gesellschafter gegenüber Dritten keine Außenwirkung hätten. Er ist der Ansicht, er habe das Mietverhältnis wirksam zum 31.08.2010 gekündigt. Nachdem eine Zustellung per Einschreiben am 03.12.2009 nicht habe erfolgen können, habe die frühere Verfahrensbevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwältin F, den Beklagten zu 1 bis 3 am 03.12.2009 eine Zweitausfertigung des Kündigungsschreibens vom 01.12.2009 (Anlage K 3-5, Anlagenband) mit Vollmachten persönlich übergeben. Die Übergabe an den Beklagten zu 3 persönlich sei um 19:04 Uhr und die Übergabe an den Beklagten zu 2 persönlich sei um 19:15 Uhr erfolgt. Um 19:30 Uhr sei die Kündigung für den Beklagten zu 1 in der Diskothek S an dessen Ehefrau übergeben worden. Diese habe das Kündigungsschreiben geöffnet, den Inhalt zur Kenntnis genommen und zugesagt, das Schreiben umgehend ihrem Ehemann zu übergeben, der in einer Besprechung im Vorraum der Diskothek zugegen sei. Die Kündigungserklärungen seien danach am 03.12.2009 zugegangen. Der Beklagte zu 1 habe – was unstreitig ist – mit anwaltlichem Schreiben vom 21.07.2010 vortragen lassen, seine Ehefrau habe das Schreiben in der Diskothek gelassen und der Beklagte zu 1 habe dieses zwei oder drei Tage später erhalten. Dem widerspreche sein jetziger Vortrag, das Schreiben sei verloren gegangen. Nach der Bevollmächtigung in § 5 Ziffer 3 des Mietvertrages müsse der Beklagte zu 1 sich auch den rechtzeitigen Zugang der Kündigung bei den Mitgesellschaftern, den Beklagten zu 2 und 3, zurechnen lassen. Die Beklagten hätten das Optionsrecht nach § 2 des Mietvertrages nicht ausgeübt. Soweit die Beklagten sich auf die mündliche Ausübung des Optionsrechts berufen, sei dies nicht ausreichend, da § 2 des Mietvertrages die Schriftform vorsehe und zudem nach § 31 Ziffer 2 des Mietvertrages Nebenabreden, Änderungen und Ergänzungen des Vertrages zwischen den Vertragsparteien nicht getroffen worden seien und weitere Vereinbarungen zur Rechtswirksamkeit ebenfalls der Schriftform bedürften. Des Weiteren hätten die Beklagten aufgrund der fehlenden Außenwirkung des Ausscheidens der Beklagten zu 2 und 3 aus der Gesellschaft das Optionsrecht gemeinsam ausüben müssen. Wenn die Beklagten mit Frau Q2 mündlich vereinbart haben sollten, dass die Optionsvereinbarung mündlich erfolgen könne, dann würde dies dazu führen, dass von einem unbefristeten Mietverhältnis auszugehen wäre.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die im Erdgeschoss (nebst Galerie) und Untergeschoss des Hauses G-Straße in X gelegenen Räumlichkeiten, bestehend aus

