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Betriebskostennachzahlung – Zahlungsverzug und fristlose Mietvertragskündigung

AG Offenbach, Az.: 350 C 517/12, Urteil vom 21.12.2016

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Offenbach am Main aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2016 für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 1.187,54 nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 23.01.2013 bis zum 04.12.2014, abzüglich seitens der Hinterlegungsstelle am 04.12.2014 an den Klägervertreter ausgezahlter EUR 1.187,54 zu zahlen.

Das Versäumnisurteil vom 27.01.2016 bleibt aufrechterhalten soweit die Beklagte verurteilt wurde die Kosten des an Teils (§ 15a RG n.F.) in Höhe von 337,07 an den Kläger zu zahlen.

Im Übrigen ist das Versäumnisurteil erledigt.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert: Für das Urkundsverfahren nebst Rechtsmittelinstanzen Euro 1.187,57; Für das Nachverfahren 5.807,54 bis zum 28.09.2016, ab diesem Zeitpunkt auf Euro 1.187,57 und im Übrigen auf den Kostenwert

TATBESTAND:

Betriebskostennachzahlung
Foto: alexraths / Bigstock

Der Kläger macht gegen die Beklagte im Wege des Urkundenprozesses eine Nachforderung in Höhe von EUR 1.187,54 aus der Nebenkostenabrechnung 2011 vom 01.10.2012 (Bl. 16 d.A.) für den Zeitraum vom 01.01.2011 bis 31.12.2011 nebst Zinsen sowie Klageerweiternd Räumung und Zahlung vorgerichtlich entstandener Kündigungskosten geltend.

Mit Beginn ab 1.11.2009 vermietete der Kläger an die Beklagte eine Wohnung im Haus Brunnenstraße 32 in Neu-Isenburg. Im Mietvertrag ist eine Nettomiete von EUR 385,00 zuzüglich einer Vorauszahlung auf die Nebenkosten in Höhe von EUR 75,–, mithin EUR 460,– monatlich brutto vereinbart.

Der Kläger klagte ausdrücklich im Urkundenprozess.

In der mündlichen Verhandlung wurde der Mietvertrag vom 24.09.2009 im Original vorgelegt, die dort vorhandenen Unterschriften wurden von der Beklagten nicht bestritten.

Nachdem das erkennende Gericht die Klage mit Urteil vom 15.05.2013 als im Urkundsverfahren unstatthaft als unzulässig abgewiesen hatte, änderte das Landgericht Darmstadt – Berufungskammer – mit Urteil vom 20.12.2013 das Urteil ab und verurteilte die Beklagte mit Urkundenvorbehaltsurteil vom 20.12.2013 antragsgemäß zur Zahlung der streitbefangenen Nebenkostennachzahlung. Eine Revision zum BGH bestätigte das landgerichtliche Urteil.

Mit anwaltlichem Schreiben an die Beklagtenvertreter vom 21.07.2015 ließ der Kläger die fristlose, hilfsweise Kündigung des Mietverhältnisses mit der Begründung erklären, es bestünden weiterhin zwei Monatsmieten bei weitem übersteigende Rückstände auf die Nebenkostennachforderungen.

Im Rahmen des Nachverfahrens vor dem erkennenden Gericht hat die Klägerin dann mit Schriftsatz vom 07.10.2015 klageerweiternd Räumung sowie Zahlung vorgerichtlicher entstandener Kosten begehrt.

Nachdem für die Beklagte im Termin vom 27.01.2016 niemand erschienen war, erklärte der Klägervertreter den Rechtsstreit im Hinblick auf seitens der Hinterlegungsstelle am 04.12.2014 an ihn ausgezahlten EUR 1.187,54 für erledigt und erwirkte im Übrigen Versäumnisurteil gegen die Beklagte mit der diese zur Räumung der streitbefangenen Wohnung sowie Zahlung von vorgerichtlichen anwaltlichen Kosten für das Kündigungsschreiben in Höhe von Euro 337,07 verurteilt wurde. Die Beklagte hat fristgerecht gegen das Versäumnisurteil Einspruch erhoben und widersprach im Übrigen der klägerseits erklärten Erledigung hinsichtlich des Zahlungsanspruches aus der Klageschrift vom 24.12.2012.

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Abrechnung ordnungsgemäß erstellt und damit fällig sei. Darüber hinaus habe die Beklagte bis zum Verhandlungstermin keine Einsicht in die Abrechnungsunterlagen genommen.

Nachdem in der Folgezeit die Räumung seitens der Beklagten erfolgte, erklärte der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich des Räumungsanspruches für erledigt und beantragt im Übrigen, die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 1.187,54 nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 23.01.2013 zu zahlen;

das Versäumnisurteil vom 27.01.2016 aufrechterhalten soweit die Beklagte verurteilt wurde die Kosten des anwaltlichen Kündigungsschreibens vom 21.07.2015in Höhe des nicht anrechenbaren teils (§ 15a RG n.F.) in Höhe von 337,07 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat der teilweisen Erledigung hinsichtlich des Räumungsanspruches zugestimmt und beantragt im Übrigen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung. Die in Ansatz gebrachte Gesamtwohnfläche sowie die angesetzte Wohnfläche der Wohnung bestreitet die Beklagte. Die Kündigungserklärungen seien ihr nicht wirksam zugestellt worden.

