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Betriebskosten­abrechnung – Frist zur Geltendmachung von Einwendungen

AG Pinneberg – Az.: 81 C 24/17 – Urteil vom 29.08.2017

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 953,94 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.04.2017 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Nachzahlung aus der Betriebskostenabrechnung 2015 und restliche Mieten.

Die Parteien verbindet ein mit Wirkung zum 20.09.2013 geschlossener Mietvertrag über die Wohnung … in … . Auf den Mietvertrag wird Bezug genommen (Anlage K 1). Im Mietvertrag ist gem. § 4 vereinbart, dass neben der Miete € 398,00 für die entstandenen Kosten der monatliche Vorauszahlungsbetrag € 75.- für Betriebskosten erhoben wird und PKW-Stellplatzmieten in Höhe von € 18,00 mtl..

Die Betriebskostenabrechnung 2015 wurde am 11.07.2016 an die beklagte Partei versandt. Diese endete mit einem Nachzahlungsbetrag von 592,91 €. Die Kläger setzte eine Zahlungsfrist binnen einen Monats. Die gesetzte Zahlungsfrist verstrich fruchtlos.

Im Juli 2017 zahlte der Beklagte die Miete nicht.

Die Nebenkostenvorauszahlungen wurden ab August 2016 auf monatlich 125 € erhöht.

Mit Schreiben des Mietervereins vom 14. Dezember 2015 beanstandete der Mieterverein im Namen des Beklagten Mängel an der Mietsache. Es wurde eine Frist zur Mangelbeseitigung bis zum 28. Dezember 2015 gesetzt. Mit Schreiben des Mietervereins vom 2.2.2016 wurden erneut Mängel, Schimmel, in der Wohnung beanstandet und die Miete in Höhe von 100 € ab März 2016 gemindert.

Gegen die Abrechnung legte der Mieterverein Pinneberg mit Schreiben vom 18.07.2016 Einwendungen ein und verlangte Belegeinsicht. Auf die Anlage B 1 wird Bezug genommen. Die Belegeinsicht wurde am 8. Mai 2017 durchgeführt.

Die Kläger behaupten:

Die Betriebskostenabrechnung sei formell und materiell ordnungsgemäß erstellt worden. Auch seien alle Belege vorgelegt worden. Die Einwendungen seien pauschal und nicht stichhaltig. Belege sei nicht ausreichend eingesehen worden. Alle Positionen seien umlagefähig und ordnungsgemäß ermittelt worden. Die Mietminderung sei im April 2016 mit Zustimmung der Kläger erfolgt. Am 30. April 2016 seien jedoch die Mängel beseitigt worden, weshalb ab Mai 2016 die Miete vollständig geschuldet gewesen sei. Wenn der Beklagte auf eigenen Wunsch ein verlängertes Wochenende bei seiner Tochter verbracht habe, könnte die dort durchgeführte Übernachtung nicht nachträglich als Mietminderung geltend gemacht werden. Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der klagenden Partei Bezug genommen.

Die Kläger beantragen, den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger € 953,94 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

den Beklagten zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger 60 € außergerichtliche Anwaltsgebühren und Nebenforderungen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die beklagte Partei beantragt, die Klage abzuweisen

Die beklagte Partei behauptet:

Eine wirksame Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen werde bestritten. Die streitgegenständlichen Abrechnung sei nicht ordnungsgemäß erstellt worden. Mangels Belegevorlage bzw. unvollständige Vorlage bliebe die Richtigkeit der Abrechnung und der zugrunde liegenden Daten sowie die Umlagefähigkeit der betroffenen Betriebskostenposition mit Nichtwissen bestritten. Die vorgelegten Belege seien unvollständig. Aus diesem Grund werde das Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht. Im Übrigen wird auf die Einwendungen der beklagten Partei in ihren Schriftsätzen Bezug genommen. Die Richtigkeit der Angaben einschließlich Ablesungen, die Umlagefähigkeit der Kosten zu allen Abrechnungsposten, die Wirtschaftlichkeit sowie die Verwendungsfähigkeit von Messeinrichtungen würden bis zur vollständigen Belegeinsicht bestritten. Die Mietsache sei auch durch ganz erhebliche Tauglichkeitsbeeinträchtigungen seit März 2016 behaftet gewesen, die Mängel seien durch den Mieterverein auch angezeigt worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf die Betriebskosten aus der streitgegenständlichen Abrechnung gemäß §§ 535 Abs. 2, 556 BGB. Danach ist ein Mieter verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu zahlen. Zur Miete gehören auch die vereinbarten Betriebskosten, soweit eine entsprechende Zahlung durch den Mieter wirksam vereinbart und sie wirksam abgerechnet sind. Dies ist im vorliegenden der Fall. Die Abrechnung ist formell und materiell ordnungsgemäß erstellt worden. Die Parteien haben im Mietvertrag wirksam die Umlage der kalten Nebenkosten vereinbart. Die Umlage von Betriebskosten bedarf einer inhaltlich bestimmten und eindeutigen Vereinbarung. Aus dem Mietvertrag muss sich ergeben, welche Betriebskosten der Mieter tragen soll, damit es ihm möglich ist, sich zumindest ein grobes Bild davon zu machen, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen. Die mietvertragliche Regelung erfüllt das Bestimmtheitserfordernis. Dies ist unstreitig.

