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Coronabedingte Ladenschließung – Geschäftsgrundlagenstörung § 313 Abs. 1 BGB

LG Augsburg – Az.: 091 O 2329/20 – Endurteil vom 15.07.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin … € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus … € seit dem 06.04.2020, sowie nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus … € seit dem 06.04.2020,

aus … € seit 04.05.2020,

aus … € seit dem 04.06.2020,

aus … € seit 04.07.2020

und aus …4 € seit dem 07.01.2021 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, für den Zeitraum 04.05.2020 bis 17.06.2020 an die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus … €, und damit in Höhe von weiteren … € zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe vor … zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 26 % und die Beklagte 74 % zu tragen.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Mietzahlungsansprüche aus einem Gewerberaummietvertrag im Zeitraum des sog. Lockdowns/Shutdowns wegen der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 und Winter 2020/2021.

Die Beklagte schloss am 14.12.2010/21.12.2010 einen Gewerbemietvertrag mit der … GbR als damaliger Eigentümerin des Anwesens … (Anlage K 1).

Der Mietvertrag umfasste die im Untergeschoss und Erdgeschoss des Objekts … vorhandenen Verkaufsflächen im Erdgeschoss mit einer Fläche von ca. 352 m² sowie die im Erd- und Kellergeschoss befindlichen Lager- und Sozialräume mit einer Fläche von ca. 160 m².

Die Klägerin erwarb die Immobilie im Jahr 2019 von den damaligen Eigentümern … und … und wurde am 06.05.2019 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen (vgl. Grundbuchauszug Anlage K2); sie ist demnach in den bestehenden Gewerbemietvertrag mit der Beklagten als neue Vermieterin der Geschäftsräume eingetreten.

Nach § 2 Nummer 1 des Mietvertrages (Anlage K 1) erfolgte die Vermietung ausschließlich zum Betrieb eines Schuhgeschäftes. Tatsächlich nutzte die Beklagte (… S…) die angemieteten Flächen in der Folge auch zum Zwecke des Verkaufes von Schuhen.

Nach § 3 Abs. 1 des Mietvertrages (Anlage K 1) wurde der Vertrag für die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen. Er begann am 01.02.2011 und endete am 31.01.2021, soweit er sich nicht nach § 3 Abs. 2 automatisch verlängerte. Zum 31.01.2021 endete das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien infolge Vertragsablauf, nachdem die Beklagte der automatischen Verlängerung fristgerecht gemäß § 3 Abs. 2 des Mietvertrages mit Schreiben vom 11. Dezember 2019 schriftlich widersprochen hatte.

Nach § 4 des Gewerbemietvertrages (Anlage K 1) hatte die Beklagte eine monatliche Grundmiete (Netto-Mietzins) in Höhe von 20.000 €, eine monatliche Betriebskostenvorauszahlung von 850 € netto und eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 1.000 € netto zu entrichten. Zuzüglich der Umsatzsteuer ergab dies einen Gesamtbetrag von 26.001,50 €. Dieser Gesamtbetrag war nach § 4 Nr. 1 des Mietvertrages jeweils im Voraus bis zum 3. Werktag eines jeden Monats auf das Konto des Vermieters zu entrichten.

Gemäß der in § 15 des Mietvertrages getroffenen Wertsicherungsvereinbarung betrug die Miete zuletzt 21.728,90 € netto bzw. 25.857,39 € brutto. Hinzu trat eine Betriebskosten-/Heizkostenvorauszahlung von monatlich 2.737 € netto bzw. 3.257,03 € brutto. Den geschuldeten Mietzins und die Vorauszahlungen leistete die Beklagte auch bis einschließlich März 2020 jeweils fristgerecht an die Klägerin.

Für die Monate Juli 2020 bis Dezember 2020 reduzierte sich die zu zahlende Miete wegen der Senkung der Umsatzsteuer von 19 % auf 16 % im Zeitraum vom 01.07.2020 bis 31.12.2020 auf 25.205,52 €.

Auf Grundlage einer Allgemeinverfügung des bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 16.03.2020 wurde die Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels jeder Art ab 18.03.2020 wegen der Corona-Pandemie untersagt. Diese Allgemeinverfügung galt bis einschließlich 30.03.2020 (vgl. Anlage B 1). Auf Grundlage der Bayerischen Verordnung über Infektionsschutzmaßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie (BaylfSMV) vom 27.03.2020 wurde ab 31.03.2020 eine Betriebsuntersagung für Ladengeschäfte des Einzelhandels jeder Art festgelegt (Anlage B 2). Mit der Zweiten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (2. BaylfSMV) vom 16.04.2020 wurde die Betriebsuntersagung von Ladengeschäften des Einzelhandels verlängert (Anlage B 3).

Erst ab dem 27.04.2020 konnten in Bayern Ladengeschäfte mit einer Verkaufsfläche von weniger als 800 qm wieder öffnen; allerdings bestanden auch über den 27.04.2020 hinaus Beschränkungen für den Einzelhandel in Form von Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Hygienekonzept, Beachtung der Abstandsregeln und begrenzter Kundenanzahl pro Quadratmeter.

Aufgrund dieser ministeriellen Schließungsanordnungen musste die Beklagte ihr Ladengeschäft zwangsweise im Zeitraum vom 18.03.2020 bis 26.04.2020 vollständig schließen. Eine Wiedereröffnung erfolgte am 02.05.2020; allerdings war die Nutzung der gemieteten Räume als Ladengeschäft auch ab diesem Zeitpunkt nur eingeschränkt möglich, da lediglich eine begrenzte Kundenanzahl pro Quadratmeter Ladenfläche das Geschäft mit Nasen-Mund-Bedeckung betreten durfte.

Schließlich kam es zu einem zweiten Lockdown infolge der Corona-Pandemie im Winter 2020/2021. Auf Grundlage der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (11. BaylfSMV) vom 15.12.2020 (Anlage B 5) wurde das Ladengeschäft der Beklagten seit dem 16.12.2020 bis zum Ende des Mietverhältnisses am 31.01.2021 aufgrund der in § 12 der Verordnung enthaltenen Anordnung erneut vollständig geschlossen.

Die Miete für den Monat März 2020 sowie die Betriebskostenvorauszahlung für diesen Monat wurde durch die Beklagte durch Überweisung am 04.03.2020 in Höhe von 29.114,42 € noch vollständig bezahlt.

Mit Schreiben vom 20.03.2020 (Anlage K 3) teilte die Beklagte der Klägerin jedoch mit, dass sie die Zahlungsverpflichtungen mindestens bis einschließlich zum 31.05.2020 aussetzen werde. Als Grund gab die Beklagte an, dass durch die staatlich angeordneten Schließung der Einzelhandelsfläche keine Möglichkeit mehr zur Erzielung von Umsätzen bestehe, was für sie als Händlerin eine extreme Belastung darstelle.

Dem widersprach die Klägerin mit Schreiben vom 25.03.2020 (Anlage K 4), in dem sie zum Ausdruck brachte, dass sie mit einem Einbehalt von Mietzahlungen oder Betriebskostenvorauszahlungen nicht einverstanden sei.

In der Folgezeit leistete die Beklagte für die Monate April 2020, Mai 2020 und Juni 2020 keinerlei Mietzahlungen mehr. Für den Monat April 2020 leistete sie zudem auch nicht die fällige Betriebskosten-/Heizkostenvorauszahlung in Höhe von … €. In der Folge nahm die Beklagte die Mietzahlungen jedoch wieder auf. Die Betriebskosten-/Heizkostenvorauszahlung für Mai 2020 leistete die Beklagte jedoch erst am 17.06.2020.

Die Miete sowie die Betriebskosten-/Heizkostenvorauszahlung für den Monat Dezember 2020 entrichtete die Beklagte ebenfalls noch in voller Höhe. Für den Januar 2021 entrichtete die Beklagte allerdings nur noch die Betriebskosten-/Heizkostenvorauszahlung, blieb die Miete von nunmehr wieder … € brutto aber vollständig schuldig.

Coronabedingte Ladenschließung - Geschäftsgrundlagenstörung § 313 Abs. 1 BGB
(Symbolfoto: Von Christian Horz/Shutterstock.com)

Die Klagepartei behauptet:

Die Beklagte habe die Mietzahlungen für die Monate April bis Juli 2020 und für den Monat Januar 2021 in vollem Umfang zu leisten. Auch habe sie die ausstehende Betriebskosten-/Heizkostenvorauszahlung für den Monat April 2020 zu erbringen.

