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Betriebskostenabrechnung bei vereinbarter Zahlung der Betriebskosten nur nach Abrechnung

LG München II – Az.: 12 S 4491/10 – Urteil vom 22.03.2011

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Amtsgerichts Dachau vom 03.08.2010 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 1.306,26 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen. Wesentliche Änderungen oder Ergänzungen haben sich, soweit nicht unter nachstehender Ziff. II angesprochen, im Berufungsverfahren nicht ergeben.

Die Kaution einschließlich Zinsen betrug unstreitig 1.883,96 Euro. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Mietkaution in Höhe von noch 1.018,39 Euro (1.883,96 Euro abzüglich Nachforderung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2008 in Höhe von 865,57 Euro), Zahlung eines Guthabens aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 in Höhe von 8,81 Euro sowie Ersatz von bei Auszug im Tank befindlichen Heizöls in Höhe von 279,06 Euro, insgesamt daher auf Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.306,26 Euro, in vollem Umfang weiter.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Kaution

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Rückzahlung der Kaution zu, da dieser infolge der Aufrechnung des Beklagten vom 29.06.2009 (Anlage K4) mit Gegenforderungen vollständig erloschen ist.

a) Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006

Der Kautionsrückzahlungsanspruch ist in Höhe von 955,55 Euro aufgrund der Aufrechnung mit dem Anspruch des Beklagten aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006 erloschen.

Unter den Begriff der Sach- und Haftpflichtversicherungen fallen die Gebäudebrand- und die Gebäudeversicherung (vgl. § 2 Nr. 13 BetrKV). Der Kläger schuldet die hierfür anfallenden Kosten daher bereits nach der entsprechenden Vereinbarung im schriftlichen Mietvertrag.

Unter den Begriff der Heizung fallen nach Auffassung der Kammer auch die Kosten der Kesselreinigung und die Kaminkehrerkosten (vgl. § 7 Abs. 4, 2 HeizKV, § 2 Nr. 4 a), Nr. 12 BetrKV; Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Auflage 2007, § 556 Rn. 167; Lammerl Im Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 7 HeizKV Rn 30). Der Kläger schuldet daher bereits nach dem ursprünglichen Vertrag die Kaminkehrerkosten.

Im Übrigen teilt die Kammer die Auffassung des Amtsgerichts in dem angefochtenen Urteil, dass im vorliegenden Fall aufgrund der Abrechnungen und Zahlungen der Nebenkosten für die Jahre 2002 bis 2005 eine konkludente Vertragsänderung dahingehend erfolgte, dass auch die Kosten für Grundsteuer und die Kosten für die Hausbeleuchtung auf den Mieter umzulegen sind.

Grundsätzlich ist eine konkludente Vertragsänderung der umlagefähigen Nebenkosten möglich. Eine solche ist bei der Abrechnung und Zahlung von Betriebskosten anzunehmen, deren Umlagefähigkeit ursprünglich nicht vereinbart war. Der für die Annahme einer konkludenten Vertragsänderung erforderliche Zeitraum, in dem derartige Betriebskosten abgerechnet und bezahlt werden, wird von der Rechtsprechung uneinheitlich angesetzt (vgl. Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 556 Rn. 60 am Ende). Es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an.

Maßgebend ist (vgl. BGH, Beschluss vom 29.05.2000, Gz.: XII ZR 35/00; BGH, Urteil vom 07.04.2004, Gz.: VIII ZR 146/03), ob aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers das Verhalten des Klägers dahingehend auszulegen ist, dass er mit der Auferlegung der Kosten für Grundsteuer und Hausbeleuchtung einverstanden war.

Vorliegend handelte es sich bei den erfolgten Nebenkostenabrechnungen um sehr überschaubare Abrechnungen, so dass nicht viele Positionen durch den Kläger zu prüfen waren. Zudem liegt der Sonderfall vor, dass der Kläger in dem Zeitraum 2002 bis 2005 keine Vorauszahlungen geleistet hat und daher erst recht Veranlassung gehabt hätte, die Abrechnungen eingehend zu prüfen, mehr noch etwa als ein Vorauszahlungen leistender Mieter, dem nur am wirtschaftlichen Endergebnis der Abrechnung gelegen sein mag. Im Falle nicht geleisteter Vorauszahlungen kommt es aber nicht auf das Interesse an, nicht noch mehr zahlen zu müssen, sondern es geht um die Kontrolle, ob und ggf. was überhaupt gezahlt wird.

Hinzu kommt, dass bereits von Beginn des Mietverhältnisses an Grundsteuer und Hausbeleuchtung in Rechnung gestellt und von dem Kläger bezahlt wurden.

