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Corona-Pandemie – Mietvertrag – Vertragsanpassung § 313 BGB

AG Köln – Az.: 221 C 248/21 – Urteil vom 10.02.2022

1. Der Beklagte wird zu verurteilt, an die Klägerin EUR 3.200,00 nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2021 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung durch die Klägerin in Höhe von 3.600 Euro.

Tatbestand:

Mit Mietvertrag vom 06.10.2017 hat der Beklagte von der Klägerin die im Hause Kleine B.gasse 7-9, 5### K., im Erdgeschoss, links, gelegenen Gewerberäume mit einer Größe von ca. 75 qm zum Betrieb einer Gaststätte („###“) angemietet. Der Mietzins beläuft sich auf EUR 1.600,00 zzgl. EUR 600,00 Betriebskostenvorauszahlung, insgesamt auf EUR 2.200,00. Der Beklagte betreibt die Gaststätte im Nebenberuf. Im Hauptberuf ist er im öffentlichen Dienst beschäftigt und verdient netto ca. 2000 Euro. Im Jahr 2019 hat der Beklagte keinen Gewinn erwirtschaften können, sondern einen Verlust von Euro 7.045,84 verbucht. Die Bildung von Sparguthaben oder Rücklagen war nicht möglich (vgl. die vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung, Bl. 50 f.). Das Gaststättengewerbe des Beklagten ist von der Corona-Pandemie betroffen. Im Zeitraum 2.11.2020 bis 30.6.2021 („zweiter Lockdown“) musste der Beklagte das Ladenlokal schließen und hatte keinerlei Umsatz. Ein Außerhausbetrieb war ihm nicht möglich, weil er keine Küche betreibt, sondern eine reine Schankwirtschaft. Auf Staatshilfen hat der Beklagte keinen Anspruch, da er das Lokal im Nebenerwerb betreibt und daher die Voraussetzung für die Förderung nicht erfüllt. Die Mietzahlungen bis einschließlich Februar 2021 leistete der Beklagte dennoch vollständig. Am 3.2.21 teilte der Beklagte der Klägerin mit, er werde nur noch 1/3 der Nettomiete, nämlich 533,33 Euro, zahlen. Die Nebenkostenvorauszahlungen sollten unverändert bleiben, so dass sich eine Gesamtmiete von 1133,33 Euro ergibt. Am 18.2.2021 konkretisierte er dies und teilte mit, er habe im Februar 2021 die ursprüngliche Miete von 2200 Euro bezahlt. Die zu viel gezahlten 1066,66 Euro 3 verrechne er mit der Miete für März 2021 und werde daher für März nur noch 66,67 Euro bezahlen. Im Einzelnen: Mit ihrer Klage macht die Klägerin restlichen Mietzins für die Monate Februar bis April 2021 in Höhe von je 1.133,33 Euro geltend (Spalte 4). Hilfsweise stützt sie die Klage auf den Vorschlag des Gerichts (Spalte 5).

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 3.200,00 nebst Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.04.2021 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen, insbesondere soweit diese im vorstehenden Text in Klammern zitiert sind.

Entscheidungsgründe:

