AG Reinbek, Az.: 13 C 312/13, Urteil vom 15.04.2014
1.
Die Beklagte wird verurteilt, die nachfolgenden Mängel, nämlich Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilzspuren, in der in …, belegenen Wohnung fachgerecht zu beseitigen:
- im Wohnzimmer an der westlich gelegenen Außenwand auf einer Breite von 2,5 m und einer Höhe von 0,85 m vom Fußboden aus gemessen
- im Schlafzimmer an der südlich gelegenen Außenwand rechts und links vom Fenster auf einer Breite von 1,02 m
- im Badezimmer an der nördlich gelegenen Außenwand rechts und links unterhalb des Fensters
- in der Küche an der nördlich gelegenen Außenwand links vom Fenster und unterhalb der Heizung
- im Abstellraum an der Außenwand und der Decke.
2.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3.
Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,00 € vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Vorhandensein und die Ursache von Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelpilzbildungen in der Wohnung der Klägerin.
Die Klägerin mietete beginnend ab dem 01.02.2003 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine Wohnung im zweiten Obergeschoss des Mietobjekts … . Die Wohnung der Klägerin besteht aus 3 Zimmern, Küche, Bad, WC, einem Flur und einem Abstellraum, der weder über eine Belüftungsmöglichkeit noch über eine Heizmöglichkeit verfügt. Oberhalb der Wohnung befindet sich das Flachdach des Gebäudes.
Die Fenster des Objekts waren in den 1980er bzw. 1990er Jahren erneuert worden.
Die Klägerin macht seit Jahren Mängelbeseitigungsansprüche wegen Feuchtigkeitsschäden geltend. In der Vergangenheit waren Beseitigungsarbeiten zögerlich durchgeführt worden, die Beklagte lehnt jedoch eine Verantwortung für Mängel ab.
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 19.10.2010 beanstandete die Klägerin gegenüber der Beklagten Feuchtigkeitsschäden bzw. Schimmelpilzbildungen im Wohnzimmer, Kinderzimmer, Schlafzimmer, Badezimmer und der Küche und forderte die Beklagte zur Beseitigung bis zum 09.11.2010 auf (Anlage K2, Bl. 52 – 54 d. A.).
Es erfolgte eine Besichtigung durch den Hausmeister. Während der Besichtigung zeigte die Klägerin diesem einen weiteren Feuchtigkeitsschaden im Abstellraum der Wohnung.
Mit Schreiben vom 13.01.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie Malerarbeiten im Kinderzimmer beauftragt habe, eine weitere Beseitigung der vom Schimmelbefall betroffenen Wandflächen werde abgelehnt (Anlage K5, Bl. 64 d. A.).
Im Kinderzimmer ließ die Beklagte sodann die Arbeiten durchführen. Es wurden die Tapeten entfernt, die Wände verschlossen und gespachtelt und neu gestrichen.
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 08.02.2012 forderte die Klägerin die Beklagte zur Beseitigung des Schadens im Deckenbereich der Abstellkammer bis zum 22.02.2012 auf (Anlage K7, Bl. 168 d. A.).
Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 21.02.2012 erklärte die Beklagte, der Feuchtigkeitsschaden sei ausschließlich auf Mieterverhalten zurückzuführen und forderte ihrerseits die Klägerin zur Beseitigung bis zum 13.03.2012 auf (Anlage K8, Bl. 168 f. d. A.).
Die Klägerin behauptet, neben der von ihr in ihrer Wohnung gerügten Mängel lägen auch in den weiteren Wohnungen des Hauseingangs ebenfalls Feuchtigkeitsschäden vor.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die nachfolgenden Mängel, Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilzspuren, in der in … belegenen Wohnung
- im Wohnzimmer an der westlich gelegenen Außenwand auf einer Breite von 2,5 m und einer Höhe von 0,85 vom Fußboden aus gemessen,
- im Schlafzimmer an der südlich gelegenen Außenwand rechts und links vom Fenster auf einer Breite von 1,02 m,
- im Badezimmer an der nördlich gelegenen Außenwand rechts und links unterhalb des Fensters,
- in der Küche an der nördlich gelegenen Außenwand links vom Fenster und unterhalb der Heizung und
- Mangel in Form von Feuchtigkeitsschäden in dem Abstellraum
fachgerecht zu beseitigen, und zwar durch Beseitigung der vorhandenen Tapeten, der Untergrund ist – soweit erforderlich – zu spachteln und mit schimmel- und pilzhemmenden beseitigenden Mitteln zu behandeln, im Anschluss daran ist eine neue Raufasertapete neu aufzutragen, die neuaufgebrachte Raufasertapete ist mit heller Farbe, passend zu den übrigen Wänden, zu versehen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet die vorgetragenen Mangelerscheinungen in Wohn- und Schlafzimmer, Küche und Bad mit Nichtwissen.