Die geltend gemachten Mietzahlungen und Nebenkostenvorauszahlungen seien von der Beklagten in vollem Umfang geschuldet und gemäß § 4 des Mietvertrages auch jeweils am 3. Werktag eines jeden Monats fällig. Daran würden auch die für die Dauer einiger Wochen behördlich angeordneten Geschäftsschließungen und noch viel weniger die von der Beklagten behaupteten Umsatzeinbußen etwas ändern.

Den Mieter treffe insoweit das Beschaffungsrisiko nach § 535 Abs. 2 BGB. Auch ein wirtschaftliches Unvermögen befreie den Mieter nicht von seiner Mietzahlungsverpflichtung, unabhängig davon, ob dies auf vom Mieter zu vertretende Umstände zurückzuführen sei oder nicht. Zudem handle es sich bei der Beklagten um ein großes, weit vernetztes Unternehmen, bei dem die wenige Monate dauernden Geschäftsschließungen allein sicher noch zu keinem wirtschaftlichen Unvermögen geführt haben könnten.

Desweiteren unterhalte die Beklagte seit 2010 einen gut funktionierenden Internethandel als zweites Standbein – ein Zweig, der im Rahmen der Geschäftsschließungen sicherlich profitiert haben dürfte. Aus diesem Grund könne sich die Beklagte als finanzstarkes Unternehmen nicht auf den selbst aufgestellten Grundsatz „keine Ladenöffnungen – keine Mietzahlung“ berufen. Es sei nicht akzeptabel, dass auch finanzstarke Unternehmen aufgrund der behördlich angeordneten Geschäftsschließungen einfach ihre Gewerbemieten nicht mehr zu zahlen bereit seien.

Ein Leistungsverweigerungsrecht nach Art. 240 § 1 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB stehe der Beklagten nicht zu: zum einen habe der Gesetzgeber in Art. 240 § 1 Abs. 4 Nr. 1 EGBGB Miet- und Pachtverträge von diesem Moratorium ausdrücklich ausgenommen, zum anderen handle es sich bei der Beklagten auch nicht um eine Verbraucherin oder Kleinunternehmerin.

Aus Art. 240 § 2 EGBGB ergebe sich abschließend, was für Mietverträge über Grundstücke und Räume gelte: es greife lediglich ein sogenanntes eingeschränktes Kündigungsmoratorium. Aus dieser Regelung ergebe sich aber kein Anspruch auf Mietminderungen oder gar ein Anspruch darauf, die Miete überhaupt nicht mehr zu zahlen.

Ein Anspruch auf Mietminderung gemäß §§ 536 ff. BGB bestehe nicht. Ein solcher Anspruch würde nämlich einen der Mietsache selbst anhaftenden Mangel voraussetzen. Die behördlich angeordneten Schließungen als eine die Allgemeinheit betreffende Regelung hätten aber keinerlei konkreten Bezug zum Mietobjekt. Es habe sich eben nicht um eine behördliche Nutzungsuntersagung gehandelt, die an die Beschaffenheit, den Zustand oder die Lage der Mieträume angeknüpft hätte. Vielmehr seien die Situation vergleichbar mit den Fällen des gesetzlichen Rauchverbotes in Gaststätten, die nach der Rechtsprechung des BGH ebenfalls keinen Mangel der Mietsache darstellen würden. Von den Räumen selbst sei kein Gesundheits- oder Infektionsrisiko ausgegangen.

Vielmehr hätten die Räume weiterhin genutzt werden können, beispielsweise für Umbau – oder Renovierungsmaßnahmen, als Betriebsstätte für den Internethandel oder als Büro. Verboten gewesen sei durch die angeordneten Geschäftsschließungen lediglich die Öffnung der Räumlichkeiten für den Publikumsverkehr.

Maßnahmen ohne Bezug zum Mietobjekt würden aber in den Risikobereich des Mieters fallen, auch wenn sie den geschäftlichen Erfolg des Mieters beeinträchtigen würden. Denn der Mieter trage das Verwendungsrisiko der Mietsache.

Auch andere Anspruchsgrundlagen kämen für eine Mietminderung nicht in Betracht, so liege beispielsweise keine Unmöglichkeit im Rechtssinne vor.

Nun auch der seitens der Beklagte behauptete Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage scheide aus. Als Ausnahme vom Grundsatz „pacta sunt servanda“ seien die Regelungen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage eng auszulegen und auf extreme Ausnahmefälle zu beschränken. Ein solcher Ausnahmefall liege ich hier aber ersichtlich nicht vor, weil eine Existenzgefährdung von der Beklagten nicht behauptet werde. Zudem habe die Beklagte die Möglichkeit gehabt, eventuelle Umsatzeinbußen bereits im Vorfeld zu verhindern oder im Nachhinein zumindest zu verringern: zu nennen sei hier die Möglichkeit des Abschlusses einer Betriebsausfallversicherung sowie Kompensationsmaßnahmen wie Onlineshop, Gutscheinmodelle oder Rabattaktionen. Ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen wie die Beklagte könne schwankende Umsatzzahlen bzw. kurzzeitige Umsatzeinbußen durchaus verkraften. Deshalb sei es der Beklagten zumutbar, auf unvorhergesehene Umsatzeinbußen auf andere Weise zu reagieren als durch Vernachlässigung der eigenen Vertragspflichten.

Der neu eingeführte Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB enthalte lediglich eine begrenzte Vermutungswirkung im Hinblick auf das reale Tatbestandsmerkmal des § 313 Abs. 1 BGB, nämlich dafür, dass sich ein Umstand, der zur Grundlage des Mietvertrages geworden sei, nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert habe. Das sogenannte hypothetische Element und das sogenannte normative Element des § 313 Abs. 1 BGB werde von der Vermutungsregelung des Artikels 240 § 7 Abs. 1 EGBGB nicht erfasst. Keinerlei Aussage treffe Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB auch bezüglich der Rechtsfolge.

Eine Abweichung von der gesetzlich vorgesehenen Risikoverteilung komme nur in Betracht, wenn es anderenfalls zu einer unzumutbaren Opfersituation im Sinne einer Existenzgefährdung oder einer vergleichbaren unzumutbaren wirtschaftlichen Beeinträchtigung des Mieters komme. Die unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung und die ausschließliche Kausalität der Corona-Schutzmaßnahmen habe der Mieter darzulegen und zu beweisen.

Zudem sei darauf hinzu weisen, dass die Beklagte offensichtlich bereits vor dem Auftreten der Corona-Pandemie mit der streitgegenständlichen Filiale in der A. straße in A. bereits jahrelang Verluste erzielt habe. Bei Berücksichtigung der Miethöhe werde die Filiale seitens der Beklagten offensichtlich bereits seit Jahren völlig unwirtschaftlich betrieben. Schon aus diesem Grund sei eine unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung durch die übergehenden Schließungen nicht ersichtlich. Eine bereits vor der Pandemie vorliegende finanzielle Schieflage des Mieters oder schlichte Umsatzeinbußen reichten nicht für eine Vertragsanpassung.

Eine systematische Herabsetzung der von der Beklagten geschuldeten Miete um 50 % lasse sich auch nicht mit der Störung der Geschäftsgrundlage begründen.

§ 313 Abs. 1 BGB erlaubte eine Vertragsanpassung ausdrücklich nur dann, wenn der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden könne. Da sich die Beklagte als Mieterin auf die Unzumutbarkeit berufe, sei diese insoweit darlegungs- und beweispflichtig. Eine Vertragsanpassung müsse auf Ausnahmefälle beschränkt bleiben, bei denen ein Festhalten an der vereinbarten Regelung zu einem untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit schlechthin unvereinbaren Ergebnis führen würde, weil die Mietzahlung im konkreten Einzelfall für den Mieter aus wirtschaftlichen Gründen untragbar sei.

Lege der Mieter keine ausreichenden Informationen vor, um die Unzumutbarkeit belegen, gehe dies zu seinen Lasten. Die Beklagte habe jedoch weder zur Rücklagenbildung zum Ausgleich von Umsatzeinbußen etwas vorgetragen noch die Frage nach dem Abschluss einer Betriebsausfallversicherung beantwortet. Auch fehle konkreter Vortrag der Beklagten zur Inanspruchnahme staatlicher Hilfen und zu einer entsprechenden Ausweitung des Online-Handels, durch welchen die Umsatzeinbußen kompensiert worden seien.