Das Verhalten des Klägers – von Beginn des Mietverhältnisses an und über vier Jahre hinweg – konnte nur dahingehend verstanden werden, dass der Kläger mit der Auferlegung der Kosten für Grundsteuer und Hausbeleuchtung einverstanden war.

Die durch den Beklagten insoweit erklärte Aufrechnung ist auch wirksam, da § 556 Abs. 3 BGB keine Anwendung findet. Auf das Bestreiten des rechtzeitigen Zugangs der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006 durch den Kläger kommt es daher nicht an.

Bereits nach dem eindeutigen Wortlaut findet § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nur dann Anwendung, wenn der Mieter Nebenkostenvorauszahlungen leistet, nicht aber in dem Fall, in dem zwar die Nebenkosten auf den Mieter umgelegt werden, aber gerade keine Vorauszahlungen geleistet werden.

Es mag sich bei der Vereinbarung, dass der Mieter die Nebenkosten nach Abrechnung zu tragen, aber keine Vorauszahlungen zu leisten hat, um eine nicht sonderlich häufige Vertragsgestaltung handeln; sie ist jedoch zulässig (vgl. Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 556 Rn 27, 247, 251).

„Nachforderung“ i. S. d. § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bedeutet einen die Nebenkostenvorauszahlungen übersteigenden Betrag und ist daher nicht gleichzusetzen mit einer überhaupt erstmals nach Abrechnung über die Nebenkosten entstandenen Forderung ohne Vorauszahlungen. Auch nach Sinn und Zweck der Regelung ist nicht allein der Rechtsfrieden maßgebend, sondern das Vertrauen des Mieters, nicht mit unvorhergesehenen Nachforderungen zusätzlich überzogen zu werden.

Eine analoge Anwendung von § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB ist nicht möglich. Sie widerspräche dem eindeutigen Wortlaut der Norm. Im Übrigen spiegelt § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB auch das Interesse des Mieters daran wieder, dass er nur durch eine Abrechnung überprüfen kann, ob die von ihm geleisteten Vorauszahlungen angemessen sind. Auch dies spricht gegen eine analoge Anwendung.

Ferner spricht auch gegen eine analoge Anwendung von § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB, dass der Vermieter nur mit einer Nachforderung ausgeschlossen ist. Er darf – nach Abrechnung – die Nebenkostenvorauszahlungen in voller Höhe behalten, vorausgesetzt, die tatsächlich angefallenen Nebenkosten erreichen die Höhe der Vorauszahlungen bzw. übersteigen diese. Eine analoge Anwendung des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bei nicht geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen würde hingegen dazu führen, dass der Vermieter entweder mit seiner Forderung gänzlich ausfällt, was Sinn und Zweck der Regelung nicht entspricht, oder aber es müsste in ergänzender Vertragsauslegung bei einem derart atypischen Fall eine angemessene Nebenkostenvorauszahlung geschätzt werden, die dem Vermieter zuzubilligen wäre (vgl. Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 556 Rn 251 a. E.). Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Kammer in diesem Fall eine Nebenkostenvorauszahlung von 100,– Euro monatlich für angemessen hielte, so dass die Forderung des Beklagten in der von ihm geltend gemachten Höhe ebenfalls bestünde.

Der Mieter ist bei gänzlichem Ausbleiben der Nebenkostenabrechnung bei nicht geleisteten Vorauszahlungen auch nicht schutzlos. Zum einen erscheint seine Schutzwürdigkeit, da er insoweit finanziell nicht benachteiligt ist, eingeschränkt. Zum anderen kommt eine Anwendung von § 242 BGB wegen Verwirkung des Anspruchs im Betracht. Vorliegend liegen die Voraussetzungen für die Annahme einer Verwirkung des Anspruchs des Beklagten aber mangels Zeitmoment nicht vor. Zwar hat der Beklagte später als zu dem im Vertrag genannten Zeitpunkt abgerechnet, es handelt sich jedoch um nur eine geringfügig, nämlich lediglich um einige Tage, verspätete Abrechnung.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei der Nebenkostenabrechnung nicht um ein Fixgeschäft. Die vom Kläger zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs sind nicht einschlägig, da vorliegend weder ein Handelsgeschäft mit dem Zusatz „fix“ getätigt, noch ein Reisevertrag geschlossen wurde. Bei einem Mietverhältnis handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis, in dem in periodisch wiederkehrenden Abständen Nebenkostenabrechnungen vorgenommen werden, so dass die Annahme eines Fixgeschäftes insoweit ausscheidet.

