AG Paderborn – Az.: 51 C 29/21 – Urteil vom 03.05.2021
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Kläger nehmen den Beklagten auf Erfüllung mietvertraglicher Pflichten sowie auf Rückzahlung in Anspruch.
Am 22.11.1993 schlossen die Parteien einen formularmäßigen Mietvertrag (im Folgenden: Vertrag) über die Wohnung Q, Obergeschoss in Q, wobei das Mietverhältnis am 01.02.1994 begann. Ausweislich § 1 des Vertrages verfügt die Wohnung über 4 Zimmer, eine Küche, eine Diele, ein WC mit Bad, ein weiteres WC, eine weitere Dusche sowie einen Kellerraum. Die Wohnfläche beträgt 90 m². Die monatlich zu entrichtende Warmmiete beläuft sich auf 560,00 Euro. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.
Während der als „Bad mit WC“ bezeichnete Raum innerhalb der Wohnung liegt, befinden sich das weitere WC sowie die weitere Dusche in einem separaten Raum, der nur über das Treppenhaus und die Terrasse zugänglich ist. Ausweislich des Übergabeprotokolls vom 23.11.1993 wurde der streitgegenständliche Raum als Waschküche bezeichnet, in der Folge jedoch nicht nur zu diesem Zweck, sondern vielmehr als (zweites) Bade-, Bügel- oder Alltagszimmer genutzt.
Ursprünglich wurde der streitgegenständliche Raum durch einen bauzeitlichen – bei Vertragsschluss bereits vorhandenen – Heizkörper beheizt, der jedoch im Oktober 2020 aufgrund einer zunehmenden Schadensanfälligkeit durch ein neues Modell ersetzt werden musste. In der Folge empfanden die Kläger den Raum – vor allem während der Heizperiode – als deutlich zu kühl und wichen deshalb auf andere Räume, etwa das Wohn- und das Badezimmer aus.
Am 28.11.2020 errichteten die Mieter der Erdgeschosswohnung mit Billigung des Beklagten einen Fahnenmast auf dem streitgegenständlichen Grundstück.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2020 forderten die Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 15.01.2021 auf, den Heizkörper durch ein leistungsfähigeres Modell zu ersetzen und den Fahnenmast zu entfernen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.01.2021 wies der Beklagte dieses Ansinnen zurück. Seit Januar 2021 erfolgt die Zahlung der Miete unter Vorbehalt der Rückforderung.
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Mietsache nicht in vertragsgemäßem Zustand sei. Hierzu behaupten sie, dass der bis Ende Oktober 2020 vorhandene Heizkörper in der Lage gewesen sei, den streitgegenständlichen Raum binnen 30 Minuten auf eine Temperatur von etwa 20 bis 22 °C zu erwärmen. Mit dem neuen Heizkörper sei dies nicht der Fall. Vielmehr sei der Raum bei einer Außentemperatur von etwa 15 °C nur mehr auf 18 °C, bei einer Außentemperatur von etwa 1 °C gar nur auf 13 °C zu erwärmen. Angesichts dieser – nach Auffassung der Kläger deutlich zu niedrigen – Temperaturen sei es nicht mehr möglich, den Raum als zweites Badezimmer oder als Alltagszimmer zu verwenden. Die Kläger behaupten, dass sie den Raum unter anderem zum Bügeln, zum Waschen, zur Körperpflege und Rasur, zum Buffetaufbau bei Partys auf der Terrasse, als Gäste-WC und Gästedusche oder als Zweitdusche nutzen.
Ferner behaupten die Kläger, dass der Fahnenmast regelmäßig mit Flaggen von 1,00 x 0,60 Metern beflaggt werde. Hierdurch werde der Lichteinfall in einen als Atelier genutzten Raum im Obergeschoss reduziert. Auch die Sicht aus diesem Raum sei beeinträchtigt. Zudem erzeuge der Fahnenmast, wenn er beflaggt sei, eine erhöhte Lärmbelästigung, da die Flaggen im Wind hin und her schlagen würden. Schließlich werde die Klägerin in ihrer negativen Religionsfreiheit verletzt, weil die Flaggen zumeist einen Bezug zur römisch-katholischen Kirche, etwa zum Vatikan aufweisen würden.