Dass nur die Umstände des jeweiligen Einzelfalles entscheidend seien und damit auch die allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln anzuwenden seien, ergebe sich ausdrücklich aus der Gesetzesbegründung zu Art. 240 § 7 EGBGB. Dort werde klargestellt, dass durch Art. 240 § 7 EGBGB sowohl das normative Tatbestandsmerkmal als auch die Rechtsfolge des § 313 Abs. 1 BGB unberührt bleibe.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin … nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus … € seit 06.04.2020, aus € seit 04.05.2020 und aus … seit 04.06.2020 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag von … € nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz daraus seit 04.07.2020 zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen weiteren Betrag von … € nebst 9 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 07.01.2021 zu bezahlen.

4. Die Beklagte wird verurteilt, für den Zeitraum 04.05.2020 bis 17.06.2020 an die Klägerin Verzugszinsen von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus … €, und damit in Höhe von … €, bezahlen.

5. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von … € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.

Sie ist der Auffassung, dass der geltend gemachte Zahlungsanspruch der Klägerin nicht zustehe. Für die Zeit der Schließung des Ladengeschäftes vom 18.03.2020 bis 26.04.2020 bestehe ein Mietzinsanspruch der Klägerin nicht. Zumindest sei die Miete in diesem Zeitraum um mindestens 50 % gemindert, sodass eine erhebliche Überzahlung der Miete für die Zeit vom 18. März bis zum 31. März 2020 vorliege.

Ein Mietzahlungsanspruch für die Zeit vom 27.04.2020 bis 30.04.2020 sei derzeit nicht fällig. Infolge des bestehenden Anspruchs auf Vertragsanpassung sowie infolge der Minderung um mindestens 50 % bestehe der Mietzahlungsanspruch für diesen Zeitraum lediglich in geringerer Höhe; hilfsweise bestehe eine Aufrechnungslage mit der überzahlten Miete für März 2020.

Auf der Mietzahlungsanspruch von Mai bis Juli 2020 sei nicht fällig. Infolge des bestehenden Anspruches auf Vertragsanpassung sei die Miete in diesem Zeitraum um mindestens 50 % zu mindern; zudem bestehe eine Aufrechnungslage mit der im März 2020 überzahlten Miete.

Mit der vollständigen Zahlung der Miete für März 2020 habe die Beklagte die Miete überzahlt, da eine Mietzinsleistung in der Zeit vom 18. März bis 31.03.2020 wegen der Schließung nicht geschuldet gewesen sei. Bei einer taggenauen Abrechnung ergebe sich für die 14 Tage der Betriebsschließung im Monat März 2020 eine Überzahlung in Höhe von 5 €.

Für April 2020 sei infolge der Schließungsanordnung lediglich ab dem 27.04.2020 wieder eine Mietzahlung dem Grunde nach geschuldet, und zwar in Höhe eines Betrages von … €.

Die derzeit nicht fällige Miete für Mai 2020 würde in Folge des Anspruchs der Beklagten auf Vertragsanpassung lediglich … € betragen, für Juni 2020 … € und für Juli 2020 … €.

Wegen des für den Monat März 2020 überzahlten Betrages in Höhe von … € erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit den für April und Mai 2020 geschuldeten Mietzinszahlungen.

Auch für den Monat Dezember 2020 sei es hinsichtlich der gezahlten Miete zu einer Überzahlung gekommen, ebenso für Januar 2021 durch die Entrichtung der Nebenkostenvorauszahlung; auch insoweit erhebt die Beklagte die Aufrechnung gegenüber den Mietzinsforderungen der Klägerin.

Die Beklagte weist darauf hin, dass die zuletzt geschuldete Miete habe durchschnittlich 56,86 €/qm für sämtliche Flächen in Erdgeschoß und Keller betragen. Grundlage dieser sehr hohen Kaltmiete sei die exponierte Lage des Mietobjekts in einer stark frequentierten Fußgängerzone in der r Innenstadt gewesen.

Infolge der Schließungsanordnung hatte die Beklagte seit 18.03.2020 keine Umsätze mehr erzielen können; auch im gesamten April 2020 sei infolge der Betriebsschließung kein Umsatz erzielt worden. Die durchschnittlichen Umsätze im April der letzten drei Jahre zuvor hätten durchschnittlich … € betragen.

Die Beklagte habe das Geschäft nach dem ersten Lockdown erst wieder am 02.05.2020 öffnen können. Aber auch nach der Wiedereröffnung sei ein massiver Umsatzeinbruch zu verzeichnen gewesen. Der tatsächliche Umsatz im Mai 2020 habe lediglich … € betragen; dies entspreche 62 % der Umsätze im Vergleichszeitraum der letzten 3 Jahre (Anlage B 4).

Ein noch stärkerer Umsatzrückgang mit 43 % sei im Juni 2020 erfolgt: der Umsatz im Juni 2020 habe sich lediglich auf … € belaufen. Dies entspreche noch 57 % der Umsätze im Vergleichszeitraum der 3 Vorjahre.

Im Juli 2020 habe der Umsatz mit … € nur 63 % des Umsatzes der drei Vorjahre betragen.

Auch in den Monaten Juli bis Oktober 2020 hätten die pandemiebedingten Umsatzeinbußen angehalten.

Die Beklagte habe bislang zumindest keine öffentlichen oder sonstigen Zuschüsse erhalten, mit welchen diese Umsatzausfälle teilweise hätten kompensiert werden können. Insbesondere habe die Beklagte bislang keine sogenannten Corona-Hilfen vom Staat erhalten, da diese zunächst nur kleinen und mittelständischen Unternehmen gewährt worden seien. Lediglich Aufwendungen aufgrund der Anmeldung von Kurzarbeit seien erspart worden, und zwar im Zeitraum vom 26.03.2020 bis teilweise 31.05.2020 sowie im Zeitraum vom 3. Dezember bis 31.12.2020 und wieder seit dem 28.01.2021. Die sogenannten Corona – II – Hilfen würden für die Beklagte für den zweiten Lockdown ab Dezember 2020 ebenfalls nicht greifen, weil hiernach Anspruchsvoraussetzung sei, dass die Schließung bereits ab November 2020 angeordnet war.

Erhebliche Kosteneinsparungen der Beklagten auf dem Gebiet des Wareneinkaufes seien nicht erfolgt, da der Einkauf der Saisonware jeweils mit deutlichem Vorlauf erfolge; so sei die Ware, die für den Verkauf im Dezember 2020 vorgesehen war, bereits in den Monaten Januar bis März 2020 disponiert worden.

Seitens der Beklagten seien auch keine zusätzlichen Einnahmen durch Warenverkäufe über die Internetplattform Z; erfolgt, da keine für Retail (= Einzelhandel) disponierte Ware über diese Plattform verkauft werde.

Infolge der zwangsweisen Schließung des im Mietobjekt betriebenen Einzelhandelsgeschäftes sei für die Zeit vom 18.03.2020 bis 26.04.2020 eine Mietzahlung nicht geschuldet. Für den Zeitraum hoheitlichen Nutzungsverbotes zur Bekämpfung der Corona-Pandemie seien die mietvertraglichen Pflichten suspendiert.

Die Allgemeinverfügung vom 18.03.2020 habe ein Verbot der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels enthalten. Dieses Verbot habe auf dem Betrieb des Einzelhandelsgeschäftes der Beklagten umfasst, in dem Schuhe verkauft wurden.

Da vom Anwendungsbereich des § 134 BGB nicht nur förmliche Gesetze, sondern auch Rechtsverordnungen und Allgemeinverfügungen umfasst seien, sei der Mietvertrag somit auf einen verbotenen Zweck ausgerichtet gewesen. Während der Zeit des Betriebsverbotes habe der Mietvertrag deshalb gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, weshalb er wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz nach § 134 BGB nichtig gewesen sei.

Daneben liege ein Fall der vorübergehenden Unmöglichkeit nach §§ 275 Abs. 1, 2. Variante, 326 Abs. 1 BGB vor, sodass die Beklagte während der Schließungsphase von ihrer Verpflichtung zur Mietzinszahlung befreit sei.