Eine vertragliche Ausschlussfrist haben die Parteien in § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages nicht vereinbart, es handelt sich lediglich um eine Wiederholung des gesetzlichen Wortlautes; zudem hat der Kläger gerade keine Vorauszahlungen gem. § 3 Ziffer 3 Satz 1 des Mietvertrages geleistet.

Ein Verzug mit der Abrechnung führt daher nicht zum Ausschluss der Forderung, sondern zu den in §§ 280 ff BGB genannten Folgen. Einen Verzugsschaden macht der Kläger aber nicht geltend.

Die Aufrechnung in Höhe von 955,55 Euro ist daher wirksam.

b) Aufrechnung mit Verzugszinsen hinsichtlich des Zahlungsbetrages aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006

Die Aufrechnung des Beklagten mit den der Höhe nach unstreitigen Verzugszinsen in Höhe von 76,07 Euro für die Zeit vom 01.03.2008 bis 28.02.2009 führt insoweit zum Erlöschen der Kautionsrückzahlungsforderung. Der Kläger befand sich mit der Zahlung der Nebenkosten für das Jahr 2006 seit 01.03.2008 in Verzug. Soweit der Kläger bestritten hat, dass die Verzugszinsen „angefallen“ sind, handelte es sich vor dem Hintergrund der §§ 286, 288 Abs. 1 BGB um ein unsubstantiiertes und daher unbeachtliches Bestreiten.

c) Aufrechnung mit Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden hinsichtlich der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006

Der Kläger befand sich zwar mit der Zahlung der Nebenkosten für das Jahr 2006 seit 01.03.2008 in Verzug. Eine wirksame Aufrechnung des Beklagte mit erst nach Verzugseintritt angefallenen Rechtsanwaltskosten (Schreiben des Beklagtenvertreters vom 11.03.2008) scheitert jedoch am Nachweis, dass diese tatsächlich durch den Beklagten bezahlt wurden, da mit einem (nicht titulierten) Freistellungsanspruch mangels Gleichartigkeit nicht aufgerechnet werden kann (vgl. Dennhardt in Beck‘scher Onlinekommentar, Stand 01.08.2010, § 387 BGB Rn 29 m. w. N.).

d) Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2008

Der restliche Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Kaution (1.883,96 Euro – 955,55 Euro – 76,07 Euro = 852,34 Euro) ist durch Teilaufrechnung mit dem Anspruch des Beklagten auf Zahlung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2008 erloschen.

Der Nachzahlungsanspruch des Beklagten aus der hinsichtlich der Gebäudebrandversicherung korrigierten Nebenkostenabrechnung 2008 beträgt 1.145,36 Euro. Auf das oben Ausgeführte zu Grundsteuer, Hausbeleuchtungs- und Kaminkehrerkosten wird Bezug genommen.

2. Gutschrift aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Guthabens aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2009 besteht nicht. Auf das oben Ausgeführte zu Grundsteuer, Hausbeleuchtungs- und Kaminkehrerkosten wird Bezug genommen

3. Heizöl

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Ablösung der bei Auszug noch vorhandenen 500 I Heizöl.

Der insoweit beweispflichtige Kläger hat nicht nachgewiesen, dass bei Einzug der Tank leer war. Dies ergibt sich nicht aus dem Übergabeprotokoll. Im Übergabeprotokoll ist zum Heizöl überhaupt nichts angegeben, weder dessen Existenz noch dessen Nichtexistenz. Rückschlüsse aus dem Übergabeprotokoll sind daher nicht möglich. Anderweitige Beweise hat der Kläger erstinstanzlich nicht angeboten. Soweit er in zweiter Instanz nunmehr die Zeugin R. angeboten hat, ist dies verspätet und daher nicht mehr berücksichtigungsfähig, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO.

Mit seiner Rüge, das Gericht erster Instanz habe in verfahrensrechtlich fehlerhafter Art und Weise nicht auf den nicht ausreichenden Beweis hingewiesen, vermag der Kläger nicht durchzudringen. Zum einen erfolgte ein entsprechender Vortrag durch den Beklagten (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 27. Auflage 2009, § 139 Rn 3 a), zum anderen ist offensichtlich, dass sich aus dem Übergabeprotokoll gerade nichts ergibt, womit der Nachweis, es sei kein Heizöl im Tank gewesen, geführt werden kann. Im Übrigen ist das Gericht nicht verpflichtet, zur Benennung weiterer Beweise aufzufordern, wenn es den Nachweis mit dem bisher angebotenen Beweis nicht als geführt sieht (vgl. Greger in Zöller, ZPO, § 139 Rn 16 a. E.).

4.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

5.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

6.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, § 543 Abs. 2 ZPO.

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