– Eingangsbereich mit Empfangsraum und Bar

– Saal mit 3 Galerien

– Garderobe mit zwei Fluren

– Treppe, Keller, Flur und Toilettenbereich bestehend aus einem

Herren-WC und einem Damen-WC – jeweils mit Vorraum zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, das Mietverhältnis sei durch den Kläger nicht wirksam zum 31.08.2010 gekündigt worden, sondern bestehe jedenfalls bis zum 31.10.2015 fort. Nach Scheitern der Verhandlungen über eine Änderung des Mietvertrages bzw. einen Erwerb des Objektes mit Frau Q2 habe der Gesellschafter G kurz vor Ablauf der verlängerten Frist für die Optionsausübung nach § 2 des Mietvertrages bei Frau Q2 angerufen und erklärt, dass man die Option ausüben wolle. Die Frage, ob sie dies schriftlich haben wolle, habe Frau Q2 verneint. Ihr würde es auch künftig reichen, wenn die Optionsausübung mündlich erklärt werde. Diese Vereinbarung habe Frau Q2 im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit mit Schreiben vom 05.05.2010 (Anlage B 4) schriftlich bestätigt. Anfang Juni 2009 habe der Beklagte zu 1 sich mit dem Kläger in Verbindung gesetzt, um über einen Erwerb des Objektes zu sprechen. Dies sei für den Kläger nicht in Betracht gekommen. Der Beklagte zu 1 habe daraufhin erklärt, er werde das Mietverhältnis bis 2015 fortsetzen. Am 18.06.2009 habe Rechtsanwalt Y nochmals mit dem Kläger telefoniert und über die Möglichkeit eines Erwerbs des Objektes durch den Beklagten zu 1 gesprochen. Da der Kläger einen Verkauf ausschloss, habe Rechtsanwalt Y ausdrücklich erklärt, dass der Beklagte zu 1 vorsorglich schon einmal von seinem Optionsrecht Gebrauch mache. Der Beklagte zu 1 habe im Anschluss erhebliche Investitionen in das Objekt vorgenommen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 04.11.2010 (Bl. 34 ff. d. A.) Bezug genommen. Die Beklagten behaupten, das als Anlage K 3 vorgelegte Kündigungsschreiben sei dem Beklagten zu 1 nicht zugegangen. Rechtsanwältin F sei am 03.12.2009 erst gegen 20:30 Uhr an der Diskothek S erschienen. Diese sei an dem Tag geschlossen gewesen. Zufällig seien aber die Ehefrau des Beklagten zu 1 sowie einige Mitarbeiter anwesend gewesen. Diese habe ein Schreiben entgegen genommen, habe jedoch erklärt, dass der Beklagte zu 1 bei einem wichtigen Termin sei und sich nicht in der Diskothek befände. Mit Schriftsatz vom 04.11.2010 behaupten die Beklagten, die Ehefrau des Beklagten zu 1 habe erklärt, sie wolle ihm das Schreiben am Folgetag geben, während sie mit Schriftsatz vom 26.07.2011 behaupten, sie habe erklärt, das Schreiben für den Beklagten zu 1 in der Diskothek zu hinterlegen. Das Schreiben sei aber verloren gegangen und habe den Beklagten zu 1 nie erreicht. Der Inhalt des Schreibens werde mit Nichtwissen bestritten. Das als Anlage K 3 eingereichte Schreiben könne nicht dasjenige sein, dass der Ehefrau des Beklagten zu 1 übergeben worden ist, da dieses als Einschreiben/Rückschein überschrieben sei, vom 01.12.2009 datiere und am 01.12.2009 vergeblich per Einschreiben versandt worden sei und sich daher am 03.12.2009 noch bei der Post befunden habe. Rechtsanwältin F müsse also ein neues Schreiben erstellt haben, welches im Rechtsstreit nicht vorgelegt worden sei. Das am 03.12.2009 der Ehefrau des Beklagten zu 1 übergebene Schreiben sei ggf. nicht unterschrieben gewesen und hätte vielleicht einen anderen Inhalt gehabt. Soweit vorgerichtlich mitgeteilt worden sei, das streitige Schreiben sei 1 bis 2 Tage später zugegangen, habe es sich um eine Fehlinformation gehandelt, die dadurch bedingt sei, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Informationen nur aus dritter Hand erhalten hätten, nachdem der Beklagte zu 1 sie nach Rücksprache mit seiner Ehefrau informiert habe. Auch durch die Übergabe eines Schreibens durch Rechtsanwältin F an die Ehefrau des Beklagten zu 1 am 03.12.2009 um 20:30 Uhr habe keine wirksame Zustellung am 03.12.2009 bewirkt werden können. Denn nur bei Briefen, die bis 18:00 Uhr eingeworfen würden, könne von einem Zugang noch am selben Tag ausgegangen werden. Ein Zugang hätte