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Corona-Pandemie – Absage einer Hochzeit – trotzdem Mietzinszahlungspflicht?

LG München I – Az.: 29 O 8772/20 – Urteil vom 29.04.2021

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 7.363,04 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2020 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2020 zu zahlen.

3. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 7.363,04 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von den Beklagten Mietzins nach einer abgesagten Hochzeitsfeier.

Mit einem am 24.08.2018 als „Mietvertrag“ bezeichneten Dokument vereinbarten die Parteien die Durchführung der Hochzeitsfeier der beiden Beklagten auf … am 20.06.2020 (Anlage K1). Auszüge des Vertrags lauten:

„2. MIETZWECK:

Die Vermietung erfolgt zum Zwecke einer Hochzeitsfeier (…)

4. MIETZINS

Der Mietzins für die Mietzeit beträgt 7890,00 Euro (Mietzins inkl. Nebenkosten).

(…) 100% des Mietpreises, also 7890,00 Euro sind bis spätestens 1. April 2020 auf das Konto des Vermieters (…) zu überweisen.

Kann die Veranstaltung aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich des Vermieters liegen, nicht stattfinden, sind neben der Miete auch die vereinbarten Nebenkosten abzüglich nicht angefallener und ersparter Kosten zu bezahlen.“

Mit E-Mail vom 04.02.2020 übersendete der Kläger den Beklagten ein Hochzeitsprotokoll, um die Hochzeit passend vorbereiten zu können (Anlage B5). Mit E-Mail vom 01.04.2020 gingen die Beklagten auf den Kläger zu, um ihre Einschätzung hinsichtlich der zwischenzeitlich weltweit ausgebrochenen Corona-Pandemie mitzuteilen. Sie schlugen vor, die Entscheidung zur Durchführung der Hochzeit „bis auf Weiteres aufzuschieben und die Situation im Verlauf der kommenden Wochen neu zu bewerten“ (Anlage B1). Mit Rückantwort vom selben Tag zeigte der Kläger zwar Verständnis für die Situation, bestand jedoch auf die im Vertrag vereinbarte Zahlung zum angegebenen Termin. Gleichzeitig bot der Kläger den Beklagten an, die Hochzeit auf einen beliebigen Tag vom 01.07.2020 bis einschließlich 16.08.2020 zu verschieben oder auf einen Donnerstag im September 2020 oder in den Monaten April, Mai, Juni 2021 (Anlage B4). Er setze den Beklagten eine Frist zur Rückmeldung von zwei Wochen. Die Beklagten äußerten sich hierzu nicht. Mit Schreiben vom 21.04.2020 stellte der Kläger den Beklagten den vereinbarten Mietzins in Rechnung (Anlage K3). Mit Schreiben vom 01.05.2020 sagte der Beklagte zu 2) die Hochzeit am 20.06.2020 ab (Anlage B2). Eine Verlegung der Hochzeit lehnte er ab, ebenso eine Zahlung des Rechnungsbetrags. Mit Schreiben vom 12.05.2020 teilte der Kläger den Beklagten die angesparten bzw. nicht angefallenen Nebenkosten mit (526,96 EUR – Anlage K2). Mit weiteren Schreiben vom 25.05.2020 und 08.06.2020 erinnerte der Kläger die Beklagten an die Zahlung eines Endbetrages inkl. Mahngebühr i.H.v. 7.369,04 EUR (Anlage K4). Schließlich forderte der Kläger die Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 19.06.2020 dazu auf, einen Betrag i.H.v. 7.363,04 EUR bis spätestens zum 30.06.2020 zu bezahlen (Anlage K5). Mit Schreiben vom 29.06.2020 trat der Beklagte zu 2) vom Vertragsverhältnis hilfsweise zurück (Anlage B3). Eine Zahlung lehnte er abermals ab.

