Hinterlegung der Miete bei ungeklärter Vermieterstellung rechtmäßig
Wenn ein Vermieter stirbt, kann das für Mieter mit erheblichen Unsicherheiten verbunden sein. Oftmals ist unklar, wer nun als neuer Vermieter auftritt und an wen die Miete zu zahlen ist. In solchen Fällen bietet das Gesetz Mietern die Möglichkeit, die Miete bei Gericht zu hinterlegen. Voraussetzung dafür ist, dass der Mieter aus einem in der Person des Vermieters liegenden Grund oder aufgrund von Ungewissheit über den Vermieter seine Verbindlichkeit nicht oder nicht sicher erfüllen kann. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Erben des verstorbenen Vermieters unbekannt sind. Mit der Hinterlegung kann der Mieter seine Zahlungspflicht wirksam erfüllen, bis Klarheit über den neuen Vermieter besteht. In der Folge wird ein Gerichtsurteil vorgestellt, das diese Rechtslage näher beleuchtet.
Übersicht
- Hinterlegung der Miete bei ungeklärter Vermieterstellung rechtmäßig
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- ➜ Der Fall im Detail
- ✔ Häufige Fragen – FAQ
- Was muss ich als Mieter tun, wenn mein Vermieter verstirbt?
- Wann ist eine Hinterlegung der Miete rechtlich zulässig?
- Welche Dokumente können die Erbenstellung nachweisen?
- Wie kann ich als Mieter auf eine Kündigung reagieren, wenn ich die Miete hinterlegt habe?
- Was geschieht, wenn ich weiterhin die Miete auf das bekannte Vermieterkonto zahle?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- Das vorliegende Urteil
[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 C 183/23 >>>]
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Bei Ungewissheit über die Person des neuen Vermieters nach dem Tod des ursprünglichen Vermieters kann der Mieter die Mietzahlung ordnungsgemäß durch Hinterlegung bei Gericht ersetzen.
- Die bloße Vorlage eines Testaments durch den potenziellen Erben reicht für den Mieter nicht aus, um die Ungewissheit über den neuen Vermieter zu beseitigen.
- Erst die Vorlage eines Erbscheins begründet für den Mieter Klarheit über die Person des neuen Vermieters und beendet den Hinterlegungsgrund.
- Die Möglichkeit einer weiteren Zahlung auf das bisherige Vermieterkonto beseitigt den Hinterlegungsgrund nicht, da die Hinterlegung ein Erfüllungssurrogat darstellt.
- Eine Kündigung des Mietvertrags durch den Erben wegen Mietrückständen ist unwirksam, wenn die Mietzahlungen für diesen Zeitraum ordnungsgemäß hinterlegt wurden.
- Die bloße Eintragung des Erben als neuer Eigentümer im Grundbuch reicht nicht aus, um dem Mieter die Pflicht zur Mietzahlung an den Erben aufzuerlegen.
- Das Räumungsbegehren des Erben gegen den Mieter ist unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Kündigung nicht vorlagen.
➜ Der Fall im Detail
Hinterlegung der Miete bei ungeklärter Vermieterstellung
In einem Fall vor dem Amtsgericht Bottrop (Az.: 8 C 183/23) stritten die Mieter einer Wohnung mit der vermeintlichen Erbin des verstorbenen Vermieters um die Rechtmäßigkeit einer Mietkündigung und die Verpflichtung zur Räumung der Wohnung.
Die Kläger bewohnten die streitgegenständliche Wohnung seit längerem und hatten bis zum Tod des Vermieters im Dezember 2022 die Miete auf das bekannte Vermieterkonto überwiesen. Die Beklagte trat nach dem Tod des Vermieters als vermeintliche Erbin auf und legte den Klägern ein Testament vor, aus dem sich ihre Erbenstellung ergeben sollte. Die Kläger hatten jedoch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Erbfolge und verlangten von der Beklagten die Vorlage eines Erbscheins, um ihre Erbenstellung zweifelsfrei nachzuweisen. Da die Beklagte die Vorlage eines Erbscheins verweigerte und die Kläger die Rechtmäßigkeit der Erbfolge anzweifelten, hinterlegten sie die Miete für die Monate Mai bis Juli 2023 beim Amtsgericht Bottrop.
