Skip to content
Menü

Behinderter Mieter darf Therapie-Hund halten jedoch keinen Hundezaun errichten

Ein kleiner Zaun für einen Assistenzhund auf der Gemeinschaftsrasenfläche entzündete einen Rechtsstreit. Eine schwerbehinderte Mieterin hatte die Einfriedung für ihr Tier errichtet, das für sie lebenswichtig ist. Doch das Amtsgericht zieht nun deutliche Grenzen für die Nutzung gemeinsamer Außenbereiche durch einzelne Mieter. Das Urteil wirft ein Schlaglicht auf die Frage der Barrierefreiheit im Mietrecht.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 31 C 153/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Brandenburg an der Havel
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Antidiskriminierungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Die Vermieterin, die die Beseitigung eines Zauns auf der gemeinschaftlichen Rasenfläche verlangte, den die Mieterin errichtet hatte.
  • Beklagte: Die Mieterin, die den Zaun errichtete, sich auf ihre Schwerbehinderung und einen Assistenzhund berief und argumentierte, die bauliche Veränderung sei nach dem Mietrecht und dem Gleichbehandlungsgesetz zulässig oder erforderlich.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Mieterin mit Behinderung errichtete einen Zaun auf der gemeinschaftlichen Rasenfläche neben ihrer gemieteten Terrasse. Die Vermieterin verlangte die Beseitigung des Zauns.
  • Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob eine Mieterin die Errichtung eines Zauns auf einer gemeinschaftlichen Fläche zur Nutzung mit ihrem Assistenzhund verlangen oder beibehalten kann. Insbesondere ging es darum, ob das Recht zur behindertengerechten Anpassung der Mietsache auch Gemeinschaftsflächen umfasst, die nicht mitvermietet sind.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das ursprüngliche Versäumnisurteil, das die Mieterin zur Entfernung des Zauns verpflichtete, wurde aufrechterhalten. Die Mieterin hat die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  • Begründung: Die gemeinschaftliche Rasenfläche ist nicht Teil des Mietvertrags. Die Nutzung solcher Flächen ist eine Widerrufliche Gefälligkeit des Vermieters. Die Errichtung des Zauns stellt eine unzulässige Eigennutzung der Gemeinschaftsfläche dar. Das Recht auf behindertengerechte Anpassung (§ 554 BGB) bezieht sich nicht auf eine räumliche Erweiterung der Mietfläche auf Gemeinschaftsflächen.
  • Folgen: Die Mieterin muss den Zaun entfernen. Das Urteil stellt klar, dass behinderungsbedingte Anpassungen im Mietrecht nicht automatisch zur privaten Nutzung von gemeinschaftlichen Flächen berechtigen.

Der Fall vor Gericht


Gerichtsurteil Zaun Assistenzhund: Mieterin muss Einfriedung auf Gemeinschaftsfläche entfernen – § 554 BGB greift nicht

Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel hat entschieden, dass eine Mieterin mit Behinderung keinen Anspruch auf die Errichtung und Beibehaltung eines Zauns auf einer gemeinschaftlichen Rasenfläche hat, auch wenn dieser Zaun ihrem Assistenzhund zugutekommen soll.

Vermieterin am Zaun blickt verärgert auf Mieterin mit Assistenzhund auf Terrasse vor Mietshaus
Mieterin baut ohne Zustimmung Zaun auf Gemeinschaftsrasen für ihren Assistenzhund, Ärger mit Vermieterin. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Gericht stellte klar, dass die Nutzung von Gemeinschaftsflächen durch Mieter oft nur auf einer widerruflichen Gefälligkeit des Vermieters beruht und der Paragraf 554 des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 554 BGB), der bauliche Veränderungen für eine behindertengerechte Nutzung regelt, keine räumliche Erweiterung des Mietgebrauchs auf Gemeinschaftsflächen erlaubt. Die Vermieterin konnte daher erfolgreich die Beseitigung des Zauns verlangen.

Ausgangslage: Streit um Zaun für Therapiehund auf gemeinschaftlicher Rasenfläche des Mietshauses

Die Auseinandersetzung entzündete sich an einer Erdgeschosswohnung, die die betroffene Mieterin seit dem 1. April 2024 bewohnt. Zu dieser Wohnung gehört laut Mietvertrag vom 27. Februar 2024 auch eine ebenerdige Terrasse. Diese Terrasse grenzt unmittelbar an eine Rasenfläche, die allen Mietern des Hauses als Gemeinschaftsfläche zur Verfügung steht. Die Mieterin hatte gegen ein früheres Versäumnisurteil, das bereits ihre Verpflichtung zur Beseitigung des Zauns feststellte, fristgerecht Einspruch eingelegt, weshalb der Fall nun erneut verhandelt wurde.

Die Vermieterin trug vor, die Mieterin habe ohne ihre ausdrückliche Zustimmung auf der gemeinschaftlichen Rasenfläche hinter der Terrasse einen etwa hüfthohen Zaun mit den Maßen von circa 4 x 4 Metern errichtet. Sie habe zwar zuvor mündlich eine „optische Abgrenzung“ für das Aufstellen von Sitzgelegenheiten auf der Terrasse erlaubt, jedoch keinesfalls die Errichtung dieses spezifischen Zauns. Nach Ansicht der Vermieterin diente der Zaun offensichtlich dazu, dem Hund der Mieterin einen eingegrenzten Auslauf zu ermöglichen. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass der Hund innerhalb des eingezäunten Bereichs seine Notdurft verrichte, was zu Hundekot auf dem Rasen führe. Dies stelle einen vertragswidrigen Gebrauch dar, beeinträchtige ihr Eigentum und störe das äußere Erscheinungsbild der Wohnanlage. Die Vermieterin hatte die Mieterin mehrfach schriftlich (am 20. Juni 2024, 2. August 2024 und 2. September 2024) erfolglos zur Beseitigung des Zauns aufgefordert.