Corona-Pandemie – Absage einer Hochzeit – trotzdem Mietzinszahlungspflicht?
(Symbolfoto: Von LL_studio/Shutterstock.com)

Nach Auffassung des Klägers führten die temporären Einschränkungen durch die Corona-Pandemie nicht zum Ausschluss des schriftlich vereinbarten Mietzinsanspruchs. Ein Fall der Unmöglichkeit würde in Ermangelung eines absoluten Fixgeschäfts ebenso wenig vorliegen wie ein Mangel i.S.v. § 536 Abs. 1 S. 1 BGB. Pandemiebedingte Einschränkungen seien in der Risikosphäre der Beklagtenpartei verortet. Die Klausel zur höheren Gewalt würde eine angemessene Risikoverteilung beinhalten und wäre wirksam. Ein Rücktritts- und/oder Kündigungsrecht würde den Beklagten nicht zustehen, weder gesetzlich noch vertraglich. Selbst wenn den Beklagten die Durchführung der Hochzeit am 20.06.2020 unzumutbar gewesen wäre, wäre der Zahlungsanspruch des Klägers nicht erloschen. Denn die Parteien hätten vorrangig über eine interessengerechte Anpassung des Vertrags verhandeln müssen. Die Beklagten hätten alle konstruktiven Bemühungen des Klägers zurückgewiesen und von Anfang an kein Interesse an einer Verlegung gezeigt.

Der Kläger beantragt,

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, einen Betrag von 7.363,04 Euro brutto nebst Zinsen von 5% über dem Basiszinssatz der EZB seit 01.07.2020 an den Kläger zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 729,23 Euro nebst Zinsen von 5% über dem Basiszinssatz der EZB seit 01.07.2020 an den Kläger zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, Klageabweisung.

Die Beklagten seien nach eigener Auffassung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Zahlung verpflichtet. Die Parteien hätten keinen reinen Mietvertrag abgeschlossen, sondern auch andere Elemente geregelt. Die Hauptleistungspflicht des Klägers sei eine absolute Fixschuld gewesen und unmöglich geworden; daher sei auch die Gegenleistungspflicht entfallen. Die Unmöglichkeit würde die Anwendbarkeit von § 313 BGB ausschließen. Der hilfsweise erklärte Rücktritt sei wirksam, auch im Hinblick auf § 313 Abs. 3 S. 1 BGB. Die Beklagten halten die Klausel zur höheren Gewalt für unwirksam. Sie würde § 307 BGB wegen der unangemessenen Risikoverteilung und Intransparenz nicht standhalten und auch gegen § 308 Nr. 7 BGB und § 309 Nr. 2 b) BGB verstoßen.

Im Übrigen wird hinsichtlich des Sach- und Streitstands auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll vom 11.03.2021 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

A.

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht München I ist nach § 1 ZPO i.V.m. §§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich und nach §§ 12, 13 ZPO örtlich zuständig.

B.

Die Klage ist begründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Zahlungsansprüche gegen die Beklagten zu.

I.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 7.363,04 EUR aus § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. dem am 24.08.2018 abgeschlossenen Mietvertrag (Anlage K1).

1. Der vertragliche Primäranspruch des Klägers ist durch Vertragsschluss entstanden.

2. Der Anspruch ist nicht nach §§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB erloschen.

a) § 275 Abs. 1 BGB ist anwendbar und vorliegend nicht etwa durch die §§ 535 ff. BGB verdrängt, weil der Mietgegenstand den Beklagten nicht überlassen wurde (BeckOKBGB/Lorenz, Stand 01.02.2021, § 275 BGB Rn. 15).

b) Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf Leistung ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. Subjektive und objektive Unmöglichkeit stehen insoweit gleich, ebenso anfängliche und nachträgliche Unmöglichkeit (BT-Drs. 14/6040, 128). Ob der Schuldner die Unmöglichkeit zu vertreten hat, ist im Rahmen von § 275 Abs. 1 BGB unerheblich.