auch nur am dem einzigen Öffnungstag der Diskothek, einem Samstag, erfolgen können. Danach könne ein Zugang des der Ehefrau des Beklagten zu 1 übergebenen Schreibens erst am Samstag, 05.12.2009 angenommen werden. Für den Aufenthalt der Ehefrau des Beklagten zu 1 in der Diskothek habe es auch keinen „Betriebsschluss“ oder Ähnliches gegeben. Sie hätte die ganze Nacht in den Räumen der Diskothek verbleiben können oder sich sofort auf den I-Weg machen können. Es gebe daher keine „gewöhnlichen“ Umstände, aus denen darauf geschlossen werden könne, dass der Brief den Beklagten zu 1 noch bis Mitternacht erreicht hätte. Der späte Zustellungsversuch habe dazu gedient, dem Beklagten zu 1 jeglicher Reaktionsmöglichkeiten im Hinblick auf eine Optionsausübung zu berauben. Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dürfe eine solche Zustellung keine Rechtswirkung entfalten. Dem Zugang stünden ferner Sprachschwierigkeiten des Beklagten zu 1 entgegen. Dieser sei der deutschen Sprache nicht mächtig und verstehe nur einige „Brocken“ Deutsch. Ein Zugang könne daher erst nach Ablauf der für eine Übersetzung erforderlichen Zeitspanne angenommen werden. Das Mietverhältnis sei aber ungeachtet dessen nicht zum 31.08.2010 beendet worden, da der Beklagte zu 1 das mietvertragliche Optionsrecht ausgeübt habe. Die Optionsausübung habe mündlich erfolgen können. Auch die qualifizierte Schriftformklausel des § 31 Ziffer des Mietvertrages habe mündlich abgeändert werden können. Durch die Vereinbarung, dass das Optionsrecht mündlich ausgeübt werden könne, sei die gesetzliche Schriftform nach § 550 BGB nicht berührt. Für die Ausübung einer Mietoption sei keine Form vorgeschrieben. Die Frage der Einhaltung des Schriftformerfordernisses sei durch das Urteil des Oberlandesgerichts vom 14.05.2009, 13 U 4/09, rechtskräftig entschieden worden. Der Kläger sei mit diesem Einwand nun präkludiert. Die Beklagten machen sich den klägerischen Vortrag, in der Absprache mit Frau Q2 liege keine Vereinbarung, zu Eigen. Lediglich hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht von einer rechtzeitigen Kündigung ausgeht, halten die Beklagten daran fest, dass eine solche Abrede wirksam getroffen worden sei. Auch bei einem unterstellten Schriftformverstoß nach §§ 550, 578 Abs. 1 BGB würde das Mietverhältnis erst nach Ablauf der Jahresfrist enden, also zum 31.08.2011, so dass die Klage in dem Fall jedenfalls derzeit unbegründet wäre. Zudem könne der Kläger sich auf das Schriftformerfordernis nicht berufen, weil die Existenz des Beklagten zu 1 dadurch bedroht wäre. Dieses habe das Landgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 01.10.2008, 12 O 592/07, rechtskräftig entschieden. Die Beklagten zu 2 und 3 seien nach dem Ausscheiden aus der Gesellschaft, der Beklagten zu 4, nicht mehr Mieter und hätten auch keinen Besitz mehr an dem Mietobjekt. Aus diesem Grund seien sie auch nicht in der Lage, dem Kläger Besitz wieder einzuräumen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akte des Landgerichts Düsseldorf, Aktenzeichen 12 O 592/07, war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage gegen die Beklagte zu 4 ist unzulässig, da die Beklagte zu 4 zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 11.08.2010 bereits nicht mehr existent war. Bei der Beklagten zu 4 handelt es sich um die frühere G & Q GbR. Diese ist durch die Ausscheidensvereinbarung vom 31.12.2007 (Anlage B 2, Bl. 52 d. A.) erloschen, indem dort vereinbart wurde, dass die Beklagten zu 2 und 3 aus der Gesellschaft zum 31.12.2007 ausscheiden und durch Anwachsung sämtliche Vermögenswerte der Gesellschafter in das Alleineigentum des Beklagten zu 1 übergehen. Hierdurch endete die Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch Vereinigung aller Gesellschaftsanteile in einer Hand, ohne dass es einer Auseinandersetzung in Form einer Liquidation bedurfte (vgl. Palandt-Sprau, Vorb v §§ 723-735 BGB Rdnr. 1, 2). Die Beklagte zu 4 bestand daher auch entgegen der Ansicht des Klägers nicht als Liquidationsgesellschaft fort.