Dem Anspruch auf Mietzahlung in der Zeit der Schließungsanordnung und auch nach deren Aufhebung bei Fortgeltung der Kontaktverbote und Kontaktbeschränkungen sowie der Vorgaben zu Kundenzahlen stehe zu dem § 313 BGB entgegen.

Bei der Corona-Krise handle sich um eine schwerwiegende Änderung von Umständen, welche Geschäftsgrundlage geworden seien. Die Geschäftsgrundlage werde der durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber bestehenden und für den Vertragspartner erkennbaren Vorstellungen vom Vorhandensein oder künftigen Eintritt bestimmter Umstände bestimmt, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaue.

Bei grundlegenden Änderungen der Rahmenbedingungen infolge grundlegender politischer, wirtschaftlicher oder sozialer Umwälzungen, durch Krieg oder Naturkatastrophen, werde dies als „Große Geschäftsgrundlage“ bezeichnet. Unausgesprochen liege dem Vertrag damit die Erwartung der Parteien zugrunde, dass es nicht zu gravierenden, die soziale Existenz erschütternden Veränderungen komme.

Ausweislich des Mietvertrages, welcher gerade keine Regelung für den Eintritt einer Betriebsschließung infolge einer Pandemie vorsehe, hätten die Parteien mit dem Eintritt einer Situation wie der Corona-Pandemie nicht gerechnet.

Damit sei die Grenze des den Mieter treffenden Verwendungsrisikos überschritten, wenn die Pandemie dazu führe, dass sich die Mieträume nicht wie vereinbart nutzen ließen, aber auch dann, wenn sich wegen ausbleibender Kunden in den angemieteten Ladenräumen nur noch erheblich geringere Umsätze erzielen ließen.

Der Beklagten sei ein Festhalten an der vereinbarten Regelung im Mietvertrag bis zur Aufhebung der Kontaktverbote, der Kontaktbeschränkungen sowie der Vorgaben von maximalen Kundenzahlen je Fläche nicht zuzumuten.

Der Mietvertrag sei damit für die Zeit der Schließung insoweit anzupassen, als sich der Mietzins auf null reduziere. Für die Zeit ab Wiedereröffnung sei der Mietzins entsprechend der Umsatzeinbußen in der Höhe anzupassen.

Als Indiz für eine Unzumutbarkeit nach § 313 Abs. 1 BGB genüge bereits ein erheblicher Umsatzrückgang, eine Insolvenz- oder Existenzgefahr sei hingegen nicht erforderlich. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass die Umsätze der Beklagten in den mehr als … Filialen infolge der zwangsweisen Schließungen und anschließenden Beschränkungen bundesweit stark eingebrochen seien. Unter Berücksichtigung des Filialsystems mit ca. … gleichzeitig geschlossenen Filialen habe dieser Ausfall auch nicht mit einer entsprechenden Ausweitung des Online-Handels in diesem Zeitraum kompensiert werden können.

Zudem sei ein etwaig geschuldeter Mietzinsanspruch um wenigstens 50 % gemindert. Es liege ein nämlich ein Mangel der Mietsache vor, weil der Ist-Zustand negativ vom soll Zustand abgewichen habe. Nachträglich erkannte Gesundheitsgefahren gingen zu Lasten des Vermieters. Um eine solche nachträglich erkannte Gesundheitsgefahr habe es sich beim dem Übertragungsweg der Corona-Viren durch Aerosole gehandelt. Die vermieteten Geschäftsräume hätten dem Vertragszweck nicht entsprochen, weil diese gesundheitsgefährdend gewesen seien.

Infolge der Aerosolbildung im Bereich der zum Aufenthalt von Menschen bestimmten Mietsache und der damit einhergehenden Gesundheitsgefährdung habe die Beklagte die Mietsache nicht uneingeschränkt nutzen können; der Gebrauchswert der Mietsache sei deshalb erheblich eingeschränkt, die Mietsache damit mangelhaft. Während der gesamten Zeit von März 2020 bis zur Vertragsbeendigung zum 31. Januar 2021 sei das Mietobjekt mit einem Mangel infolge der Aerosolbelastung durch unzureichende Lüftungsmöglichkeit behaftet gewesen, welche eine nicht unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung nach sich geführt habe. Der 350 qm große Verkaufsraum habe weder über ausreichende Möglichkeiten einer natürlichen noch einer künstlichen Lüftung verfügt, die Lüftungsmöglichkeit durch Öffnung der Eingangstüre sei nicht ausreichend gewesen. Bezüglich des der Einzelheiten des Parteivertrages wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat den Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 25.02.2021 rechtliches Gehör gewährt und die Sach- und Rechtslage erörtert. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.02.2021 (Blatt 124/127) wird Bezug genommen.

Zudem hat das Gericht den Parteien mit Verfügung vom 23.03.2021 einen Vergleichsvorschlag gemäß § 278 Abs. 6 ZPO unterbreitet, der aber nur die Zustimmung der Beklagtenseite fand.

Mit Zustimmung beider Parteien erfolgt nunmehr eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

1) Zwischen den Parteien bestand bis zum 31.01.2021 ein wirksamer Gewerberaummietvertrag gemäß § 535 Abs. 1 BGB. Die Klägerin ist gemäß § 566 Abs. 1 BGB in die Rechte und Pflichten der vorherigen Vermieter eingetreten, welche im Jahr 2010 mit der Beklagten den Mietvertrag bezüglich des Mietobjekts … abgeschlossen hatten (Anlage K1).

2) Nach dem Mietvertrag hat die Klägerin grundsätzlich einen Anspruch auf vollständige Zahlung des vereinbarten Mietzinses sowie auf Entrichtung der vereinbarten Betriebskostenvorauszahlung und Heizkostenvorauszahlung, vgl. 4 Nr. 1 des Mietvertrages (Anlage K 1).

3) Allerdings ist zur Überzeugung des Gerichts die Grundmiete (netto-Mietzins) in den Zeiträumen der vollständigen Schließung des Einzelhandelsgeschäftes der Beklagten, also im Zeitraum vom 18.03.2020 bis 26.04.2020 sowie im Zeitraum vom 16.12.2020 bis 31.01.2021, von der Beklagten nur zur Hälfte zu bezahlen.

Voll zu zahlen ist die Miete von der Beklagten hingegen in den Zeiträumen, in denen das vermietete Einzelhandelsgeschäft wieder geöffnet war, infolge der Corona-Schutzmaßnahmen aber Beschränkungen des Betriebes (Maskenpflicht, Einhaltung der Abstandsregeln, Hygienekonzept, Beschränkung des Zutrittes von Kunden) unterworfen war, also im Zeitraum vom 27.04.2020 bis Ende Juli 2020. Auch sind die vertraglich vereinbarten Betriebskosten – und Heizkostenvorauszahlungen von der Beklagten während der gesamten Dauer des Mietvertrages in vollem Umfang zu entrichten.

4) Die Beklagte ist nicht gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen eines Mangels der Mietsache ganz oder teilweise von der Zahlung der Miete befreit (so aber LG München I, Urteil vom 22.09.2020 – Az. 3 O 4495/20 -, COVuR 2020, 868; LG Kempten, Urteil vom 07.12.2020 – Az. 23 O 753/20 -, BeckRS 2020, 37736).

a) Das Landgericht München I beruft sich insoweit bereits auf Entscheidungen des Reichsgerichts seit 1913, wonach das Verbot der Öffnung von Verkaufsstellen für den Einzelhandel einen Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB darstelle, weil die Tauglichkeit der Mieträume für den vertragsgemäßen Gebrauch aufgehoben oder gemindert worden sei. Wegen der öffentlich-rechtlichen Beschränkungen infolge der Corona-Pandemie habe das Mietobjekt nicht mehr zu dem vertraglich vereinbarten Zweck genutzt werden können; deshalb sei die Voraussetzung für eine Mietminderung gegeben.

b) Zwar können auch öffentlich – rechtliche Nutzungsbeschränkungen die Tauglichkeit der Mietsache zu dem vertragsgemäßen Gebrauch mindern und damit einen Sachmangel darstellen. Voraussetzung ist aber, dass die Beschränkungen der konkret vermieteten Sache ihre Ursache gerade in deren Beschaffenheit und Beziehung zur Umwelt haben (BGH NJW 2011, 3151 Rz. 9).