Die Mieterin argumentierte hingegen, die Errichtung des Zauns sei ihr vom zuständigen Mitarbeiter der Hausverwaltung bei der Wohnungsübergabe mündlich genehmigt worden. Sie verwies darauf, dass auch andere Mieter im Erdgeschoss ähnliche Abgrenzungen vorgenommen hätten. Ein zentraler Punkt ihrer Verteidigung war ihre Schwerbehinderung; sie ist auf einen Rollstuhl angewiesen und leidet laut ärztlichem Attest vom 7. April 2025 unter anderem an Epilepsie, Herzklappeninsuffizienz und Bluthochdruck. Ihr Hund sei ein zertifizierter „Assistenz-Hund“ bzw. „Therapie-Hund“, der für sie lebensnotwendig sei, da er auf ihre gesundheitlichen Zustände reagiere und sie beispielsweise vor epileptischen Anfällen warne. Der Zaun, so die Mieterin, diene dazu, ihrem Hund ein geringes Maß an Auslauf zu ermöglichen, insbesondere dann, wenn sie aufgrund ihrer körperlichen Einschränkungen, schlechten Wetters oder fehlender Unterstützung durch Bekannte nicht selbst mit dem Hund „Gassi“ gehen könne. Etwaigen Hundekot bezeichnete sie als selten und unerheblich. Sie berief sich auf § 554 BGB (Barrierefreiheit) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wonach bauliche Veränderungen für eine behindertengerechte Nutzung zu dulden seien und eine Benachteiligung wegen einer Behinderung ohne sachlichen Grund unzulässig sei. Die Mieterin gab an, den Zaun zwischenzeitlich teilweise zurückgebaut und auf etwa 3×4 Meter verkleinert sowie einen vorher vorhandenen Blickschutz entfernt zu haben. Es handle sich nunmehr um dünnen Hasendraht, der an Pflanzstäben befestigt sei und kaum als störender Zaun wahrgenommen werde, das Erscheinungsbild der Anlage werde nicht beeinträchtigt. Sie wies darauf hin, dass andere Mieter teils massivere Zäune aus Holz oder Stabmatten errichtet und teilweise sogar Flächen gepflastert hätten. Das Abstellen von Gartenutensilien oder Erde auf ihrer Terrasse sei zudem vertragsgemäß.

Kern des Streits: Darf die Mieterin die Gemeinschaftsfläche einzäunen und für sich beanspruchen?

Im Mittelpunkt der juristischen Auseinandersetzung stand die Frage, ob die Mieterin das Recht hatte, einen Teil der gemeinschaftlichen Rasenfläche für die Haltung ihres Assistenzhundes einzuzäunen und somit faktisch für sich allein zu beanspruchen. Dabei ging es insbesondere um die Auslegung des Mietvertrags, die Reichweite von Duldungspflichten des Vermieters bei behinderten Mietern gemäß § 554 BGB und dem AGG sowie um die Frage, ob eine eventuell erteilte mündliche Genehmigung eine dauerhafte rechtliche Grundlage für den Zaun schaffen konnte oder als bloße, jederzeit widerrufliche Gefälligkeit zu werten sei. Die Vermieterin pochte auf ihr Eigentumsrecht und die Einhaltung des Mietvertrags, der die Rasenfläche nicht als exklusiven Bestandteil der gemieteten Wohnung auswies.

Die Entscheidung des Gerichts: Zaun muss weg – Vermieterin obsiegt im Rechtsstreit

Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel hielt das ursprüngliche Versäumnisurteil aufrecht. Das bedeutet, die Mieterin ist verpflichtet, den Zaun von der Gemeinschaftsfläche zu entfernen. Darüber hinaus muss die Mieterin die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, was bedeutet, dass die Vermieterin die Beseitigung des Zauns auch dann durchsetzen könnte, wenn die Mieterin Berufung einlegt. Die Berufung wurde vom Gericht zugelassen, sodass der Fall möglicherweise in der nächsten Instanz weiterverhandelt wird. Der Streitwert für dieses Verfahren wurde auf 100,00 Euro festgesetzt.

Begründung des Urteils: Vertragsgemäßer Gebrauch und die Grenzen des § 554 BGB bei Gemeinschaftsflächen

Das Gericht begründete seine Entscheidung umfassend und stützte den Anspruch der Vermieterin auf Entfernung des Zauns primär auf § 541 BGB. Dieser Paragraph gewährt dem Vermieter einen Unterlassungsanspruch, wenn der Mieter die Mietsache vertragswidrig gebraucht. Dieser Unterlassungsanspruch umfasst auch die Pflicht zur Beseitigung des vertragswidrigen Zustands. Nach Auffassung des Gerichts lag ein solcher objektiv Vertragswidriger Gebrauch der Mietsache durch die Mieterin vor.

Gemeinschaftsfläche nicht mitvermietet – Nutzung als widerrufliche Gefälligkeit des Vermieters

Ein entscheidender Punkt war, dass die umstrittene Rasenfläche unstreitig nicht Teil des eigentlichen Mietgegenstands gemäß dem schriftlichen Mietvertrag vom 27. Februar 2024 ist. Lediglich die Terrasse wurde explizit mitvermietet. Die angrenzende Gemeinschaftsfläche wurde der Mieterin, wie allen anderen Mietern auch, lediglich als Gemeinschaftseinrichtung zur Mitbenutzung überlassen. Diese Mitbenutzung schließt zwar grundsätzlich die Nutzung als Sitzgelegenheit ein, bedeutet aber nicht, dass die Fläche zur alleinigen Nutzung überlassen wäre oder nach den individuellen Vorstellungen eines einzelnen Mieters gestaltet, insbesondere eingezäunt und exklusiv genutzt werden darf. Für die Mieterin sei von Anfang an erkennbar gewesen, dass die Gemeinschaftsfläche nicht zu ihrer Wohnung gehört.

Das Gericht stellte fest, dass der errichtete Zaun aus dünnem Hasendraht mit Pflanzstäben nicht als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks im Sinne des § 94 BGB anzusehen ist. Vielmehr stehe der Zaun im Eigentum der Mieterin (§ 95 BGB), da er lediglich zu einem vorübergehenden Zweck – nämlich der Nutzung durch den Hund – errichtet wurde.