Streitgegenstand der Klage ist nach Auffassung des Gerichts, nicht der Mietzins von Februar bis April 2021, wie die Klägerin zunächst geltend gemacht hat, sondern es handelt sich um 3.200 Euro, bestehend aus einer restlichen Miete von 2.133,33 Euro für Februar 2021 und weiteren 1.066,67 Euro für April 2021 (s. die Tabelle im Tatbestand, Spalte 5). Dies folgt daraus, dass die Februarmiete, die nach Rechtsauffassung der Klägerin in Höhe von 2.220 Euro ungekürzt zu zahlen war, von dem Beklagten bezahlt wurde und nach Auffassung der Klägerin damit gem. § 362 BGB vertragliche Gesamtmiete Zahlung des Bekl. (Valuta) vom Bekl. angenommene angepasste vertragliche Miete Klageforderung wie von der Klägerin berechnet Vorschlag des Gerichts für angepassten Antrag Feb 21 2.200,00 Euro 2.200,00 Euro 1.133,33 Euro 1.066,66 Euro 0,00 Euro Mrz 21 2.200,00 Euro 66,67 Euro 1.133,33 Euro 1.066,66 Euro 2.133,33 Euro Apr 21 2.200,00 Euro 1.133,33 Euro 1.133,33 Euro 1.066,66 Euro 1.066,67 Euro 6.600,00 Euro 3.400,00 Euro 3.399,99 Euro 3.200,00 Euro 3.200,00 Euro 4 erfüllt wurde. Die nachträglichen Tilgungsbestimmungen durch die Beklagte, wie in der Klageschrift beschrieben, sind ohne Auswirkung geblieben, da die Tilgungsbestimmung „bei der Leistung“ erfolgen muss und nicht im Nachhinein. Bei der Leistung wollte der Beklagte für den Monat Februar zahlen. Folglich sind die nachträglichen Verrechnungen durch den Beklagten (aus Sicht der Klägerin) ohne Wirkung und die Klägerin verlangt mit ihrer Klage die konkrete Minderzahlung für März und April von insgesamt 3.200 Euro, wie dies auch im Schriftsatz vom 20.1.22 klargestellt wurde. Die so verstandene Klage ist in voller Höhe aus § 535 Abs. 2 BGB begründet. Eine Anpassung des Vertrags gem. § 313 Abs. 1 BGB kommt nicht in Betracht. Nach § 313 BGB kann eine Partei die Anpassung des Vertrags verlangen, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag bei Kenntnis dieser Umstände nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Dies gilt dann wenn einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Corona-Pandemie - Mietvertrag - Vertragsanpassung § 313 BGB
(Symbolfoto: Roman Samborskyi/Shutterstock.com)

