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Betriebskostenvorauszahlung bei falscher Betriebskostenabrechnung

AG Pankow-Weißensee, Az: 101 C 94/11, Urteil vom 28.02.2012

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 51,43 € zu zahlen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Tatbestand

Betriebskostenvorauszahlung bei falscher Betriebskostenabrechnung
Foto: jimbophotoart/Bigstock

Die Klägerin schloss mit den Beklagten am 26.07.2005 einen Mietvertrag über die Wohnung …, in welchem unter anderem die Umlage der kalten Betriebskosten und der Heizungs- und Warmwasserkosten vereinbart wurde. Aufgrund einer Fehlfunktion der in dem Mietshaus installierten Heizkostenverteiler kam es im Jahr 2008 zu einer massiv fehlerhaften Heizkostenabrechnung. Die auf die Klägerin entfallenen Kosten waren nach dieser Abrechnung im Vergleich zum Vorjahr von 506,32 € auf 2.067,30 € angestiegen. Mit Schreiben vom 27.10.2009 und 04.03.2010 verlangte die die Beklagten vertretende Hausverwaltung eine Erhöhung der monatlichen Heizkostenvorauszahlungen um 117,50 € auf 195,83 €. Die Klägerin beanstandete sowohl die fehlerhaften Abrechnungen als auch die Vorauszahlungserhöhung. Die monatlichen Heizkostenvorauszahlungen zahlte sie in der Folge unter ausdrücklichem Vorbehalt. Insbesondere machte sie geltend, die Vorauszahlung sei um € 117,50 überhöht. Mit Schriftsatz vom 17.12.2010 forderte die Klägerin, vertreten durch den Berliner Mieterverein, von den Beklagten, vertreten durch deren Hausverwaltung, den unter Vorbehalt zu viel bezahlten Betrag für den Zeitraum von Januar 2010 bis einschließlich Dezember 2010, mithin € 1410,00, unter Fristsetzung bis zum 05.01.2011 zurück.

Nach Ausbleiben jeglicher Rückzahlungen hat die Klägerin beim Amtsgericht Pankow/Weißensee mit Schriftsatz vom 28.02.2011, eingegangen bei Gericht am 08.03.2011, Klage wegen Rückzahlung überbezahlter Nebenkosten erhoben, die dem Beklagten zu 1.) am 14.04.2011 und dem Beklagten zu 2.) am 12.04.2011 zugestellt worden ist.

Nachdem über die Nebenkosten des Jahres 2010 abgerechnet worden ist, hat die Klägerin die Klage zunächst um 113,02 € (Teil des auf das Jahr 2010 entfallenden Nebenkostenguthabens) erweitert und haben die Parteien schließlich, nachdem die Beklagten der Klägerin am 9. November 2011 1.189,51 € und schließlich noch weitere 389,51 € gezahlt haben, den Rechtsstreit bis auf einen Betrag von 51,43 € (Verzugszinsen auf 1.189,51 €) übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Klägerin beantragt jetzt noch, wie erkannt

Der Beklagten beantragen: den nicht erledigten Teil der Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Die Klägerin hatte einen Anspruch auf Rückzahlung der überbezahlten Nebenkosten gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB und hat mithin gemäß § 288 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf die jetzt noch geltend gemachten Verzugszinsen.

1. Die von der Klägerin geleisteten Zahlungen aufgrund der erhöhten Vorauszahlungen erfolgten ohne rechtlichen Grund, da die mit Schreiben vom 27.10.2009 und 04.03.2010 von der Beklagten vorgenommene Erhöhung der monatlichen Heizkostenvorauszahlungen nichtig ist.

