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Betriebskostennachzahlung – Abwälzung von Kosten durch mietvertragliche Regelungen

AG Lübeck, Az.: 31 C 2752/14, Urteil vom 08.04.2015

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Der Streitwert wird auf 4.050,00 € bis zum 07.04.2015 und ab dem 08.04.2015 auf 3750,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen. Die Klägerin war Mieterin des Beklagten in der Wohnung S. S. in L… .

Die Parteien vereinbarten in § 2 des Mietvertrages:

„Mietzins und Nebenkosten

Die monatliche Grundmiete beträgt 420 EUR

Die Kosten der Garage betragen monatlich 50 EUR

Neben der Miete trägt der Mieter die Betriebskosten i.S.d. Auf diese Betriebskosten ist eine monatliche Vorauszahlung von 150 EUR zu zahlen.

Insgesamt sind vom Mieter zu bezahlen: 620 EUR“

Die Klägerin behauptet, sie habe im Zeitraum vom 01.07.2011 bis zum 30.09.2013 monatlich 150 € Betriebskosten an den Beklagten gezahlt. Sie habe jedoch für die Jahre 2011 bis 2013 keine Betriebskostenabrechnungen erhalten. Zudem liege keine wirksame Vereinbarung i.S.v. § 556 BGB vor.

Ursprünglich hat die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4050,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2014 zu zahlen und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 492,54 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2014 zu zahlen. In der mündlichen Verhandlung vom 08.04.2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Klage in Höhe von 300,00 € zurückgenommen. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat der Klagrücknahme zugestimmt.

Nunmehr beantragt die Klägerin,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 3750,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2014 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 492,54 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.08.2014 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, der Mietbeginn sei der 01.09.2011 gewesen. Zudem sei das Mietverhältnis nicht zum 30.09.2013 beendet worden. Die Abrechnungen seien ordnungsgemäß erfolgt und der Klägerin jeweils fristgerecht zugestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 30.01.2015 erklärte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten die Aufrechnung mit den Forderungen aus den Heiz- und Betriebskostenabrechnungen aus den Jahren 2011 bis 2013.

Der Beklagte hat im vorliegenden Prozess die Abrechnungen für die Jahre 2011 bis 2013 vorgelegt.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückzahlung von 3750,00 € aus § 812 I. BGB.

Es kann dahin stehen, ob von der Klägerin 3750,00 € an Betriebskostenvorauszahlungen an den Beklagten geleistet worden sind. Die Klägerin hat mit Rechtsgrund gegenüber dem Beklagten die Zahlungen erbracht, so dass bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen von § 812 I BGB nicht gegeben sind.

Grundsätzlich hat gem. § 535 BGB der Vermieter die Betriebskosten zu tragen. Aus § 556 BGB ergibt sich jedoch, dass die Vertragsparteien auch regeln können, dass der Mieter die Betriebskosten zu tragen hat.

Betriebskostennachzahlung - Abwälzung von Kosten durch mietvertragliche Regelungen
Symbolfoto: Von kudla /Shutterstock.com

Eine Vereinbarung dieses Inhalts muss dem Mietvertrag klar und eindeutig zu entnehmen sein. Es bedarf deshalb einer ausdrücklichen, inhaltlich bestimmten Regelung, aus der sich ergibt, dass der Mieter neben der Grundmiete ganz oder anteilig Betriebskosten zu tragen hat. Diese Voraussetzungen sind bei einer formularmäßigen Vereinbarung in einem Wohnraummietvertrag erfüllt, wenn der Vertrag zur Umlegung der Betriebskosten eine Verweisung auf die Betriebskostenverordnung enthält (vgl. BGH Urteile vom 8. April 2009 – VIII ZR 128/08 – NJW 2009, 2058 Rn. 10; vom 27. Juni 2007 – VIII ZR 202/06 – NJW 2007, 3060 Rn. 19 und vom 7. April 2004 – VIII ZR 167/03 – NJW-RR 2004, 575 unter II 1 b bb). Denn der allgemeine Verweis gibt dem Mieter Klarheit darüber, mit welchen Nebenkosten er jedenfalls dem Grunde nach zu rechnen hat, weil diese dort im Einzelnen aufgeführt sind. Tragender Grund dieser Auffassung ist die Annahme, dass der Begriff „Betriebskosten” im Kernbereich und in der Tragweite für Durchschnittsmieter verständlich ist. Auch allein der Begriff „Betriebskosten” kann aufgrund dessen bestimmt genug sein (vgl. MüKo/Schmid, BGB, 6. Auflage 2012, § 556 Rn. 18).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Der Mietvertrag der Parteien enthält eine wirksame Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Beklagten auf Zahlung von Betriebskosten.

§ 2 des Vertrages verpflichtet den Mieter neben der Miete auch die Betriebskosten „i.S.d.“ zu tragen und ordnet eine monatliche Vorauszahlung von 150,00 € an. Zwar fehlt es im vorliegenden Vertrag an der Aussage wonach sich die Betriebskosten errechnen lassen sollen. Die Parteien haben jedoch zunächst ausdrücklich geregelt, dass die Betriebskosten vollständig vom Mieter zu tragen sind, so dass die Regelung im Mietvertrag klar und eindeutig ist.

Hinsichtlich der nicht eingefügten Bezugnahme handelt es sich um eine offensichtliche Vertragslücke, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§ 157 BGB) zu konkretisieren ist. Stellt das Gesetz dispositive Regelungen zur Verfügung, so ist hierauf zurückzugreifen.

Im vorliegenden Fall ist aufgrund dessen auf die §§ 556f. BGB zurückzugreifen. In den §§ 556f. BGB wird konkretisiert, welche Betriebskosten umgelegt werden können und welcher Abrechnungsmaßstab zu wählen ist. Durch die ergänzende Vertragsauslegung wird im vorliegenden Fall eine inhaltlich bestimmte Regelung getroffen.

Die vom Beklagtenvertreter vorgelegten Abrechnungen, die dieser spätestens und damit fristgerecht (vgl. BGH NJW 2005, 1499) im Prozess vorgelegt hat, entsprechen diesen Kriterien und sind formell wirksam.

II. Mangels Verzuges des Beklagten besteht auch kein Anspruch Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

III. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§91I 1, 708 Nr. 11,711 ZPO. Der Streitwert wurde gem. § 3 ZPO festgesetzt.

 

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