Die Beklagte sah in der Hinterlegung der Miete einen Mietrückstand und kündigte den Mietvertrag im August 2023. Die Kläger widersprachen der Kündigung und klagten auf Feststellung, dass der Mietvertrag durch die Kündigung nicht beendet wurde. Die Beklagte erhob Widerklage und verlangte die Räumung der Wohnung.
Entscheidung: Hinterlegung der Miete war rechtmäßig – Kündigung unwirksam
Das Amtsgericht Bottrop entschied zugunsten der Kläger und stellte fest, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist. Die Widerklage der Beklagten, gerichtet auf Räumung der Wohnung, wurde abgewiesen.
Das Gericht stellte fest, dass die Kläger die Miete für die Monate Mai bis Juli 2023 wirksam durch Hinterlegung beim Amtsgericht erfüllt hatten. Der Hinterlegungsgrund lag in der Ungewissheit der Kläger über die Person des Vermieters. Die bloße Vorlage eines Testaments reichte nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um die Zweifel der Kläger hinsichtlich der Erbenstellung der Beklagten auszuräumen. Nur die Vorlage eines Erbscheins hätte die Ungewissheit beseitigen können.
Da die Miete aufgrund der rechtmäßigen Hinterlegung nicht rückständig war, lag kein Kündigungsgrund gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB vor. Die Kündigung des Mietvertrags war somit unwirksam.
Mietzahlung auf bisheriges Konto beseitigt Hinterlegungsgrund nicht
Das Gericht stellte weiterhin klar, dass die Möglichkeit der Kläger, die Miete weiterhin auf das bisher bekannte Vermieterkonto zu zahlen, den Hinterlegungsgrund nicht beseitigt. In einem solchen Fall stellt die Hinterlegung ein Erfüllungssurrogat dar, d.h. sie ersetzt die Zahlung an den Vermieter.
Testamentsvorlage und Grundbucheintragung nicht ausreichend
Das Gericht betonte, dass die Vorlage eines Testaments oder die Eintragung der Beklagten als neue Eigentümerin im Grundbuch nicht ausreichen, um dem Mieter die Pflicht zur Mietzahlung an den vermeintlichen Erben aufzuerlegen. Nur ein Erbschein bietet die erforderliche Sicherheit hinsichtlich der Erbfolge und der Empfangsberechtigung des Erben.
✔ Häufige Fragen – FAQ
Was muss ich als Mieter tun, wenn mein Vermieter verstirbt?
Wenn der Vermieter verstirbt, läuft der Mietvertrag unverändert mit den Erben des Vermieters weiter . Die Erben treten automatisch in alle Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag ein. Der Mieter sollte die Miete weiterhin auf das bekannte Konto des Vermieters überweisen, da die Erben darauf Zugriff haben .
Wenn die Erben dem Mieter nicht bekannt sind oder Unklarheit besteht, an wen die Miete zu zahlen ist, kann der Mieter die Miete auch beim Amtsgericht hinterlegen . Dazu stellt er einen Antrag auf Hinterlegung. Der Mieter muss in jedem Fall weiterhin pünktlich die Miete bezahlen, um eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs zu vermeiden .
Die Erben müssen den Mieter über den Todesfall und die Rechtsnachfolge informieren sowie ihre Erbenstellung nachweisen . Solange dies nicht erfolgt ist, ist die Hinterlegung der Miete beim Amtsgericht zu empfehlen. Alternativ kann der Mieter auch einen Nachlasspfleger beim Nachlassgericht beantragen, der bis zur Klärung der Erben die Vermieteraufgaben übernimmt .
Wann ist eine Hinterlegung der Miete rechtlich zulässig?
Eine Hinterlegung der Miete beim Amtsgericht ist in folgenden Fällen rechtlich zulässig:
1. Wenn der Mieter entschuldbarerweise keine Kenntnis davon hat, wer der Gläubiger der Mietzinsforderung ist, also Ungewissheit über die Person des Vermieters besteht. Dies kann insbesondere bei einem Eigentümerwechsel der Fall sein, wenn der neue Eigentümer dem Mieter nicht eindeutig nachweist, dass er berechtigt ist, die Miete zu fordern . Der Mieter muss dann die Miete unter Rücknahmeverzicht hinterlegen, um schuldbefreiende Wirkung zu erzielen.