Durch hoheitliche Maßnahmen bewirkte Nutzungsbeschränkungen können deshalb nur dann einen Mangel begründen, wenn sie unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit und dem Zustand des konkreten Mietobjektes in Zusammenhang stehen (vgl. LG Mönchengladbach, Urteil vom 02.11.2020 – 12 O 154/20 – BeckRS 2020, 30731 Rz. 18 m.w.N.).

c) Im vorliegenden Fall knüpften die hoheitlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie aber nicht an dem konkreten Zustand der vermieteten Ladenflächen an, vielmehr wurden im Zeitraum des ersten und zweiten Lockdowns in ganz Bayern Einzelhandelsgeschäfte generell geschlossen, ohne dass es auf die individuell räumliche Ausgestaltung und Ausstattung (Verkaufsflächen, Hygienekonzept, ausreichende Lüftung …) des einzelnen Ladens angekommen wäre.

Die Schließungsanordnungen zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren stellten somit nicht auf die konkreten baulichen Gegebenheiten der Mietsache ab, sondern allgemein auf die Nutzungsart sowie den Umstand, dass in den betroffenen Verkaufsräumen Publikumsverkehr stattfindet und dass dies Infektionen begünstigt (Leo/Götz NZM 2020, 402).

d) Weil die Untersagung somit sämtliche Einzelhandelsgeschäfte in Bayern betraf, in denen Schuhe verkauft wurden, erfolgte die Schließung des Ladens der Beklagten also nicht aufgrund individueller Besonderheiten des Mietobjekts (zum Beispiel unzureichende Möglichkeit zur Lüftung der Ladenflächen), sodass ein Mangel der Mietsache nach § 536 BGB nicht vorliegt (ebenso LG Mönchengladbach, a.a.O., Rz. 14 ff; LG Frankfurt am Main, BeckRS 2020, 26612 Rz. 18 ff; Leo/Götz NZM 202, 402, 403; Sittner NJW 2020, 1169, 1171; Zehelein NZM 2020, 390, 391; Häublein/Müller, NZM 2020, 481, 484).

5) Der Mietvertrag ist auch nicht gemäß § 134 BGB nichtig wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz.

a) Zwar enthielten die ministeriellen Allgemeinverfügungen bzw. Verordnungen (Anlagen B 1 bis B3 sowie Anlage B 5) jeweils das Verbot der Öffnung von Ladengeschäften des Einzelhandels, sodass auch das Schuhgeschäft der Beklagten von diesem Verbot umfasst war.

Jedoch wurde hierdurch lediglich die Öffnung des Geschäftes für den Publikumsverkehr untersagt, in die Vertragsverhältnisse zwischen Vermieter und Mieter wurde jedoch nicht eingegriffen. Zudem richtete sich das jeweils ausgesprochene Verbot nicht gegen die Mietsache als solche, sondern gegen die Beklagte als Mieterin und Betriebsinhaberin.

b) Die Betriebsuntersagungen aufgrund der Corona-Pandemie betreffen somit das Verwendungsrisiko des Mieters, weil es insoweit nur auf die Art der Nutzung des Mietobjekts und den dort stattfindenden Publikumsverkehr ankommt (vgl. LG Mönchengladbach, a.a.O., Rz. 26). Die Situation ist insoweit vergleichbar mit den Einschränkungen, die mit dem Erlass der Nichtraucherschutzgesetze für Gaststättenbetreiber verbunden waren (vgl. Sittner, NJW 2020, 1169, 1171).

c) Das Rauchverbot in öffentlichen Gaststätten beruhte nach Auffassung des BGH (Urteil vom 13.07.2011, NJW 2011, 3151) nicht auf der konkreten Beschaffenheit des betrachteten Lokals, sondern knüpfte an die betrieblichen Verhältnisse, also auf die Art und Weise der Betriebsführung des Mieters oder Pächters an.

d) Auch wenn im vorliegenden Fall das ausgesprochene Verbot der Öffnung von Geschäften des Einzelhandels erheblich weiter geht als die mit den Nichtraucherschutzgesetzen verbundenen Einschränkungen, so setzt das Verbot gleichermaßen nicht beim Mietobjekt an, sondern bei der Art des dort geführten Betriebes. Schuhgeschäfte mußten generell schließen; andere gewerbliche Mietobjekte wie Arztpraxen, Büros, Lebensmittelläden, Apotheken etc. waren jedoch von der Schließungsanordnung nicht betroffen. Es wurde also nicht die Überlassung der Mietsache durch die Klägerin an die Beklagte verboten; nur die bisherige Nutzung als Verkaufsraum durch die Beklagte wurde untersagt.

e) Deshalb führt die Schließungsanordnung gegenüber der Beklagten nicht zu einer Nichtigkeit des Mietvertrages zwischen den Parteien gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (ebenso LG Mönchengladbach a.a.O.. Rz. 24 ff).

6) Die Beklagte ist auch nicht gemäß § 326 Abs. 1 BGB von ihrer Leistungspflicht befreit (vgl. LG Frankfurt a.M., Urteil vom 02.10.2020, BeckRS 2020, 26613; LG Heidelberg COVuR 2020, 41).

7) Auch eine Unmöglichkeit der Gebrauchsgewährung im Sinne von § 275 Abs. 1 und Abs. 2 BGB liegt nicht vor (vgl. LG Mönchengladbach a.a.O.. Rz. 29 ff).

8) Die Beklagte hat jedoch gemäß § 313 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Vertragsanpassung für die Zeiträume, in denen sie das Mietobjekt wegen der ministeriellen Schließungsanordnungen vollständig geschlossen halten musste.

a) Die Vorschrift des § 313 Abs. 1 BGB ist im vorliegenden Fall anwendbar. Insbesondere steht dem die im Zuge der Corona – Pandemie eingeführte Regelung des Artikels 240 § 2 EGBGB nicht entgegen. Dieser Regelung kann keine Sperrwirkung ein genommen werden, da der Gesetzgeber den betroffenen Schuldnern nur einen zusätzlichen Schutz bieten wollte, nicht aber die Rechte der Mieter verkürzen wollte (vgl. LG Mönchengladbach, a.a.O.., Rn 39; LG München I, BeckRS 2021, 453 Rz. 53 ff; Zehelein, NZM 2020, 393, 401; OLG Dresden, BeckRS 2021, 2461 Rz. 24).

Letztlich spricht auch die seit dem 31.12.2020 geltende Vorschrift des Artikels 240 § 7 EGBGB gegen eine Sperrwirkung von Art. 240 § EGBGB (vergleiche OLG Dresden, a.a.O.).

b) Infolge des Auftretens der Corona – Pandemie und der dadurch veranlassten staatlichen Schließungsanordnungen für Einzelhandelsgeschäfte trat jedoch eine Störung der Geschäftsgrundlage des zwischen den Parteien gültigen Gewerberaummietvertrages ein, § 313 Abs. 1 BGB.

c) Durch die mit Wirkung vom 31.12.2020 eingeführte Sonderregelung in Art. 240 § 7 EGBGB hat der Gesetzgeber im Bereich des Mietrechts die gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass sich ein Umstand im Sinne des § 313 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat, wenn vermietete Räume infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen verwendbar sind.

Allerdings ordnet diese Regelung lediglich die widerlegbare Vermutung einer schwerwiegenden Veränderung der Geschäftsgrundlage an; die weiteren Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB wie insbesondere die Unzumutbarkeit des Festhaltens am unveränderten Vertrag werden davon nicht berührt (OLG München NZM 2021, 226 Rz. 32).

d) Der Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein tatsächliches Element, ein hypothetisches Element und ein normatives Element voraus (vgl. OLG Dresden, BeckRS 2021, 2461 Rz. 33 ff).

e) Tatsächliches Element:

Die Geschäftsgrundlage wird gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsschluss aber zutage getretenen, dem Geschäftspartner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Partei oder die gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt bestimmter Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf diesen Vorstellungen aufbaut (vgl. Palandt – Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 313 Rz. 3 m.w.N.).

Zur Geschäftsgrundlage der Parteien als Vermieterin und Mieterin von Ladenräumen zur Nutzung als Schuhgeschäft gehörte danach die Vorstellung, dass die vermieteten Räume zum Verkauf von Schuhen genutzt werden können. Dass es zu einer Pandemie mit weitgehender Stilllegung des öffentlichen Lebens und weitreichenden staatlichen Eingriffen in das wirtschaftliche Leben kommen könnte, lag vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie außerhalb der Vorstellungswelt der Parteien. Die Corona-Pandemie führte zu einer fundamentalen und seit Jahrzehnten einzigartigen Umgestaltung der zuvor bestehenden Lebensverhältnisse; es liegt demnach eine Systemkrise und damit ein Fall der Störung der „Großen Geschäftsgrundlage“ durch eine nachhaltige Erschütterung des sozialen und wirtschaftlichen Gefüges vor (vergleiche Häublein/Müller NZM 2020, 481, 486; OLG Dresden a.a.O. Rz. 34).