II.

Die Klage gegen die Beklagten zu 2 und 3 ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten zu 2 und 3 ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der im Tenor bezeichneten Gewerberäume unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ein Anspruch aus § 546 BGB unmittelbar steht dem Kläger gegen die Beklagten zu 2 und 3 nicht zu, da diese persönlich zu keinem Zeitpunkt Mieter der Räumlichkeiten waren, die durch den Mietvertrag vom 13.04.2000 ursprünglich an die G & Q GbR vermietet worden sind. Auch eine Haftung aus § 546 BGB als Gesellschafter der G & Q GbR scheidet aus, da die Beklagten zu 2 und 3 unstreitig durch die Vereinbarung vom 31.12.2007 zu diesem Stichtag aus der Gesellschaft ausgeschieden sind und zudem die Gesellschaft zu diesem Stichtag endete und der Beklagte zu 1 als deren Rechtsnachfolger alleiniger Mieter geworden ist. Da die Beklagten zu 2 und 3 unstreitig auch nicht im Besitz der Räumlichkeiten sind, scheidet auch ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB aus.

III.

Die Klage gegen den Beklagten zu 1 ist zulässig und begründet.

Dem Kläger steht gegen den Beklagten zu 1 ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der im Tenor bezeichneten Gewerberäume aus § 546 Abs. 1 BGB zu.

1. Das Mietverhältnis über die Gewerberäume wurde durch Kündigung des Klägers zum 31.08.2010 wirksam beendet.

Durch das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14.05.2009, 13 U 4/09, wurde rechtskräftig entschieden, dass das Mietverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1 jedenfalls bis zum 31.08.2010 fortdauere. Nach § 2 Abs. 1 des Mietvertrages vom 13.04.2000 verlängert sich dieser jeweils um 5 Jahre, falls er nicht mit einer Frist von 9 Monaten vor Ablauf des Mietverhältnisses gekündigt wird, wobei nach § 2 Abs. 2 die Kündigung bis zum 3. Werktag des ersten Monats der Kündigungsfrist erfolgen muss. Hier lief das Mietverhältnis bis zum 31.08.2010, so dass eine Kündigung bis zum 03.12.2009 erfolgen musste.

a) Zu einer wirksamen Kündigung des Mietverhältnisses ist es hier weder durch die Versendung des Kündigungsschreibens per Einschreiben, noch durch die Übergabe von Kündigungserklärungen an die Beklagten zu 2 und 3 gekommen. Das Einschreiben mit der Kündigungserklärung konnte dem Beklagten zu 1 am 02.12.2009 durch die Post nicht zugestellt werden. Eine Fiktion des Zugangs wegen Annahmeverweigerung kann hier bereits deshalb nicht zu einer wirksamen Kündigung führen, weil die Abholungsfrist für das Einschreiben erst nach Ablauf der mietvertraglichen Kündigungsfrist endete. Eine Kündigungserklärung gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 konnte das Mietverhältnis auch unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 3 des Mietvertrags nicht wirksam beenden, da die GbR, die ursprünglich Mieterin war, zum Zeitpunkt der Kündigung im Jahr 2009 nicht mehr existent war, sondern der Beklagte zu 1 als Rechtsnachfolger der GbR in das Mietverhältnis eingetreten war, so dass § 5 Abs. 3 des Mietvertrages, der eine Bevollmächtigung bei einer Mehrheit von Personen als Mieter vorsah, nicht mehr einschlägig war.

b) Das Mietverhältnis ist aber durch die dem Beklagten zu 1 über seine Ehefrau am 03.12.2009 zugegangene Kündigungserklärung wirksam beendet worden.

Unstreitig hat Rechtsanwältin F, die frühere Verfahrensbevollmächtigte des Klägers, der Ehefrau des Beklagten zu 1 am Abend des 03.12.2009 ein Schreiben übergeben.

aa) Es ist davon auszugehen, dass es sich bei dem von Rechtsanwältin F überreichten Schreiben um eine Zweitschrift des als Anlage K 3 eingereichten Kündigungsschreibens handelt. Soweit der Beklagte zu 1 dies mit Nichtwissen bestreitet ist dies unzulässig. Der Beklagtenvortrag zu der Frage, was mit dem durch die Rechtsanwältin F am Abend des 03.12.2009 unstreitig der Ehefrau des Beklagten zu 1 übergebenen Schreiben passiert sein soll ist widersprüchlich. Der Beklagte zu 1 ließ hierzu zunächst mit anwaltlichem Schreiben vom 21.07.2010 (Anlage K 8, Anlagenband) Folgendes vortragen:

