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Beendigung des Mietverhältnisses Inanspruchnahme der geleisteten Mietsicherheit

LG Berlin –  Az.: 67 T 107/19 – Beschluss vom 01.10.2019

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts Mitte vom 8. Juli 2019 – 10 C 1003/19 – abgeändert.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von bis 2.000,00 EUR zu tragen.

Gründe

Die gemäß § 91a Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige und gemäß § 568 Satz 2 Nr. 1 ZPO auf die Kammer übertragene Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz waren der Antragsgegnerin aufzuerlegen, da sie ohne Eintritt der Erledigung in der Hauptsache unterlegen wäre.

Dem Antragsteller stand trotz Beendigung des Mietverhältnisses ein Anspruch auf Unterlassung der Inanspruchnahme der geleisteten Mietsicherheit gegenüber der Antragsgegnerin zu. Denn die Antragsgegnerin war – nicht anders als während des Mietverhältnisses auch – zur Inanspruchnahme nur wegen unstreitiger oder gegenüber dem Antragsteller rechtskräftig festgestellter Ansprüche befugt (vgl. Kammer, Beschl. v. 20. Juli 2017 – 67 S 111/17, NZM 2018, 285, beckonline Tz. 3 ff.). An diesen Voraussetzungen fehlte es, da die Parteien zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Mietsicherheit vor dem Amtsgericht Mitte einen Rechtsstreit über die von der Antragsgegnerin behaupteten Ansprüche geführt haben. Bis zur Inanspruchnahme der Mietsicherheit aber hatte das Amtsgericht keine – und erst recht keine rechtskräftige – Entscheidung über die zwischen den Parteien streitigen Ansprüche getroffen.

Keine der Antragsgegnerin günstigere Beurteilung ergibt sich aus dem Urteil des VIII. Zivilsenates des BGH vom 24. Juli 2019 (VIII ZR 141/17, BeckRS 2019, 16735, beckonline Tz. 24). Danach soll der Vermieter nach Vertragsende zur Verwertung einer vom Mieter gestellten Barkaution selbst dann befugt sein, wenn die vermieterseits geltend gemachten Ansprüche weder rechtskräftig festgestellt noch zwischen den Parteien unstreitig sind (vgl. BGH, a.a.O.). Es kann hier dahinstehen, ob eine derartige Auslegung der Sicherungsabrede grundsätzlich dem tatsächlichen Willen der Parteien eines Wohnraummietvertrages und der in § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB vom Gesetzgeber getroffenen Anordnung zur dauerhaft insolvenzfesten Anlage der Mietsicherheit entspricht (vgl. dazu mit Recht kritisch Börstinghaus, jurisPR-BGHZivilR 18/2019 Anm. 1). Sie kann hier bereits deshalb keine Gültigkeit für sich beanspruchen, weil der Antragsteller anders als in der vom VIII. Zivilsenat entschiedenen Konstellation keine Barkaution, sondern eine Mietkautionsversicherung gestellt hat. Unabhängig davon ist eine Auslegung der Sicherungsabrede im Sinne einer der Antragsgegnerin günstigen Verwertungsfunktion nach Vertragsende vorliegend auch deshalb ausgeschlossen, weil die Sicherungsabrede in einer von der Antragsgegnerin gestellten Formularklausel enthalten ist. Auf diese indes ist die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB anzuwenden, wonach Unklarheiten bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen. Bereits aufgrund des Wortlauts der formularvertraglichen Sicherungsabrede, die in der Überschrift und im Klauseltext lediglich von einer „Mietsicherheit“ spricht, ohne die Befugnis einer vermieterseitigen Verwertung während oder nach Beendigung des Mietverhältnisses auch nur im Ansatz zu regeln, ist es jedenfalls vertretbar, der Vereinbarung eine auf den Wortlaut der Regelung beschränkte Funktion einer bloßen Sicherung des Vermieters vor einer möglichen Insolvenz des Mieters beizumessen, die ihm allenfalls für unstreitige oder rechtskräftig festgestellte Ansprüche das Recht zur Verwertung eröffnet. Ob eine derartige Auslegung auch für eine inhaltsgleiche Individualvereinbarung oder eine Formularvereinbarung, die die spätere Verwertung durch den Vermieter einer näheren Regelung zuführt, maßgebend wäre, bedarf keiner abschließenden Entscheidung der Kammer. Denn für die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB zu Gunsten des Antragstellers reicht es aus, dass die für ihn kundenfreundlichste Auslegung als eine von zumindest zwei Auslegungsvarianten vertretbar ist (st. Rspr., vgl nur BGH, Urt. v. 19. Dezember 2018 – VIII ZR 254/17, NZM 2019, 253, juris Tz. 18 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind bei der hier in Frage stehenden Klausel erfüllt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91a Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung, die mit dem Kosteninteresse des Antragstellers zu bemessen war, auf § 3 ZPO.

Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde scheidet gemäß §§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO aus, da die Kammer über einen – für erledigt erklärten – Antrag auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung entschieden hat.

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