Skip to content
Menü

Betriebskostenumlage von Baumfällkosten

AG Köln – Az.: 220 C 332/16 – Urteil vom 27.01.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2015 in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB keinen Anspruch auf eine Nachzahlung gegen die Beklagte.

Die Nebenkostenabrechnung ist zwar formell ordnungsgemäß. Hierfür müssen die allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB erfüllt sein, also also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben vorliegen. Ob eine Betriebskostenabrechnung die formellen Voraussetzungen erfüllt, richtet sich danach, ob der Mieter in der Lage ist, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und anhand des ihm mitgeteilten Verteilerschlüssels den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten rechnerisch nachzuprüfen (BGH, Urteil vom 23. Juni 2010 – VIII ZR 227/09). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich das erkennende Gericht anschließt, gehört zu den Mindestangaben die Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe – und soweit erforderlich – die Erläuterung des zugrunde gelegten Verteilerschlüssels und die Berechnung des Anteils des Mieters (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2016, VIII ZR 93/15). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Materiell-rechtlich ist die Nebenkostenabrechnung jedoch jedenfalls um die Kosten für die Baumfällarbeiten, also insgesamt EUR 2.261,00, zu kürzen, wodurch sich der auf die Beklagte entfallende Anteil um EUR 279,20 verringert und kein Nachzahlungsbetrag zugunsten des Klägers verbleibt. Bei diesen Kosten handelt es sich nicht um umlagefähigen Betriebskosten.

Betriebskostenumlage von Baumfällkosten
(Symbolfoto: Von Christine Bird/Shutterstock.com)

Betriebskosten sind gemäß § 1 Abs. 1 BetrKV solche Kosten, die dem Eigentümer durch das Eigentum am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Grundstücks laufend entstehen. Abzugrenzen davon sind nach § 1 Abs. 2 BetrKV nicht umlagefähige Verwaltungskosten (Nr. 1) und Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten (Nr. 2). Letztere sind diejenigen Kosten, die während der Nutzungsdauer zur Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehende baulichen oder sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Laut § 2 der Betriebskostenverordnung, der eine Konkretisierung der Legaldefinition aus § 1 Abs. 1 BetrKV darstellt, sind Kosten der Gartenpflege umlagefähige Betriebskosten, § 2 Nr. 10 BetrKV. Dem Begriff der Gartenpflege sollen unter anderem die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen unterfallen. Mit der Einstufung der Kosten für die Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen als umlagefähige Betriebskosten wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass Pflanzen, Sträucher und Bäume durch Alter, Witterungs- oder Umwelteinflüsse abgängig werden und die Erneuerung der Bepflanzung zu den üblichen gärtnerischen Pflegemaßnamen gehört (AG Hamburg-Wandsbek, Urteil vom 04.12.2013 – 715 C 283/13 -, in juris Rn. 16). Dem Wortlaut des § 2 Nr. 10 BetrKV und den genannten Erwägungen lässt sich jedoch nicht entnehmen, ob unter der Vorschrift auch das Fällen von Bäumen, sozusagen als actus contrarius, unterfällt. Gleichzeitig ist eine Erneuerung der Bepflanzung denklogisch mit der Beseitigung der alten Bepflanzung verknüpft. Aufgrund der aufgezeigten Unklarheit ist der Regelungsgehalt der Vorschrift im Wege einer Auslegung der Vorschrift zu ermitteln. Es gilt die Prämisse, dass der Gesetzgeber bzw. Verordnungsgeber eine zweckmäßige, vernünftige und gerechte Regelung treffen wollte (Palandt/Sprau, 75. Aufl. 2016, Einleitung, Rn. 49 ff.).