„Vorliegend wurde bereits eine vermieterseitige Kündigung nicht rechtzeitig erklärt. Nach unseren Informationen sind Sie zwar offenbar am Abend des 03.12.2009 persönlich nach X angereist, um Herrn Q in den Räumen der Diskothek eine Kündigungserklärung zu übergeben. An diesem Tag – ein Donnerstag – war die Diskothek jedoch nicht geöffnet. Diese öffnet lediglich an Samstagen und in Ausnahmefällen manchmal am Freitag. Herr Q war daher nicht zugegen. Sie übergaben das Schreiben mit der Kündigung daher nach unseren Informationen wohl der dort zufällig anwesenden Frau Q. Frau Q, die der deutschen Sprache nicht mächtig ist, beließ das Schreiben für ihren Ehemann in der Diskothek. Herr Q erhielt dieses erst ein oder zwei Tage später und damit nach Fristablauf.“

Demgegenüber behauptet der Beklagte zu 1 im vorliegenden Rechtsstreit nunmehr, das seiner Ehefrau am 03.12.2009 übergebene Schreiben habe ihn nicht erreicht, sondern sei verloren gegangen, weshalb er dessen Inhalt mit Nichtwissen bestreite. Den anwaltlichen Schriftsatz vom 21.07.2010 versucht er mit einer Fehlinformation der Kanzlei zu erklären, die dadurch zustande gekommen sei, dass die Informationen aus 3. Hand kämen, nämlich der Beklagte zu 1 Rücksprache mit seiner Ehefrau gehalten habe und die Ansprechperson der Kanzlei auf Griechisch informiert habe. Eine Fehlinformation der Kanzlei ist hier nicht nachvollziehbar. Es ist schon nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte für die Angabe, er selbst habe das von Rechtsanwältin F überreichte Schreiben ein oder zwei Tage später erhalten, mit seiner Ehefrau hätte Rücksprache halten sollen, wo es sich doch um Umstände handelt, die der eigenen Wahrnehmung und den eigenen Kenntnissen des Beklagten zu 1 unterfielen. Erkennbar kam es dem Beklagten zu 1 in dem anwaltlichen Schreiben darauf an, deutlich zu machen, dass er das Schreiben zu spät erhalten hat. Wenn das Schreiben tatsächlich verloren gegangen wäre, hätte es keinen Sinn gemacht, auf einen verspäteten Erhalt abzustellen. Es ist auch nicht nachzuvollziehen, wie es an dieser entscheidenden Stelle zu einer Fehlinformation hätte kommen können. Nach alledem kann der Beklagte zu 1 nicht mit Nichtwissen bestreiten, dass das von Rechtsanwältin F persönlich übergebene Schreiben eine Zweitausfertigung des Kündigungsschreibens vom 01.12.2009 war.

bb) Das Kündigungsschreiben ist dem Beklagten zu 1 auch fristgerecht am 03.12.2009 zugegangen.

