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Beteiligung derselben Person auf Mieter- und Vermieterseite

LG Berlin – Az.: 63 S 278/16 – Urteil vom 13.06.2017

Die Berufung der Kläger gegen das am 28. Oktober 2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 15 C 130/16 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags zuzüglich 10 % leistet.

Gründe

I.

Die Kläger verlangen gegenüber der Beklagten die Feststellung des Bestehens eines Mietverhältnisses betreffend die von ihnen innegehaltene Wohnung, die Beklagte im Wege der Widerklage die Feststellung, dass ein Mietverhältnis nicht besteht.

Die Klägerin zu 1. war 2009 neben anderen Familienmitgliedern zu 1/6 Miteigentümerin des Grundstücks, auf dem sich das Haus mit der streitgegenständlichen Wohnung befindet. Unter dem 3. Mai 2009 schlossen die Miteigentümer (unter Einschluss der Klägerin zu 1.) als Vermieter sowie die Klägerin zu 1. und der Kläger zu 2., deren Ehemann, als Mieter einen Mietvertrag über die streitgegenständliche Wohnung.

Die Klägerin zu 1. ist Alleinerbin der inzwischen verstorbenen weiteren Miteigentümerin … (1/3).

Die Beklagte hat den Anteil des weiteren Miteigentümers … (1/3) von dessen Insolvenzverwalter erworben. Sie ist seit dem 4. April 2016 im Grundbuch eingetragen.

Die weitere Miteigentümerin … (1/6) ist zwischenzeitlich verstorben.

Die Beklagte widerspricht der Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung durch die Kläger und tritt der Wirksamkeit des Mietvertrags aus dem Jahr 2009 entgegen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Unwirksamkeit des Mietvertrags festgestellt. Die Vereinbarung aus dem Jahr 2009 sei kein Mietvertrag, weil die Klägerin zu 1. sowohl auf Vermieterseite als auch auf Mieterseite Vertragspartnerin sei und dies der einem Mietvertrag immanenten (ausschließlichen) Gebrauchsgewährungspflicht widerspreche.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger.

Die Kläger beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Urteils

1. festzustellen, dass das zwischen den Klägern und den Mitgliedern der Grundstücksgemeinschaft … bestehende Mietverhältnis gemäß Mietvertrag vom 3. Mai 2009 über die auf dem Grundstück …, … Berlin, 1. Obergeschoss und Dachgeschoss links, gelegene Wohnung bis auf weiteres fortbesteht und insbesondere nicht durch den Erwerb des Miteigentumsanteils durch die Beklagte oder durch deren Schreiben vom 27. April 2016 beendet worden ist,

2. die Widerklage abzuweisen, hilfsweise,

1. festzustellen, dass das zwischen dem Kläger zu 2. und den Mitgliedern der Grundstücksgemeinschaft … bestehende Mietverhältnis gemäß Mietvertrag vom 3. Mai 2009 über die auf dem Grundstück … , … Berlin, 1. Obergeschoss und Dachgeschoss links, gelegene Wohnung bis auf weiteres fortbesteht und insbesondere nicht durch den Erwerb des Miteigentumsanteils durch die Beklagte oder durch deren Schreiben vom 27. April 2016 beendet worden ist,

2. die Widerklage insoweit abzuweisen, als die Beklagte die Feststellung begehrt, dass der Kläger zu 2. mietvertraglich gegenüber den Beklagten nicht das Recht zum ausschließlichen Nutzen und Besitz an dem Hintergarten des Anwesens … , … Berlin habe.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet.

Das Feststellungsbegehren der Kläger ist nicht begründet, weil ein Mietverhältnis mit ihnen durch den Vertrag vom 3. Mai 2009 nicht zustande gekommen ist.

Das Amtsgericht hat zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 27. April 2016 – VIII ZR 323/14, GE 2016, 849) ausgeführt, dass der Vertrag vom 3. Mai 2009 trotz seiner Bezeichnung als Mietvertrag keine mietvertraglichen Beziehungen der Parteien begründet hat. Danach kann ein Mietverhältnis nicht entstehen, wenn auf Gebrauchsnutzerseite eine Person beteiligt ist, die zugleich eine Vermieterstellung einnimmt.