Ein Recht der Mieterin, den Zaun zu errichten und beizubehalten, ergebe sich weder aus dem Mietvertrag selbst noch aus etwaigen Nebenabreden oder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Eine stillschweigende Erlaubnis durch die Vermieterin sei zweifelhaft und wäre jedenfalls nach nur etwa vier Monaten (bis zur ersten Abmahnung durch die Vermieterin) noch nicht als etabliert anzusehen. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben stehe dem Beseitigungsverlangen der Vermieterin nicht entgegen, da die Mieterin trotz mehrfacher Abmahnungen den Zaun nicht entfernt habe.

Eine etwaige mündliche Gestattung einer „optischen Abgrenzung“ für Sitzgelegenheiten durch einen Mitarbeiter der Hausverwaltung wertete das Gericht lediglich als eine außervertragliche Gefälligkeit und nicht als eine verbindliche Leihe oder eine Zuweisung eines Sondernutzungsrechts im Rahmen des Mietverhältnisses. Der Mietvertrag begründe keine Pflicht der Vermieterin, der Mieterin einen Teil der gemeinschaftlichen Grünfläche zusätzlich zur alleinigen Nutzung zur Verfügung zu stellen. Eine solche Gefälligkeitsgestattung könne der Vermieter jederzeit widerrufen oder aufkündigen. An das Vorliegen eines Widerrufsgrundes seien dabei keine hohen Anforderungen zu stellen; ein vernünftiger Grund genüge. Ein solcher Grund liege hier beispielsweise darin, dass die Vermieterin einem durch den Zaun geschädigten Dritten (z.B. einem anderen Mieter oder Besucher) zum Schadensersatz verpflichtet sein könnte. Zudem widerspreche es nicht dem billigen Ermessen der Vermieterin, einen „Reservierungseffekt“ bestimmter Gemeinschaftsflächen durch den Zaun zu verhindern und potenzielle Schäden am Rasen zu vermeiden.

§ 541 BGB: Anspruch auf Beseitigung bei vertragswidrigem Gebrauch der Mietsache

Der zentrale Anspruch der Vermieterin auf Beseitigung des Zauns leitet sich aus § 541 BGB ab. Diese Vorschrift besagt, dass der Vermieter auf Unterlassung klagen kann, wenn der Mieter einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt. Das Gericht sah die Errichtung des Zauns auf der nicht mitvermieteten Gemeinschaftsfläche und die damit verbundene alleinige Inanspruchnahme als einen solchen vertragswidrigen Gebrauch an.

§ 554 BGB und Behindertengleichstellungsgesetz (AGG): Keine räumliche Erweiterung des Mietgebrauchs auf Gemeinschaftsflächen

Das Gericht erkannte ausdrücklich die Bedeutung des Therapiehundes für die Gesundheit der Mieterin an und würdigte, dass dieser Hund wohl auch die Funktion habe, ihre körperliche Behinderung zu kompensieren. Es verwies auf Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wonach niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf. Diese Grundsätze strahlen auf zivilrechtliche Normen aus und können ein größeres Maß an Rücksichtnahme für behinderte Mieter gebieten. Daher, so das Gericht, könnte die Vermieterin beispielsweise nicht verlangen, dass die Mieterin den Therapiehund nicht in der Wohnung oder auf der mitgemieteten Terrasse hält.

Die Vermieterin verlangte jedoch nicht die Abschaffung des Hundes, sondern lediglich die Entfernung des Zaunes von der Gemeinschaftsfläche. Der Zaun diene zwar in gewissem Maße der behinderten Mieterin bei der Haltung ihres Hundes. Allerdings, und das war der entscheidende Punkt für das Gericht, fällt eine räumliche Erweiterung des Gebrauchsrechts des Mieters – wie die Einfriedung eines Teils der Gemeinschaftsfläche – nicht unter den Anwendungsbereich des § 554 BGB. Diese Norm sei auf bauliche Veränderungen der Mietsache selbst oder des Zugangs zur Mietsache beschränkt. Ein Anspruch auf Erlaubnis für solche räumlichen Erweiterungen auf Gemeinschaftsflächen bestehe nicht, da der Eingriff in die Vertragsfreiheit des Vermieters und die Rechte anderer Mieter zu weit ginge. Die Mieterin könne daher nicht verlangen, dass ihr mit dem Zaun ein Teil der Gemeinschaftsfläche zum Alleingebrauch überlassen wird, damit sie den Hund dort besser ausführen kann. Der Zaun wird von § 554 BGB aus diesem Grund schlicht nicht erfasst.

Interessenabwägung: Berücksichtigung der Rechte anderer Mieter im Rahmen von § 554 BGB

Selbst wenn man den Zaun als eine Maßnahme im Sinne des § 554 BGB ansehen würde – was das Gericht verneinte –, bestünde nach Ansicht des Gerichts auch dann kein Anspruch der Mieterin, wenn die Maßnahme der Vermieterin unter Würdigung der Interessen der Mieterin und insbesondere der Interessen anderer Mieter nicht zugemutet werden kann. Die Interessen der anderen Mieter (Mitbenutzung der gesamten Gemeinschaftsfläche, Vermeidung von „Reservierungseffekten“ durch einzelne Mieter, gegebenenfalls sogar Mietminderungsrechte, wenn Gemeinschaftsflächen nicht mehr wie vereinbart nutzbar sind) seien hier zu berücksichtigen. Die Vermieterin dürfe nicht zu einem vertragswidrigen Verhalten gegenüber anderen Mietern gezwungen werden.