2. Wenn erhebliche Mängel der Mietsache vorliegen und der Vermieter diese trotz Aufforderung und Fristsetzung nicht beseitigt. Der Mieter muss den Mangel zunächst anzeigen und dem Vermieter Gelegenheit zur Abhilfe geben. Geschieht dies nicht, kann der Mieter die Miete beim Amtsgericht hinterlegen, um Druck auszuüben. Er muss dann innerhalb von 30 Tagen Klage auf Mängelbeseitigung erheben, sonst wird die Miete an den Vermieter ausgezahlt.
3. Wenn der Vermieter die Annahme der Miete unberechtigt verweigert oder sich mit der Annahme in Verzug befindet. Auch hier muss der Mieter die Miete unter Rücknahmeverzicht hinterlegen, um von seiner Leistungspflicht befreit zu werden.
In allen Fällen ist eine Hinterlegung nur für die jeweils fällige Monatsmiete zulässig, nicht für künftige Mieten . Die Hinterlegung muss zudem formgerecht bei der zuständigen Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts erfolgen, eine Hinterlegung „zu treuen Händen“ bei Dritten genügt nicht.
Welche Dokumente können die Erbenstellung nachweisen?
Neben dem Erbschein können auch andere Dokumente die Erbenstellung nachweisen:
1. Ein notarielles Testament oder ein notarieller Erbvertrag zusammen mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts. Aus diesen Dokumenten muss die Erbfolge klar hervorgehen. Banken und Versicherungen akzeptieren in der Regel auch eine beglaubigte Kopie des notariellen Testaments mit Eröffnungsvermerk als Erbnachweis.
2. Ein eigenhändiges (handschriftliches) Testament zusammen mit dem Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts. Allerdings verlangen manche Institutionen wie Grundbuchämter und das Handelsregister in diesem Fall zusätzlich einen Erbschein als Nachweis . Banken müssen sich aber auch mit einer beglaubigten Kopie des handschriftlichen Testaments samt Eröffnungsvermerk als Nachweis der Erbenstellung begnügen.
3. Eine Vorsorgevollmacht oder Kontovollmacht, die der Erblasser dem Erben zu Lebzeiten erteilt hat und die über den Tod hinaus gilt. Mit einer solchen Vollmacht kann der Erbe auch ohne Erbschein auf Konten und Depots des Verstorbenen zugreifen.
4. Ein europäisches Nachlasszeugnis, wenn der Erblasser Vermögen im europäischen Ausland hinterlassen hat. Dieses Zeugnis kann seit 2015 anstelle eines deutschen Erbscheins verwendet werden, um die Erbenstellung im EU-Ausland nachzuweisen.
In rechtlich komplexen Fällen kann es sinnvoll sein, die Erbenstellung gerichtlich durch eine Erbenfeststellungsklage feststellen zu lassen . Das Urteil schafft im Streitfall endgültige Klarheit darüber, wer Erbe ist.
Wie kann ich als Mieter auf eine Kündigung reagieren, wenn ich die Miete hinterlegt habe?
Wenn der Mieter die Miete rechtmäßig beim Amtsgericht hinterlegt hat und der Vermieter dennoch eine Kündigung ausspricht, kann der Mieter wie folgt reagieren:
1. Widerspruch gegen die Kündigung einlegen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen. Der Widerspruch muss schriftlich und innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat nach Zugang der Kündigung erfolgen. Darin sollte der Mieter darlegen, dass er die Miete ordnungsgemäß hinterlegt hat und die Kündigung daher unwirksam ist.
2. Eine Feststellungsklage beim zuständigen Amtsgericht erheben, dass die Kündigung unwirksam ist und das Mietverhältnis fortbesteht. Dies ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn der Vermieter trotz Widerspruchs auf der Kündigung beharrt. Die Klage muss innerhalb von 6 Monaten nach Ablauf des Monats, in dem die Kündigung zugegangen ist, erhoben werden.
3. Bei einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs Klage auf Mängelbeseitigung erheben, wenn die Hinterlegung wegen erheblicher Mängel erfolgte. Diese Klage muss der Mieter innerhalb von 30 Tagen nach Hinterlegung der Miete beim Amtsgericht einreichen, sonst wird die hinterlegte Miete an den Vermieter ausgezahlt und die Kündigung wird wirksam.
4. Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarf oder wegen Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung Härtegründe gegen die Kündigung vorbringen . Solche Härtegründe können z.B. hohes Alter, Krankheit oder fehlende Ersatzwohnung sein. Der Mieter muss diese innerhalb der Widerspruchsfrist geltend machen und im Prozess substantiiert darlegen.