Die beklagte Partei zwar vor Ablauf der Einwendungsfrist gegen die Abrechnung Einwendungen erhoben. Jedoch waren diese nicht konkret genug. Nach § 556 Abs. 3 Satz 5 BGB hat der Mieter seine Einwendungen gegen die Abrechnung spätestens zwölf Monate nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen, es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Da unstreitig die Abrechnung am 11.07.2016 erstellt worden ist, musste bis zum 11.07.2017 konkrete Einwendungen erhoben werden. Diese erfolgten nicht.

Die Einwendungen des Mietervereins genügen nicht den gesetzlichen Anforderungen.

Die Darlegungslast, warum Kosten der Höhe nach nicht ansatzfähig sein sollen, trifft zunächst einmal den Mieter. Er muss anhand der Belege prüfen, ob Kosten umgelegt worden sind, die er nicht zu zahlen hat. Denn § 556 Abs. 3 S. 5 BGB ist zum Erreichen des Gesetzeszweckes so auszulegen, dass der Mieter Beanstandungen hinreichend konkret fassen muss, so dass erkennbar ist, welche Posten der Betriebskostenabrechnung aus welchen Gründen beanstandet werden (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 556 Rn. 501). Stellt der Mieter bei der Belegeinsicht fest, dass sich die Abgrenzung der einzelnen Kosten nicht aus den Rechnungen ergibt, so hat er dies im Prozess vorzutragen; in diesem Fall ist der Vermieter verpflichtet, den Anfall der einzelnen Kosten darzulegen und nachzuweisen (AG Schöneberg, Urteil vom 16. November 2016 – 11 C 141/16 -, Rn. 15, juris). Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 5 und 6 BGB hat der Mieter dem Vermieter Einwendungen gegen die Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Eine spätere Geltendmachung ist nur möglich, wenn der Mieter den Ablauf der Frist nicht zu vertreten hat. Macht der Mieter keine Einwendungen geltend, wird die Abrechnung nach Ablauf der Jahresfrist für den Mieter selbst dann verbindlich, wenn sie fehlerhaft erfolgt ist, etwa, weil sie mietvertraglich nicht umlagefähige Kosten enthalten hat (vgl. BGH, Urt. v. 5.3.2008, VIII ZR 80/07 [= WuM 2008, 283], BGH, Urt. v. 11.5.2016, VIII ZR 209/15 [= WuM 2016, 420], juris).

Betriebskostenabrechnung - Frist zur Geltendmachung von Einwendungen
(Symbolfoto: Von voronaman/Shutterstock.com)

