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Berechnungsgrundlage bei Mieterhöhungsverlangen und Nebenkostenabrechnung

LG Hamburg – Az.: 307 S 162/10 – Urteil vom 07.07.2011

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 30. November 2010 – Geschäfts-Nr.; 48 C 377/10 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen amtsgerichtlichen Entscheidung wird vollen Umfanges Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Sau? 1 Nr. 1 ZPO).

Mit der vorliegenden Berufung verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Feststellung, dass bei zukünftigen Mieterhöhungsverlangen gemäß §§ 558 ff. BGB bzw. bei zukünftigen Heiz- und Betriebskostenabrechnungen die tatsächliche Wohnfläche von 51,03 qm statt der im schriftlichen Mietvertrag vom 30. Juli 1987 (Anl. K 1) vereinbarten Wohnfläche von 55,75 qm zugrunde zu legen ist, weiter.

II.

Der zulässigen Berufung bleibt der Erfolg in der Sache versagt.

1. Zwar ist entgegen dem Rechtsstandpunkt der Beklagten die vorliegende Feststellungsklage zulässig. Insbesondere steht der Zulässigkeit nicht die Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2007 – Geschäfts-Nr.; 46 C 32/07 -aus dem Vorprozess der Parteien entgegen, der mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2009 – VIII ZR 205/08 – (Anl. K 3 und NJW 2009, 2739) beendet worden ist, in dem die dortige Beklagte und hiesige Klägerin auf der Grundlage der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche zur Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete mit Wirkung vom 1. Februar 2007 verurteilt worden ist. Denn die Rechtskraft aus dem dortigen Vorprozess erstreckt sich lediglich auf die ausgeurteilte dortige Rechtsfolge auf der Grundlage des dort streitgegenständlichen Mieterhöhungsverlangens vom 24. November 2006 und erfasst – mangels Zwischenfeststellungsklage – nicht die zukünftigen Mieterhöhungsverlangen.

Darüber hinaus ist auch das für die vorliegende Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO gegeben, auch wenn aktuell keine Mieterhöhung gemäß §§ 558 ff. BGB oder eine Betriebskostennachforderung geltend gemacht wird. Insoweit handelt es sich nicht um eine bloß theoretische Rechtsfrage, da die Klägerin die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende nächste Mieterhöhungsforderung bzw. Betriebskostenabrechnung nicht abzuwarten braucht und ein „Berühmen“ der Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen Abrechnungsbasis im Hinblick auf die vorstehend zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 2009 nicht erforderlich ist (siehe dazu nur BGH, Urteil v. 13.01.2010 VIII ZR 351/08 – NJW 2010, 1877 = NZM 2010, 237 unter II. 2. a) und b), Tz. 16 bis 20).

2. Mit zutreffender Begründung, auf die zwecks Vermeidung von unnötigen Wiederholungen vollen Umfanges Bezug genommen wird, hat das Amtsgericht die Feststellungsklage als unbegründet zurückgewiesen.

Zwar hat das Landgericht Hamburg in seiner früheren Rechtsprechung bis zur grundlegenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. März 2004 – VIII ZR 295/03 – (NJW 2004, 1947 – NZM 2004, 453) in Mieterhöhungsprozessen grundsätzlich die tatsächliche Wohnfläche zugrunde gelegt (vgl. nur ZMR 2001, 712) und grundsätzlich bei Flächenabweichungen gegenüber der im schriftlichen Mietvertrag ausgewiesenen Wohnfläche einen Mietmangel verneint, wenn nicht im Einzelfall weitere Umstände hinzugetreten sind.

Auf der Grundlage der vorstehend zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24. März 2004 ist aber eine Zäsur hinsichtlich der Sollbeschaffenheit der Wohnung bezüglich ihrer Größe eingetreten. Mit dieser Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof die bis dahin überwiegend verneinte Minderung der Gebrauchstauglichkeit unter dem Gesichtspunkt ihrer Funktion als Berechnungsgrundlage und ihrer Bedeutung im Rechts- und Geschäftsverkehr bei der Anmietung für die Preisfindung sowie bei bestehendem Mietverhältnis für die Betriebskostenabrechnung und Mieterhöhungen hervorgehoben und wegen dieser Bedeutung die vereinbarte Fläche als wesentliches Merkmal für den Nutzwert der angemieteten Wohnung begründet (BGH a.a.O. unter II. 2. b)).

Ausgehend von dieser Entscheidung und vor diesem Hintergrund ist die weitere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Flächenabweichungen bei Mieterhöhungsverlangen (siehe dazu nur BGH, Urteil v. 08.07 2009 a.a.O.) und bei Betriebskostenabrechnungen (BGH, Urteil v. 31.10.2007 – VIII ZR 261/06, NJW 2008, 142) nur konsequent und folgerichtig.

Eine unterschiedliche Handhabung im Rahmen von Mieterhöhungsverlangen und Betriebskostenabrechnungen im Gegensatz zur Behandlung der Flächenabweichung als Mietmangel wäre unsystematisch und widersprüchlich. Der BGH hat mit der grundlegenden Entscheidung vom 24. März 2004 die Sollbeschaffenheit einer Flächenvereinbarung gerade mit ihrer Bedeutung für die Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen begründet, so dass die entwickelten Grundsätze zur 10 %-Grenze auch hier und für beide Parteien Anwendung finden müssen. Eine bloß einseitige Bindung des Vermieters würde dem einheitlichen Beschaffungsmerkmal widersprechen.

Die Kammer verkennt nicht, dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Literatur zum Teil auf Widerspruch gestoßen ist. Im Hinblick auf den Umstand, dass sich der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 8. Juli 2009 (aa.O.) mit dieser abweichenden Meinung ausführlich auseinander gesetzt hat, sieht die Kammer keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzuweichen oder die Revision zuzulassen.

Vielmehr sieht die Kammer nicht zuletzt im Hinblick auf die erst am 8. Juli 2009 in einem Prozess zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits ergangenen Entscheidung keinen Revisionsgrund.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10,713 ZPO.

 

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