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Betriebskosten – Zusammenfassung von Immobilien zu Wirtschaftseinheit

AG Gelsenkirchen – Az.: 210 C 230/20 – Urteil vom 07.07.2022

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Gelsenkirchen auf die mündliche Verhandlung vom 12.05.2022 für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 407,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 28.08.2020 zu zahlen. Ferner wird die Klägerin verurteilt, dem Beklagten Belegeinsicht durch die Einsichtnahme in die folgenden Belege zu gewähren:

  • die Vorlage des Belegs über die Beauftragung, Rechnung und Buchung der Steag zur Lieferung einer Hausstation Compact 120/30,
  • die Vorlage des Belieferungsvertrages Fernwärme mit der Steag,
  • die Vorlage der Nachweise, Rechnungen und Buchungsbelege der Steag zum Anschluss der Hausstation an das bestehende Fernwärmenetz der Steag,
  • den Nachweis der Beauftragung, Rechnung und Buchungsbelege über die Entsorgung der Altanlage und der Bauabfälle,
  • die Vorlage der schriftlichen Entsorgungsnachweise über den Verbleib der Altanlage und die Auskunft über etwaige Einnahmen im Zusammenhang mit der Verwertung der Altanlage, einzelner Bauteile sowie den Bauabfällen und den Nachweis über die fachgerechte Entsorgung vorzulegen,
  • die Vorlage der Nachweise über die Beauftragung und die Rechnungen über den Anschluss der Hausstation an das Heizungssystem des Hauses,
  • die Erteilung der Auskunft über die Anzahl und Hersteller der verwendeten Bauteile, deren Hersteller sowie deren genaue Anzahl und Menge,
  • die Vorlage von Belegen zum Nachweis der Anzahl und die Hersteller der installierten Heizkörperthermostate,
  • die Vorlage der Nachweise über die durch die beauftragten Fachfirmen verbauten Materialien, deren Menge und die fachgerechte Entsorgung von Arbeitsmaterialien,
  • den Nachweis der Qualifikation der Monteure und Maler, welche die entsprechenden Arbeiten vorgenommen haben,
  • die Vorlage der Nachweise und Arbeitsprotokolle der Monteure und Maler,
  • die Vorlage der Nachweise über die Beauftragung, Rechnung und Buchung der angefallenen Tätigkeiten zur Planung der Modernisierungsmaßnahmen,
  • die Vorlage der Nachweise über die gemäß HOAI angefallenen Honorare,
  • die Vorlage und den Nachweis über die erhaltenen öffentlichen Fördermittel,

Ferner wird die Klägerin verurteilt, dem Beklagten die weitergehende Belegeinsicht durch die Einsichtnahme in die folgenden Belege und Abrechnungsunterlagen einschließlich der dazugehörigen Vertragsunterlagen und Buchungsnachweise durch die Vorlage der Kontoauszüge über die Zahlungen hinsichtlich der Betriebs-/ und Heizkostenabrechnung 2019 zu gewähren:

  • die Einzelrechnungen-/ und Buchungsbelege für Einzelleistungen der Gartenpflege inkl. Vorlage aller Tätigkeitsberichte, die Nachweise über die weiteren Beauftragungen von Dritten,
  • die Einzelbuchungsbelege inkl. der dazugehörigen Nachweise in Form von Kontoauszügen für die Abrechnung der Kosten für den Hauswart/Objektbetreuer sowie eine detaillierte Aufschlüsselung aller Tätigkeitsnachweise, diese getrennt nach hausmeisterspezifischen Tätigkeiten und Verwaltungs-/ und Instandsetzungsanteil,
  • die Abrechnungs- und Zahlungsbelege über die Abrechnung der Kosten für die Wartung der Filteranlage, bestehend aus allen Einzelrechnungen, den Be[1]auftragungen, Nachweisen über Sonderaufträge, den dazugehörigen Wartungsvertrag und eine detaillierte Aufschlüsselung der vorgenommenen Tätigkeiten sowie die Nachweise der geleisteten Einzelzahlungen,
  • die Zahlungsbelege und alle Einzelbelege über die Abrechnung der Kosten für den Schornsteinfeger sowie die Einzeltätigkeitsnachweise, die Nachweise über Instandsetzungsmaßnahmen an der Heizungsanlage und den Nachweis für die Erteilung von Sonderaufträgen und die Einzelbuchungsbelege,
  • die Nachweise über die Abrechnung der Kosten für die Heizkostenverteiler, diese wiederum im Einzelnen aufgeschlüsselt nach Wohnungen, Wärmeentnahmestellen sowie die einzelnen Zahlungsbelege inkl. der Kontoauszüge,
  • Die Zahlungsbelege über die Einzelabrechnungen sowie die Buchungsbelege über die Wärmelieferungen an den Fernwärmelieferanten einschließlich der dazugehörigen Kontoauszüge.