Unter „Großer Geschäftsgrundlage“ versteht man die dem Vertrag in der Regel zugrunde liegende Erwartung, dass sich die wirtschaftlichen, politischen und sozialen Rahmenbedingungen nicht grundlegend verändern. Störungen der Großen Geschäftsgrundlage sind beispielsweise Krieg, kriegsähnliche Entwicklungen, Währungsverfall, Epidemien oder andere fundamentalen Umwälzungen der politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnisse (vergleiche Palandt – Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 313 Rz. 5).

Nicht zuletzt der neu geschaffene Art. 240 § 7 Abs. 1 EGBGB belegt zusätzlich, dass das tatsächliche Element für den Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 Abs. 1 BGB erfüllt ist.

f) Hypothetisches Element:

Das hypothetische Element ist erfüllt, wenn die vertragsschließenden Parteien den Vertrag nicht wieder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung der Umstände, welche zur Geschäftsgrundlage gehören, vorhergesehen hätten. Erforderlich ist danach, dass zumindest eine Vertragspartei den Vertrag nicht bzw. nicht mit diesem Inhalt abgeschlossen hätte, wenn sie den Wegfall der Vertragsgrundlage vorhergesehen hätte (vergleiche OLG Dresden a.a.O. Rz. 35).

Im Rahmen der Störung der großen Geschäftsgrundlage ist das hypothetische Element aber regelmäßig als erfüllt anzusehen. Aus Sicht des Gerichts kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Beklagte, wenn sie die im Frühjahr 2020 eingetretene Pandemie-Situation mit den damit einhergehenden Ladenschließungen bereits bei Vertragsabschluss vorhergesehen hätte, auf einer abweichenden Regelung in § 4 Nr. 1 des Mietvertrages hinsichtlich der Mietpreiszahlung bestanden hätte. Abzustellen ist dabei auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses und auf verständige, wirtschaftlich denkende Vertragspartner. Diese hätten sich bei dem beide Vertragspartner gleichermaßen betreffenden und nicht zu beeinflussenden Risiko nicht einseitig zugunsten eines Vertragspartners geeinigt (OLG Dresden a.a.O. Rz. 35). Hätte sich die Vermieterin in diesem hypothetischen Fall nicht auf eine abweichende Regelung hinsichtlich des Mietzinses für den Fall einer längeren Betriebsschließung infolge einer Pandemie eingelassen, hätte die Beklagte den Mietvertrag zu diesen Konditionen offensichtlich nicht abgeschlossen.

Das hypothetische Element des § 313 Abs. 1 BGB ist damit im vorliegenden Fall ebenfalls erfüllt.

g) Normatives Element:

Das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB ist erfüllt, wenn die wesentliche Veränderung der zur Geschäftsgrundlage gehörenden Umstände nicht in den Risikobereich einer der Parteien fällt und ein Festhalten am Vertrag einer der Parteien nicht zuzumuten ist.

aa) Für die Frage, ob der Mieter nach § 313 Abs. 1 BGB eine Vertragsanpassung infolge der Betriebsschließungen verlangen kann, ist die gesetzliche Risikoverteilung zwischen den Mietvertragsparteien von erheblicher Bedeutung. Nach der gesetzlichen Regelung trägt der Vermieter grundsätzlich das Risiko der Gebrauchstauglichkeit des Mietobjekts (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB), der Mieter hingegen das Verwendungs- und das Ertragsrisiko der Mietsache, § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wenn es um veränderte Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich nur einer der beiden Parteien fallen, ist eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB regelmäßig nicht möglich.

bb) Die Klagepartei argumentiert im vorliegenden Fall damit, dass das Risiko der vertraglich vorausgesetzten Verwendung des Mietobjektes sowie die damit verbundene Möglichkeit zur Generierung von Umsätzen allein in die Risikosphäre der Beklagten falle und deshalb der Mietzins auch im Fall der Geschäftsschließung weiterhin in vollem Umfang zu bezahlen sei.

cc) Diese Argumentation greift aber nach Überzeugung des Gerichtes zumindest im Fall der vollständigen Betriebsschließung über mehrere Wochen zu kurz, weil es in diesem Fall nicht mehr um das normale, vom Mieter zu tragende Risiko der Gebrauchstauglichkeit bzw. der Verwendung des Mietobjektes handelt. Vielmehr handelt es sich bei den von den staatlichen Stellen angeordneten Schließungen der Einzelhandelsgeschäfte im Zuge der Corona-Pandemie um atypische, außergewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse. Das unternehmerische Risiko, mit den Mietobjekt Umsätze zu generieren und durch den Verkauf von Waren Gewinne zu erzielen, setzt nämlich voraus, dass der Mieter im Mietobjekt entsprechend dem vertraglich vereinbarten Zweck unternehmerisch tätig werden kann. Dieses Risiko ist also gar nicht betroffen, wenn dem Mieter diese Möglichkeit zur gewerblichen Nutzung des Mietobjekts gänzlich verschlossen bleibt (vgl. OLG Dresden a.a.O.. Rz. 27).

dd) Auch in den Gesetzesmaterialien zu Art. 240 § 7 EGBGB (Bundestags-Drucksache 19/25322 = Anlage K 16) ist zu lesen (Seite 21, zweiter Absatz):

Es ist allerdings davon auszugehen, dass ohne entsprechende vertragliche Regelungen Belastungen infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID – 19 – Pandemie regelmäßig weder der Sphäre des Vermieters noch des Mieters zuzuordnen sind.

Deshalb stellt aus Sicht des Gerichts die vollständige Betriebsschließung wegen der Corona-Pandemie im Zeitraum vom 16.03.2020 bis 27.04.2020 sowie während des zweiten Lockdowns vom 16.12.2020 bis 31.01.2021 kein Risiko dar, dass nach der Wertung des Gesetzgebers einseitig nur von einer Vertragspartei, in diesem Falle von der Beklagten als Mieterin, zu tragen wäre.

ee) Von entscheidender Bedeutung ist daher die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Beklagten unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls das Festhalten am unveränderten Vertrag zugemutet werden kann.

Auch zur Frage der Zumutbarkeit wird in den Gesetzesmaterialien zu Art. 240 § 7 EGBGB (Anlage K 16) Ausführungen enthalten:

Im Rahmen der Zumutbarkeit wird hier von Bedeutung sein, wie stark sich die staatlichen Beschränkungen auf den Betrieb des Mieters auswirken. Ein Indiz für starke Beeinträchtigungen kann in erheblich zurückgegangenen Umsätzen, zum Beispiel im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, liegen. Zu berücksichtigen sein wird auch, ob der Mieter öffentliche oder sonstige Zuschüsse erhalten hat, mit denen er die Umsatzausfälle infolge staatlicher Beschränkungen jedenfalls teilweise kompensieren kann, und ob er Aufwendungen erspart hat, weil er etwa Kurzarbeit angemeldet hat oder der Wareneinkauf weggefallen ist. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. § 313 BGB gewährt keine Überkompensation.

Schließlich bleibt auch die Rechtsfolge des § 313 Abs. 1 BGB unberührt. Vertragsanpassung kann nur im angemessenen Umfang begehrt werden. Es kann nur diejenige Rechtsfolge begehrt werden, welche die schutzwürdigen Interesse beider Vertragsteile in ein angemessenes Gleichgewicht bringt. Es hängt daher immer vom jeweiligen Einzelfall ab, ob für den Zeitraum, in dem ein Betrieb von einer staatlichen Maßnahme betroffen ist, zum Beispiel eine Stundung oder Anpassung der Miethöhe, eine Verringerung der angemieteten Fläche bei gleichzeitiger Herabsetzung der Miete oder auch die Aufhebung des Vertrages angemessen ist.

ff) Aus Sicht des Gerichts ist im vorliegenden Fall der Beklagten die Zahlung der in § 4 Nr. 1 des Mietvertrages vereinbarten Grundmiete (Nettomietzins) auch während der Zeiten der vollständigen Betriebsschließungen vom 18.03.2020 bis 26.04.2020 sowie vom 16.12.2020 bis 31.01.2021 nicht zuzumuten.

