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Betriebskostenabrechnung – Einwendungen des Mieters und Gewährung von Belegeinsicht

AG Wedding – Az.: 19a C 15/14 – Urteil vom 16.06.2014

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt an die Klägerin € 620,58 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 11.01.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Rechtstreits im Übrigen in der Hauptsache erledigt ist.

3. Die Beklagten haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Betriebskostenabrechnung - Einwendungen des Mieters und Gewährung von Belegeinsicht
Symbolfoto: Von UfaBizPhoto/Shutterstock.com

Zwischen den Parteien besteht ein nicht preisgebundener Mietvertrag (Bl. 34-52) über eine Wohnung in dem Objekt … im zweiten Obergeschoss links. Nach dem Mietvertrag ist eine Nettokaltmiete nebst Vorauszahlungen für Betriebs- und Heizkosten vereinbart.

Die Klägerin rechnete mit Schreiben vom 20.09.2010 über die Heiz- und Betriebskosten für das Kalenderjahr 2009 ab. Es ergab sich eine Nachforderung von € 945,89 (Bl. 16 – 18 d. A.).

Mit Schreiben vom 14.10.2010 (Bl. 108 d. A.) und 10.01.2011 (Bl. 53 d. A.) machten die Beklagten geltend, dass die Betriebskosten übermäßig stark gestiegen seien, sie hätten in der Vergangenheit stets Guthaben erstattet bekommen.

Mit Schreiben vom 25.10.2011 rechnete die Klägerin über die Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Kalenderjahr 2010 ab (Bl. 19-21). Mit Schreiben vom 04.11.2011 machten die Beklagten erneut geltend, dass die Betriebskosten zu hoch seien.

Mit Schreiben vom 19.06.2012 teilte die Hausverwaltung der Klägerin mit, dass die erhobenen Einwendungen sich nicht auf einzelne Kostenpositionen bezögen und daher auf die Abrechnungen verwiesen werde (Bl. 55 d. A.).

Mit Schreiben vom 04.09.2012 (Bl. 57 d. A.) machten die nunmehr anwaltlich vertretenen Beklagten geltend, dass der Ansatz der Hauswartkosten näher erläutert werden sollte und Kopien von Verträgen übersandt werden sollten. Ferner sei der Ansatz von Kaltwasser überhöht, die Klägerin solle den Ansatz von 321 Nutzeinheiten erklären und die Richtigkeit des Wasserverbrauchsansatz sowie weitere Einzelheiten überprüfen. Schließlich werde hinsichtlich der Heizkosten einer Nachberechnung der G /V widersprochen.

Mit weiterem Schreiben vom 14.12.2012 (Bl. 56 d. A.) wiederholten die Beklagten im Wesentlichen die Einwendungen betreffend die Kosten für Hauswart und Kaltwasser betreffen die Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2011. Dort behielten sie sich die Forderung einer Belegeinsicht vor und widersprachen bis auf weiteres allen Ansätzen der Abrechnung.

Die Klägerin meint, die zwischenzeitlich erhobenen Einwendungen gegen die Betriebskostenabrechnungen seien ob § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB verfristet.

Die Beklagten haben gegen einen am 04.02.2013 erwirkten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt. Nach Zahlung der Gerichtskosten im Januar 2014 ging die Akte am 10.01.2014 beim Streitgericht ein. Im Verlauf des weiteren Verfahrens zahlten die Beklagten unter Vorbehalt an die Klägerin € 600,00 auf die Betriebskosten für da Kalenderjahr 2009 und € 300,00 auf Betriebskosten für das Kalenderjahr 2010.

Die Klägerin hat die Klage insoweit einseitig für erledigt erklärt und beantragt nunmehr,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen an die Klägerin € 620,58 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen sowie festzustellen, dass der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt ist.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Kläger behaupten, ihr Sohn … habe im Februar 2011 die Belegeinsicht betreffend die Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2009 gefordert.

Die Kläger meinen, soweit sie möglicherweise die Frist zur Geltendmachung von Einwendungen versäumt hätten, so haben sie dies jedenfalls nicht zu verschulden. Im Übrigen sei die Umlage von Wasserkosten vertraglich nicht vereinbart und diese Einwendung könne auch nach Ablauf der Frist § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB erhoben werden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernahme des Zeugen … gemäß Beschluss vom 26.05.2014. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 26.05.2014 verwiesen.

Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Gericht nach § 29 a Abs. 1 ZPO örtlich zuständig.

Die Klage ist auch begründet.

1.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Forderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2009 zu.

Gegen die formelle Wirksamkeit der Abrechnung bestehen keine Bedenken, materielle Einwendungen wurden nicht rechtzeitig geltend gemacht.

Die Beklagten hatten die Abrechnung spätestens am 14.10.2010 erhalten, daher mussten sie nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB Einwendungen bis Ende Oktober 2011 erheben. Der erhobene Einwand muss dem Vermieter deutlich machen, wo genau der Mieter einen Korrekturanlass sieht. Hierzu reicht der Hinweis, dass die Kosten bei einzeln bezeichneten Betriebskostenarten gegenüber denjenigen der Vorperiode außerordentlich gestiegen sind, was aus dem allgemeinen Kostenanstieg nicht zu erklären ist (Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 556 Rz. 501).

In diesen Zeitraum haben die Beklagten die Schreiben vom 14.10.2010 und 10.01.2011 gesendet. Beide Schreiben enthalten jedoch nur einen allgemeinen Hinweis darauf, dass die Beklagten die Kosten für zu hoch halten. Es werden keine einzelnen Kostenpositionen gerügt, so dass diese Schreiben keine Einwendungen begründen.