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert des Rechtsstreits (Klage und Widerklage) wird auf 2.469,26 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin und Widerbeklagte (im Folgenden: Klägerin) begehrt von dem Beklagten und Widerkläger (Im Folgenden: Beklagten) Zahlung rückständiger Mietzahlungen im Wege einer sogenannten Saldoklage. Der Beklagte begehrt widerklagend die Zahlung von Guthabenbeträgen aus den Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 sowie Belegeinsicht. Ferner begehrt er die Feststellung des Bestehens eines Zurückbehaltungsrechts.

Der Beklagte war Mieter einer im Erdgeschoss gelegenen Wohnung im Hause …… 11 Gelsenkirchen. Das Mietverhältnis endete zum 30.09.2020. Die Immobilie …… 11 grenzt unmittelbar an die …… 13.

Hinsichtlich der örtlichen Gegebenheiten wird auf die beklagtenseits mit Schriftsatz vom 24.03.2021 eingereichten Karten und Lichtbilder (Bl. 366 ff. d.A.) Bezug genommen. Zwischen den Parteien steht im Streit, ob die …… 11 und …… 13 zu einer Wirtschaftseinheit zusammengefasst werden können oder nicht.

Die Klägerin rechnete mit Schreiben vom 02.10.2018 über die Betriebskosten 2017 ab. Der Beklagte leistete im Jahr 2017 Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in Höhe von 1.203,00 Euro. Für das

Abrechnungsjahr setzte die Klägerin Kosten in Höhe von 1.212,23 Euro an und machte gegenüber dem Beklagten einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 9,23 Euro geltend. Die Klägerin rechnete mit Schreiben vom 05.12.2019 über die Betriebskosten 2018 ab. Der Beklagte leistete im Jahr 2018 Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in Höhe von 982,00 Euro. Für das Abrechnungsjahr setzte die Klägerin Kosten in Höhe von 1.285,53 Euro an und machte gegenüber dem Beklagten einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 303,53 Euro geltend.

Die Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 haben gemeinsam, dass unter den Abrechnungseinheiten B und C die …… 11 und 13 als Wirtschaftseinheiten zusammengefasst wurden. Folgende Positionen wurden über die klägerseits gebildete Wirtschaftseinheit abgerechnet:

  • Schornsteinfeger
  • Außenanlagen Rasenfläche
  • Außenanlagen Gehölzfläche
  • Private Straßenreinigung
  • Sach- und Haftpflichtversicherung
  • Hauswart
  • Gebühr für Fernsehempfang

Auf den Inhalt der vorbenannten Schreiben (Anlage K 2, Bl. 16 ff. d.A.; Anlage K 3, Bl. 22 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Gegen die Betriebskostenabrechnungen erhob der Beklagte fristgerecht Widerspruch. In den Widersprüchen – neben anderen Einwendungen – wies der Beklagte auf den Umstand hin, dass nach seinem Dafürhalten zwischen der …… 11 und 13 keine Wirtschaftseinheit gebildet werden kann und er diese als unzulässig erachte.

Mit Schreiben vom 03.04.2019 (Bl. 98 d.A.) und 23.01.2021 und 26.03.2021 forderte der Beklagte gegenüber der Klägerin Belegeinsicht in die originalen Dokumente zu den Nebenkostenabrechnungen 2017 und 2018 und der Betriebs- und Heizkostenabrechnung 2019. Im Laufe des Verfahrens wurden dem Beklagten sodann Kopien einzelner Belege übersandt.

Das von der Klägerin geführte Mietkonto wies im April 2020 einen Saldo von 853,85 Euro auf (vgl. Anlage K 1, Bl. 15 d.A.). In dem Mietkonto sind die Forderungen der Klägerin aus den Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 enthalten.