In diesen Zeiten des Lockdowns bestand nämlich eine extreme Äquivalenzstörung im Verhältnis zwischen Leistung der Klägerin einerseits (Überlassung des Mietobjektes zur Nutzung durch die Beklagte) und Gegenleistung der Beklagten andererseits (Zahlung des Mietzinses und der Nebenkostenvorauszahlungen).

Während der Betriebsschließungen war das Mietobjekt für die Beklagte zum vertraglich zugrundegelegten Zweck (Betrieb eines Ladengeschäftes zum Verkauf von Schuhen) überhaupt nicht mehr nutzbar; die von der Beklagten erzielten Umsätze gingen auf Null zurück. Die Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung ist also in diesen Zeiten grundlegend gestört. Mit der massiven Störung dieses Äquivalenzverhältnisses durch die Pandemie ist aus Sicht des Gerichts bereits eine so schwerwiegende Änderung eingetreten, dass eine Neuregelung der vertraglichen Bedingungen dem Grunde nach vorzunehmen und beiden Parteien in der Regel auch zuzumuten ist (vgl. Römermann, NJW 2021, 265, 268).

gg) Die Unzumutbarkeit der Festhaltung am bestehenden Vertrag hat also beim Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung anzusetzen, und zwar zum Zeitpunkt der monatlichen Zahlungspflicht gemäß § 4 Nr. 1 des Mietvertrages, der eine Zahlung des monatlich zu zahlenden Mietzinses nebst Betriebskosten-/Heizkosten-Vorauszahlungen zum 3. Werktag eines jeden Monats vorsieht.

Der Beklagten war eine Zahlung der vollen Miete für den Monat April 2020 zum 3. Werktag des Monats nicht zuzumuten, dazu diesem Zeitpunkt bereits feststand, dass das Mietobjekt noch für mehrere Wochen geschlossen bleiben musste.

Im Falle einer Störung der großen Geschäftsgrundlage führt dies aber, wenn die Störung über einen Monat andauert, regelmäßig zur Anpassung des Mietvertrages gemäß § 313 Abs. 1 BGB dahin, dass die vertraglich vereinbarte Kaltmiete für den Zeitraum der Schließungsanordnung auf 50 % reduziert wird (vergleiche OLG Dresden, BeckRS 2021, 2461; LG Mönchengladbach, BeckRS 2020, 30731; Häublein/Müller NZM 2020, 481, 492; Zehelein NZM 2020, 390; Palandt-Weidenkaff, BGB, 80. Auflage, § 313 Rz. 37a).

hh) Diese Quote entspricht der Rechtsprechung des BGH bei vertraglichen Zweckstörungen in der Vergangenheit:

So hat der BGH in seinem Urteil vom 23.11.1989 – VII ZR 60/89 -, NJW 1990, 572 die Hotel-Stornokosten bei einer Absage einer Reise vor Reisebeginn wegen nicht vorhersehbarer höherer Gewalt (Reaktorunfall in Tschernobyl) hälftig zwischen dem Kläger (Omnibusreiseunternehmer) und dem Beklagten (Lehrer eines Gymnasiums, der eine Klassenfahrt nach Prag gebucht hatte), aufgeteilt.

Der BGH sah hier die Absage der Reise vor Reisebeginn wegen höherer Gewalt als einen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage an, bei welcher gemäß § 242 BGB grundsätzlich der Inhalt den veränderten Umständen anzupassen sei. Die Entscheidung betraf Stornokosten von gerade einmal 5.123,20 DM, welche die Vorinstanz allein dem Beklagten auferlegt hatte. Sie demonstriert damit in aller Deutlichkeit, dass eine Vertragsanpassung nicht erst in extremen Ausnahmefällen (Gefahr der Insolvenz des Schuldners, Existenzgefährdung etc). in Betracht kommt und die Voraussetzungen für das Überschreiten einer „Opfergrenze“ nicht überspannt werden dürfen, etwa indem eine Existenzgefährdung des Vertragspartners vorausgesetzt wird.

In ähnlicher Weise hat das Oberlandesgericht Karlsruhe im Urteil vom 15.05.1992 (NJW 1992, 3176, 3177) entschieden: Hier konnte aus Sicherheitsgründen eine gemeindeeigene Halle nach Ausbruch des Golfkrieges nicht wie vorgesehen für eine Faschingsveranstaltung genutzt werden. Das OLG Karlsruhe sah darin einen Wegfall der Geschäftsgrundlage für den Musikveranstaltungsvertrag und entschied, dass jede Partei ihre finanziellen Ausfälle selbst zu tragen habe. Es verstoße gegen Treu und Glauben, den von keiner Partei zu vertretenden Verlust infolge der Absage der Veranstaltung einseitig nur einer Partei aufzuerlegen. Auch diese Entscheidung zeigt deutlich, dass an die Unzumutbarkeit der Leistungserbringung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen; die Frage, ob die veranstaltenden Vereine bei vollständiger Zahlung der Miete für die Halle in finanzielle Schieflage geraten würden oder in ihrer Existenz gefährdet würden, wurde in der Entscheidung nicht einmal thematisiert. Umso mehr erstaunt es, dass das OLG Karlsruhe im Urteil vom 24.02.2021, 7 U 109/29, juris für die Frage der Unzumutbarkeit nunmehr deutlich strengere Maßstäbe für die Unzumutbarkeit (Existenzgefährdung oder schwere Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Fortkommens) anlegt (dort Rz. 24).

ii) Aus Sicht des Gerichts ist die Reduzierung des Mietzinses während der Zeit der vollständigen Schließung des Schuhgeschäfts der Beklagten auf 50 % auch deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte ausweislich der vorgelegten Umsatzzahlen bereits seit mehreren Jahren das Mietobjekt nicht mehr rentabel betreiben konnte. Die mit dem Mietobjekt erzielten Umsätze beliefen sich ausweislich der Anlage B4 beispielsweise im Zeitraum April bis Juli 2018 auf … € bis maximal … € im Zeitraum April bis Juli 2019 auf … € bis maximal … €.

Dem stand aber eine monatlich zuletzt geschuldete Miete von … € brutto zuzüglich Betriebskosten-/Heizkostenvorauszahlung von monatlich … € gegenüber. Berücksichtigt man, dass für die Beklagte weitere Kostenfaktoren wie Wareneinkauf oder Personalkosten hinzukommen, hat die Beklagte mit dem Schuhgeschäft bereits seit Jahren erhebliche Verluste erzielt.

Angesichts der bereits seit Jahren mit dem Mietobjekt erwirtschafteten Verluste bestand für die Beklagenpartei auch nicht die Möglichkeit, Rücklagen zur Abfederung weiterer Umsatzeinbußen zu bilden (zur Maßgeblichkeit dieses Kriteriums im Rahmen der Gesamtbetrachtung vgl. OLG München, Beschluss vom 17.02.2021, 32 U 6358/20, juris, Rz. 37).

jj) Auch die Klagepartei spricht davon, dass die vorgelegten Umsatzzahlen zeigten, dass die streitgegenständliche Filiale von der Beklagten offensichtlich bereits seit Jahren völlig unwirtschaftlich betrieben worden sei; ziehe man vom Umsatz noch Lohn-, Mietkosten und die Kosten für den Wareneinkauf etc. ab, dürfte die Beklagte die streitgegenständliche Filiale bereits jahrelang mit Verlusten betrieben habe. Bei dieser Ertragslage ist es aber geradezu zynisch, der Beklagten zusätzlich noch die Bildung von Rücklagen abzuverlangen.

kk) Offensichtlich war die Beklagte aber über Jahre vertragstreu und hat den Mietzins in voller Höhe gezahlt, obwohl das Mietobjekt erhebliche Verluste abwarf. Trotz dieser für sie unbefriedigenden und länger anhaltenden Ertragslage hat die Beklagte aber offensichtlich keine Vertragsanpassung verlangt und vor März 2020 keine Herabsetzung der Miete gefordert. Die Entwicklung des mit dem Mietobjekt erzielten Umsatzes zeigt, dass die im Jahr 2010 vereinbarte Miete mit zusätzlicher Wertsicherungsvereinbarung (§§ 4 und 15 des Mietvertrages) aus Sicht der Beklagten im Nachhinein zu hoch war und die Beklagte bei dieser Miethöhe den gemieteten Laden auf Dauer nicht rentabel betreiben konnte.