Generell gilt: Solange die Hinterlegung der Miete rechtmäßig erfolgt ist, wird der Mieter so behandelt, als hätte er die Miete gezahlt. Eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist dann in der Regel unwirksam. Der Mieter sollte aber unbedingt fristgerecht Widerspruch einlegen und notfalls gerichtlich gegen die Kündigung vorgehen, um sein Mietverhältnis zu schützen.
Was geschieht, wenn ich weiterhin die Miete auf das bekannte Vermieterkonto zahle?
Wenn der Mieter nach dem Tod des Vermieters die Miete weiterhin auf das bekannte Konto des Verstorbenen zahlt, erfüllt er damit in jedem Fall seine Pflicht zur Mietzahlung . Da das Konto des Verstorbenen in den Nachlass fällt und die Erben darauf Zugriff haben, geht die Mietzahlung an den richtigen Empfänger .
Allerdings schließt die Zahlung auf das bisherige Konto einen Hinterlegungsgrund nicht zwangsläufig aus. Bestehen begründete Zweifel, wer der wahre Gläubiger der Mietzinsforderung ist, kann der Mieter trotz Zahlung auf das Vermieterkonto zusätzlich einen Antrag auf Hinterlegung stellen . Dies ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn sich in kurzer Folge verschiedene Personen als Erben ausgeben und die Miete verlangen .
Die Hinterlegung beim Amtsgericht gilt als Erfüllungssurrogat, das heißt als eine Art der Erfüllung, die den Mietzahlungsanspruch zum Erlöschen bringt . Durch die Hinterlegung wird der Mieter so behandelt, als hätte er die Miete gezahlt . Er ist damit vor einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs geschützt.
Fazit: Solange die Erben eindeutig feststehen, kann der Mieter die Miete gefahrlos weiter auf das Konto des Verstorbenen zahlen. Bei Unklarheiten über die wahren Erben empfiehlt sich zusätzlich die Hinterlegung, um Rechtsnachteile zu vermeiden.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 372 BGB – Hinterlegung: Erläuterung: Erlaubt es einem Schuldner, unter bestimmten Bedingungen Wertgegenstände bei einer öffentlichen Stelle zu hinterlegen, wenn unklar ist, wem gegenüber die Leistung zu erbringen ist. Im vorliegenden Fall ermöglichte dies den Mietern, die Miete rechtskonform zu hinterlegen, da sie über den neuen Vermieter im Unklaren waren.
- § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB – Außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs: Erläuterung: Bestimmt, unter welchen Bedingungen ein Vermieter einem Mieter bei Zahlungsverzug kündigen darf. Im besprochenen Fall lag trotz Hinterlegung der Miete kein Zahlungsverzug vor, wodurch die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Beklagte unrechtmäßig war.
- § 264 Nr. 2 ZPO – Klageänderung: Erläuterung: Ermöglicht die Änderung des Klageantrags während des Gerichtsverfahrens. Dies war relevant, als die Kläger ihren Antrag änderten, um festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.
- § 78 ZPO – Prozesshandlungen von Anwälten und Parteien: Regelung zur Wirksamkeit und Zulässigkeit von Prozesshandlungen, die von den Parteien oder deren Vertretern vorgenommen werden. Im Kontext relevant für die Erledigungserklärung der Kläger.
- § 256 ZPO – Feststellungsklage: Gibt die Möglichkeit, das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch Gericht feststellen zu lassen. Dies griffen die Kläger auf, um die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache zu beantragen.
- §§ 2366, 2367 BGB – Öffentlicher Glaube des Erbscheins: Hebt die Bedeutung eines Erbscheins hervor, da diesem öffentlicher Glaube beigemessen wird, was bedeutet, dass das darin Ausgewiesene als richtig und vollständig gilt. Im Fall relevant, weil das Gericht feststellte, dass nur die Vorlage eines Erbscheins (den die Beklagte nicht vorlegte) die Ungewissheit über die Berechtigung zur Mietannahme hätte ausräumen können.
Diese Gesetze und Paragraphen sind zentral für das Verständnis und die Einordnung des Falls, in dem es um Mietzahlungen nach dem Tod des Vermieters und die Ungewissheit über die Rechtsnachfolge geht.