Die Klägerin behauptet, dass die …… 11 und 13 eine Wirtschaftseinheit bilden würden. Denn beide Gebäude würden unmittelbar aneinander angrenzen. Die Wohnlage und Größe der Gebäude seien vergleichbar. Zwar würden sich die Wohnungsgrößen unterscheiden. Dies könne innerhalb eines Hauses vorkommen.

Vor dem Hintergrund sei die Klägerin berechtigt gewesen, beide Immobilien als Wirtschaftseinheit zusammenzufassen. In der Folge seien die Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 formell und materiell nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf die Widerklage habe der Beklagte aus vorbenannten

Gründen keinen Guthabenanspruch. Der Belegeinsicht sei durch Übersendung von Belegkopien nachgekommen worden.

Die Klägerin hat die Klage mit Schriftsatz vom 11.12.2020 (Bl. 321 d.A.) teilweise und zwar in Höhe von 54,56 Euro zurückgenommen. Dies beinhaltete für die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2017 und 2018 die Kostenpositionen „Außenanlage Rasenfläche“ und „Außenanlage Gehölze“ in Höhe von 10,77 Euro und 20,76 Euro sowie 6,94 Euro und 16,09 Euro.

Die Klägerin beantragt nunmehr, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 799,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt der Beklagte,

1. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 324,19 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 83,46 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. hilfsweise festzustellen, dass dem Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht an den laufenden Vorauszahlungen bis zur erteilten vollständigen Belegeinsicht für die Jahre 2017 und 2018 an den laufenden Vorauszahlungen zusteht,

4. die Klägerin zu verurteilen, dem Beklagten Belegeinsicht durch die Einsichtnahme in die folgenden Belege zu gewähren:

a. die Vorlage des Belegs über die Beauftragung, Rechnung und Buchung der Steag zur Lieferung einer Hausstation Compact 120/30,

b. die Vorlage des Belieferungsvertrages Fernwärme mit der Steag,

c. die Vorlage der Nachweise, Rechnungen und Buchungsbelege der Steag zum Anschluss der Hausstation an das bestehende Fernwärmenetz der Steag,

d. den Nachweis der Beauftragung, Rechnung und Buchungsbelege über die Entsorgung der Altanlage und der Bauabfälle,

e. die Vorlage der schriftlichen Entsorgungsnachweise über den Verbleib der Altanlage und die Auskunft über etwaige Einnahmen im Zusammenhang mit der Verwertung der Altanlage, einzelner Bauteile sowie den Bauabfällen und den Nachweis über die fachgerechte Entsorgung vorzulegen,

f. die Vorlage der Nachweise über die Beauftragung und die Rechnungen über den Anschluss der Hausstation an das Heizungssystem des Hauses,

g. die Erteilung der Auskunft über die Anzahl und Hersteller der verwendeten Bauteile, deren Hersteller sowie deren genaue Anzahl und Menge,

h. die Vorlage von Belegen zum Nachweis der Anzahl und die Hersteller der installierten Heizkörperthermostate,

i. die Vorlage der Nachweise über die durch die beauftragten Fachfirmen verbauten Materialien, deren Menge und die fachgerechte Entsorgung von Arbeitsmaterialien,

j. den Nachweis der Qualifikation der Monteure und Maler, welche die entsprechenden Arbeiten vorgenommen haben,

k. die Vorlage der Nachweise und Arbeitsprotokolle der Monteure und Maler,

l. die Vorlage der Nachweise über die Beauftragung, Rechnung und Buchung der angefallenen Tätigkeiten zur Planung der Modernisierungsmaßnahmen,

m. die Vorlage der Nachweise über die gemäß HOAI angefallenen Honorare,

n. die Vorlage und den Nachweis über die erhaltenen öffentlichen Fördermittel,

5. festzustellen, dass dem Widerkläger seit dem 01.02.2019 ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 21,86 Euro zusteht,

6. die Klägerin zu verurteilen, dem Beklagten die weitergehende Belegeinsicht durch die Einsichtnahme in die folgenden Belege und Abrechnungsunterlagen einschließlich der dazugehörigen Vertragsunterlagen und Buchungsnachweise durch die Vorlage der Kontoauszüge über die Zahlungen hinsichtlich der Betriebs-/ und