Die Kläger sind der Ansicht, dass sie aus den genannten Gründen berechtigt seien, die Miete um 20 %, das heißt um einen Betrag in Höhe von 112,00 Euro pro Monat zu mindern. Hinsichtlich des Monats Januar 2021 stehe ihnen deshalb ein Rückzahlungsanspruch zu.
Die Kläger beantragen,
1. den Beklagten zu verurteilen, in dem zur Wohnung der Kläger in der Q, Q gehörenden separaten Raum (welcher außerhalb der klägerischen Wohnung in diesem Objekt am Ende des Hausflures liegt und betreten werden kann, wenn man geradeaus den Hausflur entlang geht) mit Dusche und WC, einen Heizkörper zu installieren, welcher in der Lage ist, den Raum innerhalb einer halben Stunde nach Aufdrehen des Thermostates auf mindestens 21 °C zu erwärmen;
2. den auf dem Grundstück „Q, Q“ errichteten Fahnenmast zu entfernen bzw. entfernen zu lassen;
3. festzustellen, dass die Kläger berechtigt sind, die Miete für die im Antrag zu Ziffer 1. bezeichnete Wohnung bis zur Beseitigung der in Ziffer 2 genannten Mängel um 20 %, mithin um monatlich 112,00 Euro zu mindern und in Höhe von weiteren 20 %, mithin in Höhe von 112,00 Euro von ihrem Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Mietzahlungen Gebrauch zu machen;
4. den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 112,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem auf die Rechtshängigkeit folgenden Tag zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte weist das Begehren der Kläger vollumfänglich zurück. Er ist der Ansicht, dass den Klägern kein Anspruch auf Installation eines anderen, vermeintlich leistungsfähigeren Heizkörpers zustehe. Hierzu behauptet er, dass es sich bei dem Raum, welcher das weitere WC und die weitere Dusche beherberge, lediglich um eine Waschküche handele. Diese sei in der Wohnfläche von 90 m² nicht enthalten. Bereits die bauliche Beschaffenheit spreche gegen die Einordnung als (zweites) Badezimmer. So sei dieser nur unzureichend gedämmt und isoliert, zudem das Dach nur notdürftig mit Eternitplatten ausgelegt. Der Heizkörper sei allein deshalb installiert worden, um etwaige Frostschäden im Winter zu vermeiden. Ursprünglich habe es sich um eine Gemeinschaftseinrichtung gehandelt, welche unter anderem dazu gedient habe, den Hausbewohnern nach der Gartenarbeit die Möglichkeit zu geben, sich bereits dort und nicht erst in der Wohnung zu waschen. Von dem Fahnenmast gingen keine relevanten Störungen aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Klage ist dem Beklagten am 14.03.2021 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1)
Der mit dem Klageantrag zu 1) geltend gemachte Anspruch steht den Klägern unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Ein solcher folgt insbesondere nicht aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Danach ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache während der Dauer des Mietverhältnisses in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Dieser richtet sich nach dem Zustand der Mietsache bei Vertragsschluss sowie danach, was die Parteien als vertragsgemäß vereinbart haben (siehe Eisenschmid in Schmidt-Futterer, 14. Auflage, § 535 BGB Rdnr. 48).
Dies zugrunde gelegt, haben die Kläger vorliegend schon nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass sich die Mietsache in einem nicht vertragsgemäßen Zustand befindet.