Macht der Mieter seine Einwendungen erst nach Ablauf der Zwölfmonatsfrist geltend, weil ihm erst nach Ablauf der Frist die (rechtzeitig begehrte) Belegeinsicht gewährt wurde, so hat er den Ablauf der Einwendungsausschlussfrist i. S. d. § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB nicht zu vertreten (so Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 556 Rn. 500; Lützenkirchen: Die Einwendungsausschlussfrist im Betriebskostenrecht, NZM 2002, 512 (513), zit. beides nach beck-online). Ziel der Ausschlussfrist ist, möglichst binnen eines Jahres nach Zugang der Abrechnung eine klare Sachlage zu schaffen. Aus diesem Grund ist es erforderlich, dass der Mieter konkrete Beanstandungen erhebt, damit der Vermieter erkennen kann, wo genau der Mieter einen Korrekturanlass sieht. Hierzu reicht z.B. der Hinweis, dass die Betriebskosten gegenüber dem Vorjahr nicht nachvollziehbar gestiegen sind (Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 8. Aufl. 2016, H VI Rn. 262 f., S. 425; sowohl auch AG Berlin-Wedding, Urt. v. 16.6.2014, 19a C 15/14, BeckRS 2014, 14944, das sich ausdrücklich auf die Kommentierung von Langenberg bezieht) oder auch dass der Verteilungsschlüssel sich mit den Gesamt- und Einzelkosten nicht in Einklang bringen lässt, wie im streitgegenständlichen Fall zum Teil vorgebracht wurde. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Mieter grundsätzlich vorab zur Vorbereitung seiner Einwände schon Einsicht in die Abrechnungsunterlagen genommen hat, um die Verspätung seiner Beanstandungen zu vermeiden, da zum einen eine solche Einschränkung dem Gesetzestext nicht zu entnehmen ist und zum anderen der Sinn und Zweck der Regelung – Klarheit über Natur der Einwendungen zu erhalten – dies nicht grundsätzlich erfordert; hierfür ist es vielmehr genügend, dass der Mieter seine Einwendungen konkretisiert. Andernfalls würde der mit der Einsichtnahme verbundene beträchtliche Aufwand zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Einschränkung für die Ausübung des Rechts des Mieters führen (Langenberg/Zehelein, a.a.O.). Hinzu kommt, dass, wenn die Belegeinsicht rechtzeitig gefordert wurde und diese erst nach Ablauf der Jahresfrist gewährt wurde, es dem Mieter nach § 556 Abs. 3 Satz 6 BGB obliegen würde, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass er die (nach Belegeinsicht) nicht (mehr) rechtzeitige Geltendmachung der Einwendungen nicht zu vertreten habe. Zwar ist davon auszugehen, dass der Mieter den Ablauf der Einwendungsausschlussfrist nicht zu vertreten hat, wenn der Vermieter ihm innerhalb der Frist nicht die Ausübung seiner Kontrollrechte durch Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen oder Übersendung der Abrechnungsunterlagen in Kopie ermöglicht hat (so Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 556 Rn. 500; Lützenkirchen: Die Einwendungsausschlussfrist im Betriebskostenrecht, NZM 2002, 512 (513), zit. beides nach beck-online), gleichwohl verbliebe es bei dem Mieter, die Umstände der Belegeinsicht darzulegen und zu beweisen, sollten diese streitig sein. Verzichtet ein Mieter darauf, die Kostenbelege einzusehen und kann er deshalb konkrete Rügen nicht erheben, ist ihm auch im Prozess der Einwand unrichtiger Kostenabrechnung abgeschnitten (WuM 2016, 663, 664).

Voraussetzung für den Fristbeginn ist der Zugang einer formell ausreichenden Abrechnung bei Mieter. Die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 Satz 5 setzt für den Fristbeginn nicht voraus, dass der Mieter auch gleichzeitig Belegeeinsicht angeboten bekommt. Die Einsicht in die Belege dient dem Kontrollrecht des Mieters, weshalb der Vermieter dem Mieter zügig die Möglichkeit der Einsichtnahme der Belege gewähren muss.

Dies hat die Klägerin in ihrem Schreiben an den Beklagten vom 10. November 2016 sowie vom 6. Dezember 2016 getan. Mit diesem Angebot hat die Klägerin sich auch an die gesetzlichen Vorgaben bzw. die Rechtsprechung im Hinblick auf den Ort der Einsichtnahme gehalten. Denn es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass der Mieter das Einsichtsrecht nach § 259 BGB am Leistungsort, also am Sitz des Vermieters wahrzunehmen hat. Dies kann in seinem Büro, seiner Wohnung oder im Büro der Hausverwaltung sein, wenn er mit dem Ort, an dem sich das Mietobjekt befindet, identisch ist (vergleiche Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 556 Rn. 487). Der Mieter kann daher nicht die Vorlage der Unterlagen im Mietobjekt verlangen, weil es sich um Originalbelege handelt, die der Vermieter zu präsentieren hat.

Anhaltspunkte für eine Vereitelung des Rechts auf Belegeeinsicht besteht nicht. Im Übrigen reicht der pauschale Einwand, die Belege sei nicht vollständig vorgelegt worden bzw. seien nicht prüffähig, nicht aus. Denn die klagende Partei hat dargelegt, sämtliche Belege vorgelegt zu haben. Der Generalverdacht, die klagende Partei würde Belege zurückhalten, wäre von der beklagten Partei weiter plausibel zu machen. Dies ist im Vorliegenden nicht geschehen.

Auch wurde eine Benachteiligung der beklagten Partei nicht dargelegt.

Die rückständigen Mieten schuldet die beklagte Partei ebenfalls aus § 535 BGB. Die Kläger haben dargelegt, dass die beanstandeten Mängel beseitigt worden sind. Hierauf hat die beklagte Partei das von ihr geltend gemachte Minderungsrecht nicht weiter substantiiert dargelegt. Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung angab, er sei davon ausgegangen, dass die Malerarbeiten gegebenenfalls eine gesundheitliche Belastung darstellen könnten, hat er keinen konkreten, zur Minderung berechtigenden, Mangel der Mietsache dargelegt.

Die Erhöhung der Nebenkosten hat die beklagte Partei nicht substantiiert bestritten. Anhaltspunkte für eine unzulässige Benachteiligung der beklagten Partei wurden nicht dargelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

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