Heizkostenabrechnung 2019 zu gewähren:

a. die Einzelrechnungen-/ und Buchungsbelege für Einzelleistungen der Gartenpflege inkl. Vorlage aller Tätigkeitsberichte, die Nachweise über die weiteren Beauftragungen von Dritten,

b. die Einzelbuchungsbelege inkl. der dazugehörigen Nachweise in Form von Kontoauszügen für die Abrechnung der Kosten für den Hauswart/Objektbetreuer sowie eine detaillierte Aufschlüsselung aller Tätigkeitsnachweise, diese getrennt nach hausmeisterspezifischen Tätigkeiten und Verwaltungs-/ und Instandsetzungsanteil,

c. die Abrechnungs- und Zahlungsbelege über die Abrechnung der Kosten für die Wartung der Filteranlage, bestehend aus allen Einzelrechnungen, den Beauftragungen, Nachweisen über Sonderaufträge, den dazugehörigen Wartungsvertrag und eine detaillierte Aufschlüsselung der vorgenommenen Tätigkeiten sowie die Nachweise der geleisteten Einzelzahlungen,

d. die Zahlungsbelege und alle Einzelbelege über die Abrechnung der Kosten für den Schornsteinfeger sowie die Einzeltätigkeitsnachweise, die Nachweise über Instandsetzungsmaßnahmen an der Heizungsanlage und den Nachweis für die Erteilung von Sonderaufträgen und die Einzelbuchungsbelege,

e. die Nachweise über die Abrechnung der Kosten für die Heizkostenverteiler, diese wiederum im Einzelnen aufgeschlüsselt nach Wohnungen, Wärmeentnahmestellen sowie die einzelnen Zahlungsbelege inkl. der Kontoauszüge,

f. Die Zahlungsbelege über die Einzelabrechnungen sowie die Buchungsbelege über die Wärmelieferungen an den Fernwärmelieferanten einschließlich der dazugehörigen Kontoauszüge.

Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass die …… 11 und 13 durch die Klägerin in unzulässiger Weise zu einer Wirtschaftseinheit zusammengefasst worden seien.

Dies gelte insbesondere für die Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018. In der Folge – neben anderen Einwendungen – stehe ihm ein Guthaben aus vorbenannten Abrechnungen zu. Ferner ist er der Ansicht, dass ihm ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Original-Unterlagen hinsichtlich der Betriebs- und Heizungskostenabrechnungen zustehe. Das Übersenden von Kopien genüge nicht.

Auf Grund dessen stehe im ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze zwischen den Parteien und deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Das Gericht hat am 25.03.2021 und 12.05.2022 mündlich zur Sache verhandelt. Am 12.05.2022 hat das Gericht einen Ortstermin durchgeführt. Auf die Protokolle 2018 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet (dazu sogleich I.). Die teilweise zulässige Widerklage ist im Tenor ersichtlichen Umfang begründet (dazu sogleich II.).

I.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung eine Betrages in Höhe von 853,85 Euro gem. § 535 Abs. 1 BGB.

Denn die Klägerin hat im Rahmen der Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2017 und 2018 die …… 11 und 13 in …….. Gelsenkirchen als Wirtschaftseinheit in unzulässiger Weise zusammengefasst. Auf den Inhalt der streitgegenständlichen Betriebskostenabrechnungen wird Bezug genommen. Bereits die mit den vorbenannten Betriebskostenabrechnungen unzulässigerweise als Wirtschaftseinheit abgerechneten Kostenpositionen (Abrechnungseinheiten B und C) übersteigen in der Summe den im Wege der Saldoklage geltend gemachten Nachforderungsbetrag, sodass bereits aus diesem Grund die Klage abzuweisen war, ohne dass eine Prüfung der weiteren Einwände erforderlich wäre.

Im Einzelnen: Sofern vertragliche Abreden – wie im hiesigen Fall – dem nicht entgegen stehen, ist die Vermieterin (Klägerin) preisfreien Wohnraums bei der Abrechnung der umlagefähigen Betriebskosten regelmäßig berechtigt, mehrere von ihm verwaltete und der Wohnnutzung dienende zusammenhängende Gebäude vergleichbarer Bauweise, Ausstattung und Größe zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen. Dies gilt auch dann, wenn nur hinsichtlich einzelner Betriebskosten ein unabweisbares technisches Bedürfnis für eine gebäudeübergreifende Abrechnung besteht (BGH, Urteil vom 20. Oktober 2010 – VIII ZR 73/10).