Der Vertragsanpassung steht allerdings nicht entgegen, wie der Klägervertreter meint, dass der Beklagte nicht klageweise zunächst eine Vertragsanpassung verlangt hat. Entgegen der missverständlichen Formulierung des Gesetzestextes besteht doch Einigkeit darüber, dass die durch die Grundlagenstörung benachteiligte Partei ihre Rechte aus § 313 auch im Wege einer Einrede gegen eine Inanspruchnahme aus dem für sie unzumutbar gewordenen Vertrag geltend machen kann (BeckOGK/Martens, 1.1.2022, BGB § 313 Rn. 155). So liegt der Fall hier. Weiterhin ist die Geschäftsgrundlage gestört. Zur Geschäftsgrundlage des Vertrags gehört hier, dass es möglich sein sollte, von staatlichen Restriktionen unbeschränkt einen Gaststättenbetrieb in Form einer Schankwirtschaft zu betreiben. Durch das Auftreten der Corona-Pandemie und der mit ihr einhergehenden staatlich angeordneten „Lockdowns“ im streitgegenständlichen Zeitraum wurde diese Geschäftsgrundlage des Vertrags schwerwiegend gestört (BGH, XII ZR 8/21, Urteil vom 12.1.2022, Rn. 43ff.). Es besteht auch keine Vereinbarung im Mietvertrag vom 6.10.2017 zwischen den Parteien, dass die Folgen einer Pandemie in den Risikobereich einer von ihnen fallen 5 sollen. Bei dieser Sachlage ist nach Treu und Glauben davon auszugehen, dass redliche Mietvertragsparteien das wirtschaftliche Risiko von „Lockdowns“ nicht einseitig zu Lasten des Mieters geregelt hätten, sondern in dem Vertrag für diesen Fall eine Möglichkeit zur Vertragsanpassung vorgesehen hätten (ebd., Rn. 52). Dieses Recht zur Vertragsanpassung steht dem Beklagten zu, soweit ihm das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zumutbar ist. Der Bundesgerichtshof hat hierzu entschieden, dass über die Zumutbarkeit im Rahmen einer umfassenden Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden ist (ebd. Rn. 57). Hingegen ist eine grundsätzliche und pauschale Herabsetzung der Miete auf die Hälfte ohne Ansehung der Umstände des Einzelfalls ausgeschlossen (ebd. Rn. 57). Bei der vorzunehmenden Abwägung ist von Bedeutung, welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind (Umsatzrückgang im konkreten Mietobjekt, ebd. Rn. 58). Es kann auch zu berücksichtigen sein, welche Gegenmaßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die Verluste zu vermindern (ebd. Rn. 58). Da eine Vertragsanpassung nicht zu einer Überkompensation des Mieters führen darf, sind auch staatliche Leistungen zu berücksichtigen, die der Mieter zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erhalten hat (ebd. Rn. 59), soweit diese als verlorene Zuschüsse gewährt werden und nicht nur auf Darlehensbasis. Das gleiche gilt für evt. Leistungen aus einer Betriebsausfallversicherungen (ebd. Rn. 59). Schließlich sind die Interessen des Vermieters zu berücksichtigen (ebd. Rn. 60). Das erkennende Gericht versteht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs so, dass von dem Normalfall auszugehen ist, dass der Mieter aufgrund der Beschränkungen durch Coronamaßnahmen außerstande war mit seinem Gewerbe irgendeinen Umsatz zu erzielen, d.h. der Umsatz beträgt Null. In diesem Normalfall ist prima facie eine gleichmäßige Belastung von Mieter und Vermieter gerechtfertigt, also eine hälftige Teilung der Miete (so für den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Allgemeinen auch BeckOGK/Martens, 1.1.2022, BGB § 313 Rn. 141 m.w.N.). Die hälftige Teilung ist sachgerecht, weil sie den Charakter der Coronapandemie als allgemeines Lebensrisiko widerspiegelt, deren Risiko im Normalfall von keiner Partei allein zu tragen ist (BGH, ebd. Rn. 55). Ausgehend von diesem Normalfall ist nach dem Bundesgerichtshof nunmehr auf den Einzelfall zu schauen und der Vortrag der Parteien dahingehend zu würdigen, ob im konkreten Fall Besonderheiten gegeben sind, die ein Festhalten an der hälftigen 6 Anpassung nicht zulassen, sondern zu einer Vergrößerung oder Verminderung der Anpassung notwendig machen. Umstände, welche zu einer Verminderung der Anpassung führen sind z.B. gegeben, wenn – die Umsätze aus dem Geschäft des Mieters trotz der Coronamaßnahmen nicht auf Null gefallen sind, sondern ganz oder teilweise erhalten geblieben sind, – der Mieter in der Lage war, durch Umstellung seines Geschäftsmodells (z.B. durch Einrichtung einer lukrativen Corona-Teststation) alternative Umsätze in relevanter Höhe zu generieren, – der