Wie bereits ausgeführt, wurde das Kündigungsschreiben der Ehefrau des Beklagten zu 1 in der Diskothek überreicht. Allein hierdurch war der Zugang aber nicht bewirkt, da nicht dargetan ist, dass die Ehefrau des Beklagten zu 1 Empfangsvertreterin sei und deshalb das Vorliegen der Voraussetzungen für das Zugehen in der Person des Vertreters maßgeblich wäre. Die Ehefrau des Beklagten zu 1 ist aber als Ehegattin Empfangsbotin, auch wenn sie außerhalb der Wohnung angetroffen wird (vgl. Palandt-Ellenberger, § 130 BGB Rdnr. 9). Bei der Übermittlung einer Willenserklärung über einen Empfangsboten ist von einem Zugang zu dem Zeitpunkt auszugehen, in dem nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge die Weiterleitung an den Adressaten zu erwarten ist (vgl. Palandt-Ellenberger, § 130 BGB Rdnr. 9). Hier war unter normalen Umständen mit einer Weiterleitung des Kündigungsschreibens an den Beklagten zu 1 noch am 03.12.2009 nach Rückkehr der Ehefrau des Beklagten zu 1 in die gemeinsame Wohnung zu rechnen (vgl. auch BAG, 09.06.2011, 6 AZR 687/09, zit. nach juris). Selbst wenn – wie der Beklagte zu 1 vorträgt – die Übergabe des Schreibens an seine Ehefrau erst um 20:30 Uhr sein sollte, so ist davon auszugehen, dass diese unter normalen Umständen noch vor 24:00 Uhr und damit am Abend des 03.12.2009 in die gemeinsame Wohnung zurückkehrt und das Schreiben dort an den Beklagten zu 1 weiterleitet. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass an Donnerstagen – und damit auch am besagten Abend – die Diskothek des Beklagten zu 1 gerade regelmäßig nicht geöffnet war. Dass es der Ehefrau des Beklagten zu 1 gleichermaßen frei gestanden hätte, die ganze Nacht in den Räumen der Diskothek zu verbringen oder sich sofort auf den I-Weg zu machen, steht dem nicht entgegen. Denn es ist nicht auf mögliche spontane Entscheidungen der Ehefrau im Einzelfall, sondern auf den regelmäßigen Verlauf der Dinge abzustellen und dem entspricht eine Rückkehr in die gemeinsame Wohnung vor Mitternacht. Dem Zugang der Kündigungserklärung steht auch nicht entgegen, dass dieser – wie der Beklagte zu 1 meint – zur „Unzeit“ erfolgt ist, wenn man auf den Zeitpunkt der Rückkehr der Ehefrau in die gemeinsame Wohnung und der Weitergabe des Schreibens an den Beklagten zu 1 abstellt. Denn soweit wegen des Eingang einer Willenserklärung zur „Unzeit“ auf einen Zugang erst am nächsten Tag abgestellt wird, bezieht sich dies auf die Frage, wann mit der Entnahme einer Erklärung aus einer Empfangsvorrichtung gerechnet werden kann (vgl. Palandt-Ellenberger, § 130 BGB Rdnr. 6, 7, 7a). Hier geht es aber nicht darum, dass dem Beklagten zu 1 eine Verpflichtung zur Überwachung seiner Empfangsvorrichtungen rund um die Uhr auferlegt würde, sondern darum, dass auch zu später Stunde angenommen werden muss, dass er mit Übergabe eines Schreibens durch seine Ehefrau als Empfangsbotin die Möglichkeit hat, von diesem Schriftstück Kenntnis zu nehmen und damit der Zugang des Kündigungsschreibens noch am Abend des 03.12.2009 bewirkt wurde.

Der Umstand, dass die Diskothek am 03.12.2009 nicht geöffnet war und diese auch erst am Samstag, den 05.12.2009 wieder geöffnet hatte, hindert einen Zugang nicht, weil de facto die Ehefrau des Beklagten zu 1 anwesend war und als Empfangsbotin das Kündigungsschreiben entgegen genommen hat. Danach kommt es auch nicht darauf an, wann alternativ zu Öffnungszeiten der Diskothek hätte zugestellt werden können, sondern es ist – wie oben ausgeführt – lediglich darauf abzustellen, wann mit der Weiterleitung des tatsächlich an die Ehefrau des Beklagten zu 1 übergebenen Schreibens an diesen gerechnet werden konnte. Dies war – wie schon dargestellt – noch am Abend des 03.12.2009 zu erwarten.

Wann das Schreiben dem Beklagten zu 1 tatsächlich zugegangen ist, ist unerheblich, da eine verspätete Übermittlung zulasten des Empfängers gehen würde (Palandt-Ellenberger, § 130 BGB Rdnr. 9). Der Vortrag des Beklagten zu 1, das Schreiben sei ihm nicht zugegangen, sondern verloren gegangen, ist wegen der bereits ausgeführten Widersprüchlichkeit unbeachtlich. Ein Verlust durch den Empfangsboten würde zudem ebenfalls zulasten des Empfängers gehen (Palandt-Ellenberger, § 130 BGB Rdnr. 9).