Zwar haben sie behauptet, dass der als (zweites) Bade- und Bügelzimmer genutzte separate Raum nicht ordnungsgemäß beheizt werden könne, weil sich mit dem vorhandenen Heizkörper nur mehr eine Innenraumtemperatur von 18 °C (bei einer Außentemperatur von 15 °C) bzw. 13 °C (bei einer Außentemperatur von 1 °C) erreichen lasse. Derartige Temperaturen würden die sogenannte Behaglichkeitstemperatur von 20 °C (Wohnräume) bis 22 °C (Badezimmer), welche zur Aufrechterhaltung eines vertragsgemäßen Zustands zwingend einzuhalten ist, auch empfindlich unterschreiten. Allerdings handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Raum nicht um einen Wohnraum oder gar ein Badezimmer im engeren Sinne, sondern lediglich um einen Raum, der nach entsprechender Widmung durch die Kläger wie ein Wohnraum oder Badezimmer genutzt wird. Dem steht nicht entgegen, dass nach § 1 des Vertrages nicht nur ein WC mit Bad, sondern auch ein weiteres WC sowie eine weitere Dusche zur Verfügung gestellt worden sind. Vielmehr spricht die Gesamtschau des Vertrages und des Übergabeprotokolls, in welchem der streitgegenständliche Raum nur als Waschküche bezeichnet worden ist, dafür, dass die Parteien seinerzeit zwar über die Nutzung dieses Raums – welcher ein WC und eine Dusche beinhaltet – als solche einig geworden sind, ohne jedoch den für ein Badezimmer üblichen Standard zu vereinbaren. Hierfür spricht auch, dass der streitgegenständliche Raum nicht unmittelbar mit der Wohnung verbunden, sondern allein über das Treppenhaus zugänglich ist, was einer intuitiven Nutzung als (zweites) Badezimmer – jedenfalls vor dem Hintergrund einer weiteren in diesem Objekt lebenden Mietpartei – entgegensteht. Auch die bauliche Beschaffenheit des Raums, welche den Lichtbildern zu entnehmen und in ihrer äußeren Gestalt allenfalls einem Kellerraum vergleichbar ist, spricht gegen eine vertraglich avisierte Nutzung als (zweites) Badezimmer. Das schlichte Vorhandensein eines WCs sowie einer Dusche sind zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls nicht ausreichend, einen entsprechenden Wohnwert zu definieren, da der Zweck derartiger Einrichtungen – worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat – auch mit der Gartennutzung in Verbindung stehen kann. Vor diesem Hintergrund bedarf es der Einhaltung der sogenannten Behaglichkeitstemperatur von 20 bis 22 °C vorliegend nicht.
Daneben entspricht die Erreichbarkeit einer Temperatur von 20 bis 22 °C auch nicht deshalb dem vertragsgemäßen Zustand, weil es unter Verwendung des alten Heizkörpers möglich gewesen wäre, den Raum auf eine entsprechende Temperatur zu erwärmen. Dergleichen haben die Kläger zwar behauptet, aber nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Insofern ist die pauschale Behauptung, dass der ursprüngliche Heizkörper hinreichend leistungsfähig gewesen sei, eine entsprechende Temperatur zu erzielen, nicht ausreichend. Die Kläger hätten vielmehr im Einzelnen darlegen müssen, unter welchen Bedingungen und zu welchen Zeitpunkten sie die Temperaturen in jenem Raum gemessen haben. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass der Mieter seiner Darlegungslast im Hinblick auf einen Mietmangel bereits dann genügt, wenn er diesen benennt (siehe BGH, Beschluss vom 27.07.2016, Az. XII ZR 59/14 m. w. N.). Dieser Maßstab gilt aber nur dann, wenn der vertraglich geschuldete Zustand als solcher unumstritten ist. Ist dagegen – wie hier – streitig, worin der vermeintlich vertragsgemäße Zustand überhaupt besteht, so ist es weiterhin Sache des Mieters, den seiner Ansicht nach geschuldeten Standard unter möglichst präziser Darlegung der hierfür erforderlichen Anknüpfungstatsachen vorzutragen. Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Kläger nicht.
2)
Auch der mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachte Anspruch steht den Klägern unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Ein solcher folgt insbesondere nicht aus §§ 535 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB. Danach ist der Vermieter zwar verpflichtet, erhebliche Störungen, welche von anderen Mietern ausgehen, zu unterbinden. Erhebliche Störungen sind jedoch nur dann anzunehmen, wenn sie das von den Mietern hinzunehmende, zulässige Maß überschreiten. Vorliegend sind derartige Störungen indes nicht ersichtlich. Soweit die Kläger die Auffassung vertreten, der Fahnenmast mitsamt der hieran befestigten Flaggen bewirke eine nicht hinzunehmende Störung des Gebrauchs der Mietsache, und hierzu vorbringen, dass sich diese Störung neben der optischen Beeinträchtigung vor allem in einem verringerten Lichteinfall sowie einer erhöhten Lärmbelästigung durch das Flattern der Fahnen im Wind äußere, vermag das Gericht hierin allenfalls vorübergehende Unannehmlichkeiten zu erkennen.