Mieter staatlich Hilfszahlungen oder Versicherungsleistungen erhalten hat, Umstände, die zu einer Vergrößerung der Anpassung führen, sind schwerer denkbar, weil der Vermieter den laufenden Mietvertrag nicht ändern kann und daher, anders als der Mieter, nicht in der Lage ist, sein Geschäftsmodell an die Coronapandemie anzupassen. Eine mehr als hälftige Verminderung der Miete dürfte daher nur selten möglich sein. Zuletzt sind im Rahmen der Interessenabwägung die Belange des Vermieters zu berücksichtigen. Diese liegen darin, seine Gegenleistung für die Hingabe des Mietobjekts zu erhalten, soweit er sich nicht redlicherweise einen Teil des allgemeinen Lebensrisikos der Pandemie entgegenhalten lassen muss. Das erkennende Gericht ist dabei der Auffassung, dass dies z.B. dann nicht der Fall ist, wenn sein Mieter ein Gewerbe betreibt, dass in der Verlustzone operiert. Die Abwägung der hier vorgetragenen Interessen führt dazu, dass die Bruttomiete nicht zu reduzieren ist. Im Ausgangspunkt ist nach den oben dargelegten Grundsätzen zugunsten des Beklagten zunächst von einer 50%-igen Anpassung der Miete auszugehen. Für die Vornahme einer Anpassung spricht dabei der vollständige Umsatzausfall für den Beklagen in beiden streitgegenständlichen Monaten sowie die Tatsache, dass er nicht die Möglichkeit zu schadensmindernden Maßnahmen, wie einen Außerhausverkauf, hatte. Negativ für den Beklagten wirkt sich auch nicht aus, dass er Versicherungsleistungen oder staatliche Leistungen im Zusammenhang mit der Pandemie erhalten hätte. 7 Versicherungsleistungen sind nicht vorgetragen worden. Staatliche Ausgleichsleistungen hat der Beklagte ebenfalls nicht erhalten. Den Umstand, dass der Beklagte nur deswegen von den Hilfsmaßnahmen ausgeschlossen ist, weil die Regularien vorsehen, dass nur für den Haupterwerb Hilfe geleistet wird und nicht für einen Nebenerwerb, führt nach Auffassung des Gerichts nicht dazu, ihm die Anpassung vorzuenthalten. Denn auf die Ausgestaltung der Regularien hatte der Beklagte keinen Einfluss und hat insoweit auch keine Obliegenheiten verletzt (z.B. Antragsfristen versäumt). Es kommt daher vorliegend allein darauf an, dass ihm keine Hilfszahlungen zugeflossen sind. Ebenso wenig ist sein im öffentlichen Dienst bezogenes Gehalt fiktiv als Ausgleichsleistung anzurechnen. Das wäre ebenfalls nicht sachgerecht. Denn sein Gehalt im öffentlichen Dienst steht, anders als Corona-Hilfsleistungen, nicht im Zusammenhang mit seinem Gewerbe. Letztere sind Leistungen, die vom Staat direkt im Hinblick auf das betroffene Unternehmen gewährt werden. Deswegen sind sie in die Betrachtung, ob dem Beklagten das Festhalten am Mietvertrag zumutbar ist, einzubeziehen, weil auch der Mietvertrag ein Teil dieses Unternehmens ist. Maßstab für die von § 313 Abs. 1 geforderte umfassende Abwägung sind vertragsimmanente Kriterien (MüKoBGB/Finkenauer, 8. Aufl. 2019, BGB § 313 Rn. 77). Dies bedeutet vorliegend nach Auffassung des Gerichts, dass (nur) solche Vermögensgegenstände, Ansprüche etc. einzubeziehen sind, die als Zuflüsse in der konkreten Gewinn- und Verlustrechnung des betroffenen Unternehmens auftauchen. Dagegen sind sonstige Einkünfte, soweit sie nicht mit dem betroffenen Gewerbebetrieb verknüpft sind, davon losgelöst zu betrachten und nicht die Abwägung einzustellen. Das Gehalt des Beklagten im öffentlichen Dienst ist darum ebenso wenig zu berücksichtigen wie es ein Lottogewinn wäre oder Einkünfte aus dem Verkauf seines Privatwagens. Die Vertragsanpassung ist vorliegend aber dennoch, wegen der entgegenstehenden berechtigten Interessen der Klägerin, zu versagen. Der Beklagte kann redlicherweise keine Beteiligung der Klägerin an seinen Verlusten verlangen. Dies folgt aus dem Umstand, dass der Betrieb des Beklagten sich insgesamt, d.h. auch ohne Ansehung der Corona-Pandemie und der Coronamaßnahmen nicht als wirtschaftlich darstellt. Die Anpassung eines Vertrags ist der Vermieterseite nur zumutbar, wenn sie das wirtschaftliche Überleben des Mieters sichert. Denn an einem wirtschaftlich solventen Mieter hat auch der Vermieter als dessen Vertragspartner ein Interesse. Es ist darum auch im Interesse des Vermieters, wenn der Mieter durch die Vertragsanpassung in 8 die Lage versetzt wird, sein Geschäft weiter zu betreiben und in absehbarer Zukunft wieder Gewinne zu erwirtschaften. Das aber wiederum