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Betriebskostenvorschüsse – Wann und wie können erhöht werden?

LG Berlin – Az.: 63 S 128/21 – Urteil vom 17.06.2022

In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Berlin – Zivilkammer 63 – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2022 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 21.5.2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 104 C 220/19 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.808,09 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 544 Abs. 1 Nr. 1 ZPO abgesehen.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage weiter.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet.

1. Nebenkostenabrechnung 2015/2016:

Es besteht ein Anspruch auf Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung 2015/2016 gemäß §§ 556 Abs. 1, 535 Abs. 2 BGB in Höhe von 354,45 EUR.

Die Abrechnung ist gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB fristgerecht erfolgt. Entgegen der Behauptung der Beklagten wurde die Abrechnung vom 17.5.2017 nicht am 26.7.2017, sondern am 19.5.2017 zugestellt. Dies steht fest gemäß § 314 Satz 1 ZPO aufgrund des nicht angegriffenen Tatbestandes des Urteils des Amtsgerichts. Sollte sich die Beklagte stattdessen auf die Abrechnung für die Gärten bezogen haben, so ist diese nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

Betriebskostenvorschüsse - Wann und wie können erhöht werden?
(Symbolfoto: Stanislaw Mikulski/Shutterstock.com)

Die Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB zur Abrechnung über die Vorauszahlungen für Betriebskosten wird ferner mit einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung gewahrt; auf die inhaltliche Richtigkeit kommt es für die Einhaltung der Frist nicht an. Die Abrechnung war formell wirksam. Die Korrektur der Abrechnung vom 28.8.2017 mit einer Reduzierung der Nachforderung steht dem nicht entgegen, da der Vermieter gemäß § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB nach Ablauf der Abrechnungsfrist lediglich gehindert ist, weitere Nachforderungen zu Lasten des Mieters geltend zu machen (BGH, Urteil vom 17. 11. 2004 – VIII ZR 115/04 -, NJW 2005, 219).

Hinsichtlich der materiellen Richtigkeit der Abrechnung wird auch in der Berufungsinstanz nicht dargelegt, dass die Wohnungsmieter mit Kosten belastet werden, die auf die Mietergärten entfallen.

Zu den Kosten der Haftpflichtversicherung, der Schnee- und Eisbeseitigung, den Wasserkosten und den Abfallkosten ist nicht dargelegt, dass der in der Abrechnung vor der Verteilung auf die Wohnungsmieter erfolgte Abzug von den Gesamtkosten nicht ausreichend sei und tatsächlich ein höherer Abzug zu erfolgen hätte (vgl. Spalten „Gesamtkosten“ und „zu verteilende Kosten“). Diese Darlegung hat durch den Mieter zu erfolgen und ist ihm nach der Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen konkret möglich. Die bloße Behauptung, dass nicht umlagefähige Kostenbestandteile in den ansonsten als geschuldet vereinbarten Kostenarten enthalten seien, reicht – wie hier – demgegenüber nicht aus.

Hinsichtlich der Wasserkosten ist in der Korrektur vom 28.8.2017 ein Abzug gegenüber der Abrechnung vom 17.5.2017 erfolgt. Der Einwand der Beklagten, dass die zuletzt noch umgelegten Kosten weiterhin zu hoch seien oder nicht die Wohnungsmieter betreffen, wäre von ihr etwa anhand der Wasserrechnungen und Ableseergebnisse zu erläutern gewesen.

Ferner ist in der Abrechnung bei den Kosten für Biomüll ein Abzug aufgrund der Mietergärten erfolgt. Dass ein höherer Abzug richtig wäre, ist nicht dargetan. Sofern Nutzer entgegen den erfolgten Anweisungen der Kläger, ihren Abfall pflichtwidrig in nicht für sie bestimmte Tonnen entsorgen, steht dies einer Umlagefähigkeit der Kosten laut Abrechnung nicht entgegen, solange der Beklagten dadurch keine höheren Kosten entstanden sind, was hier nicht erkennbar ist.

Hinsichtlich der Schnee- und Eisbeseitigungskosten reicht die bloße Behauptung nicht aus, dass die Nutzer der Mietergärten daran nicht beteiligt werden, die Reinigungsleistung ihnen aber zugutekommt. Zum einen enthält die Abrechnung einen Abzug, so dass nicht sämtliche Kosten auf die Wohnungsmieter umgelegt werden. Zum anderen steht es dem Mieter frei, bei der Hausverwaltung die den Kosten zugrundeliegenden Verträge einzusehen und vorzutragen, auf welche Wege sich die Reinigungsleistung konkret erstreckt und welche Kosten dafür angefallen sind.