Sollten Mängel vorhanden sein, so seien diese ausschließlich durch fehlerhaftes Lüftungs- und Heizverhalten durch die Klägerin verursacht.
Die Beklagte trägt hierzu vor, bei einer Besichtigung am 23.01.2007 sei Kondensatwasser an den Fenstern der Wohnung herabgelaufen. Die Klägerin habe Wäsche zum Trocknen im Wohnzimmer aufgehängt gehabt.
Im Februar 2010 hätten durchgeführte Messungen ergeben, dass die Klägerin selbst zu hohe Luftfeuchte verursacht habe. Eine erneute Messung am 25.10.2010 für eine Woche habe eine Raumfeuchte von unverändert über 60 % ergeben.
Die Klägerin behauptet hierzu, die Mängel seien bauartbedingt und nicht von ihr zu vertreten. So habe sie auch in der Vergangenheit ausreichend stoßgelüftet, mehrmals am Tage, morgens, mittags, spät nachmittags und zwischendurch für jeweils 5 – 10 Minuten (Beweisangebot Zeugnis …). Auch heize sie überdurchschnittlich. Die Heizkörper hätten jedoch keine ausreichende Heizkraft.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens mit mehreren Ergänzungen gem. Beweisbeschluss vom 02.09.2011 (Bl. 80 d. A.), in Form der Änderung gem. Beschluss vom 07.05.2012 (Bl. 197 d. A.) und mit Beschlüssen vom 04.12.2012 (Bl. 293 d. A.) und vom 19.06.2013 (Bl. 341 d. A.).
Wegen des Ergebnisses der Beweiserhebung wird Bezug genommen auf die im Sonderband befindlichen Gutachten des Sachverständigen … vom 30.11.2011, vom 28.06.2012 und vom 27.06.2013, ferner auf die mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen … im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25.02.2014 (Protokoll, Bl. 443 – 450 d. A.).
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Durchführung von Mangelbeseitigungsarbeiten aus § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zu. Hiernach hat der Vermieter die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Der Vermieter ist demnach grundsätzlich zur Instandhaltung, d. h. der Erhaltung des vertrags- und ordnungsgemäßen Zustandes durch Beseitigung der durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkungen entstehenden baulichen und sonstigen Mängel verpflichtet.
Dass in der Wohnung der Klägerin die von dieser behaupteten Mängel vorhanden sind, steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des eingeholten Gutachtens des Sachverständigen … fest. Der Sachverständige hat in seinem ersten Gutachten vom 30.11.2011 festgestellt, dass sich im Wohnzimmer in der Raumecke und an der Wand hinter der Sitzgarnitur typische Symptome eines Schimmelpilzbefalls befänden, ferner im Schlafzimmer an den Fensterlaibungen entlang des Fensterblendrahmens, im Badezimmer an der Fensterlaibungen entlang des Fensterblendrahmens und in der Küche an den Fensterlaibungen entlang des Fensterblendrahmens und in der Raumecke neben dem Heizkörper oberhalb des Fußbodens. Zudem hat der Sachverständige hier noch ohne konkreten Beweisauftrag festgestellt, dass im Abstellraum Fleckenbildungen an der Außenwand sichtbar seien.
Den Feststellungen des Sachverständigen, denen die Parteien insoweit auch nicht widersprochen haben, schließt sich das Gericht insoweit an.
Die Beklagte ist zur Beseitigung der festgestellten Mängel auch verpflichtet, da sie den insoweit ihr obliegenden Beweis, dass die Mängel nicht bauartbedingt sind, nicht führen konnte.