§ 560 Abs. 4 BGB sieht für den Fall, dass Betriebskostenvorauszahlungen vereinbart worden sind, vor, dass „jede Vertragspartei nach einer Abrechnung durch Erklärung in Textform eine Anpassung auf eine angemessene Höhe vornehmen“ kann. Das Vorliegen einer wirksamen Anpassung war im vorliegenden Verfahren streitig. Die Voraussetzungen des § 560 Abs. 4 BGB hat der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen präzisiert. So wurde in dem Urteil des BGH vom 28.11.2007 -VIII ZR 145/07, NJW 2008, 508 entschieden, dass die Erhöhung gem. § 560 Abs. 4 BGB unabhängig von der Richtigkeit der Betriebskostenabrechnung wirksam sei. Hierauf beruft sich die Beklagte, die der Ansicht ist, auf die unstreitige Fehlerhaftigkeit komme es vorliegend nicht an, da die Betriebskostenabrechnung lediglich materiell vollkommen falsch sei. Auch wenn die Rechtsprechung des BGH somit vordergründig auf rein formelle Gesichtspunkte abstellt, so darf doch nicht übersehen werden, dass auch der BGH materielle Aspekte in seine Überlegungen mit einbezieht. So hat er in dem Urteil vom 25.11.2009 – VIII ZR 322/08, NJW 2010, 2053, festgestellt, dass soweit der erteilten Abrechnung inhaltliche Fehler anhaften sollten, dies zwar ein Erhöhungsrecht nach § 560 Abs. 4 BGB nicht berührt. Sehr wohl können inhaltliche Fehler aber Bedeutung für die Angemessenheit des Erhöhungsbetrags erlangen. Der BGH präzisiert bereits damit seine rein formelle Sichtweise der zuvor zitierten Entscheidung. Dies steht in Übereinstimmung mit dem Wortlaut des Gesetzes, das eine Anpassung eben lediglich auf eine angemessene Höhe vorsieht (vgl. Parlandt/Weidenkaff, § 560, Rn. 16; Staudinger/Weitemeyer, § 560, Rn. 47; Schmitt-Futterer/Langenberg, § 560, Rn. 44; Fachanwaltskommentar Mietrecht/Schmid, § 560, Rn. 70).

Gibt diese Rechtsprechung des BGH schon einige wertvolle Hinweise für die Entscheidung der vorliegenden Rechtsfrage, so darf nicht verkannt werden, dass die tatsächliche Ausgangslage der vom BGH entschiedenen Fallkonstellationen in einem nicht unerheblichen Punkt von der vorliegenden abweichen. War dort die Fehlerhaftigkeit der Betriebskostenabrechnung streitig und somit eine Entscheidung angezeigt, die die größtmögliche Rechtssicherheit gewährleistet, steht hier die Fehlerhaftigkeit der Betriebskostenabrechnung gerade nicht in Streit. Vielmehr ist vorliegend unstreitig, dass die Betriebskostenabrechnung hinsichtlich der Heizkosten falsch war. Hinzu kommt, dass der Fehler sich gravierend zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt hatte, und vor allem, dass er evident war. Unter diesen Umständen können sich die Beklagten auf die der Rechtsprechung des BGH zugrunde liegende Erwägung der Schaffung größtmöglicher Rechtssicherheit hier gerade nicht mit Erfolg berufen. Eine Zugrundelegung der offensichtlich fehlerhaften und im Sinne des § 560 Abs. 4 BGB unangemessen hohen Betriebskostenabrechnung würde der Regelung des § 560 Abs. 4 BGB schlicht entgegenlaufen. Ein Festhalten an einer rein formalistischen Sichtweise ist in einem solchen Fall im Ergebnis nicht vertretbar. Dies steht auch im Einklang mit den Erwägungen des Urteils des BGH vom 18.05.2011 – VIII ZR 271/10: „Mit der Anpassung der Vorauszahlungen nach einer Abrechnung soll erreicht werden, dass die vom Mieter zu leistenden Abschläge den tatsächlichen Kosten möglichst nahe kommen, so dass weder der Mieter dem Vermieter – durch zu hohe Vorauszahlungen – ein zinsloses Darlehen gewährt noch der Vermieter – angesichts zu niedriger Vorauszahlungen – die Nebenkosten teilweise vorfinanzieren muss.“

Somit ist davon auszugehen, dass eine unangemessene Erhöhung der Vorauszahlungen zumindest in der Höhe nichtig ist, in der die angemessene Höhe der Vorauszahlung überschritten wird (vgl. auch Palandt/Weidenkaff, § 560, Rn. 16), sodass sich die verlangten Erhöhungsbeträge entsprechend ermäßigen (vgl. Staudinger/Weitemeyer, § 560, Rn. 47; Schmitt-Futterer/Langenberg, § 560, Rn. 44). Dem Klageanspruch war somit stattzugeben.

2. Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 280, 286, 288 Abs. 1 BGB. Nachdem die Beklagte die ihr gesetzte Frist zum 05.01.2011 hat verstreichen lassen, befand sie sich mit Beginn des 06.01.2011 im Verzug.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 91a Abs. 1 ZPO. Dass es billigem Ermessen entspricht, die auf den erledigten Teil des Rechtsstreits entfallenden Kosten den Beklagten aufzuerlegen, versteht sich nach den Ausführungen zu Ziffer I. von selbst.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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