Zwar stimmt der Sachverhalt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs insoweit nicht überein, als bei Abschluss des Vertrags im dort entschiedenen Fall eine Identität zwischen Mieter und Vermieter noch nicht vorlag, sondern diese erst später entstanden ist. Das ist für den zugrunde liegenden Rechtsgedanken indes nicht maßgeblich. Im Fall des Bundesgerichtshof ist der Mietvertrag durch das Zusammenfallen von Mieter und Vermieter weggefallen. Zur Begründung hierfür beruft sich der Bundesgerichtshof ausdrücklich darauf, dass im Falle einer derartigen Konstellation bei Begründung des Vertragsverhältnisses von vornherein überhaupt kein Mietvertrag zustande kommen kann. Denn ein Schuldverhältnis setzt voraus, dass Gläubiger und Schuldner verschiedene Personen sind (BGH a.a.O.).

Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Kläger, dass der Hinweis des Bundesgerichtshofs auf eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urteil vom 7. Juni 2006 – IX R 14/04) nicht trage. Zwar muss die steuerrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts nicht zwingend mit den zivilrechtlichen Grundsätzen übereinstimmen. Im vorliegenden Fall kommt es indes auf solche etwaigen Unterschiede nicht an. Denn der Bundesfinanzhof hat die Frage der Personenverschiedenheit zwischen Mieter und Vermieter bzw. Gläubiger und Schuldner als Vorfrage für den zu Entscheidung anstehenden Steuersachverhalt ausdrücklich nach zivilrechtlichen Grundsätzen beurteilt und hierzu zivilrechtliche Rechtsprechung, nämlich die des Bundesgerichtshofs, zitiert.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass das Begehren der Beklagten auf Feststellung des Nichtbestehens eines Mietverhältnisses zwischen den Parteien begründet ist.

Die Berufung der Kläger hat auch nicht im Hilfsantrag Erfolg.

Es besteht auch kein Mietverhältnis zwischen der Miteigentümergemeinschaft und dem Kläger zu 2.

Abgesehen von der anfänglichen Identität zwischen Mieter und Vermieter und der nachträglichen Konfusion, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH a.a.O.) unbeachtlich ist, besteht im vorliegenden Sachverhalt kein maßgeblicher Unterschied. In beiden Fällen ist nur einer von zwei Mietern in die Vermieterstellung eingerückt bzw. bestand diese von vornherein.

Der Bundesgerichtshof (BGH a.a.O.) lehnt in diesen Fällen ein Mietverhältnis mit dem weiteren Mieter ab. Denn für die Existenz eines Mietverhältnisses sei das Recht des Mieters zur ausschließlichen ungehinderten Benutzung der Mietsache unter Ausschluss des Vermieters unerlässlich. Die Zurverfügungstellung einer Wohnung nur zur Mitbenutzung genüge hierfür nicht. Das ist aber angesichts der Vermieterstellung der Klägerin zu 1. hier der Fall.

Die Verhältnisse der Beteiligten sind danach trotz der als Mietvertrag bezeichneten Vereinbarung vom 3. Mai 2009 grundsätzlich nach dem Gemeinschaftsrecht zu beurteilen. Danach ist diese als Verwaltungs- und Benutzungsregelung gemäß § 745 Abs. 2 BGB anzusehen (BGH, Urteil vom 15. September 1997 – II ZR 94/96, NJW 1998, 372). Dafür spricht im Übrigen auch der Inhalt der Vereinbarung. Denn unstreitig ging die der Klägerin zu 1. eingeräumte Nutzungsmöglichkeit deutlich über den Umfang hinaus, der ihrem Miteigentumsanteil entsprach, während die anderen damaligen Miteigentümer einen geringeren Nutzungsanteil hatten und dafür keine Entschädigung an die anderen zu zahlen hatten. Dem entsprach letztlich die vereinbarte Vergütung, die nicht dem Wert der gesamten Nutzung entsprach, sondern den Mehrwert der Nutzung über den Miteigentumsanteil hinaus ausgleichen sollte.

Diese Vereinbarung bindet die Beklagten als Nachfolger des Miteigentümers Beckmann gemäß § 1010 Abs. 1 BGB nicht, weil sie nicht im Grundbuch eingetragen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 1 ZPO zuzulassen. Zwar hat der Bundesgerichtshof vergleichbare Rechtsfragen bereits entschieden, aber nicht in der im vorliegenden Fall bestehenden Konstellation.

 

 

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