Die Kabelgebühren sind umlagefähig, weil sie vertraglich als umlagefähig vereinbart (Nr. 3 Abs. 15.b) der AVB) und angefallen sind. Eine tatsächliche Nutzung durch den Mieter ist nicht erforderlich. Soweit entgegen dem Übergabeprotokoll vom 16./23.12.1993 kein Kabelanschluss vorhanden gewesen ist oder ein solcher zu einem nicht vorgetragenen Zeitpunkt nachträglich entfallen wäre, würde es sich um einen behebbaren Mangel handeln, der gegenüber der Klägerin anzuzeigen gewesen wäre und im Falle einer Gebrauchsbeeinträchtigung für die Dauer des Mangels zu einer Minderung hätte führen können.

Hinsichtlich der Heizkosten kommt es auf das Bestreiten der fehlenden Zugänglichkeit der Ablesegeräte nebst Beweisantritt der Beklagten aus den Schriftsätzen vom 4.1.2021 und 1.4.2021 nicht an. Für die Zulässigkeit der vorliegend erfolgten Schätzung spielt es keine Rolle, ob die Unmöglichkeit der Verbrauchserfassung vom Vermieter oder vom Mieter zu vertreten ist, da es sich bei den Verfahren nach § 9a Abs. 1 oder § 9b HeizkostenVO um eine Schätzung des Wärmeverbrauchs handelt, so dass der Vermieter hierüber verbrauchsabhängig abgerechnet hat (Bub/Treier MietR-HdB, Kapitel III. Durchführung des Mietverhältnisses Rn. 449, beck-online). Eine Kürzung des Anspruchs nach § 12 HeizkostenVO ist in diesen Fällen nicht gerechtfertigt. Sowohl bei der Vergleichsberechnung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenVO als auch bei der Anwendung der Gradtagszahlmethode handelt es sich um eine Schätzung des Wärmeverbrauchs. Dies bedeutet jedoch nicht, dass es sich hierbei um eine „nicht verbrauchsabhängige Abrechnung“ i.S. des § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenVO handelt mit der Folge, dass dem Nutzer stets ein Recht zur Kürzung des auf ihn entfallenden Kostenanteils um 15 % zustünde (BGH, Urteil vom 16. 11. 2005 – VIII ZR 373/04 -, NZM 2006, 102).

Die Kostensteigerungen bei Wasser und Abwasser wären nach Einsichtnahme in die Abrechnungsbelege konkret zu beanstanden gewesen, etwa um auszuschließen, ob dem ein Mehrverbrauch oder gestiegene Preise zugrunde liegen. Ein Verstoß gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz kann nicht allein durch die Bezugnahme auf gestiegene Kosten begründet werden (vgl. BGH, Urt. v. 6. 7. 2011 – VIII ZR 340/10 -, NJW 2011, 3028).

Entsprechendes gilt für die Steigerung der Gartenpflegekosten von 15/16 in Höhe von (tatsächlich nur) 2.931,19 EUR auf 3.829,15 EUR in 16/17, soweit damit ein Verstoß gegen den Wirtschaftslichkeitsgrundsatz in dem Zeitraum 16/17 gemeint ist. Auch insoweit ist anhand der Einsichtnahme in die Belege zu erläutern, ob sich bei dem Wechsel des Anbieters der Leistungsumfang geändert hat und welche Grundlagen den berechneten Kosten zugrunde liegen sowie, ob die Leistung anderweitig günstiger zu erlangen gewesen wäre.

Soweit sich die Kosten der Wohngebäudeversicherung unterschiedlich entwickelt haben – von 11.737,83 EUR in 15/16 zu 5.619,92 EUR in 18/19 – wären anhand des jeweiligen Versicherungsumfangs zumindest Anhaltspunkte dafür darzulegen gewesen, dass die jeweilige Leistung in den betreffenden Zeiträumen bei konkreten anderen Versicherungen wesentlich günstiger zu erlangen gewesen wären oder dass einzelne berechnete Versicherungsleistungen gar nicht erforderlich waren.

2. Nebenkostenabrechnung 2016/2017:

Aus der Nebenkostenabrechnung für 2016/2017 besteht ein Anspruch auf Nachzahlung in Höhe von 609,12 EUR. Die vorgenannten Ausführungen gelten zu den Einwänden entsprechend.

3. Mieten Juli 2017 bis August 2020:

Es besteht ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Mieten für Juli 2017 bis August 2020 in Höhe von jeweils 46,43 EUR, gesamt 1.764,34 EUR.