Soweit der Beklagte zu 1 sich darauf beruft, bei der Bestimmung des Zeitpunkts des Zugangs sei auch die für eine Übersetzung des Schriftstücks erforderliche Zeit zu berücksichtigen, da er der deutschen Sprache nicht mächtig sei, verfängt dies nicht. Zum einen ist bereits der Mietvertrag, der gekündigt wurde, in deutscher Sprache verfasst. Zum anderen hindern fehlende Sprachkenntnisse des Empfängers den Zugang nicht und der Zeitpunkt des Zugangs darf auch nicht um die für die Inanspruchnahme eines Dolmetschers notwendige Zeit hinausgeschoben werden (Palandt-Ellenberger, § 130 BGB Rdnr. 5 m. w. N.).

2. Durch die dem Beklagten zu 1 am 03.12.2009 zugegangene Kündigung wurde das Mietverhältnis zum 31.08.2010 beendet.

3. Der Wirksamkeit der Beendigung des Mietverhältnisses steht auch eine Optionsausübung gemäß § 2 des Mietvertrages nicht entgegen.

a) Unstreitig ist eine Optionsausübung zur Verlängerung des Mietverhältnisses durch den Beklagten zu 1 nicht in der in § 2 des Mietvertrages vorgesehenen schriftlichen Form erfolgt.