c) Dem Kläger war es am 20.06.2020 aufgrund der damals geltenden 5. BayIfSMV nicht möglich, den Beklagten eine Hochzeitsfeier anzubieten. Das war nach Auffassung des Gerichts aber auch nicht geschuldet. Anders als etwa in den vom AG Köln (21.01.2021 – 125 C 379/20) und AG Weinheim (09.09.2020 – 2 C 145/20) entschiedenen Fällen schuldete der Kläger den Beklagten nicht die Durchführung einer Hochzeitsfeier, sondern in erster Linie das Zurverfügungstellen von … für eine solche Feier. Eine Auslegung des Vertrages führt vorliegend nicht zu einem gemischten Vertrag, sondern zu einem Mietvertrag. Dafür spricht zunächst die von den Parteien gewählte Bezeichnung des Vertrags als „Mietvertrag“. Zudem regeln sowohl der eigentliche Vertrag als auch das in Bezug genommene Angebot „HOCHZEIT EXKLUSIV AUF …“ in aller erster Linie lediglich, welche Räumlichkeiten des … der Kläger den Beklagten am 20.06.2020 zur Verfügung zu stellen hatte. Die weiteren Vertragselemente „Aufsicht und Betreuung am Veranstaltungstag inkl. übliche Nachreinigung“, „Kerzenbeleuchtung“, „Heizung“ etc. gestalten die mietvertragliche Verpflichtung lediglich aus, teilweise sind sie von gänzlich untergeordneter Bedeutung. An dieser rechtlichen Bewertung ändern auch die Fragen des Klägers an die Beklagten im Vorfeld (Anlage B5) nichts. Nach der Vereinbarung der Parteien war der Kläger lediglich dafür verantwortlich, den Beklagten die entsprechenden Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Alle anderen Elemente der Hochzeitsfeier waren nicht vom Kläger geschuldet und organisiert, sondern von den Beklagten gesondert in Auftrag gegeben. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall ganz wesentlich von den Sachverhalten, über die die Amtsgerichte Köln und Weinheim zu entscheiden hatten.

d) Auch die Vereinbarung des Mietzwecks („Die Vermietung erfolgt zum Zwecke einer Hochzeitsfeier“) führt nicht zu Unmöglichkeit. Das Verwendungsrisiko der Mietsache liegt beim Mieter. Durch die Corona-Krise bedingte Einschränkungen betreffen das Verwendungsrisiko und nicht die Gebrauchsgewährungspflicht des Vermieters. Das Gericht schließt sich insoweit dem LG Mönchengladbach (02.11.2020 – 12 O 154/20), dem LG München I (25.01.2021 – 31 O 7743/20), dem LG Wiesbaden (05.11.2020 – 9 O 852/20) und dem LG Heidelberg (30.07.2020 – 5 O 66/20) an. Auszüge der letztgenannten Entscheidung lauten:

„Gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB besteht die Hauptleistungspflicht des Vermieters darin, dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen. § 535 Abs. 1 S. 2 BGB wird durch § 537 Abs. 1 S. 1 BGB vervollständigt, der regelt, dass der Mieter von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit wird, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Dadurch wird deutlich, dass der Vermieter nur eine Gebrauchsmöglichkeit verschaffen muss. Immer wenn der Mieter die Sache nicht gebrauchen kann, weil sie selbst nicht nutzungstauglich ist, geht der Vermieter nach § 326 Abs. 2 oder 536 BGB seines Anspruchs auf die Miete verlustig. Betrifft die Störung dagegen die Nutzungstätigkeit des Mieters, bleibt dieser zur Mietzahlung verpflichtet. Dies gilt nicht nur, wenn ihn der Umstand ganz individuell an der Nutzung der Sache hindert, sondern auch, wenn ein beliebiger anderer Mieter von der Sache nicht den vertragsgemäßen Gebrauch machen könnte. Dies lässt die Verpflichtung zur Mietzahlung nicht entfallen, solange es nicht an der Sache selbst liegt, dass sie nicht bestimmungsgemäß verwendet werden kann. Dies kommt vor allem durch die in der Rechtsprechung zu findenden Aussage, durch § 537 BGB sei das Verwendungsrisiko dem Mieter zugewiesen, zum Ausdruck. Dass es ihm zugewiesen ist, liegt nur daran, dass die Vermieterleistung nicht mehr die Nutzung der Mietsache einschließt, sondern sich auf deren Bereitstellung im gebrauchstauglichen Zustand beschränkt (Harke in beckOK, BGB, 01.07.2020, § 537 Rn. 10, 10.1). Wie auch im Rahmen von § 536 BGB können danach allenfalls solche Störungen zu einer Unmöglichkeit führen, die in der Beschaffenheit, der Lage oder dem Zustand der Mietsache begründet sind. Aus diesem Grunde werden die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstorungsrechts nach Übergabe der Mietsache durch das besondere mietrechtliche Gewährleistungssystem verdrängt (Sittner, Mietrechtspraxis unter Covid-19, NJW 2020, 1169; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Auflage 2019, § 536 Rn. 532 ff.) Gemessen an dem, ist den Klägern als Vermieter die Hauptleistungspflicht, nämlich die Überlassung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand, zwischen dem 18.03.2020 und 19.04.2020 nicht unmöglich gewesen. Nach dem Mietvertrag erfolgte die Vermietung zur Nutzung als Verkaufs- und Lagerräume eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs. Zwar konnte die Beklagte die streitgegenständliche Mietsache im vorliegenden Fall während der behördlich angeordneten Schließung nicht als Verkaufsräume – als Lagerräume sehr wohl – eines Einzelhandelsgeschäfts mit sämtlichen Waren des täglichen Ge- und Verbrauchs, nämlich als kik-Ladenlokal, nutzen, dieses Risiko fällt jedoch in deren Verwendungsrisiko. Die Kläger haben der Beklagten die Mietsache, wie es ihrer Hauptleistungspflicht entspricht, in gebrauchstauglichem Zustand bereitgestellt. Der Umstand, dass die Nutzung für die Beklagte nicht wie von ihr beabsichtigt möglich war, liegt nicht an der Sache selbst.“