Der geschuldete Mietzins betrug ab Juli 2017 666,89 EUR und beruht nicht auf einer Erhöhung der Nettokaltmiete, sondern auf der mit Schreiben vom 17.5.2017 erfolgten Anpassung der Vorauszahlungshöhe (Erhöhung bei Betriebskosten auf 140,69 EUR monatlich und Senkung der Heizkostenvorschüsse).

Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung war die Anpassung der Vorauszahlungen auch unter Berücksichtigung der Korrektur vom 28.8.2017 sowie der tatsächlich geschuldeten Betriebskosten gemäß § 560 Abs. 4 BGB angemessen. Dem Grundsatz nach hat sich die Höhe der künftigen Betriebskostenvorschüsse allein am Abrechnungsergebnis zu orientieren. Es ist kein Raum für einen „abstrakten“ Sicherheitszuschlag in Höhe von 10 % auf die zuletzt abgerechneten Betriebskosten (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 – VIII ZR 294/10 -; LG Berlin, Urteil vom 10. August 2010 – 63 S 622/09 -). Ausgenommen sind absehbare Kostensteigerungen, die bei der Anpassung berücksichtigt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2012 – VIII ZR 245/11 -). Ausgangspunkt der Anpassung ist ferner die nicht nur formell, sondern auch inhaltlich richtige Abrechnung (BGH, a.a.O.).

Vorliegend konnten aufgrund der in 2015/2016 angefallenen kalten Betriebskosten von 1.557,77 EUR (./. 12 = 129,81 EUR) die Betriebskostenvorschüsse von 89,11 EUR auf 140,69 EUR ab Juli 2017 angehoben werden, da konkret mit einer Steigerung der Kosten von 129,81 EUR um mindestens 8,32 % auf 140,69 EUR monatlich zu rechnen war. Dies wurde im Nachhinein bestätigt anhand der Abrechnung der kalten Betriebskosten aus 16/17, die gegenüber 15/16 um 10,77 % höhere Kosten ausweist.

Die Anpassung der Vorschüsse durch Erklärung vom 17.5.2017 ist durch die Korrektur vom 28.8.2017 nicht aufgehoben worden und musste nicht wiederholt werden.

Dem Anspruch auf Zahlung der offenen Vorschüsse für Juli 2017 bis August 2020 steht vorliegend auch nicht die Abrechnungsreife entgegen, da die Klägerin für den Zeitraum

Abrechnungen erteilt hat und dabei jeweils die geschuldeten und nicht die gezahlten Vorschüsse in die Abrechnungen eingestellt hat.

3. Mieten September und Oktober 2020:

Es besteht aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Mieten für September und Oktober 2020 in Höhe von jeweils 40,09 EUR, gesamt 80,18 EUR.

Die Miete war in dem Zeitraum aufgrund der Beeinträchtigungen, die typischerweise mit den Arbeiten an der Gebäudehülle (Dach, Regenentwässerung und Fassade) und dem zeitweisen aufgestellten Gerüst einhergehen, jedenfalls um nicht mehr als 15 % gemindert (vgl. LG Berlin, Schlussurteil vom 07.05.2013 – 63 S 387/12 -, Urteil vom 12. April 1994 – 63 S 439/93 -, Urteil vom 18. April 2011 – 67 S 502/10 -).

Eine darüberhinausgehende Gebrauchsbeeinträchtigung durch Staub, Lärm, Verschattung im Einzelfall hinsichtlich der Wohnung der Beklagten ist von dieser nicht konkret dargelegt worden. Dies war hier nicht aufgrund der Bezugnahme auf das Ankündigungsschreiben der Vermieterin entbehrlich. Vom Mieter ist zwar kein Bautagebuch betreffend Mängelerscheinungen zu fordern, jedoch ist vorzutragen um welche Art von Beeinträchtigungen es geht und zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2021 – VIII ZR 258/19 -). Vorliegend kommt hinzu, dass es sich bei den im Ankündigungsschreiben genannten Arbeiten um Maßnahmen an drei separaten Wohngebäuden handelt, so dass Anhaltspunkte für den Zeitraum der jeweiligen Beeinträchtigung der Wohnung der Beklagten auch unter diesem Gesichtspunkt erforderlich sind, etwa hinsichtlich der Zeiten der Abdeckung der Fenster. Dies ist nicht hinreichend vorgetragen worden.

Soweit man aufgrund der angekündigten Arbeiten auf ein Mindestmaß an Beeinträchtigungen/Minderung aufgrund der Bauarbeiten schließen können soll, ist dies entgegen der Auffassung der Beklagten durch das Amtsgericht erfolgt. Es hat die Minderung auf bis zu 10 % bemessen, was angesichts des Vortrags nicht zu beanstanden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 713 ZPO. Gründe, gemäß 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, lagen nicht vor.

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