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Betriebskosten – Erteilung einer Aufstellung zu haushaltsnahen Dienstleistungen

AG Lichtenberg – Az.: 105 C 394/10 – Urteil vom 23.05.2011

I. Die Beklagte wird verurteilt, für das Mietverhältnis der Kläger über die in der … , Mietvertrag vom … , VE-Nr.: … , gelegene Wohnung für den Abrechnungszeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 als Teil der Betriebskostenabrechnung unentgeltlich eine Aufgliederung zu erstellen, welche die Kosten der steuerlich relevanten haushaltsnahen Dienstleistungen i.S.v. § 35 a EStG ausweist.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger begehren die unentgeltliche Erteilung einer Aufgliederung über die Kosten der steuerlich relevanten haushaltsnahen Dienstleistungen.

Die Kläger sind seit 1992 Mieter einer im Eigentum der Beklagten und Vermieterin stehenden Wohnung in der … für die sie monatlich die Nettokaltmiete sowie Vorauszahlungen auf die Betriebskosten leisten.

Für den Abrechnungszeitraum 01.01.2009 bis 31.12.2009 erstellte die Beklagte am 04.10.2010 eine Betriebskostenabrechnung, welche die Kosten der steuerlich relevanten haushaltsnahen Dienstleistungen i.S.v. § 35 a EStG nicht auswies. Darin hieß es, eine Bescheinigung über haushaltsnahe Dienstleistungen entsprechend § 35 a EStG könne gegen eine Bearbeitungsgebühr von 20,00 € für Mieter und 10,00 € für Mitglieder der Genossenschaft angefordert werden.

Die Kläger forderten die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 11.10.2010 auf, die Aufstellung über die Kosten ohne die Geltendmachung eines Entgeltes nachzureichen. Die Beklagte teilte den Klägern mit Schreiben vom 18.11.2010 mit, sie sei bereit, eine Bescheinigung auszustellen, allerdings nur gegen ein Entgelt in Höhe von 20,00 €. Die gegenüber der Beklagten im Jahr 2009 gestellten Rechnungen wiesen den Anteil der steuerbegünstigten haushaltsnahen Dienstleistungen aus.

Betriebskosten - Erteilung einer Aufstellung zu haushaltsnahen Dienstleistungen
Symbolfoto: Von Syda Productions/Shutterstock.com

Die Kläger legten gegen die Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009 Widerspruch ein, nahmen ihn aber mit Schriftsatz vom 25.02.2011 zurück.

Die Kläger sind der Ansicht, mit der Erstellung einer Aufgliederung der haushaltsnahen Dienstleistungen erfülle der Vermieter eine mietvertragliche Nebenpflicht, die kostenlos erfolgen müsse, da ein solcher Verwaltungsaufwand nicht umlagefähig sei. Für eine Aufwandsentschädigung fehle außerdem eine Rechtsgrundlage. Schließlich sei nicht ersichtlich, warum der Aufwand für Mieter mit 20,00 € und der für Mitglieder der Genossenschaft mit 10,00 € bemessen werde. Für den einzelnen Mieter sei der Aufwand angesichts von 592 Wohnungen auch nicht in Höhe von 20,00 € angemessen.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Beklagte zu verurteilen, für das Mietverhältnis der Kläger über die in der … , Mietvertrag vom … , VE-Nr.: … , gelegene Wohnung für den Abrechnungszeitraum vom 01.01.2009 bis 31.12.2009 als Teil der Betriebskostenabrechnung unentgeltlich eine Aufgliederung zu erstellen, welche die Kosten der steuerlich relevanten haushaltsnahen Dienstleistungen i.S.v. § 35 a EStG ausweist.

Die Beklagte beantragt, Die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, den Klägern fehle das Rechtsschutzbedürfnis, da die Abrechnungsfrist für die Abgabe der Steuererklärung am 31.05.2010 verstrichen sei. Außerdem erfordere die Erstellung einer derartigen Bescheinigung einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand, für den eine Gegenleistung in Form einer Pauschale verlangt werden könne. Der Aufwand sei auch insofern angemessen bemessen, als nur 4 Mietparteien eine Bescheinigung angefordert und Genossenschaftsmitglieder sich durch Leistung der Einlage bereits stärker engagiert hätten, was anzurechnen sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

1.