Fehlende zwingende Notwendigkeit des Zauns für den Assistenzhund aus Sicht des Gerichts

Darüber hinaus sei die Notwendigkeit des Zaunes im Sinne einer zwingend erforderlichen Anpassung für die Hundehaltung nicht ausreichend dargelegt worden. Die Mieterin habe selbst eingeräumt, der Zaun sei errichtet worden, damit der Hund „besser“ ins Freie gelangen könne. Dass der Hund ohne den Zaun (beispielsweise mit einer längeren Leine, unter Aufsicht oder mit Hilfe Dritter) nicht ins Freie gelangen könnte, sei weder behauptet noch sonst ersichtlich. Eine gesundheitliche Abhängigkeit der Mieterin vom Vorhandensein dieses spezifischen Zauns fehle damit wohl, was auch im Rahmen einer Interessenabwägung nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) relevant sei.

Kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) durch die Vermieterin

Auch der von der Mieterin angeführte Grundsatz des § 20 Absatz 1 AGG (Verbot der Benachteiligung) greife hier nicht ein. Zwar sei § 554 BGB eine positive Norm im Sinne des § 5 AGG, die darauf abzielt, behinderungsbedingte Nachteile zu beseitigen. Eine Benachteiligung durch das Unterlassen der Erlaubniserteilung für den Zaun könnte vorliegen, wenn ein gesetzlich eingeräumter Vorteil (hier: aus § 554 BGB) vorenthalten würde. Da der Zaun jedoch, wie ausgeführt, keine bauliche Maßnahme im Sinne des § 554 BGB darstelle, weil er eine unzulässige räumliche Erweiterung des Gebrauchsrechts auf Gemeinschaftsflächen bedeute, habe die Mieterin keinen Anspruch aus § 554 BGB, dessen Vorenthaltung eine Benachteiligung begründen könnte. Die Argumentation der Mieterin, dass etwaige „Risiken“ des Zaunes (z.B. eine von ihr bestrittene Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes) keine hinreichenden sachlichen Gründe zur Verweigerung einer eigentlich nach § 554 BGB geschuldeten Erlaubnis seien, sei hier nicht relevant, da der Zaun eben grundsätzlich nicht unter den Anwendungsbereich des § 554 BGB falle.

Fazit: Grenzen der behindertengerechten Anpassung im Mietrecht bei Gemeinschaftseigentum

Das Urteil des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel verdeutlicht die Grenzen der Duldungspflicht von Vermietern bei behindertengerechten Anpassungen durch Mieter, insbesondere wenn es um die Inanspruchnahme von Gemeinschaftsflächen geht. Während die Haltung eines Assistenzhundes in der Wohnung und auf der Terrasse als Teil des berechtigten Interesses einer schwerbehinderten Mieterin anerkannt wird und durch Regelungen wie § 554 BGB und das AGG geschützt ist, erstreckt sich dieser Schutz nicht automatisch auf die eigenmächtige räumliche Erweiterung des Mietgebrauchs auf nicht mitvermietete Gemeinschaftsflächen. Eine solche Nutzung bedarf einer klaren vertraglichen Grundlage oder einer Zustimmung des Vermieters, die über eine bloße, widerrufliche Gefälligkeit hinausgeht. Die Entscheidung unterstreicht, dass § 554 BGB primär bauliche Veränderungen an der Mietsache selbst oder deren Zugang betrifft, nicht aber die Aneignung von Gemeinschaftseigentum, auch wenn dies der Erleichterung der Tierhaltung dient. Die Interessen anderer Mieter an der uneingeschränkten Nutzung von Gemeinschaftsflächen spielen dabei ebenfalls eine gewichtige Rolle.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass behinderte Mieter zwar grundsätzlich das Recht haben, ihre Wohnung behindertengerecht anzupassen (§ 554 BGB), dieses Recht aber nicht die Nutzung von Gemeinschaftsflächen einschließt. Selbst für einen Assistenzhund darf eine Mieterin keine gemeinschaftliche Rasenfläche eigenmächtig einzäunen – solche Nutzungen sind lediglich widerrufliche Gefälligkeiten des Vermieters und können jederzeit untersagt werden. Die Entscheidung unterstreicht, dass die Rechte aller Mieter an Gemeinschaftsflächen geschützt werden müssen und bauliche Veränderungen für behindertengerechte Nutzung nur die eigentliche Mietsache betreffen können.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Dürfen Mieter Gemeinschaftsflächen einfach so für sich nutzen?

Gemeinschaftsflächen in einem Wohnhaus sind Bereiche, die allen Mietern und oft auch dem Vermieter zur gemeinsamen Nutzung dienen. Dazu gehören zum Beispiel Treppenhäuser, Flure, Waschküchen, Trockenräume, Gärten oder auch Fahrradkeller.

Die Nutzung dieser Flächen ist in der Regel nicht beliebig und nicht zur alleinigen, dauerhaften oder übermäßigen Beanspruchung durch einen einzelnen Mieter gedacht. Sie sind vielmehr für den Zweck bestimmt, der ihrer Art entspricht und allen Hausbewohnern zugutekommt, ohne andere zu behindern.

Was für Sie wichtig ist: Sie dürfen Gemeinschaftsflächen nicht einfach so für Ihre persönlichen Zwecke umwidmen oder dauerhaft mit eigenen Gegenständen belegen, ohne dass es dafür eine grundsätzliche Regelung oder eine Zustimmung gibt.

Regeln und Vereinbarungen sind entscheidend

Oft finden sich Regelungen zur Nutzung der Gemeinschaftsflächen bereits in Ihrem Mietvertrag oder in der Hausordnung. Dort kann zum Beispiel stehen, wo Fahrräder abgestellt werden dürfen oder dass Wäsche nur im Trockenraum getrocknet werden soll.

Möchten Sie eine Gemeinschaftsfläche auf eine Weise nutzen, die über die allgemeine, für alle geltende Nutzung hinausgeht oder nicht ausdrücklich erlaubt ist (z.B. das Aufstellen eigener Blumentöpfe im Treppenhaus, die Lagerung persönlicher Dinge im Kellerflur oder die Nutzung eines Teils des Gartens als private Fläche), benötigen Sie dafür in der Regel die Erlaubnis des Vermieters.

