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Bei Selbstrenovierung bei Einzug keine Renovierung bei Auszug

LG Berlin, Az.: 63 S 216/14, Urteil vom 09.02.2016

In dem Rechtsstreit hat die Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin in Berlin – Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2015 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. Juni 2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 203 C 110/14 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Bei Selbstrenovierung bei Einzug keine Renovierung bei AuszugAuf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Der Beklagte ist nicht gemäß § 535 Abs. 1 verpflichtet, in seiner Wohnung Schönheitsreparaturen vorzunehmen. Die grundsätzlich dem Vermieter obliegende Pflicht ist nicht wirksam auf den Beklagten abgewälzt worden. Die Regelung in § 3 Nr. 3 des Mietvertrags, wonach Schönheitsreparaturen vom Mieter getragen werden, ist eine vorformulierte Klausel. Diese ist nur wirksam, wenn dem Mieter eine renovierte Wohnung überlassen worden ist.

Die formularmäßige Überbürdung der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn die Wohnung – wie hier – dem Mieter bei Vertragsbeginn ohne angemessenen Ausgleich unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen wird. Denn eine solche Klausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt – jedenfalls bei kundenfeindlichster Auslegung – dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat (BGH, Urteil vom 18. März 2015 – VIII ZR 185/14, GE 2015, 649).

Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark abgenutzt oder gar völlig abgewohnt ist. Maßgeblich ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus einem vorvertraglichen Zeitraum aufweist. Um vorvertragliche Abnutzungs- und Gebrauchsspuren zu beseitigen und damit eine „renovierte“ Wohnung zu übergeben, muss der Vermieter die Mieträume bei Vertragsbeginn nicht stets komplett frisch renovieren. Im Einzelfall kann die Vornahme geringer Auffrischungsarbeiten genügen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) bleiben überdies Abnutzungs- und Gebrauchsspuren außer Acht, die so unerheblich sind, dass sie bei lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen. Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen Mieträume bei einer Gesamtschau unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalles maßgeblichen Umstände den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln (BGH a.a.O.).

Das ist hier nicht der Fall. Die Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der damaligen Vertragsparteien. Nach § 7 des Mietvertrags schuldete der Vermieter keine Arbeiten und übernahm der Mieter die Räume „wie besichtigt“. In der Anlage vereinbarten die Parteien in § 22, dass der Mieter die Räume auf eigene Kosten selbst instand setzt und sie renovieren lässt. Hierfür erhielt er eine Vergütung von 200,– DM. Danach liegen die obigen Anforderungen an eine „renovierte“ Wohnung nicht vor. Diese setzen voraus, dass grundsätzlich keine Arbeiten erforderlich sind und allenfalls nicht ins Gewicht fallende Gebrauchsspuren vorhanden sind. Bei einem solchen Zustand bestände für eine Vereinbarung wie in der Anlage in § 22 keine Grundlage. Wenn die Parteien indes ausdrücklich vereinbaren, dass der Mieter die Instandsetzungen und Renovierungen bei Vertragsbeginn vornimmt, folgt daraus, dass solche Arbeiten auch erforderlich waren. Dies steht der Annahme eines Gesamteindrucks einer renovierten Wohnung entgegen.

Es kommt dabei nicht darauf an, dass der Beklagte nicht bereits seit 1969 Mieter der Wohnung ist, sondern erst später in den Vertrag eingetreten ist. Denn mit dem Beklagten ist kein neuer Mietvertrag geschlossen worden, sondern er ist in die Rechte und Pflichten des Vertrags von 1969 eingetreten, in welchem eine Verpflichtung des Mieters zur Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen nicht wirksam begründet worden ist, sodass dem Beklagten auch eine solche Verpflichtung nicht obliegt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist dem Mieter kein angemessener Ausgleich gewährt worden. Die vereinbarte Zahlung von 200,– EUR kann nicht als angemessen angesehen werden. Dies wird von der insoweit beweisbelasteten Klägerin auch nicht geltend gemacht. Sie kann sich insoweit nicht auf eine nach ihrer Auffassung geringe Miete berufen. Weder aus der vorliegenden Vertragsurkunde noch aus sonstigen Umständen lässt sich erkennen, dass im Hinblick auf den Renovierungszustand der Wohnung bei Vertragsbeginn eine geringere Miete vereinbart worden ist. Dies ergibt sich auch nicht aus einem Abweichen der vereinbarten Miete von einer Durchschnittsmiete für Altbauten. Die unter Berücksichtigung der damals in Berlin geltenden Preisbindung für Altbauten zulässige Miete beruhte auf der Friedensmiete zuzüglich gesetzlich zugelassener Erhöhungsbeträge. Eine ortsübliche Vergleichsmiete galt für Altbauten in Berlin erst seit 1987. Die danach bei Vertragsabschluss im Jahr 1969 zulässige Miete entsprach keineswegs einer Durchschnittsmiete, sondern war für jedes Haus bzw. Wohnung unterschiedlich. Dass insoweit gegenüber der zulässigen Miete ein Abschlag vorgenommen worden ist, ist nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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