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Betriebskostenvorauszahlungen – Zurückbehaltungsrecht des Mieters

AG Gelsenkirchen – Az.: 202 C 181/20 – Urteil vom 21.05.2021

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 280,24 EUR (in Worten: zweihundertachtzig Euro und vierundzwanzig Cent) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.09.2020 sowie vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5,00 EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,53 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.09.2020 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 29% der Beklagten und zu 71 % der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Parteien vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Klägerin macht Nebenkostennachforderungen für drei Jahre sowie weitere Zahlungsansprüche aus dem Mietvertrag geltend.

Die Beklagte ist Mieterin einer preisgebundenen Wohnung im K in H. Die Miete beläuft sich auf 360,72 Euro zzgl. 150 Euro Betriebskostenvorauszahlung (seit 04/19, zuvor 143 Euro).

Die Klägerin macht folgende Nachforderungen aus Nebenkostenabrechnungen geltend:

  • Abrechnung 16/17 vom 19.09.18: 300,24 Euro
  • Abrechnung 17/18 vom 02.09.19: 253,25 Euro
  • Abrechnung 18/19 vom 16.09.20: 47,76 Euro

Auf die Abrechnungen (Bl. 48ff, 141 d.A.) wird Bezug genommen.

Die Beklagte wendet sich gegen die beiden geletzt genannten Abrechnungen. Mit Schreiben vom 27.09.19 legte sie Widerspruch gegen die Abrechnung vom 02.09.19 ein und bat um einen Termin zwecks Belegeinsicht. Mit Schreiben vom 15.11.19 erklärte die damalige Hausverwalterin der Klägerin, sie werde den Widerspruch prüfen und unaufgefordert darauf zurückkommen. Dies erfolgte jedoch nicht, auch nicht, nachdem weitere Schreiben im Namen der Beklagten durch den Mieterverein gesandt wurden mit diversen Einwänden und der Aufforderung, die entsprechenden Punkte zu erläutern und den Sachverhalt aufzuklären. In den Monaten April bis einschließlich Juli 2020 behielt die Beklagte ihrer Ankündigung entsprechend 100 Euro monatlich von den Betriebskostenvorauszahlungen zurück, die nunmehr ebenfalls mit der Klage geltend gemacht werden, abzüglich einer Zahlung von 20 Euro am 01.09.20.

Die Klägerin beantragt,

1.

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 981,25 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2020 sowie Mahnkosten von 5,00 Euro zu zahlen;

2.

die Beklagte zu verurteilen, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 201,71 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.09.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Abrechnung 2017/18 sei unwirksam, da im Hinblick auf die Gewerbebetriebe bei einigen Positionen eine Zwischenverrechnung vorgenommen worden sei, ohne diese darzulegen. Die Umlage diverser weiterer Kosten wir Müllmanagement etc. seien nicht vereinbart, Aufzugskosten und Kosten der Rauchwarnanlage seien nicht näher aufgeschlüsselt, ob es sich um Wartungskosten, Reparaturkosten etc. handeln würde. Weder eine Pflege der Außenanlage noch der Schädlingsbekämpfung seien durchgeführt worden. Darüber hinaus werden hinsichtlich der Abrechnung 2018/19 die Positionen Hausbeleuchtung und Wartung Bodenläufe angegriffen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem tenorierten Umfang begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch in Höhe von 280,24 Euro aus § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Betriebskostenabrechnung für 2016/17 vom 19.09.2018. Die Beklagte hat lediglich Einwendungen gegen die beiden nachfolgenden Abrechnungen erhoben. Von dem Abrechnungssaldo 300,24 Euro ist die Zahlung der Beklagten vom 01.09.20 in Höhe von 20 Euro in Abzug zu bringen, so dass ein Anspruch in Höhe von 280,24 Euro verbleibt.

Ein etwaiger Anspruch aus der Abrechnung 2017/18 ist derzeit jedenfalls nicht fällig. Unstreitig hat die Beklagte gegen diesen Widerspruch eingelegt und explizit um Termin zwecks Belegeinsicht gebeten. Hierauf hat die Klägerin bzw. deren Hausverwaltung nicht reagiert. In der Betriebskostenabrechnung ist auf Seite 2 aber explizit ausgeführt, dass eine Belegeinsicht nur nach Terminansprache erfolgen kann. Reagiert die Klägerin aber auf ein entsprechendes Gesuch der Beklagten nicht, so steht der Beklagten nach Auffassung des Gerichts ein Zurückbehaltungsrecht sowohl an dem Abrechnungssaldo also auch an den hier einbehaltenen Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 400 Euro zu. Auf die weiteren Einwände zu dieser Abrechnung kommt es daher nicht an.

Auch hinsichtlich der Abrechnung 2018/19 besteht kein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 47,76 Euro. In der Rechnung der B GmbH betr. Wartung der Bodenabläufe ist K … nicht aufgeführt. Ferner ist eine vorbeugende Reinigung von Wasserrohren technisch allenfalls in so langen Zeitabständen angezeigt, dass keine laufenden Kosten mehr vorliegen. Eine regelmäßige Durchführung in kürzeren Abständen ist mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht zu vereinbaren. Ferner ist aus der Abrechnung ersichtlich, dass auch der gesondert aufgeführte Gewerbemüll auf die Wohnraummieter mit umgelegt worden ist. Dies widerspricht § 20 NMV. Die Beklagte hat ferner die Kosten für die Hausbeleuchtung bemängelt. Diese lagen in den beiden Vorjahren jeweils zwischen 40 und 50 Euro, während sie in der Abrechnung vom 16.09.20 mit sage und schreibe 244,14 Euro angesetzt werden. Zu dem Einwand der Beklagten, dass zahlreiche Umbaumaßnahmen in dem Jahr stattgefunden hätten und hierfür der Allgemeinstrom genutzt worden sei, hat die Klägerin keine Stellung genommen, so dass dieser als unstreitig zu behandeln ist. Da die Beklagte aber nicht für Umbaumaßnahmen bzw. den Strom hierfür aufzukommen hat, ist diese Position ebenfalls aus der Betriebskostenabrechnung herauszurechnen. Die Beklagte hat ferner substantiierte Einwände hinsichtlich der Position „Pflege Außenflächen“ gemacht, nämlich dass es im Eingangsbereich keine Gartenfläche gebe, so dass es an der Klägerin gelegen wäre, hier ebenfalls substantiiert darzulegen, welche Arbeiten durchgeführt worden sein sollen. Insgesamt ergibt sich allein aus diesen Positionen ein Abzugsbetrag, der die Nachforderung von 47,76 Euro deutlich übersteigt, so dass die Klage insoweit abzuweisen ist.

Soweit die Hauptforderung begründet ist, folgt der Zinsanspruch aus Verzug, §§ 286, 288 BGB. Mahnkosten in Höhe von 5 Euro sind für die unstreitig zahlreich erfolgten Mahnungen ebenfalls von der Beklagten zu erstatten.

Die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten belaufen sich bei einem Streitwert von 280 Euro auf 83,53 Euro, die ebenfalls ab Zustellung des Mahnbescheids zu verzinsen sind, §§ 281, 291 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 981,25 EUR festgesetzt.

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