Eine schriftliche Vereinbarung mit dem Vermieter oder eine entsprechende Regelung in der Hausordnung ist dabei sehr empfehlenswert. Mündliche Absprachen sind zwar rechtlich auch bindend, aber im Streitfall oft schwer nachweisbar. Eine schriftliche Klarstellung schafft Sicherheit für beide Seiten.

Einschränkungen und Rücksichtnahme

Selbst bei erlaubter Nutzung dürfen andere Mieter nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Fluchtwege (wie Flure und Treppenhäuser) müssen beispielsweise immer frei bleiben. Auch Lärm oder starke Gerüche, die von der Nutzung ausgehen, können unzulässig sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Nutzung von Gemeinschaftsflächen unterliegt klaren Regeln, die für alle Mieter gelten. Eine alleinige oder erweiterte Nutzung über den Gemeinschaftszweck hinaus bedarf in der Regel einer Erlaubnis und sollte am besten schriftlich festgehalten werden. Dies hilft, Konflikte zu vermeiden und ein gutes Miteinander im Haus zu gewährleisten.


zurück

Was bedeutet „vertragswidriger Gebrauch“ der Mietsache und welche Folgen hat er?

Wenn Sie eine Wohnung oder andere Räume mieten, dürfen Sie diese nutzen. Dieses Nutzungsrecht ist aber nicht grenzenlos. Es ist im Mietvertrag und durch die gesetzlichen Regelungen zum Mietrecht festgelegt. Der „vertragswidrige Gebrauch“ bedeutet, dass Sie die gemietete Sache – also Ihre Wohnung, aber auch Gemeinschaftsflächen wie Treppenhaus, Keller oder Garten – anders nutzen, als es im Mietvertrag vereinbart ist oder der üblichen, zweckbestimmten Nutzung entspricht.

Es geht dabei um Handlungen oder Unterlassungen, die über den normalen Gebrauch hinausgehen und die Rechte des Vermieters oder anderer Mieter beeinträchtigen.

Was fällt unter vertragswidrigen Gebrauch?

Vertragswidriger Gebrauch liegt vor, wenn Sie die Mietsache in einer Weise nutzen, die nicht gestattet ist oder andere unzumutbar stört. Beispiele dafür können sein:

  • Lärmbelästigung: Deutlich über das normale Maß hinausgehender Lärm, besonders außerhalb der Ruhezeiten.
  • Unerlaubte bauliche Veränderungen: Eingriffe in die Bausubstanz oder das Erscheinungsbild der Wohnung ohne Zustimmung des Vermieters (z.B. Wände einreißen, neue Bäder einbauen).
  • Unerlaubte Tierhaltung: Wenn im Mietvertrag die Haltung bestimmter Tiere (insbesondere größerer oder gefährlicher Tiere) verboten ist oder von der Zustimmung des Vermieters abhängt und diese nicht vorliegt.
  • Gewerbliche Nutzung: Wenn die Wohnung ausschließlich zum Wohnen vermietet wurde, Sie sie aber überwiegend für ein Gewerbe nutzen, das nicht wohngebietsüblich ist oder andere stört (z.B. laute Werkstatt).
  • Überbelegung: Wenn dauerhaft deutlich mehr Personen in der Wohnung leben als vertraglich vorgesehen und die Wohnung dafür geeignet ist, und dies zu Beeinträchtigungen führt.
  • Störung des Hausfriedens: Verhalten, das das Zusammenleben im Haus erheblich beeinträchtigt und über normale Nachbarschaftsstreitigkeiten hinausgeht (z.B. Bedrohung, Vandalismus in Gemeinschaftsflächen).
  • Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht: Wenn Sie die Wohnung nicht pfleglich behandeln und dadurch Schäden entstehen, die über normale Abnutzung hinausgehen.
  • Blockieren von Gemeinschaftsflächen: Dauerhaftes Abstellen von Gegenständen (Fahrräder, Müllsäcke, Möbel) im Treppenhaus oder anderen gemeinsam genutzten Bereichen, wenn dies nicht gestattet ist und Fluchtwege blockiert oder andere stört.

Entscheidend ist immer der Einzelfall und was im Mietvertrag vereinbart wurde. Was bei einer Nutzung als vertragswidrig gilt, hängt auch von der Art des Mietvertrags (Wohnraummiete, Gewerbemiete) und den örtlichen Gegebenheiten ab.

Welche Folgen kann vertragswidriger Gebrauch haben?

Wenn Sie die Mietsache vertragswidrig gebrauchen, kann das verschiedene Konsequenzen haben.

Der Vermieter wird Sie in der Regel zunächst abmahnen. Eine Abmahnung ist eine schriftliche Aufforderung, das beanstandete Verhalten sofort einzustellen und zukünftig zu unterlassen. Sie dient als Warnung und gibt Ihnen die Chance, den vertragsgemäßen Zustand wiederherzustellen.

Stellen Sie das vertragswidrige Verhalten trotz Abmahnung nicht ein oder liegt ein besonders schwerwiegender Fall vor, der eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses rechtfertigt (z.B. erhebliche Zerstörung der Mietsache, schwere Störung des Hausfriedens), kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen. Je nach Schwere des Verstoßes kann es sich um eine ordentliche Kündigung (mit gesetzlicher Frist) oder in Ausnahmefällen sogar um eine außerordentliche fristlose Kündigung handeln.

Zusätzlich kann der Vermieter unter bestimmten Umständen Schadensersatz verlangen, wenn durch den vertragswidrigen Gebrauch Schäden an der Mietsache entstanden sind.

Für Sie als Mieter bedeutet vertragswidriger Gebrauch also ein potenzielles Risiko, das Mietverhältnis zu gefährden und finanzielle Folgen zu haben. Es ist wichtig, die Regelungen im Mietvertrag zu kennen und die Mietsache sowie Gemeinschaftsflächen entsprechend zu nutzen, um Konflikte und rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.


zurück

In welchen Fällen müssen Vermieter bauliche Veränderungen für behinderte Mieter dulden?