Den Klägern ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht vor dem Hintergrund des Ablaufes der Abrechnungsfrist für die Abgabe der Steuererklärung für das Jahr 2009 am 31.05.2010 abzusprechen. Ein schutzwürdiges Interesse an dem begehrten Urteil kann nur unter besonderen Umständen verneint werden (Zöller/Greger, Vor § 253 ZPO, Rn. 18). Solche Umstände liegen hier nicht vor. Grundsätzlich muss die Einkommenssteuererklärung für ein Jahr gemäß § 149 Abs. 2 AO bis zum 31.05. des Folgejahres abgegeben werden. Für die Inanspruchnahme von Steuerermäßigungen ist gemäß § 11 Abs. 2 EStG auf den Veranlagungszeitraum der Leistung abzustellen (vgl. Herrlein, in WuM 2007, S. 56). Danach müssten auch die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen in der Steuererklärung für das Jahr 2009 abgegeben werden. Es besteht aber die Möglichkeit, auch nach Ablauf der Abgabefrist, die außerdem auf Antrag bis zum 28.02. des Folgejahres verlängert werden kann, nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO um Abänderung des Steuerbescheids wegen neuer Tatsachen zu ersuchen. Danach ist es nicht ausgeschlossen, die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen im Jahr 2009 noch nachträglich steuerlich geltend zu machen.

Gegen die Ablehnung eines Rechtsschutzbedürfnisses aufgrund des Ablaufes der Abrechnungsfrist spricht schließlich auch das Anwendungsschreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 26.10.2007 zu § 35 a EStG. Zwar handelt es sich bei diesem Anwendungsschreiben um eine Verwaltungsvorschrift, die als Innenrecht keine unmittelbare Wirkung gegenüber dem Bürger entfaltet, sondern Regeln für die Anwendung durch die Finanzbehörden aufstellt. Wenn auf Seite 16 des Anwendungsschreibens aber ausgeführt wird, es sei: „nicht zu beanstanden, wenn Wohnungseigentümer die gesamten Aufwendungen erst in dem Jahr geltend machen, in dem die Jahresabrechnung im Rahmen der Eigentümerversammlung genehmigt worden ist. Für die zeitliche Berücksichtigung von Nebenkosten bei Mietern gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend“, so ergibt sich daraus nach dem Wortlaut aber auch Sinn und Zweck der Regelung, dass ein Finanzamt auch die Geltendmachung von Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen in dem Jahr, in dem die Abrechnung erfolgt, hier also 2010, nicht zurückweisen kann. Die Finanzämter sind insofern gebunden (vgl. Anwendungsschreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 26.10.2007 zu § 35 a EStG). Sollen aber die Finanzämter die Geltendmachung für das Jahr der Abrechnung nicht beanstanden, so ist diese Geltendmachung auch noch möglich.

Den Klägern steht der begehrte Anspruch auf Erteilung einer Aufstellung zu den haushaltsnahen Dienstleistungen als Nebenpflicht aus den §§ 241 Abs. 2, 242 BGB i.V.m. dem Mietvertrag zu (vgl. AG Charlottenburg, Urteil vom 01.07.2009, Az.: 222 C 90/09; AG Hamburg, Urteil vom 09.09.2009, Az.: 49 C 157/09).

Kann der Auskunftsverpflichtete eine Auskunft unschwer geben und ist andererseits der Berechtigte ohne die Auskunft an der Wahrnehmung seiner Rechte gehindert, so ergibt sich eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung (vgl. AG Hamburg, Urteil vom 09.09.2009, Az.: 49 C 157/09; BGH, NJW 1995, 387; Beuermann, GE 2006, 1600). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Kläger können als Mieter Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen, die sie im Rahmen der Betriebskostenvorauszahlungen gemacht haben, nach dem Anwendungsschreiben des BMF zu § 35 a EStG vom 26.10.2007 nur dann steuerlich absetzen, wenn diese Aufwendungen in der Betriebskostenabrechnung oder in einer separaten Bescheinigung aufgeschlüsselt werden. Ohne diese Auflistung sind die Kläger an der Wahrnehmung ihrer Rechte, hier der steuerlichen Geltendmachung ihrer Aufwendungen, gehindert.

Die Beklagte kann die Auskunft auch unschwer geben. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Kläger wiesen die von der Beklagten zu begleichenden Rechnungen im Jahr 2009 bereits die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen aus, so dass diese nur noch aufgelistet werden mussten.

Die Aufgliederung ist den Klägern unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Bei dem durch die Aufgliederung entstehende Mehraufwand handelt es sich um nicht umlagefähige Verwaltungskosten (vgl. Herrlein, WuM 2007, 54, (56)).