Das vorliegende Urteil
AG Bottrop – Az.: 8 C 183/23 – Urteil vom 02.04.2024
In dem Rechtsstreit hat die 8. Zivilabteilung des Amtsgerichts Bottrop auf die mündliche Verhandlung vom 04.03.2024 für Recht erkannt:
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit bezüglich des Klageantrages in der Hauptsache erledigt ist.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um einen Herausgabe- und Räumungsanspruch.
Die Kläger sind Mieter der von der Beklagten vermieteten Wohnung im 1. OG links der J## in 46238 Bottrop.
Die Beklagte ist im Wege der Erbrechtsnachfolge des verstorbenen Herrn U## G## seit dem 14.12.2022 Eigentümerin der Wohnung.
Am 21.02.2023 wurde der Beklagten das Testament eröffnet.
Zwischen den Klägern und dem verstorbenen Eigentümer war seit dem 17.06.2021 ein selbständiges Beweisverfahren anhängig, dessen Gegenstand die Fenster in der streitgegenständlichen Wohnung waren.
Das Verfahren ist mit Beschluss vom 23.03.2023 aufgrund des Todes des Vaters der Klägerin ruhend gestellt worden.
Bis einschließlich April 2023 zahlten die Kläger ihre monatliche Miete weiterhin auf das bisher bekannte Vermieterkonto.
Sodann hinterlegten die Kläger die Mieten für die Monate Mai bis Juli unter Verzicht auf die Rücknahme beim Amtsgericht Bottrop und teilten dies der Beklagten mit Schriftsatz vom 05.05.2023 mit.
Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 26.05.2023 an den Prozessbevollmächtigten der Kläger eröffnete die Beklagte den Klägern das Testament, was sie als Alleinerbin ausweist und übersandte den Eröffnungsbeschluss und eine Personalausweiskopie. Zudem teilte sie den Klägern mit, dass ein Erbschein nicht beantragt werde, da die Eigentümerstellung durch Eigentumsumschreibung bereits durch das eröffnete Testament nachgewiesen worden sei. Zudem teilte sie mit, dass die Eigentumsumschreibung beantragt werde und die Miete sowohl für den Monat Mai, als auch für die Zukunft ab Juni 2023 weiterhin auf das altbekannte Vermieterkonto zu zahlen sei, weil die Beklagte hierauf Zugriff habe.
Die Kläger verlangten mit Schreiben vom 30.05.2023 weiterhin von der Beklagten die Vorlage des Erbscheins und verweigerten die Zahlung auf das bisherige Konto.
Am 30.06.2023 erfolgte die Eigentumseintragung, die mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 09.07.2023 an die die Kläger weitergeleitet wurde.
Wegen der zwischenzeitlich rückständigen Mieten Mai bis Juli 2023 erklärte Haus und Grund für die Beklagten die Kündigung am 17.08.2023.
Die Kläger widersprachen der Kündigung mit dem Hinweis, dass die Erbfolge noch nicht feststehe.
Unter dem 18.07.2023 gaben die Kläger vorsorglich die Freigabe der beim Amtsgericht hinterlegten Mieten bis einschließlich Juli 2023.
Ab August 2023 entrichteten die Kläger die Mieten direkt an die Beklagte.
Die Kläger erklärten die hilfsweise Aufrechnung mit den noch zu bestimmenden Mietminderungen.
Die Kläger behaupten, das Testament sei der Beklagten bereits spätestens zum 04.03.2023 bekannt gegeben worden.
In den Wochen nach Ruhendstellung des selbständigen Beweisverfahrens sei keine Anzeige der neuen Vermieterstellung der Beklagte gegenüber den Klägern erfolgt. Die Kläger behaupten, die Beklagte habe ihre Erbenstellung zwei Monate lang nicht offengelegt. Auf Seiten der Kläger hätten berechtigte Zweifel bestanden, ob der oder die möglichen Erben auch die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über das bisher angegebene Vermieterkonto besitzen.
Die Kläger haben ursprünglich beantragt, festzustellen, dass das Mietverhältnis der Parteien in der J## in 46238 Bottrop, 1. OG links, nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 17.08.2023 beendet wurde, sondern über den 17.08.2023 fortbesteht.
Diesen Antrag haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2024 einseitig für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte die Widerklage erhoben hat.
Die Kläger beantragen nunmehr, festzustellen, dass der Rechtsstreit bezüglich des Klageantrags in der Hauptsache erledigt ist.