setzt voraus, dass das Geschäft des Mieters an sich wettbewerbsfähig und in der Lage ist, Gewinne zu erwirtschaften. Wenn das nicht der Fall ist, sondern der Mieter schon vor der Coronakrise Verluste eingefahren hat, dann muss er diese auch dann alleine tragen, wenn sie durch die Coronakrise noch verstärkt werden. Denn der Vermieter hat kein Interesse an einem Mieter, der Verluste generiert, weil dadurch das Risiko einer Illiquidität bzw. Insolvenz erhöht wird. Es ist ihm nicht zumutbar zu einem solchen Zuschussgeschäft einen Beitrag zu leisten. Insofern gilt nichts anderes als für die Coronahilfen des Bundes, die ebenfalls den Zweck haben, gesunde Unternehmen zu bezuschussen, die ausschließlich durch die Coronapandemie in Not geraten sind. Dahinter steht der Gedanke, dass Unternehmen, die durch einen asymmetrischen Schock (d.h durch die Pandemie) insolvent werden, als künftige Steuerzahler und Arbeitgeber ausfallen. Dieser Allgemeinwohlzweck rechtfertigt es in begrenztem Umfang zur Rettung der Unternehmen Steuergelder einzusetzen. Insoweit muss aber vermieden werden, dass Betriebe durch Subventionen künstlich am Leben erhalten werden, ohne dass ihr Geschäft überlebensfähig ist. Es besteht dann die Gefahr, dass sog. „Zombieunternehmen“ entstehen, die künstlich am Leben gehalten werden. Das ist schädlich, weil sie zu den wirklich leistungsfähigen Unternehmen in einen Wettbewerb treten sowie weil durch ihre Präsenz Weiterentwicklungen verhindert, Kapital gebunden und Fachpersonal in maroden Strukturen gehalten würden. Außerdem ist damit zu rechnen, dass das Geschäft nach dem Ende der Subventionierung in absehbarer Zeit aufgegeben wird und die steuerliche Subvention ihren Zweck verfehlt. Das ist dem Steuerzahler nicht zumutbar. Der vorstehende Gedanke ist auf die Interessenabwägung im Hinblick auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage vollständig übertragbar. Auch dem Vermieter ist ein Verzicht auf Mieteinnahmen (d.h. eine Subventionierung des Mieters) dann nicht zumutbar, wenn der Mieter ohnehin in der Verlustzone operierte. In diesem Fall gilt nämlich, dass der Vermieter sowieso mit Mietausfällen oder einer Einstellung des Geschäfts des Mieters rechnen muss. Dieser Umstand führt dazu, dass dem Mieter auch für den Fall der Coronapandemie das Verwendungsrisiko der Mietsache zuzuweisen ist. Der Vermieter muss keine Vertragsanpassung dulden, die lediglich ermöglicht, dass das Verlustgeschäft des Mieters als Liebhaberei oder dauerhaftes Zuschussgeschäft weiter betrieben wird. Vielmehr kommt eine Vertragsanpassung 9 nur in Betracht, wenn für künftige Gewinne nach dem Ende der Pandemie starke Anhaltspunkte bestehen. Dafür ist eine Prognose zu treffen, die z.B. darauf gestützt werden muss, ob in den Geschäftsjahren vor der Pandemie ein dauerhafter Gewinn erwirtschaftet wurde. Genau das ist vorliegend aber nicht der Fall. Der Beklagte hat durch die Vorlage der betriebswirtschaftlichen Auswertung für das Betriebsjahr 2019 (Bl. 50ff.), also vor der Pandemie, belegt, dass sein Geschäfts einen Verlust von 7.045, 85 Euro eingefahren hat. Auffällig ist dabei, dass die Raumkosten (d.h. die hier streitgegenständliche Miete zzgl. Nebenkosten) von 28.330,84 Euro die mit Abstand größte Kostenposition darstellen. Sie machen einen Anteil von fast ¾ der Umsatzerlöse aus. Dies führt zu einer derartigen Schieflage, dass die weiteren notwendigen Kostenblöcke (Getränke, Personal) das Geschäft des Beklagten bereits in die Verlustzone geführt haben. Das Geschäftsmodell des Beklagten hat sich darum bereits im Jahr 2019 als nicht tragfähig erwiesen. Es wäre bereits 2019 mehr als 18% größerer Umsatz erforderlich gewesen, um wenigstens eine ausgeglichene Gewinn- und Verlustrechnung zu haben. Bei dieser Sachlage würde eine Vertragsanpassung in Form einer verminderten Miete dazu führen, dass die Klägerin gezwungen würde, das nicht nachhaltige betriebene Geschäft des Beklagten zu subventionieren. Dieses Ergebnis hält das Gericht selbst dann nicht für richtig, wenn der Beklagte, wie es unstreitig ist, von der Coronapandemie massiv betroffen ist. Es ist der Klägerin nicht zumutbar. Der Anspruch auf die Zinsen rechtfertigt sich in zuerkannter Höhe nach Maßgabe der §§ 280, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert 3.200 Euro

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