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Bloße Wohnungsnutzung rechtfertigt nicht die Annahme des Zustandekommens eines  Mietvertrages

LG Karlsruhe – Az.: 9 S 71/20 – Beschluss vom 08.09.2020

In dem Rechtsstreit hat das Landgericht Karlsruhe – Zivilkammer IX – am 08.09.2020 beschlossen:

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 28.04.2020, Az. 6 C 180/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe:

I.

Der Beklagte zu 2) wendet sich mit seiner Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts, mit welchem er zur Räumung und Herausgabe der in der ### – Straße Karlsruhe im 5. Obergeschoss links gelegenen Wohnung an die Klägerin verurteilt worden ist. Diese im Eigentum der Klägerin stehende Wohnung nutzt der Beklagte zu 2) aufgrund einer Vereinbarung mit dem Beklagten zu 1) alleine. Der Beklagte zu 1) hat seinen Mietvertrag mit der Klägerin am 02.01.2018 schriftlich gekündigt.

Das Amtsgericht hat mit dem vom Beklagten zu 2) angegriffenen Urteil den Einspruch des Beklagten zu 1) gegen ein nur gegen diesen ergangenes Versäumnisurteil verworfen und den Beklagten zu 2) zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Es hat ausgeführt, dem Beklagten zu 2) stehe kein Besitzrecht zu, da der Beklagte zu 1) den Mietvertrag gekündigt habe. Der Beklagte zu 2) habe nicht substantiiert vorgetragen, selbst einen eigenständigen Mietvertrag mit der Klägerin geschlossen zu haben. Im Übrigen sei sein in der mündlichen Verhandlung erfolgter weiterer Vortrag auch verspätet. Der Räumungsanspruch ergebe sich aus §§ 546, 985 BGB. Mit dem Haftmietverhältnis habe auch das Besitzrecht des Beklagten zu 2) geendet. Dessen im Termin erfolgter Vortrag, wonach der klägerische Sachbearbeiter Herr #### nach einem persönlichen Gespräch vor circa zwei Jahren auf eine Warteliste gesetzt habe bzw. dies zumindest angekündigt und mitgeteilt habe, dass man „das Ganze so weiterlaufen lassen“ würde, genüge nicht für die Annahme eines (konkludenten) Mietverhältnisses mit dem Beklagten zu 2). Der Vortrag sei außerdem verspätet. Ein (unterstellter) konkludenter Duldungsvertrag/Gestattungsvertrag sei jedenfalls durch die Klageerhebung konkludent gekündigt worden.

Hiergegen richtet sich die Berufung, mit der der Beklagte zu 2) seinen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Das Amtsgericht habe seinen Vortrag fehlerhaft nicht gewürdigt beziehungsweise als verspätet zurückgewiesen. Zwischen ihm und der Klägerin sei ein direkter Mietvertrag zustande gekommen. Er sei im Vorfeld bei dem Mitarbeiter der Klägerin Huber vorstellig geworden, mit dem er ausdrücklich besprochen habe, dass er die Wohnung offiziell auch als Mieter übernehmen wolle. Der Klägerin sei bereits im Jahr 2018 bekannt gewesen, dass der Beklagte zu 2) als Untermieter dort wohnhaft sei. Eine Einigung über die offizielle Übernahme des Mietverhältnisses habe zu diesem Zeitpunkt nicht getroffen werden können. Es habe eine Duldung des Mietverhältnisses gegeben, da die Untervermietung bereits im März 2018 bekannt gewesen sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin nach über zwei Jahren eine Räumungsklage erhebe. Ohne begründete Mietrückstände sei eine ordnungsgemäße Kündigung gegenüber dem Beklagten zu 2) außerdem nicht möglich. Der Anspruch sei auch verwirkt. Zahlungen, die der Beklagte zu 2) für April und Mai 2020 geleistet habe und die von der Klägerin angenommen worden seien, seien zumindest als konkludenter Abschluss eines Mietvertrages mit dem Beklagten zu werten.

Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und unter Bestreiten neuen Vortrages.

II.

Die zulässige Berufung ist offensichtlich unbegründet. Das Amtsgericht hat den Beklagten zu 2) zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, zur Räumung verurteilt. Aufgrund der wirksamen Kündigung des Mietverhältnisses durch den Beklagten zu 1) ist das abgeleitete Besitzrecht des Beklagten zu 2) entfallen. Ein eigenständiger Mietvertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) besteht nicht.

Hat der Mieter den Gebrauch der Mietsache einem Dritten überlassen, so kann der Vermietet die Sache nach der Beendigung des Mietverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern (§ 546 Abs. 2 BGB). Dieser Rückgabeanspruch ist Ausfluss der mietvertraglichen Rechte aus dem Hauptmietverhältnis. Durch ihn soll der Vermieter geschützt werden, auch wenn er nicht Eigentümer ist. Ist der Vermieter – wie hier – zugleich Eigentümer der Mietsache, tritt § 546 Abs. 2 BGB neben den dinglichen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. In der Erhebung einer Räumungsklage ist die Rückforderungserklärung gemäß § 546 Abs. 2 BGB stillschweigend enthalten (Schmidt-Futterer/Streyl, 14. Aufl. 2019, BGB § 546 Rn. 102). Der Beklagte zu 2) ist daher gemäß §§ 546 Abs. 2, 985 BGB zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verpflichtet.

Wohnraummietvertrags zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1) durch diesen vom 02.01.2018 das Mietverhältnis mit Wirkung zum 31.03.2018 beendet hat. Auf eine irgendwie geartete Mietrückstandsproblematik kommt es deshalb schon im Ansatz nicht an.

Eine vertragliche Beziehung zwischen dem Beklagten zu 2) und der Klägerin existiert nicht. Der Vortrag des Beklagten zu 2) zu Gesprächen mit dem Mitarbeiter ### gibt dafür nichts her. Weder die behauptete Ankündigung, den Beklagten zu 2) auf eine Warteliste setzen zu wollen, noch die Mitteilung, „das Ganze so weiterlaufen [zu) lassen“, genügt für eine vertragliche Vereinbarung. Die Berücksichtigung auf einer Warteliste ist gerade noch kein Eingehen eines Mietvertrages. Allein aus der Duldung des Aufenthaltes des Beklagten zu 2) kann ebenfalls nicht auf einen Mietvertragsschluss geschlossen werden. Weder die bloße Zahlung der „Miete“ in den Monaten April und Mai 2020 (also weit nach Klageerhebung), noch die tatsächliche Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung durch den Beklagten zu 2) rechtfertigt die Annahme des Zustandekommens eines konkludenten Mietvertrags zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2). Die tatsächliche Nutzung der Mietsache begründet für sich allein kein Mietverhältnis. Auch kann ein gescheiterter oder (noch) nicht zustande gekommener Mietvertrag nicht ohne Weiteres in ein vertragliches entgeltliches Nutzungsverhältnis besonderer Art umgedeutet werden (BGH NZM 2000, 183; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Auflage, § 535 BGB Rn 32 mwN).

Der Anspruch auf Räumung ist auch nicht gemäß § 242 BGB verwirkt. Es fehlt insoweit jedenfalls am Umstandsmoment. Der Rückgabeanspruch wird nicht bereits dadurch verwirkt, dass der Vermieter ihn nicht unmittelbar nach Vertragsende klageweise geltend macht (Schmidt-Futterer/Streyl, 14. Aufl. 2019 Rn. 80, BGB § 546 Rn. 80).

Das Amtsgericht ist im Übrigen seiner Hinweispflicht gemäß § 139 ZPO durch die Verfügung vom 02.03.2020 (AS 19) gerecht geworden. Es hat auch zu Recht angesichts dessen, dass die Kündigung bereits zum 31.03.2018 wirksam geworden war, keine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO bewilligt.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

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