AG Ludwigsburg, Az.: 7 C 3065/14, Urteil vom 15.05.2015
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 803,51 € nebst 5 % Zinspunkte über dem Basiszins hieraus seit dem 06.03.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt beizutreibenden Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Streitwert: 500,00 €, ab 26.02.2015: 803,51 €
Tatbestand
Zwischen den Parteien besteht seit dem 01.03.2010 ein Mietverhältnis über die im 1. OG des Hauses … in … gelegene 2,5-Zimmer-Wohnung. Ausweislich des Mietvertrages vom 23.02.2010 (vorgelegt als Anlage zur Klage, Bl. 3 ff. d.A.) ist die Klägerin verpflichtet, auf die in § 3 Ziffer 2 aufgeführten Betriebskosten insgesamt eine Vorauszahlung von 100,00 € an den Beklagten zu zahlen.
Die Formulierung lautet:
„Die Miete beträgt monatlich für (…)
d) Heizkosten/Warmwasser-Vorauszahlung 80,00 Euro
e) Sonstige Betriebskosten-Vorauszahlungen (siehe Ziffer 2) 20,00 Euro (…)“
Eine Abrechnung der Nebenkosten für die Jahre 2010 und 2011 erreichte die Klägerin nicht. Im Prozess waren sodann Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2010 und 2011 übersandt worden. Werden Guthaben und Nachzahlungsbeträge für Heizkosten/Warmwasser-Vorauszahlung und sonstige Betriebskosten gesondert errechnet, so ergibt sich die von Klägerseite dargelegte Guthabenposition von 803,51 €. Dies gilt nicht, wenn für die Abrechnungen jeweils nur eine einheitliche Nachzahlung bzw. ein einheitlicher Guthabenbetrag zugrundegelegt wird. Für diesen Fall errechnet die Beklagtenseite den (streitigen) Betrag von 290,61 € zu Gunsten der Beklagtenseite.
Der ursprüngliche Klagantrag Ziffer 1 war beidseitig für erledigt erklärt worden.
Die Klägerin beantragt weiter, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag von 803,51 € nebst 5 % Zinspunkte über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 21.02.2015 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, wenn der Vermieter von seinem Recht, Teilabrechnungen vorzunehmen, keinen Gebrauch mache, dann beziehe sich die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB auf das Endergebnis dieser Gesamtabrechnung.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf sämtliche Schriftsätze nebst Anlagen und alle übrigen Aktenteile verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus dem Mietverhältnis einen Anspruch auf Auszahlung eines Guthabenbetrages von 803,51 €. Der Klage war daher antragsgemäß (mit Ausnahme eines Teils der Zinsen) stattzugeben.
Bezüglich der Heizkostenabrechnung handelt es sich bei der Differenzierung zwischen Betriebskosten und Heizkosten zwar rechtlich einheitlich um Betriebskosten (Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl., § 556, Rn. 478). Zahlt der Mieter einen einheitlichen Vorauszahlungsbetrag auf Heiz- und Betriebskosten, ist von einer einheitlichen Abrechnungsfrist auszugehen (a.a.O.). Enthält der Mietvertrag, wie häufig, getrennte Vorauszahlungen für Heiz- und Betriebskosten, sind vertraglich 2 Abrechnungskreise festgelegt, die mithin auch unterschiedlich zu behandeln sind. Der Sache nach gehe es hier nicht um eine nicht notwendige Teilabrechnung, sondern um 2 verschiedene Abrechnungen, sodass für jede die Ausschlussfrist selbständig laufe (a.a.O. Rn. 478 a.E.). Dies habe z.B. zur Folge, dass der Vermieter, der sämtliche Vorauszahlungen auf die dem Mieter rechtzeitig vorgelegten Betriebskostenabrechnungen anrechnet, mit der Nachforderung aus einer verspätet übersandten Heizkostenabrechnung ausgeschlossen ist (a.a.O. mit Verweis auf BGH WuM 1984, 70, 73). Das Gericht verkennt nicht, dass in der hier zitierten Kommentierung primär die Frage behandelt wird, innerhalb welcher Frist der Vermieter abrechnen muss. Allerdings sind keine Gründe ersichtlich, weswegen diese Frage anders zu entscheiden wäre als die hier vorliegende, welche mit diesem Problem in direktem Zusammenhang steht. Im Übrigen hat auch das AG Melsungen mit Entscheidung vom 19.03.2009, zitiert nach Juris, ausgeurteilt, dass die Ausschlussfrist zur Abrechnung von Betriebskosten nach § 556 Abs. 3 S. 4 BGB für jede der Abrechnungen selbständig läuft, wenn im Mietvertrag die getrennte Vorauszahlung von Heizkosten und sonstigen Betriebskosten vereinbart ist. Buche der Vermieter die gesamten Betriebskostenvorauszahlungen auf eine fristgemäß erfolgte Abrechnung und ermittle insoweit ein Guthaben des Mieters, so sei die Verrechnung mit einer kalkulatorischen