Als Mieter mit einer Behinderung kann es notwendig sein, die gemietete Wohnung oder das Gebäude so anzupassen, dass Sie sie besser nutzen können. Das Mietrecht sieht hierfür besondere Regelungen vor, insbesondere in § 554a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Grundsätzlich haben Mieter das Recht, vom Vermieter die Erlaubnis für solche baulichen Veränderungen zu verlangen. Dieses Recht besteht aber nicht uneingeschränkt, sondern ist an bestimmte Bedingungen geknüpft.

Wann muss der Vermieter zustimmen?

Der Vermieter muss den Veränderungen zustimmen, wenn sie erforderlich sind, um die Wohnung behindertengerecht zu nutzen. „Erforderlich“ bedeutet hier, dass die Maßnahme notwendig ist, damit Sie trotz Ihrer Behinderung die Wohnung angemessen bewohnen und nutzen können. Beispiele dafür können der Einbau einer Rampe, die Verbreiterung von Türen oder die Anpassung des Badezimmers sein.

Wichtig ist dabei eine Abwägung der Interessen. Das Gesetz verlangt, dass die berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter berücksichtigt werden. Das bedeutet, der Vermieter muss die Änderungen dann nicht dulden, wenn seine Interessen oder die Interessen anderer Mieter unzumutbar beeinträchtigt werden.

Welche Interessen werden abgewogen?

Bei der Abwägung spielen verschiedene Punkte eine Rolle:

  • Interessen des Mieters: Wie wichtig ist die geplante Veränderung für die eigenständige und angemessene Nutzung der Wohnung? Je schwerwiegender die Behinderung und je notwendiger die Maßnahme, desto stärker ist das Interesse des Mieters.
  • Interessen des Vermieters: Darunter fallen zum Beispiel:
    • Die Substanz oder der Wert des Gebäudes darf durch die Veränderung nicht erheblich beeinträchtigt werden.
    • Das Erscheinungsbild des Gebäudes, besonders bei Veränderungen an der Fassade oder im Eingangsbereich, kann eine Rolle spielen.
    • Die Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands bei Auszug. Der Vermieter kann vom Mieter verlangen, dass er eine angemessene zusätzliche Sicherheit (wie eine erhöhte Kaution oder Bankbürgschaft) für diese möglichen Rückbaukosten leistet.
  • Interessen anderer Mieter: Veränderungen in Gemeinschaftsbereichen (wie Treppenhaus, Eingang, Garten) dürfen andere Mieter nicht unzumutbar stören oder in der Nutzung einschränken. Beispielsweise darf eine Rampe das Treppenhaus nicht so blockieren, dass es für andere gefährlich oder unpassierbar wird.

Veränderungen in der Wohnung vs. Gemeinschaftsbereiche

Die Abwägung fällt oft unterschiedlich aus, je nachdem, wo die Veränderung erfolgen soll:

  • Innerhalb der Wohnung: Maßnahmen wie der Einbau einer speziellen Dusche, die Anpassung der Küche oder das Verbreitern von Türen innerhalb der eigenen vier Wände betreffen in der Regel weniger die Interessen des Vermieters oder anderer Mieter. Hier wird eine Duldung oft eher als zumutbar angesehen.
  • Gemeinschaftsbereiche: Veränderungen im Treppenhaus, am Eingang oder in anderen gemeinschaftlich genutzten Bereichen betreffen direkt auch andere Mieter und das Gesamtbild des Gebäudes. Hier ist die Abwägung komplexer, und die Interessen der anderen Parteien haben ein höheres Gewicht.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein Vermieter muss bauliche Veränderungen zur behindertengerechten Nutzung der Wohnung dulden, wenn diese erforderlich sind und die Interessen des Vermieters sowie anderer Mieter nicht unzumutbar beeinträchtigt werden. Der Mieter muss den Vermieter über die geplanten Maßnahmen informieren und kann gegebenenfalls zur Stellung einer Sicherheit für den Rückbau verpflichtet werden.


zurück

Welche Rolle spielt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Mietrecht?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, kurz AGG, hat auch im Mietrecht eine wichtige Bedeutung. Es soll verhindern, dass Menschen bei der Anmietung von Wohnraum oder während eines Mietverhältnisses ungerechtfertigt benachteiligt werden.

Für Sie bedeutet das: Das AGG schützt Sie als Wohnungssuchenden oder Mieter vor Diskriminierung aufgrund bestimmter persönlicher Merkmale. Dazu zählen unter anderem die ethnische Herkunft, Religion, das Alter und – wie in der Frage besonders hervorgehoben – auch eine Benachteiligung wegen einer Behinderung.

Was bedeutet Benachteiligung wegen Behinderung im Mietrecht?

Eine Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen ihrer Behinderung schlechter behandelt wird als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, die keine Behinderung hat. Stellen Sie sich vor, Sie suchen eine Wohnung und werden vom Vermieter abgelehnt, obwohl Sie alle Kriterien (wie Bonität etc.) erfüllen, nur weil Sie beispielsweise im Rollstuhl sitzen. Das kann eine Diskriminigung nach dem AGG sein.

Wann ist eine Ungleichbehandlung erlaubt?

Das AGG verbietet nicht jede Ungleichbehandlung. Eine unterschiedliche Behandlung aufgrund einer Behinderung ist nur dann zulässig, wenn es dafür einen sachlichen und triftigen Grund gibt, der nicht die Behinderung selbst ist.

Ein Beispiel dafür könnte sein, dass eine Wohnung aufgrund ihrer baulichen Gegebenheiten (z.B. sehr steile Treppen im Dachgeschoss ohne Möglichkeit zum Einbau eines Lifts) objektiv nicht für die spezifischen, durch die Behinderung bedingten Bedürfnisse geeignet ist und eine Anpassung unverhältnismäßig wäre. Die Ablehnung wäre dann nicht wegen der Behinderung als Person, sondern wegen der objektiven Ungeeignetheit der Mietsache für die notwendige Nutzung erfolgt.