Allein die Rechtsunkenntnis der Beklagten ist jedenfalls fahrlässig, so dass diese nicht geeignet ist ein Verschulden an der Verspäteten Geltendmachung auszuräumen.

Verhindert der Vermieter die hinreichende Konkretisierung der Einwendung, so ist die verspätete Geltendmachung gleichwohl unverschuldet. Allerdings muss die Geltendmachung dann unverzüglich nach Wegfall des Hindernisses erfolgen. Die Einwendungen müssen dann binnen 3 Monaten nachgeholt werden (Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 556 Rz. 500).

Die Beklagten haben solche Einwendungen auch später nicht erheblich geschildert. Zwar geht das Gericht nach der glaubhaften und glaubwürdigen Aussage des Zeugen … davon aus, dass er Anfang des Jahres 2011 die Hausverwaltung der Beklagten telefonisch kontaktierte und Belegeinsicht begehrte.

Der Zeuge … berichtete, dass ihm gesagt wurde, es erfolge zunächst eine Bearbeitung des Widerspruchs und sodann werde gegebenenfalls Belegeinsicht gewährt. Daher konnten die Beklagten zunächst davon ausgehen, dass eine weitere Konkretisierung nicht notwendig ist und sie Nachricht von der Klägerin erhalten. Nachdem am 19.06.2012 die Klägerin den Beklagten mitteilte, dass die den Widerspruch mangels hinreichender Konkretisierung für nicht durchgreifen hielt musste den Beklagten bewusst sein, dass nunmehr eine weitere Substantiierung erfolgen musste. Es gab auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Belegeinsicht noch ohne weitere Nachfrage gewähren würde. Die Beklagten mussten davon ausgehen, dass die Bitte bei der Klägerin untergegangen war zumal eine Weigerung der Klägerin diesbezüglich nicht vorlag.

Nach den Bekundungen des Zeugen hat er selbst im Telefonat keine konkreten Einwendungen gegen einzelne Abrechnungspositionen erhoben.

Auch bis Ende September 2012 haben die Beklagten indes keine substantiierten Einwendungen erhoben.

Im Ausgangspunkt ist der Mieter nicht per se gehalten, zur Erhebung einer Einwendung Belegeinsicht zu nehmen (Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 556 Rz. 500). Indes muss diese jedenfalls vorab wahrgenommen werden, wenn die Belegeinsicht eine Klärung der offenen Fragen ermöglicht (OLG Düsseldorf ZMR 2003, 57 m. w. N.).

Die im Schreiben vom 04.09.2012 erhobenen Einwendungen sind unsubstantiiert. Soweit die Beklagten um Übersendung des Hauswartvertrags sowie weiterer Verträge baten stand ihnen hierauf kein Anspruch zu. Inhalt und Umfang des Hauswartsvertrag hätten sich bei einer Belegeinsicht zweifelsfrei ergeben.

Hinsichtlich der Wasserkosten beschränkt sich die Einwendung darauf, dass diese drastisch überhöht erscheinen, weshalb – offensichtlich ins Blaue hinein – eine Vielzahl von Überprüfungen durch die Klägerin gefordert wurde.

Die Einwendung betreffend die Heizkosten ist unverständlich. Soweit einer Nachberechnung der G /V vom 27.06.2012 widersprochen wurde ist diese jedenfalls nicht Gegenstand der Betriebskostenabrechnung für das Kalenderjahr 2009.

Auch soweit die Beklagten nunmehr meinen, dass die Umlage der Wasserkosten mietvertraglich nicht vereinbart sei, ist ihnen diese Einwendung durch den Ablauf der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB verwehrt (vgl. BGH, Urteil vom 12.5.2010 – VIII ZR 185/09).

2.

Auch betreffend das Kalenderjahr 2010 ist die Abrechnung formell wirksam. Materielle Einwendungen wurden nicht rechtzeitig substantiiert geltend gemacht, so dass die Nachzahlung unabhängig von der materiellen Richtigkeit verlangt werden kann.

Die Abrechnung war den Beklagten jedenfalls am 04.11.2011 zugegangen, so dass Einwendungen bis Ende November 2012 geltend gemacht werden konnten. Das Schreiben vom 04.11.2011 (Bl. 54) wendet sich nicht gegen bestimmte Positionen und ist daher nicht geeignet, solche Einwendungen zu begründen.

Das Schreiben vom 04.09.2012 enthält die identischen Ausführungen betreffend die Betriebskosten für das Kalenderjahr 2010 wie für das Kalenderjahr 2009 und ist daher ebenfalls nicht geeignet hinreichend konkrete Einwendungen zu erheben.

3.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291 Satz 1, 288 Abs. 2 BGB. Im Falle der nicht unverzüglichen Abgabe eines Mahnverfahrens nach Widerspruch tritt Rechtshängigkeit mit Eingang der Akte beim Streitgericht ein (BGH, Urteil vom 5.2.2009 – III ZR 164/08)

4.

Da die ursprünglich erhobene Klage vollumfänglich zulässig und begründet war, hat die Vorbehaltszahlung der Beklagten nach Rechtshängigkeit zur teilweisen Erledigung geführt. Nach dem Schreiben vom 06.03.2014 zielte der erklärte Vorbehalt auf eine Rückforderung im Falle des Obsiegens des Beklagten und sollte daher Erfüllungswirkung haben. Nachdem sich die Beklagten der Erledigungserklärung nicht angeschlossen haben war die Erledigung auf Antrag der Klägerin festzustellen.

5.

Die Entscheidung folgt wegen der Kosten aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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