Das Gericht teilt diese rechtliche Bewertung (so wohl auch BeckOKBGB/Lorenz, Stand 01.02.2021, § 313 BGB Rn. 62 ff. m.w.N.).

e) Vor diesem Hintergrund kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Parteien ein sog. absolutes Fixgeschäft vereinbart haben (die Anmietung von Räumlichkeiten für eine Hochzeitsfeier wird wohl überwiegend als absolutes Fixgeschäft angesehen, wenn auch teilweise in anders gelagerten Fallkonstellationen; AG Köln 21.01.2021 – 125 C 379/20; Armbrüster/Prill, JuS 2020, 1008; BeckOGKBGB/Looschelders, Stand 01.02.2021, § 323 BGB Rn. 183 m.w.N.; eine abweichende Auffassung vertritt – soweit ersichtlich – nur das AG Weinheim 09.09.2020 – 2 C 145/20).

3. Der Anspruch des Klägers ist auch nicht etwa gem. § 346 Abs. 1 BGB durch den mit Schreiben des Beklagten zu 2) vom 29.06.2020 hilfsweise erklärten Rücktritt erloschen (Anlage B3). Ein Rücktrittsrecht der Beklagten bestand nicht.

a) Es bestand kein Rücktrittsrecht nach § 326 Abs. 5 BGB, weil dem Kläger die Erbringung der geschuldeten Leistung am 20.06.2020 nicht unmöglich war (hierzu „B.I.2.“).

b) Es bestand ferner kein Rücktrittsrecht nach § 313 Abs. 3 S. 1 BGB.

aa) Die Vorschrift ist zwar anwendbar, weil die Voraussetzungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts und des Gewährleistungsrechts nicht greifen (hierzu „B.I.2.“).

bb) Richtig ist auch, dass sich ein Umstand i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat. Ungeachtet der Vermutung des Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB ist das Auftreten der Covid-19-Pandemie als klassischer Fall der Störung der Geschäftsgrundlage anzusehen (LG München I 25.01.2021 – 31 O 7743/20; Römermann, NJW 2021, 265; Zehelein, NZM 2020, 390). Die Parteien hätten den Mietvertrag nicht abgeschlossen, wenn sie seinerzeit die globale Pandemie vorausgesehen hätten. Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, konnte den Beklagten das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden. Dem Kläger war hinreichend bekannt, dass die beiden Beklagten die Räumlicheiten am 20.06.2020 allein für die geplante Hochzeitsfeier nutzen konnten. Dieser Mietzweck ist auch im Vertrag festgehalten. Bei lebensnaher Betrachtung wurde dieser Umstand auch bei der Preisbemessung berückichtigt.

cc) Liegt eine Störung der Geschäftsgrundlage vor, so führt dies nur ausnahmsweise zur Aufhebung des Vertragsverhältnisses. Aus Gründen der Vertragstreue und der Verkehrssicherheit ist der Vertrag nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten und lediglich in einer den berechtigten Interessen und dem Willen beider Partner Rechnung tragenden Form der veränderten Sachlage anzupassen (BGH 08.02.1984 – VIII ZR 254/82). Die Anpassung tritt nicht kraft Gesetzes ein, sondern nur auf Verlangen der durch die veränderten Umstände benachteiligten Partei, die einen Anspruch auf Vertragsanpassung hat (BeckOKBGB/Lorenz, Stand 01.02.2021, § 313 BGB Rn. 83). Ein derartiges Verlangen haben die Beklagten an den Kläger nicht gerichtet. Im Gegenteil haben sie sich zu den Vorschlägen des Klägers – der das Vorliegen der Voraussetzungen von § 313 Abs. 1 BGB von Anfang an gesehen hat – zunächst nicht geäußert und diese erst später mit Schreiben vom 01.05.2020 abgelehnt.