Wegen des weiteren Parteivortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Schriftsätze Bezug genommen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Die Klage ist begründet. Nachdem die Beklagte der Teilerledigungserklärung aufgrund der Auszahlung der hinterlegten EUR 1.187,54 am 04.12.2014 an den Klägervertreter hat widersprechen lassen, war der Anspruch abzüglich der ausgezahlten Summe zuzusprechen. Der klägerseits insoweit gestellt Antrag war entsprechend ergänzend auszulegen.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der begehrten Nebenkostennachforderung in Höhe von EUR 1.187,54, abzüglich seitens der Hinterlegungsstelle am 04.12.2014 an ihn ausgezahlter EUR 1.187,54, §§ 535ff, 556 Abs. 3 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag.

Die auf sie entfallenden Betriebskosten hat die Beklagte nach § 4 des Mietvertrages zu tragen. Die Abrechnung erfolgte mit Schreiben vom 01.10.2012, welches die beklagte ausweislich des Vermerkes auf dem Schreiben auch am 10.11.2012 erhalten hat.

Bezüglich der Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung bestehen keine Bedenken. Soweit die Klägerin die Gesamtwohnfläche sowie die Wohnfläche ihrer Wohnung höchstvorsorglich bestritten hat, bleibt dieser pauschale Vortrag unbeachtlich, da er völlig unsubstantiiert ist. Auch hat die Beklagte unbestritten die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen nicht genutzt.

Soweit die Beklagte materielle Einwendungen gegenüber den Abrechnungen erklärt hat. kann sie vorliegend mit diesen bereits aufgrund dessen nicht gehört werden.

Insoweit ist zu beachten, dass Einwendungen des Mieters gegen die Nebenkostenabrechnung grundsätzlich nur insoweit substantiiert möglich und beachtlich sind, wie sie auf einer zuvor erfolgten Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen basierend und, so aus Substantiierungsgründen geboten, unter Vorlage dieser Unterlagen erhoben werden. Vor dem Bestreiten muss sich ein Mieter durch Belegeinsicht sachkundig machen.

Dieses ist hier nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers nicht erfolgt, so dass inhaltliche Einwände gegen die Richtigkeit der geltend gemachten Nebenkostenabrechnung bereits nicht berücksichtigt werden können. Der Vermieter schuldet auch grundsätzlich keine Belegübersendung.

Nach alldem steht dem Kläger gegen die Beklagte für das Abrechnungsjahr 2011 der geltend gemachte Nachzahlungsanspruch in Höhe von Euro 1.187,54 zu.

Der Kläger hat weiter gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung ihm angefallener vorgerichtlicher Kosten in Höhe von Euro 337,07 aufgrund der anwaltlichen Kündigungserklärung vom 21.07.2015; §§ 535ff, 280 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag.

Der Zahlungsverzug mit Betriebskostennachzahlungen der zwei Monatsmieten übersteigt rechtfertig sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Unabhängig von der streitigen Frage, ob die Hinterlegung der Nachforderung und Auszahlung an den Klägervertreter vor Ablauf der Schonfrist zur Unwirksamkeit der aufgrund dessen erklärten Kündigung führt, hat die beklagte unstreitig auch auf die Nebenkostenabrechnung für den Wirtschaftszeitraum 2012 den Nachforderungsbetrag von Euro 1.177,56 nicht ausgeglichen, so dass es auf die Schonfristwirkung der Hinterlegung entscheidungserheblich nicht ankommt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Kündigungserklärung vom 21.07.2015 – ebenso wie die im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits ausgesprochene – auch wirksam. Bezüglich der Prozesskündigung ist diese durch die Zustellvollmacht des Beklagtenvertreters nach § 172 ZPO gedeckt. Die Kündigungserklärung vom 21.07.2015 wurde am 28.07.2015 rügelos ohne jedweden Hinweis auf eine etwaig fehlende Vollmacht insoweit entgegengenommen.

Die Zinsforderung besteht aufgrund §§ 284,288 BGB unter dem Gesichtspunkt des Verzuges.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 91a ZPO. Nachdem die Parteien teilweise die Hauptsache hinsichtlich der erfolgten Räumung übereinstimmend für erledigt erklärten, war über die Kosten des Verfahrens insoweit unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes gemäß § 91 a ZPO nach billigem Ermessen zu entscheiden.

Hierfür muss die Sache nicht mehr weiter zur Entscheidungsreife geführt werden. Das Gericht hat sich auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Klage zu beschränken. Eine Beweisaufnahme ist grundsätzlich unzulässig. Die Kosten hat derjenige zu tragen, der voraussichtlich unterlegen wäre.

Nach diesen Grundsätzen entspricht es billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, die Kosten des Rechtsstreits hinsichtlich der teilweisen Erledigung wie erfolgt der Beklagten aufzuerlegen. Wie sich aus den Ausführungen hinsichtlich der vorgerichtlichen Kündigungskosten des Klägers bereits ergibt, befand sich die Beklagte zum Kündigungszeitpunkt mit der Zahlung von Nebenkostenvorauszahlungen die die Höhe von zwei Nettomieten überschritten in Verzug.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf § 708 Nr. 11. 711 ZPO.

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