Gemessen an vorbenannten Maßstäben steht zur Überzeugung des Gerichts, die zwar keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, erfordert (vgl. BGH NJW 2003, 1116 ff., m. w. N.), nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und insbesondere auf Grund der im Ortstermin gewonnenen Eindrücke fest, dass die die …… 11 und 13 in …….. Gelsenkirchen nicht als Wirtschaftseinheit zusammengefasst werden kann. Hinsichtlich der berechtigten, zulässigen Bildung einer Wirtschaftseinheit bleibt die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin beweisfällig.

Das Gericht verschaffte sich im durchgeführten Ortstermin einen eigenen Eindruck von den örtlichen Gegebenheiten. Das Gericht stellte zunächst fest, dass die äußeren Gegebenheiten der Häuser …… 11 und 13 den Lichtbildern auf Bl. 374 ff. der Gerichtsakte entsprechen. Die Häuser grenzen unmittelbar aneinander. Von der Front aus gesehen ist an die …… 11 und 13 unmittelbar angrenzend der Bürgersteig.

Die davor befindlichen Grünflächen sind städtisches Eigentum. Der Hinterhof des Grundstücks …… 13 konnte betreten werden. Dies über ein – von der Front aus gesehen – rechts gelegenes Tor an der …… 13.

Im Innenhof konnte erkannt werden, dass Grünflächen vorhanden sind. Die …… 13 ist zur …… 11 durch eine Steinmauer abgetrennt. Ein Zugang, um vom einen zum anderen Grundstück zu gelangen, existiert nicht.

Der Mitarbeiter der Klägerin – …… – führte dazu aus, dass das hinter der Mauer gelegene Grünflächengrundstück, welches im Erdgeschoss in der ……11 gelegen ist, in Selbstpflege eines Mieters stehe und nicht allgemein zugänglich sei. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Im Innenhof der …… 13 sind Sitzmöglichkeiten auf einer asphaltierten Fläche vorhanden. Im Innenhof sind Fahrzeuge geparkt.

Seitens der Klägerin konnten keine Angaben dahingehend getroffen werden, welchen Personen die Fahrzeuge zugeordnet werden können. Die Mülltonnen im Innenhof sind ausschließlich der …… 13 zugeordnet.

Von der Front (Straßenseite) gesehen, haben sämtliche rechts in der …… 13 gelegenen Wohnungen Balkone; die links gelegenen Wohnungen haben keine Balkone. Die in der …… 11 gelegenen Wohnungen habe alle einen eigenen, separaten Balkonzugang. In der …… 11 gibt es pro Etage jeweils nur eine Wohnung. Ein Zugang zwischen der …… 11 und …… 13 existiert nicht. Der Zugang ist jeweils nur über die Hauseingangstür bzw. hinsichtlich der …… 13 über den Hinterhof möglich.

Für beide Häuser sind separate, eigene Strom-, Heizungsanlagen und Wasseranschlüsse vorhanden.

Messeinrichtungen für die einzelnen Anschlüsse sind separat in den Häusern vorhanden.

Im Übrigen wird auf den Inhalt des Protokolls Bezug genommen.

Die Zeugin …… bekundete, dass Grünflächen in der …… 11 nur dergestalt vorhanden seien, dass im Erdgeschoss ein Garten vorhanden ist.

Dieser Garten sei von ihr, ihrem Ehemann und dem Beklagten gepflegt worden. In der …… 13 seien die Grünflächen im Innenhof gelegen. Der Zeuge …… schilderte, dass er mit dem Grundstück der …… 13 bzw. den Räumlichkeiten und den Örtlichkeiten nur dahingehend in Berührung gekommen sei, dass er aus freundschaftlicher Verbundenheit dort gemeinsam mit Nachbarn ein Mal Fußball geschaut habe. Selbst geparkt habe er sein Fahrzeug dort jedoch nie. Er habe dort auch im Innenhof nicht alleine gesessen. Er sei dazu mietvertraglich auch gar nicht berechtigt gewesen. Die Gartenpflege in der …… 11 haben er mit seiner Ehefrau und dem Beklagten in Eigenregie vorgenommen.