dd) Eine Anpassung des Vertrags war weder unmöglich noch den Beklagten unzumutbar i.S.v. § 313 Abs. 3 BGB. Eine Vertragsauflösung soll nur als ultima ratio in Betracht kommen (BGH 31.05.1990 – I ZR 233/88). Eine Vertragsanpassung war vorliegend nicht unmöglich i.S.v. § 313 Abs. 3 BGB. Dies kann nur dann der Fall sein, wenn entweder gar keine sinnvolle Anpassung denkbar ist, die eine Vertragsdurchführung noch ermöglichen würde, oder eine Anpassung zwar theoretisch möglich, aber aufgrund von rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen praktisch nicht durchführbar ist (BeckOGKBGB/Martens, Stand 01.04.2021, § 313 Rn. 144 ff. m.w.N.). Unzumutbar ist eine Vertragsanpassung, wenn sie gegenüber dem ursprünglichen Vertrag zu einer Mehrbelastung einer Partei führen würde, der diese nicht wenigstens hypothetisch bei Vertragsschluss zugestimmt hätte, wenn sie die Grundlagenstörung vorausgesehen hätte (BeckOGKBGB/Martens, Stand 01.04.2021, § 313 Rn. 145 m.w.N.). Keine der genannten Fallgruppen ist vorliegend einschlägig.

 

Das Gericht stellt insoweit vorrangig darauf ab, dass der Kläger die besondere Situation am 01.04.2020 gleich anerkannt und den beiden Beklagten sinnvolle Vorschläge unterbreitet hat, wie mit der Situation umgegangen werden könnte. Er hat zahlreiche attraktive Ersatztermine angeboten und das Gespräch mit den Beklagten gesucht. Die Beklagten haben sich jedoch nicht zu den Vorschlägen geäußert und erst einen Monat später den Rücktritt erklärt. Das Gericht verkennt nicht, dass sich die Beklagten seinerzeit in einer überaus schwierigen Situation befunden haben dürften. Denn es war in keiner Weise absehbar, ob und wann eine Hochzeit wieder unter gewohnten und sicheren Bedingungen stattfinden konnte. All diese Unsicherheiten hätten die Parteien allerdings im Nachhinein bzw. im Rahmen einer Vertragsanpassung i.S.v. § 313 Abs. 1 BGB regeln können. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hatte der Beklagte zu 2) zu Vergleichsvorschlägen des Gerichts bzw. zu einem Ausweichtermin auch nur mitgeteilt, kein Vertrauen mehr in den Kläger zu haben. Obwohl die Beklagten ihre zwischenzeitlich erfolgte Verehelichung noch nicht gefeiert haben, lehnten die Beklagten jedes Angebot des Klägers ab. Es wurde deutlich, dass die Beklagten an einer interessengerechten Vertragsanpassung per se nicht interessiert waren, sondern allein an einer Vertragsauflösung, die sich einseitig zu Lasten des Klägers auswirken würde. Hinreichend belastbarer Vortrag der Beklagten zu einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Vertragsanpassung erfolgte indes nicht. Der bloße Verweis auf lang andauernde Planungen und internationale Gäste genügt insoweit nicht.

4. Der Anspruch des Klägers ist seit dem 01.04.2020 fällig und auch der Höhe nach begründet. Die angesparten bzw. nicht angefallenen Nebenkosten wurden vom Mietzins in Abzug gebracht.

5. Auf die Wirksamkeit der vereinbarten Klausel zur höheren Gewalt kam es nicht an.

II.

Dem Kläger steht gegen die Beklagten ferner ein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu. Das Schicksal dieses Schadensersatzanspruchs folgt dem Schicksal der Hauptforderung. Der Anspruch ist auch der Höhe nach begründet, eine 1,3-Geschäftsgebühr begegnet keinen Bedenken.

III.

Die Ansprüche des Klägers waren wie tenoriert zu verzinsen, §§ 288, 286 BGB.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1, 2 ZPO. Der festgesetzte Streitwert entspricht dem klägerischen Begehren.

 

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