Die Grenzen des AGG und die Interessen des Vermieters

Obwohl das AGG einen wichtigen Schutz bietet, bedeutet es nicht, dass der Vermieter alles dulden muss oder unbegrenzte Pflichten hat. Die berechtigten Interessen des Vermieters, wie sein Eigentumsrecht oder seine wirtschaftlichen Interessen, müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

Das AGG verlangt vom Vermieter keine Maßnahmen, die für ihn unzumutbar oder unverhältnismäßig wären. Es muss also immer eine Abwägung zwischen dem Schutz des Mieters vor Diskriminierung und den Interessen des Vermieters stattfinden. Das AGG soll eine faire Ausgangslage schaffen und eine willkürliche Benachteiligung verhindern, ohne dabei die Rechte des Vermieters zu ignorieren.


zurück

Was ist der Unterschied zwischen einem Therapiehund und einem normalen Haustier im Mietrecht?

Im Mietrecht wird grundsätzlich zwischen der Haltung von normalen Haustieren und der Haltung von Therapie- oder Assistenzhunden unterschieden.

Bei normalen Haustieren wie Katzen, Kaninchen oder auch Hunden hängt die Erlaubnis zur Haltung oft vom Mietvertrag und den Umständen im Einzelfall ab. Viele Mietverträge enthalten Klauseln zur Tierhaltung. Eine vollständige Untersagung kleiner, unauffälliger Tiere ist meist unwirksam. Bei größeren oder potenziell störenden Tieren (dazu zählen oft auch Hunde) kommt es auf eine Interessenabwägung an: Das Interesse des Mieters an der Tierhaltung wird gegen die Interessen des Vermieters und der anderen Mieter (z.B. an Ruhe, Sauberkeit) abgewogen. Oft benötigt man für die Haltung eines solchen Tieres die Zustimmung des Vermieters, die dieser nicht willkürlich verweigern darf, wenn keine berechtigten Gründe dagegensprechen.

Therapie- oder Assistenzhunde, wie beispielsweise Blindenführhunde, Signalhunde oder eben auch Therapiehunde, die zur Unterstützung bei einer Krankheit oder Behinderung benötigt werden, werden im Mietrecht anders behandelt. Sie gelten nicht einfach als „normales Haustier“. Ihre Haltung ist vielmehr als notwendiges Hilfsmittel oder als unerlässlicher Begleiter anzusehen, der zur Linderung oder Bewältigung der gesundheitlichen Einschränkung des Mieters dient.

Für Sie als Mieter bedeutet das: Wenn Sie einen Therapie- oder Assistenzhund benötigen, weil dies ärztlich festgestellt ist und der Hund tatsächlich zur Unterstützung Ihrer Gesundheit oder zur Minderung einer Behinderung beiträgt, muss der Vermieter die Haltung eines solchen Hundes in der Regel dulden. Dieses Recht leitet sich aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Recht auf ein selbstbestimmtes Leben ab, auch mit gesundheitlichen Einschränkungen.

Allerdings ist auch die Duldung eines Therapie- oder Assistenzhundes nicht grenzenlos. Auch hier müssen die Interessen des Vermieters und der anderen Mieter angemessen berücksichtigt werden. Das bedeutet, der Hund darf keine unzumutbaren Belästigungen verursachen, wie z.B. ständiges lautes Bellen, Aggressivität gegenüber anderen Hausbewohnern oder erhebliche Verunreinigungen im Haus. Sie als Halter sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Hund ordentlich geführt wird und keine Schäden anrichtet. Solange der Hund sich verträglich verhält und keine erheblichen Beeinträchtigungen für andere entstehen, überwiegt in der Regel das Interesse des Mieters an der notwendigen Unterstützung durch den Therapie- oder Assistenzhund.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Widerrufliche Gefälligkeit

Eine widerrufliche Gefälligkeit ist eine freiwillige, unentgeltliche und nicht vertraglich verpflichtende Leistung einer Person gegenüber einer anderen, die jederzeit ohne Angabe von Gründen zurückgenommen werden kann. Im Mietrecht kann beispielsweise die Nutzung von Gemeinschaftsflächen durch einen Mieter als Gefälligkeit des Vermieters gewährt werden, die der Vermieter jederzeit widerrufen darf. Anders als bei einem vertraglichen Recht besteht hier kein rechtlicher Anspruch auf die Fortsetzung der Nutzung.

Beispiel: Der Vermieter erlaubt mündlich, auf einer Gemeinschaftsfläche Pflanzen anzubauen; diese Erlaubnis ist eine Gefälligkeit und kann jederzeit zurückgenommen werden, sodass der Mieter die Pflanzen entfernen muss.


Zurück

Vertragswidriger Gebrauch der Mietsache

Vertragswidriger Gebrauch liegt vor, wenn der Mieter die gemietete Sache (z. B. Wohnung oder Gemeinschaftsfläche) anders nutzt als im Mietvertrag vorgesehen oder als üblich, sodass die Rechte des Vermieters oder anderer Mieter beeinträchtigt werden. Dies kann etwa durch unerlaubte bauliche Veränderungen, die ausschließliche Nutzung von Gemeinschaftsflächen oder unzulässige Tierhaltung geschehen. Der Vermieter hat nach § 541 BGB dann einen Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung des vertragswidrigen Zustands.

Beispiel: Ein Mieter baut ohne Erlaubnis einen Zaun auf der gemeinschaftlich genutzten Rasenfläche auf, die nicht Teil seines Mietvertrags ist. Dies ist vertragswidriger Gebrauch, da er die Fläche nicht exklusiv nutzen darf.


Zurück

§ 554 BGB – Bauliche Veränderungen zur behindertengerechten Nutzung

§ 554 BGB regelt das Recht von Mietern mit Behinderungen, bauliche Veränderungen an der Mietsache vorzunehmen, um diese behindertengerecht nutzen zu können. Der Mieter kann vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, wenn die Maßnahmen erforderlich sind, um die Wohnung trotz der Behinderung angemessen zu nutzen. Der Vermieter darf dies nur verweigern, wenn sie unzumutbar sind, insbesondere unter Berücksichtigung seiner und anderer Mieter Interessen. Allerdings bezieht sich § 554 BGB nur auf die angemietete Wohnung selbst oder den direkten Zugang, nicht auf Gemeinschaftsflächen.