Vor diesem Hintergrund hat das Gericht schon grundsätzliche Zweifel an der Umlagefähigkeit von Baumfällkosten. Nicht verkannt wird, dass die Umlagefähigkeit von Baumfällkosten im Rahmen der Betriebskosten für die Gartenpflege mangels höchstrichterlicher Rechtsprechung sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur unterschiedlich beurteilt wird. Bewusst offengelassen wurde die Frage vom Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 29.09.2008 – VIII ZR 124/08). Gegen die Umlagefähigkeit von Baumfällkosten sprechen folgende Gesichtspunkte: Baumfällkosten sind nicht als laufend entstehende Kosten zu qualifizieren. Da § 2 BetrKV eine Konkretisierung von § 1 Abs. 1 BetrKV darstellt, ist § 2 Nr.10 BetrKV systematisch im Lichte letzterer Vorschrift auszulegen. Dementsprechend müssen die von § 2 Ziffer 10 BetrKV erfassten Kosten gleichfalls laufend, das heißt in einem bestimmten Turnus, anfallen. Daran bestehen angesichts der regelmäßig langen Lebensdauer von Bäumen bei den Fällkosten erhebliche Zweifel (LG München II, Urteil vom 12.02.2008 – 12 S 3615/07 -, in juris Rn. 11). Zwar gehören Maßnahmen, die lediglich periodisch ausgeführt werden, zu einer ordnungsgemäßen, laufend ausgeführten Gartenpflege, wie beispielsweise regelmäßiges Beschneiden und Ausästen von Bäumen und Sträuchern, da es sich insoweit erkennbar um laufend anfallende Pflegemaßnahmen handelt. Dies führte bereits der Bundesrat bei Erlass der neuen Betriebskostenverordnung aus. Die selten anfallenden Fällkosten wurden in diesem Zuge jedoch gerade nicht genannt; eine weitere Klarstellung wurde für nicht erforderlich befunden (Bundesrat, Drucksache 568/03, 15.08.2003, S. 32; LG München II, Urteil vom 12.02.2008 – 12 S 3615/07 -, in juris Rn. 12). Der Verordnungsgeber hat vielmehr bereits durch § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV klargestellt, dass regelmäßig, aber nur in großen zeitlichen Abständen wiederkehrende bauliche oder sonstige Mängel am Gebäude gerade nicht als Betriebskosten, sondern als Instandhaltungskosten zu qualifizieren sind. Für Bäume als wesentliche Grundstücksbestandteile sollte insoweit kein anderer Maßstab gelten (vgl. Bausch, NZM 2006, 367). Ebenfalls sprechen schutzwürdige Interessen des Mieters gegen eine Qualifizierung der Fällkosten als umlagefähige Betriebskosten. Der Gesetzgeber hat Mietverhältnisse über Wohnraum bewusst in Form eines sozialen Mietrechts ausgestaltet. Eine Ausprägung des sozialen Mietrechts ist der sogenannte Preisschutz, mittels dessen der Mieter vor unkalkulierbaren Kostenerhöhungen in Bezug auf das Mietverhältnis geschützt werden soll (Palandt/Weidenkaff, 75. Aufl. 2016, Einf von § 535, Rn. 127 ff.). Mit dieser grundsätzlichen Wertungsentscheidung des Gesetzgebers ist es nicht vereinbar, dass der Mieter plötzlich und unvorhersehbar in einem Jahr mit den Kosten für Baumfällarbeiten belastet wird. Denn das Entstehen solcher Kosten ist für den Mieter regelmäßig überraschend und nicht kalkulierbar (AG Hamburg Blankenese, Urteil vom 14.01.2015 – 531 C 227/13 -, in juris Rn. 60).

Entscheidend im vorliegenden Fall ist jedoch, dass es sich hier erkennbar nicht um Pflegemaßnahme handelte, sondern eine Abholzung des gesamten Baumbestandes auf dem Grundstück des Klägers durchgeführt wurde. Zusammen mit der unstreitigen Tatsache, dass mit einer etwa 18-monatigen Verzögerung lediglich drei von ursprünglich dreizehn Bäumen neugepflanzt wurden, liegt eine Neustrukturierung bzw. wesentliche Umgestaltung der Gartenanlage nahe und damit eine Qualifizierung als Instandhaltungsmaßnahme nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 BetrKV (vgl. LG Krefeld, Urteil vom 17.03.2010 – 2 S 56/09; AG Köln, Urteil vom 27. 9. 2000 – 207 C 213/00). Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Maßnahme für die Beklagte mit Vorteilen hinsichtlich des Wohnwerts verbunden wäre. Vielmehr sind offensichtlich die von Klägerseite vorgetragenen Vorteile des Baumbestands nunmehr nicht mehr in vergleichbarem Maße vorhanden. Der Vortrag des Klägers, die Fällung der Fichten sei notwendig gewesen, da diese krank und morsch waren und dass besonders die Fichten keine ausreichende Standfestigkeit mehr aufwiesen, sodass die Gefahr einer Entwurzelung bei Sturm bestand, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Vielmehr werden gerade Baumfällarbeiten zur Gefahrenabwehr von einigen Gerichten nicht als Teil der regelmäßigen Gartenpflege angesehen und die Umlagefähigkeit aus diesem Grund verneint (vgl. etwa AG Neustadt a.d. Weinstraße, ZMR 2009, 456), was überzeugend ist, da der Vermieter hierdurch der ihm obliegenden Verkehrsicherungspflicht gerecht wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 187,83 EUR festgesetzt.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!