Nach alledem steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass zwischen der …… 11 und …… 13 keine Wirtschaftseinheit besteht. Dies steht im Gegensatz dazu, wie es die Klägerin im Hinblick auf die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2017 und 2018 annimmt. Es soll nicht verkannt werden, dass die Immobilien zwar unter gemeinsamer Verwaltung stehen. Gleichwohl konnte das Gericht feststellen, dass eine vergleichbare Bauweise, Ausstattung und Größe gerade nicht vorhanden ist. Denn zum einen sind die Gebäude und die Grundstücke räumlich klar abgegrenzt und zum anderen gibt es entscheidende Unterschiede. Die Grünfläche der …… 11 wurde ausschließlich von den Mietern gepflegt, die alleinigen Zugang zu dem Garten im Erdgeschoss hatten. Allgemein zugänglich war dieser Bereich nicht, was glaubhaft und nachvollziehbar auch von den gehörten Zeugen – ohne jede Belastungstendenz – bestätigt werden konnte. Dies steht im Gegensatz zu den Grünflächen der …… 13, die jedem Mieter zugänglich sind und durch die Sitzgelegenheiten im Hinterhof zum gemeinschaftlichen Verweilen einladen. Dort sind auch Parkflächen für Fahrzeuge vorhanden, die für die Mieter des Hauses …… 11 genutzt werden können. Dass auch Mieter des Hauses …… 13 die Parkflächen nutzen dürfen ist seitens der Klägerin schon nicht hinreichend dargelegt und mietvertraglich auch nicht geregelt worden. Ferner unterscheiden sich die Immobilien äußerlich dergestalt, dass sich die Balkone der …… 11 an jeder Wohneinheit befinden. An der …… 13 sind nur bei der Hälfte der Wohnungen Balkone vorhanden. Zudem sind auf jeder Etage zwei Wohnungen vorhanden. Die …… 11 weist auf jeder Etage eine Wohnung auf, die deutlich größer als die einzelnen Wohnungen der …… 13 sind. Die Häuser sind untereinander nicht verbunden.

Es bestehen einerseits kein gemeinsamer Zugang und andererseits keine gemeinsamen Anschlüsse im Hinblick auf Strom, Wärme und Wasser. Sowohl die …… 11 und die …… 13 werden separat über eigene Anschlüsse beliefert, sodass auch keine technische Notwendigkeit hinsichtlich der Zusammenfassung der Häuser als Wirtschaftseinheit besteht. Letztendlich weisen die …… 11 und 13 keinerlei gemeinsame Infrastruktur auf.

Andere Gründe, die die Notwendigkeit und damit verbunden die Zulässigkeit des Verbindens der …… 11 und 13 zu einer Wirtschaftseinheit erforderlich erscheinen lassen, sind seitens der Klägerin nicht vorgetragen worden. Die Einwendungsfristen gem. § 556 Abs. 3 BGB sind gewahrt. Nach alledem sind folgende Positionen aus den Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2017 und 2018 mangels zulässiger Zusammenfassung von Wirtschaftseinheiten im Hinblick auf die …… 11 und 13 – mangels Begründetheit und Nachvollziehbarkeit – aus den jeweiligen Abrechnungen zu streichen:

Betriebskostenabrechnung 2017

  • Schornsteinfeger 1,23 Euro
  • Private Straßenreinigung 14,92 Euro
  • Sach- und Haftpflichtversicherung 200,94 Euro
  • Hauswart 93,33 Euro
  • Gebühr für Fernsehempfang 109,90 Euro
  • Insgesamt: 420,32 Euro

Betriebskostenabrechnung 2018

  • Schornsteinfeger 1,36 Euro
  • Private Straßenreinigung 14,91 Euro
  • Sach- und Haftpflichtversicherung 206,42 Euro
  • Hauswart/Objektbetreuer 102,95 Euro
  • Gebühr für Fernsehempfang 124,13 Euro
  • Insgesamt: 449,77 Euro

Bringt man nunmehr vorstehende und beklagtenseits beanstandeten, unbegründeten Kostenpositionen in Höhe von einerseits 420,32 Euro und 449,72 Euro andererseits, mithin insgesamt 870,04 Euro, von der Klageforderung in Höhe von 799,29 Euro in Abzug, so verbleibt auf Seiten der Klägerin keine Forderung mehr.

Die Klage ist nach alledem unbegründet. Das Gericht musste sich mit den weitergehenden Einwendungen nicht auseinandersetzen.

II.