Bei Vorhandensein von Feuchtigkeit und Schimmelbildungen hat nach der sogenannten Gefahrkreistheorie der Vermieter den Beweis zu führen, dass der Schimmel nicht auf bauseitige Ursachen zurückzuführen ist, und dass der Zustand der Fenster und Türen sowie der Heizung keinen Einfluss auf die Mängel ausübt (vgl. Schmidt-Futterer-Eisenschmid, 11. Aufl., § 536 BGB Rn. 501). Hierbei muss der Vermieter den Beweis führen, dass aus technisch-handwerklicher Sicht auszuschließen ist, dass der Schimmel auf die Bausubstanz zurückzuführen ist. Erst wenn der Vermieter diesen Beweis geführt hat, muss der Mieter beweisen, das der Schimmel nicht durch ein etwa vertragswidriges Heiz- und Lüftungsverhalten entstanden ist (vgl. auch LG Bonn, Urteil vom 13.09.2012, AZ: 6 S 69/12 – zitiert nach juris –).
Vorliegend konnte die Beklagte als Vermieterin gerade nicht ausschließen, dass die Feuchtigkeit und Schimmelerscheinungen auf die Bausubstanz zurückzuführen ist.
So hat der Sachverständige … in seinem ersten Ergänzungsgutachten vom 28.06.2012, dort auf Seite 21, ausgeführt, dass im Bereich der außenwandseitigen Raumecke des Wohnzimmers, im Bereich der Fensterlaibungen des Schlafzimmers, des Badezimmers und der Küche rechnerisch eine geometrische Wärmebrücke nachgewiesen werden konnte. Dies korrespondiere auch mit seinen örtlich getroffenen Feststellungen, wonach in den genannten Bereichen stellenweise Fleckenbildungen erkannt wurden, die in der Symptomatik auf einen Schimmelpilzbefall hinwiesen. Der Sachverständige hat hier somit Mängel in Form von geometrischen Wärmebrücken und einer daher erhöhten Schimmelanfälligkeit festgestellt. In seiner mündlichen Erläuterung des Gutachtens hat er weiter bestätigt, dass in der Wohnung ein besonderes bzw. gesteigertes Lüftungsverhalten erforderlich wäre. Er hat angegeben, dass in der Wohnung eine sehr präzise Kontrolle der Luftfeuchte erforderlich sei und die Einhaltung strikter Lüftungsregeln, um Schimmelpilzbildung zu vermeiden. Das Gebäude sei im Gegensatz zu Neubauten auch nicht fehlertolerant. Ursache für die vorhandenen Wärmebrücken sei die nicht vorhandene Dämmung. Die Wärmebrücken seien rechnerisch vorhanden. Was sich daraus entwickle, sei nur durch das Lüftungsverhalten zu beeinflussen.
Um Schimmelpilzbefall zu vermeiden, müssten aber konkrete Vorgaben gemacht werden. So müsste mit Hygrometer und Thermometer kontrolliert werden, dass diese Werte nicht überschritten werden. Eine Lüftung der Wohnung dreimal täglich für die Dauer von 5 – 10 Minuten bei vollem Durchzug würde voraussichtlich nicht ausreichen.
Nach den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen … ist das Gericht der Überzeugung, dass in der Wohnung Baumängel in Form von Wärmebrücken vorhanden sind. Die Beklagte konnte sich somit nicht entlasten. Es ist an dieser Stelle noch nicht Sache der Klägerin zu beweisen, dass der Schimmel nicht durch ihr vertragswidriges Heiz- und Lüftungsverhalten entstanden ist. Aus den Angaben des Sachverständigen ergibt sich darüberhinaus, dass Schimmelpilzbildung wohl nur durch ein überdurchschnittliches und ständig kontrolliertes Heiz- und Lüftungsverhalten zu vermeiden ist. Ein derartiges Lüftungs- und Heizverhalten kann mangels konkreter Absprachen jedoch in der Regel nicht von einem durchschnittlichen Mieter verlangt werden.
Auch bezüglich des Abstellraumes konnte sich die Beklagte nicht nach den o. g. Grundsätzen entlasten. Der Abstellraum ist unstreitig nicht beheizt und verfügt über kein Fenster, er liegt an der Außenwand. Der Sachverständige hat in der mündlichen Anhörung hierzu ausgeführt, dass auch der Abstellraum bauphysikalisch benachteiligt sei. Für das Gericht ist hier ebenfalls ein Ausschluss einer Ursache in der Bausubstanz nicht erkennbar.
Nach alledem ist die Beklagte antragsgemäß zur Mangelbeseitigung zu verurteilen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91Abs. 1 S. 1, 709 S. 1. ZPO.
Streitwert: 7.500,– €.