Kosten für die Erstellung einer Betriebskostenabrechnung sind als Verwaltungskosten grundsätzlich nicht umlagefähig ( vgl. Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl. 2009, Rn V 21). Sie gehören nicht zu den Betriebskosten, vgl. § 1 Abs. 2, Nr. 1 BetrkV. Soll aber die Aufgliederung der Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen in der Betriebskostenabrechnung erfolgen, so muss diese ebenfalls kostenfrei erstellt werden. Zwar kann die Aufgliederung nach dem Anwendungsschreiben des BMF zu § 35 a EStG vom 26.10.2007 auch in einer separaten Bescheinigung erfolgen. Es führte aber zu einem Wertungswiderspruch, wenn für die Bescheinigung eine Aufwandsentschädigung zu gewähren wäre, für die im Rahmen der Betriebskostenabrechnung erfolgende Aufgliederung jedoch nicht. Die Annahme der Unentgeltlichkeit steht auch im Einklang mit der Entscheidung des Amtsgericht Charlottenburg vom 01.07.2009 (Az.: 222 C 90/09). In seiner Entscheidung äußert sich das Amtsgericht Charlottenburg zwar nicht zur Entgeltlichkeit. Dies liegt aber gerade darin begründet, dass es einen Anspruch auf Aushändigung einer Aufgliederung im Rahmen der Betriebskostenabrechnung bejaht, die eben kostenlos zu erteilen ist.

Von einer Unentgeltlichkeit auszugehen, widerspricht auch nicht dem Beschluss des Landgerichts Düsseldorf vom 08.02.2008 (Az.: 19 T 489/07). Den Klägern ist darin zu folgen, dass diese Entscheidung die Gewährung einer Aufwandsentschädigung des Verwalters für Wohnungseigentumsanlagen betrifft und insofern nicht einfach auf das Mietrecht zu übertragen ist. Der Verwalter kann für Leistungen, zu denen er im Rahmen seines Verwaltervertrages nicht verpflichtet ist, ein zusätzliches Entgelt verlangen. Dem Mieter ist die Betriebskostenabrechnung und damit auch die Aufgliederung der Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen ohne zusätzliche Aufwandspauschale zu erteilen.

Die Heranziehung von Entscheidungen aus dem Bereich des Wohnungseigentumsrecht stößt aber auch insofern auf Bedenken, als eine Aufwandspauschale gerade anhand des Einzelfalles zu bemessen ist (vgl. AG Hamburg, Entscheidung vom 09.09.2009, Az.: 49 C 157/09) und dabei zum Teil auch berücksichtigt wird, dass die steuerlichen Neuerungen eine Umstellung und damit Aufwand verursachen, dieser sich aber mit der Zeit reduziert. So gewährt das Amtsgericht Hannover in seinem Beschluss vom 29.06.2007 (Az.: 73 II 382/07) zwar eine Aufwandspauschale, bemisst diese aber mit 1,00 € pro Monat und dies explizit nur für das erste Jahr, in dem die Aufgliederung erfolgt. Danach nimmt das Amtsgericht eine EDV-mäßige Anpassung der Abrechnung an, die den Aufwand weiter reduzieren dürfte. Selbst wenn man eine Aufwandspauschale für die Aufgliederung der Kosten gewähren wollte, wäre daher eine solche in Höhe von 20,00 € für Mieter und 10,00 € für Mitglieder der Genossenschaft im Jahr 2009 nicht angemessen. Wenn diese Pauschale gerade den Aufwand ausgleichen soll, der durch die Aufgliederung notwendig wird, so ist nicht ersichtlich, warum dieser für Mieter und Mitglieder der Genossenschaft in unterschiedlicher Höhe anfallen sollte. Angesichts des unbestrittenen Vortrags der Kläger, dass die Rechnungen im Jahr 2009 bereits die Kosten für haushaltsnahe Dienstleistungen ausweisen und andere Vermieter schon eine Aufgliederung in der Betriebskostenabrechnung vornehmen, erscheint für das Jahr 2009, also zwei Jahre nachdem die Möglichkeit der Geltendmachung eingeführt wurde, eine solche von der Beklagten geforderte Aufwandspauschale nicht angemessen, auch wenn letztendlich nur vier Mietparteien von der Beklagten für das Jahr 2009 eine Bescheinigung anforderten.

Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4, Satz 1, Nr. 1 ZPO liegen nicht vor. Weder kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

 

 

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