Der von den Klägern behauptete Schattenwurf lässt sich angesichts der Position des Fahnenmastes und der räumlichen Dimensionen der daran befestigten Flaggen schon nicht sicher feststellen. Denn der Fahnenmast befindet sich etwa 3,5 Meter von der Hauswand des Wohnhauses entfernt und wird vornehmlich mit Fahnen beflaggt, die eine Gesamtgröße von 1,0 × 0,6 m aufweisen, bei Windstille jedoch gerade herunterhängen, mithin nicht in voller Ausdehnung zu sehen sind. Auch eine Beeinträchtigung des Ausblicks ist mit selbiger Begründung abzulehnen. Gleiches gilt für den behaupteten Lärmpegel. Zwar ist das Flattern einer Fahne im Wind – zumal bei Nässe oder starken Böen – durchaus geeignet, eine gewisse Geräuschkulisse hervorzurufen, die im Einzelfall als störend empfunden werden kann. Das Ausmaß der Störungen und Immissionen ist jedoch insgesamt nicht ausreichend, ein Einschreiten des Beklagten zu begründen.
Soweit die Kläger schließlich darauf abstellen, dass die Flaggen, welche an dem Fahnenmast befestigt werden, Bezüge zur römisch-katholischen Kirche aufweisen, welcher sie kritisch gegenüberstehen, gebietet dies ungeachtet der negativen Religionsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.05.1949 keine andere Wertung. Denn dies würde – wiewohl es einer näheren Auseinandersetzung mit dieser Frage angesichts des eindeutigen Antrags der Kläger nicht bedarf – nicht den Fahnenmast als solchen, sondern allenfalls die im Einzelnen daran befestigten Flaggen betreffen.
3)
Auch der mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachte Feststellungsanspruch steht den Klägern unter keinem erdenklichen rechtlichen Gesichtspunkt zu.
Ein solcher folgt insbesondere nicht aus §§ 535 Abs. 1, 536 Abs. 1 BGB. Gemäß § 536 Abs. 1 S. 2 BGB ist der vereinbarte Mietzins kraft Gesetzes gemindert, wenn die Mietsache zur Zeit der Überlassung an den Mieter einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch entweder aufhebt oder mindert oder wenn ein solcher Mangel während der Mietzeit entsteht. Die Mietsache ist mangelhaft, wenn ihre tatsächliche Beschaffenheit hinter der vertraglich vereinbarten Sollbeschaffenheit zurückbleibt (siehe BGH, Urteil vom 15.12.2010, Az. XII ZR 132/09 m. w. N.). Ob dies der Fall ist, bestimmt sich in erster Linie nach den Vereinbarungen der Vertragsparteien. Soweit es an entsprechenden Vereinbarungen zur Beschaffenheit der Mietsache fehlt, richtet sich die nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB anzustrebende Sollbeschaffenheit nach den Erfordernissen des vertragsgemäßen Gebrauchs. Zur exakten Bestimmung des vertragsgemäßen Gebrauchs ist – in Ermangelung einer prononcierten Niederlegung – auf die Verkehrsanschauung zurückzugreifen (siehe BGH, Urteil vom 19.12.2012, Az. VIII ZR 152/12 m. w. N.). Ein Mangel der Mietsache liegt jedoch nach den vorstehenden Ausführungen nicht vor.
4)
Aus denselben Erwägungen steht den Klägern auch kein Anspruch auf Zahlung von 112,00 Euro aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB gegen den Beklagten zu.
II)
Die Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
III)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, jene zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
IV)
Der Streitwert wird auf 5.000,00 festgesetzt.