b) Es kann dahinstehen, ob die Optionsausübung durch den Beklagten zu 1 bzw. den Rechtsanwalt Y mündlich erklärt wurde, da das Mietverhältnis durch eine mündliche Optionsausübung nicht verlängert werden konnte. Soweit der Beklagte zu 1 sich darauf beruft, es sei mit der vorherigen Vermieterin, Frau Q2, in Abweichung zu den schriftlichen Mietvertragsregelungen mündlich vereinbart worden, dass das Optionsrecht mündlich ausgeübt werden könne, so würde das – wenn dem so gewesen sein sollte – im Ergebnis dazu führen, dass das Mietverhältnis nach §§ 550, 578 Abs. 1 BGB als unbefristetes Mietverhältnis angesehen werden müsste. Nach § 550 BGB, der gemäß § 578 Abs. 1 BGB auch auf das vorliegende Mietverhältnis über Gewerberäume anzuwenden ist, bedarf ein Mietvertrag, der – wie hier – für eine längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, der Schriftform. Dabei erstreckt sich das Schriftformerfordernis jedenfalls auf die wesentlichen Bedingungen des Mietverhältnisses wie die Vertragsparteien, der Mietgegenstand, der Mietpreis und die Mietdauer (Palandt-Weidenkaff, § 550 BGB Rdnr. 10) und auch auf Änderungen des ursprünglichen Vertrages (Palandt-Weidenkaff, § 550 BGB Rdnr. 15). Eine solche Änderung von wesentlichen Bedingungen des Mietverhältnisses wäre durch die behauptete mündliche Aufhebung des Schriftformerfordernisses für die Optionsausübung gemäß § 2 des Mietvertrages gegeben, da insoweit eine wesentliche Vertragsbedingung, nämlich die Dauer des Mietverhältnisses betroffen wäre. Die Kammer ist entgegen der Ansicht des Beklagten zu 1 auch nicht aufgrund der Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14.05.2009, 13 U 4/09, an der erneuten Prüfung der §§ 550, 578 BGB gehindert, da Gegenstand der Prüfung eine andere, erst in diesem Verfahren von Beklagtenseite eingewandte mündliche Vereinbarung ist, die im Rahmen des vom Oberlandesgericht Düsseldorf in zweiter Instanz entschiedenen Rechtsstreits der Parteien nicht Verhandlungs- und Entscheidungsgegenstand war. Nach Ansicht der Kammer ist der Kläger auch nicht gemäß § 242 BGB gehindert, sich auf den Formmangel zu berufen. Wie die Kammer bereits in der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2011 gemäß § 139 ZPO mitgeteilt hat, vermag sie sich insoweit der im Urteil vom 01.10.2008 (12 O 532/07) ausgeführten Auffassung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf zu dieser Frage nicht anschließen. Auch diese Frage ist nicht für die Kammer bindend entschieden, da den Erwägungen der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf nicht die hier erstmals von Beklagtenseite behauptete mündliche Aufhebung des Formerfordernisses für die Optionsausübung nach § 2 des Mietvertrages zugrunde lag. Wie bereits die 12. Zivilkammer ausgeführt hat, kann ein Berufen auf einen Formverstoß nur ausnahmsweise gegen § 242 BGB verstoßen, wenn dies zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen würde. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn der eine Vertragspartner den anderen schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten oder sich sonst einer besonders schweren Treuepflichtverletzung schuldig gemacht hat oder wenn bei Formnichtigkeit die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wäre (BGH NJW 2007, 3202). Zwar trägt der Beklagte zu 1 hier vor, seine Existenz werde durch die Kündigung der Räumlichkeiten, in denen er eine Diskothek betreibt, bedroht, da diese die einzige Einnahmequelle für das Bestreiten des eigenen und des Unterhalts für seine Familie darstelle. Auch wenn vorliegend die Besonderheit zu berücksichtigen ist, dass bei der Beschaffung alternativer Räumlichkeiten für den Betrieb einer Diskothek besondere Schwierigkeiten bestehen, führt dies im Ergebnis nicht zu einer Treuwidrigkeit des Berufens des Klägers auf den Formmangel. Denn zu berücksichtigen sind auch die Interessen des Klägers, dessen Schutz § 550 BGB letztlich dient. Dabei kommt den Kündigungsmöglichkeiten und der Möglichkeiten der Optionsausübung zur Verlängerung des Mietvertrages erhebliche Bedeutung zu. Aufgrund der schriftlichen Mietvertragsregelungen durfte der Kläger sich darauf verlassen, dass eine Verlängerung des Mietverhältnisses um weitere 5 Jahre nur durch fristgerechte schriftliche Erklärung erfolgen kann. Dies stellt einen wesentlichen Aspekt bei der Beurteilung und Planung der wirtschaftlichen Verwendung der Immobilie dar. Weiter zu berücksichtigen ist auch, dass die Parteien über die Räumung der Gewerberäume bereits einen Rechtsstreit geführt haben und dem Beklagten zu 1 deshalb bewusst war, dass der Kläger bestrebt war, das Mietverhältnis zu beenden. Wenn also der Beklagte zu 1 hätte sicher gehen wollen, das Mietverhältnis durch Ausübung der mietvertraglichen Option zu verlängern, so hätte er dies durch eine schriftliche Optionsausübung ohne Weiteres tun können, während der Kläger keinerlei Anhaltspunkt dafür hatte, dass das Optionsrecht auch mündlich ausgeübt werden könnte und sich deshalb hierauf auch nicht einstellen konnte. Auf die von ihm behauptete mündliche Vertragsänderung hat sich der Beklagte zu 1 trotz des bereits geführten Räumungsrechtsstreits und der im Dezember 2009 erklärten Kündigung erstmals mit anwaltlichem Schriftsatz vom 21.07.2010 berufen. Dass hier ausnahmsweise schutzwürdige Interessen des Beklagten zu 1 überwiegen, die es rechtfertigen würden, ein Berufen des Klägers auf den Formverstoß nach §§ 550, 578 Abs. 1 BGB als treuwidrig zu beurteilen, lässt sich nach alledem nicht feststellen. Aufgrund des Verstoßes gegen die Formvorschrift der §§ 550, 578 Abs. 1 BGB wäre der gesamte Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen anzusehen und würde die vertragliche Mindestlaufzeit ab dem Zeitpunkt der Änderungsvereinbarung, die den Formverstoß ausgelöst hätte, laufen (Palandt-Weidenkaff, § 550 BGB Rdnr. 18). Nach dem Vortrag der Beklagten soll diese Vereinbarung mit Frau Q2 im Januar oder Februar 2005 getroffen worden sein, so dass die fünfjährige Mindestvertragslaufzeit jedenfalls zum 31.08.2010 abgelaufen gewesen wäre. Da der Mietvertrag dann nach § 580 a Abs. 2 BGB hätte gekündigt werden können, wäre in diesem Fall das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 03.12.2009 zum 31.07.2010 beendet worden. Danach ist der Räumungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten zu 1 auch bei einer unterstellten mündlichen Aufhebung des Schriftformerfordernisses für die Optionsrechtsausübung begründet.

 

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 7, 709, 711 ZPO.

Streitwert: EUR 153.387,60

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