Nachzahlungsforderung aus einer nach Ablauf der Ausschlussfrist vorgelegten Abrechnung nicht zulässig. Vielmehr sei der Vermieter zu Gunsten des Mieters an die dem Guthaben zugrunde liegende Abrechnung der insgesamt geleisteten Vorauszahlungen gebunden und zur Auszahlung des Guthabens verpflichtet (a.a.O.). Auch hat der Bundesgerichtshof in der von Beklagtenseite korrekt zitierten Entscheidung vom 26.10.2011, AZ: VIII ZR 268/10, zitiert nach Juris, dahinstehen lassen, ob mit der im Mietvertrag vorgenommenen Ausweisung gesonderter Vorauszahlungen für Heizkosten einerseits und sonstige Betriebskosten andererseits überhaupt eine verbindliche Festlegung auf „Abrechnungskreise“ erfolgt ist. Richtig ist, dass vom Bundesgerichtshof ausgeführt wurde, die Frage, mit welcher Position die Kosten für Kaltwasser und Entwässerung verrechnet würden, liefe auf ein „Nullsummenspiel“ heraus, weil sich die Summe der von der Beklagtenseite zu tragenden Betriebskosten dadurch nicht ändere. Im hier zu entscheidenden Fall handelt es sich aber eben nicht um ein derartiges „Nullsummenspiel“, denn die Summe der von der Klägerin zu tragenden Betriebskosten ändert sich durchaus. Auch die von Klägerseite zitierte Entscheidung des Amtsgerichts Leonberg vom 15.01.2015 weist in eine ähnliche Richtung, auch wenn hier der Unterschied besteht, dass in der Rubrik „Vorauszahlung auf Heiz- und Warmwasserkosten“ ein Eintrag nicht vorhanden war. Die Ansicht der Beklagtenseite mag zwar vertretbar sein, zumal vorliegend tatsächlich einheitlich abgerechnet wurde und auch für beide Kostengruppen keine verschiedenen Abrechnungszeiträume festgelegt sind. Im Mietvertrag sind aber getrennte Vorauszahlungen für Heiz- und Betriebskosten vereinbart, damit sind vertraglich 2 Abrechnungskreise festgelegt. Ein anderes Ergebnis wäre im Übrigen weder mit § 556 Abs. 4 BGB noch mit § 305 c Abs. 2 BGB zu vereinbaren. Eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne der §§ 305 ff. BGB liegt vor. Es gilt damit die mieterfreundlichste Auslegung (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 305 c Rn. 18). Soweit die Beklagtenseite die Ansicht vertritt, die Aufsplittung der Nebenkostenvorauszahlungen sei lediglich der Transparenz geschuldet (um also dem Mieter vor Augen zu führen, wie sich die Kosten ungefähr verteilen), so ist dies lediglich eine Auslegungsmöglichkeit. Die Auslegung, hier genau definierte Vorauszahlungen auf verschiedene Abrechnungsblöcke zu sehen, ist mindestens ebenso vertretbar und korrespondiert im Übrigen auch mit dem Wortlaut. Insofern ist zugunsten des Mieters bzw. zulasten des Verwenders der Klausel diese Auslegung zugrundezulegen (vgl. Grüneberg, a.a.O., Rn. 15). Unbehelflich ist der Verweis der Beklagtenseite auf die Kommentierung von Schmid, in: Harz/Riecke/Schmid, Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Diese Kommentierung liegt dem Gericht nicht im Original vor. Wenn es in der von Beklagtenseite beigefügten Kommentarstelle heißt, bestehe keine Berechtigung des Vermieters zu getrennten Abrechnungen, würden aber gleichwohl solche erstellt, seien alle Abrechnungen als Einheit zu betrachten, über die geleisteten Vorauszahlungen sei insgesamt abzurechnen, so entspricht dies dem hier vorliegenden Fall nicht. Denn nach der – zutreffenden – Kommentierung von Langenberg (a.a.O.) besteht eben eine Berechtigung des Vermieters zu getrennten Abrechnungen.
Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO stattzugeben. Hinsichtlich des beidseitig für erledigt erklärten Klagantrags waren die Kosten des Verfahrens ebenfalls (gem. § 91 a ZPO) der Beklagtenseite aufzuerlegen. Denn der Beklagte war zur Erstellung der Nebenkostenabrechnungen verpflichtet. Der Prozess hatte sich lediglich durch Übersendung dieser Abrechnungen nach Rechtshängigkeit erledigt. Dass die Abrechnungen der Klägerin nicht zugegangen waren (maßgeblich ist insofern stets der Zugang), blieb unstreitig.
Der Anspruch auf Zahlung der begehrten Zinsen folgt aus §§ 291, 288 BGB. Hier ist zu berücksichtigen, dass eine einseitige Zahlungsfristsetzung den von Klägerseite errechneten Betrag zunächst fällig stellt. Verzug tritt grundsätzlich ein mit Zugang der ersten Mahnung (vgl. § 286 BGB).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 711 ZPO bzw. §§ 708Nr. 11, 711,713 ZPO. Die Berufung wird für die Klägerin nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO nicht vorliegen.