Die Beklagte beantragt widerklagend, die Klage abzuweisen und die Kläger zu verurteilen, die Wohnung im 1. OG links des Hauses ………bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Diele Bad mit Toilette nebst Keller- und Abstellraum sowie einem Stellplatz zu räumen und an die Beklagte herauszugeben, hilfsweise die Räumung der streitgegenständlichen Wohnung zum 31.05.2023.
Die Kläger beantragen, die Widerklage abzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet, die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
In Bezug auf den ursprünglichen Klageantrag liegt in der einseitigen Erledigungserklärung eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung.
I.
Die Klage ist zulässig.
Die Erledigungserklärung der Kläger stellt eine zulässige Prozesshandlung nach § 78 ZPO dar und beinhaltet eine nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässige Klageänderung. Das erforderliche Feststellungsinteresse für die Erledigung des Rechtsstreits folgt aus § 256 ZPO aus der beabsichtigten Kostenabwehr.
II.
Die Klage ist auch begründet.
Die ursprüngliche Klage war zudem zulässig und begründet.
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 17.08.2023 beendet worden.
Ein Kündigungsgrund, § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB, lag nicht vor.
Aufgrund der unstreitigen Hinterlegung der vollständigen Mieten für die Monate Mai bis Juli 2023 bestand gerade kein Mietrückstand.
Die Hinterlegung der Mieten erfolgte ordnungsgemäß nach § 372 BGB.
Insbesondere lag in der Unwissenheit der Kläger über ihren Gläubiger, den Vermieter, ein Hinterlegungsgrund vor.
Nach § 372 BGB kann der Schuldner Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten bei einer dazu bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Schuldner aus einem anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grund oder infolge einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewissheit über die Person des Gläubigers seine Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.
Die Kläger befanden sich über die Person des Gläubiger, ihres Vermieters, in Unwissenheit. Diese Unwissenheit kann darauf beruhen, dass niemand als Rechtsnachfolger auftritt, etwa wenn die Erben des verstorbenen Gläubigers unbekannt sind (MüK0BGB/Fetzer, 9. Aufl. 2022, BGB § 372 Rn. 10).
Dabei müssen nach einer mit verkehrsüblicher Sorgfalt vorzunehmenden Prüfung im Zeitpunkt der Hinterlegung begründete, objektiv verständliche Zweifel über die Person des Gläubigers vorliegen, deren Behebung auf eigene Gefahr dem Schuldner nach verständigem Ermessen nicht zugemutet werden kann.
An dieser Unwissenheit über die Person des Gläubiger vermochte auch die Offenlegung des Testaments der Beklagten gegenüber den Klägern nichts zu andern. Allein die Vorlage eines Testamentes kann für den Schuldner nicht jegliche Zweifel hinsichtlich einer solchen Ungewissheit ausräumen. Allein die Vorlage eines Erbscheins wäre dazu geeignet gewesen. Ein solcher wurde jedoch den Klägern zum Zeitpunkt der Hinterlegung der Mieten Mai bis Juli 2023 nicht vorgelegt.
Sofern eine Hinterlegung zugunsten der unbekannten Erben eines Vermieters erfolgt ist, kann der Nachweis der Empfangsberechtigung an der Hinterlegungsmasse nur durch Vorlage eines Erbscheins erfolgen (NJW-RR 2008, 1540, beck-online).
Dem Erbschein liegt durch die §§ 2366, 2367 ein öffentlicher Glaube bei, sodass auch eine Hinterlegungsstelle diesem Glauben schenken und infolgedessen die Auskehr eines hinterlegten Betrages bewirken kann.
Allein die Tatsache, dass die Kläger weiterhin mit schuldbefreiender Wirkung auf das bekannte Vermieterkonto hätten zahlen können, begründet auch keinen Wegfall des Hinterlegungsgrundes nach § 372 BGB da die Hinterlegung in eines solchen Fall gerade ein Erfüllungssurrogat darstellt.
Andere Kündigungsgründe liegen ebenso nicht vor.
2. Die Erhebung der Widerklage gerichtet auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung stellt auch ein den Rechtsstreit bezüglich der ursprünglichen Klageforderung erledigendes Ereignis dar (Anders/Gehle/Geh/e, 82. Aufl. 2024, ZPO § 91a Rn. 46).
III.
Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.
Ein Kündigungsgrund lag nicht vor. Auf die Ausführungen zu Ziff. II. 1. wird Bezug genommen.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 71 1 ZPO.