Beispiel: Ein Rollstuhlfahrer darf den Einbau einer Rampe am Wohnungseingang verlangen, nicht jedoch die Anzäunung eines gemeinschaftlichen Gartens vor dem Haus.


Zurück

Gemeinschaftsfläche und deren Nutzung im Mietverhältnis

Gemeinschaftsflächen sind Bereiche des Mietshauses, die allen Mietern gemeinsam zur Verfügung stehen, wie Flure, Treppenhäuser, Gärten oder Rasenflächen. Diese Flächen gehören grundsätzlich zum Gemeinschaftseigentum und sind nicht Teil des einzelnen Mietvertrags. Die Nutzung ist meist nur als gemeinsames Nutzungsrecht bestimmt; eine alleinige oder exklusive Nutzung durch einen Mieter, etwa durch Einzäunungen, bedarf einer ausdrücklichen vertraglichen Regelung oder Zustimmung des Vermieters. Eine unbefugte Inanspruchnahme kann als vertragswidrig angesehen werden.

Beispiel: Ein Mieter darf die Rasenfläche vor dem Haus mitbenutzen, aber nicht allein eingezäunt für seinen Hund beanspruchen, wenn dies im Mietvertrag nicht vereinbart ist.


Zurück

§ 541 BGB – Unterlassungsanspruch bei vertragswidrigem Gebrauch

Nach § 541 BGB kann der Vermieter vom Mieter verlangen, dass er eine vertragswidrige Nutzung der Mietsache unterlässt und eventuell entstandene Veränderungen beseitigt. Voraussetzung ist, dass der Mieter durch sein Verhalten den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache verletzt, etwa durch das Betreiben einer unerlaubten Nutzung trotz Abmahnung. Der Vermieter hat somit ein Recht, den vertragswidrigen Zustand zu beenden und somit seine Eigentumsrechte und die Interessen anderer Mieter zu schützen.

Beispiel: Wenn ein Mieter trotz Abmahnungen weiterhin einen Zaun auf einer Gemeinschaftsfläche aufstellt, kann der Vermieter nach § 541 BGB die Entfernung verlangen.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 541 BGB (Unterlassungsanspruch bei vertragswidrigem Gebrauch): Diese Vorschrift räumt dem Vermieter das Recht ein, gegen eine vertragswidrige Nutzung der Mietsache vorzugehen und gegebenenfalls deren Beseitigung zu verlangen. Das bedeutet, der Mieter muss die Nutzung der Mietsache nach den vertraglichen Vereinbarungen vornehmen, andernfalls kann der Vermieter die Unterlassung und Entfernung der störenden Einrichtung fordern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützte den Anspruch der Vermieterin auf § 541 BGB, da die Mieterin den Zaun auf der nicht mitvermieteten Gemeinschaftsfläche errichtet hatte und diese Nutzung als vertragswidrig anzusehen war.
  • § 554 BGB (Duldung baulicher Veränderungen zur behindertengerechten Nutzung): Diese Norm verpflichtet den Vermieter, bauliche Veränderungen an der Mietsache zu dulden, die für die behindertengerechte Nutzung notwendig sind, sofern sie zumutbar sind. Wichtig ist, dass sich der Anspruch auf bauliche Veränderungen an der Mietsache selbst und deren unmittelbarem Zugang beschränkt, nicht jedoch auf separate oder gemeinschaftliche Flächen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht entschied, dass § 554 BGB keine räumliche Erweiterung des Gebrauchsrechts auf Gemeinschaftsflächen einschließlich einer Einzäunung ermöglicht, sodass die Mieterin keinen Anspruch auf Erhalt des Zauns im Gemeinschaftsbereich hatte.
  • § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben): Diese Vorschrift fordert, dass Verträge und rechtliche Beziehungen mit Rücksicht auf die Interessen und Erwartungen der Beteiligten ausgelegt und erfüllt werden. Treu und Glauben kann z.B. eine stillschweigende Erlaubnis begründen, wenn diese über längere Zeit geduldet wurde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verneinte eine dauerhafte Erlaubnis für den Zaun durch die angebliche mündliche Zustimmung, da die Duldung nur kurz war und die Nutzung als Gefälligkeit jederzeit widerrufbar ist.
  • § 94 BGB (Bestandteile eines Grundstücks): Regelt, welche Sachen zum Grundstück gehören und somit als wesentliche Bestandteile des Grundstücks gelten. Bewegliche, vorübergehende Anlagen sind keine wesentlichen Bestandteile und verbleiben im Eigentum des Errichters. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Zaun wurde als kein wesentlicher Bestandteil der Mietsache angesehen und war Eigentum der Mieterin, weshalb er auch entfernt werden konnte.
  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG), insbesondere § 20 Abs. 1 (Benachteiligungsverbot wegen Behinderung): Verbietet Benachteiligungen aufgrund von Behinderungen und verpflichtet dazu, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um Nachteile zu vermeiden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das AGG schützt die Mieterin darin, ihren Assistenzhund in Wohnung und Terrasse zu halten, es verpflichtet jedoch nicht zur Duldung räumlicher Erweiterungen auf Gemeinschaftsflächen.
  • Eigentumsrecht (Art. 14 GG, §§ 903 ff. BGB): Das Eigentumsrecht schützt den Eigentümer vor Eingriffen und sichert seine Verfügungsgewalt über das Grundstück und gemeinschaftliches Eigentum. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Vermieterin konnte aus ihrem Eigentumsrecht an der Gemeinschaftsfläche einen Widerruf der Genehmigung für den Zaun ableiten, da dieser zur exklusiven Nutzung einer Gemeinschaftsfläche führte und andere Mieter beeinträchtigte.

Das vorliegende Urteil


AG Brandenburg – Az.: 31 C 153/24 – Urteil vom 06.05.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!