Die teilweise zulässige Widerklage ist im Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

1) Das mit der Widerklage geltend gemachte Feststellungsbegehren im Hinblick auf die Berechtigung zum Zurückbehaltungsrecht ist bereits unzulässig. Denn das Mietverhältnis ist zwischen den Parteien – unstreitig – beendet. Für die begehrte Feststellung fehlt es an einem Feststellungsinteresse, mithin am Rechtsschutzbedürfnis. Auf Grund der Beendigung des Mietverhältnisses kann der Beklagte nunmehr kein Interesse mehr an einem Zurückbehaltungsrecht haben, da zukünftige Fragen, die das Mietverhältnis hinsichtlich laufender Mietzinszahlungen betrifft, keiner Regelung mehr bedürfen. Ohne weiteres hätte der Beklagte nunmehr dahingehend eine Leistungsklage erheben können.

2) Der Beklagte hat gegen die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung des Guthabens aus den Betriebskostenabrechnungen 2017 und 2018 in Höhe von insgesamt 407,65 Euro (324,19 Euro + 83,46 Euro).

Der Beklagte leistete im Jahr 2017 Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in Höhe von 1.203,00 Euro. Für das Abrechnungsjahr setzte die Klägerin Kosten in Höhe von 1.212,23 Euro an. Auf Grund der – wie vorstehend ausgeführt – unzulässigen Bildung einer Wirtschaftseinheit konnten allenfalls Kosten in Höhe von 791,91 Euro (1.212,23 Euro – 420,32 Euro) seitens der Klägerin in Ansatz gebracht werden. Als Guthaben verbliebe dann ein Betrag in Höhe von 411,09 Euro, der den klägerseits geltend gemachten Betrag in Höhe von 324,19 Euro sogar überschreitet. Ferner leistete der Beklagte im Jahr 2018 Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in Höhe von 982,00 Euro. Für das Abrechnungsjahr setzte die Klägerin Kosten in Höhe von 1.285,53 Euro an. Auf Grund der – wie vorstehend ausgeführt – unzulässigen Bildung einer Wirtschaftseinheit konnten allenfalls Kosten in Höhe von 835,76 Euro (1.285,53 Euro – 449,77 Euro) seitens der Klägerin in Ansatz gebracht werden. Als Guthaben verbliebe dann ein Betrag in Höhe von 146,24 Euro, der den klägerseits geltend gemachten Betrag in Höhe von 83,46 Euro sogar überschreitet.

3) Des Weiteren hat der Beklagte den im Tenor ersichtlichen Anspruch auf Rechnungslegung und Einsicht in die originalen Abrechnungsunterlagen gemäß § 556 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1, § 259 Abs. 1 Halbs. 1 und 2 BGB. Der Beklagte hat in dem Zusammenhang kein besonderes Interesse darzulegen. Es genügt vielmehr das allgemeine Interesse des Mieters, die Tätigkeit des abrechnungspflichtigen Vermieters zu kontrollieren.

Nur in Ausnahmefällen kann es nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) allerdings in Betracht kommen, dass der Vermieter lediglich die Vorlage von Kopien oder Scanrodukten schuldet. Die Frage, ob ein solcher Ausnahmefall gegeben ist, entzieht sich allgemeiner Betrachtung und ist vom Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (vgl. dazu allein BGH, Urteil vom 15. Dezember 2021 – VIII ZR 66/20). Gemessen an vorbenannten Voraussetzungen ist nicht ersichtlich und auch seitens der Klägerin nicht substantiiert dargetan, weswegen lediglich – wie geschehen – die Vorlage von Kopien und Scanprodukten geschuldet sein sollte. In dem Zusammenhang kann es auch dahinstehen, dass – nach Auffassung des Gerichts – die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Kopien grundsätzlich geeignet sind, die dokumentierten Erklärungen unverändert wiederzugeben.

Nach alledem hat der Beklagte – nach unstreitig vorliegender schriftsätzlicher Aufforderung – einen Anspruch auf Einsichtnahme in die streitgegenständlichen und tenorierten Dokumente. Die Einsichtnahme in die Originaldokumente wurde dem Beklagten bisher nicht angeboten.

III.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288, 291 BGB.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen im Hinblick auf die Kosten auf §§ 91, 92 ZPO und in Bezug auf die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

V.

Der Streitwert in Höhe von setzt sich wie folgt zusammen:

– Klage: 799,29 Euro

– Widerklage: 1.669,97 Euro. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:

Zahlungsanspruch: 407,65 Euro

Feststellungsanspruch: 262,32 Euro (21,86 Euro x 12)

Belegeinsicht: 1.000,00 Euro

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