II) Gerade angesichts der ohnehin unbefriedigenden Ertragslage, aufgrund derer die Beklagte bereits seit Jahren Verluste aufgrund der hohen Mietzinszahlungen für das Mietobjekt hinzunehmen hatte, durfte die Beklagte in der Extremsituation der vollständigen Betriebsschließungen auf ein Entgegenkommen des Vertragspartners in Bezug auf die Höhe des Mietzinses nach Treu und Glauben vertrauen. Es war ihr angesichts der ohnehin schon seit längerem unbefriedigenden Ertragslage des Geschäfts nicht zuzumuten, nunmehr auch noch in Zeiten der vollständigen Betriebsschließungen volle Miete bezahlen zu müssen, obwohl diese nicht in den Risikobereich der Beklagten fielen.

mm) Dass die Beklagte Kompensationen in Form staatlicher Hilfen erhalten hätte, konnte nicht festgestellt werden. Das erhaltene Kurzarbeitergeld diente gemäß § 1 SGB X als Maßnahme zur sicherung von Arbeitsplätzen nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie dem Zweck, dass betriebsbedingte Kündigungen der Arbeitnehmer der Beklagten verhindert werden. Das Kurzarbeitergeld schützt mithin die an Arbeitnehmer nur mittelbar die Beklagte als Unternehmerin, auch wenn die Beklagte als Arbeitgeberinnen mittelbar von einem Anspruch auf Entgeltfortzahlung befreit wird. Eine nennenswerte Kompensation für die Schließung des Betriebs ist aber in der Leistung Kurzarbeitergeld zur Überzeugung des Gerichts nicht gegeben, erst recht nicht eine Überkompensation. Die Zahlung von Kurzarbeitergeld allein ändert demnach nichts an der Unzumutbarkeit der Belastung durch die vollständige Mietzahlung (ebenso KG, Urteil vom 01.04.2021, BeckRS 2021, 8005 Rz. 48).

nn) Soweit die Klägerin der Beklagten vorwirft, sie habe es pflichtwidrig unterlassen, eine Betriebsschließungsversicherung abzuschließen, so ist darauf hinzuweisen, dass das derzeit gerade sehr viele Klagen von Gewerbetreibenden gegen ihre Versicherung bei den Gerichten anhängig sind, weil die Versicherer sich regelmäßig weigern, eine Betriebsschließung aufgrund der Krise als versichertes Risiko anzusehen (vergleiche hierzu die Kommentierung von Armbrüster in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 31. Aufl., Anhang zu den FBUB; Betriebsschließungsversicherung und COVID-19; Ordnungsnummer 180).

Diese Rechtsauffassung ist im Übrigen inzwischen von mehreren Oberlandesgerichten bestätigt worden (vergleiche nur OLG Schleswig, BeckRS 2021, 10595; OLG Stuttgart, r + s 2021, 139; OLG Oldenburg, BeckRS 2021, 11123); auch die Instanzgerichte weisen die Klagen auf Zahlung einer Versicherungsleistung aus einer Betriebsschließungsversicherung in weit überwiegendem Umfang ab. Vor. diesem Hintergrund erscheint es geradezu grotesk, wenn die Klagepartei der Beklagten vorwirft, sie habe den Abschluss einer Betriebsschließungsversicherung unterlassen bzw. dazu nicht vorgetragen.

oo) Auch die Tatsache, dass es sich bei der Beklagten um das Unternehmen mit den …eisten Schuhläden in Deutschland und damit um ein besonders leistungsstarkes Unternehmen handle, ändert an der Einschätzung des Gerichts nichts. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht nur die streitgegenständliche Filiale in der … geschlossen werden musste, sondern dass wegen der Pandemie zeitgleich insgesamt … Filialen in ganz Deutschland geschlossen werden mussten. Gerade weil die Beklagte offensichtlich nicht nur auf den Internethandel setzt, sondern Schuhe nach wie vor auch bundesweit in einer Vielzahl flächendeckend vorhandener Einzelhandelsgeschäfte verkauft, spricht dafür, dass die Beklagte als …tgrößter Schuhfilialist in besonderem Maße von den Betriebsschließungen in Mitleidenschaft gezogen worden ist. Zudem kann die für den Einzelhandel (retail) vorgesehene Ware zumindest nach dem Vortrag der Beklagten nicht über die Internetplattform Z… verkauft werden. Nachvollziehbar ist für das Gericht auch der Vortrag der Beklagten, dass der Wareneinkauf bereits mit einem Vorlauf von mehreren Monaten erfolge und deshalb der Gesichtspunkt der gesunkenen waren Einkäufe nicht beträchtlich ins Gewicht falle. Die Verluste der Beklagten durch die Betriebsschließungen sind daher nicht durch Einsparungen oder staatliche Unterstützungsmaßnahmen kompensiert worden.

pp) Aus diesem Grunde ist zu Überzeugung des Gerichts also auch das normative Element des § 313 Abs. 1 BGB im vorliegenden Falle zu bejahen. Der Beklagten ist die vollständige Zahlung des Mietzinses in den Zeiten der vollständigen Betriebsschließungen nicht zuzumuten; vielmehr sind die negativen finanziellen Auswirkungen der Corona-Maßnahmen insoweit in gleichem Maße von beiden Parteien solidarisch zu tragen (so auch KG, Urteil vom 01.04.2021, BeckRS 2021, 8005 Rz. 46).

9) Anders verhält es sich jedoch in den Zeiten, in denen das Schuhgeschäft der Beklagten wieder öffnen konnte, aber Beschränkungen (insbesondere was die Zahl der Kunden, die das Geschäft betreten durften) unterworfen war.

Dies betrifft im vorliegenden Fall den Zeitraum vom 27.04.2020 bis Ende Juli 2020.

In diesem Fall trägt nach der gesetzlichen Risikoverteilung zumindest in der Regel der Mieter das Verwendungsrisiko. Insbesondere ist hier noch einmal darauf hinzuweisen, dass wir die Einschränkungen, die mit dem Erlass der Nichtraucherschutzgesetze für Gaststättenbetreiber verbunden war, allein der Mieter das Risiko zu tragen hatte (BGH NJW 2011, 3151). Die Risiken solcher mehr oder weniger weitgehenden Einschränkungen, die zu keiner vollständigen Betriebsuntersagung führen, muss demnach grundsätzlich der Mieter alleine tragen (so auch LG Mönchengladbach, BeckRS 2020, 30731 Rz. 60).

Zudem ist ab dem Zeitpunkt der erneuten Betriebsöffnung auch unklar, ob sich die fortbestehenden Beschränkungen nachteilig ausgewirkt und für den Umsatzrückgang in diesen Monaten ausschlaggebend waren; auch andere Faktoren können für den Umsatzrückgang insoweit maßgeblich sind (zum Beispiel: geändertes Verbraucherverhalten, vermehrter Kauf von Schuhen über das Internet; mangelnde Attraktivität der Einkaufsstraße oder des angebotenen Sortiments; veränderte Konkurrenzsituation).

Somit hat die Beklagte mit der Betriebsöffnung ab dem 27.03.2020 trotz der fortbestehenden Beschränkungen des Schuhverkaufs den vollen Mietzins zu entrichten, wenngleich nach den oben zitierten Gesetzesmaterialien grundsätzlich bereits Umsatzrückgänge zu einer Anpassung des Vertrages nach § 313 Abs. 1 BGB führen können.

10) Auch die Erbringung der Betriebskosten- und Heizkostenvorauszahlung war der Beklagten während der gesamten Dauer des Mietvertrages (also auch während des Zeitraums der Betriebsschließungen) zuzumuten.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen Vorauszahlungen lediglich um Nebenforderungen handelt, die vom Umfang her lediglich 12,6 % des geschuldeten Mietzinses ausmachen. Zudem erfolgt bei diesen Vorauszahlungen am Jahresende eine Betriebskostenabrechnung, bei der zu viel gezahlte Vorschüsse der Beklagten ohnehin wieder zurückerstattet werden. Das Gericht teilt insoweit ausnahmsweise einmal nicht die Auffassung des Landgerichts Mönchengladbach (Urteil vom 02.11.2020, BeckRS 2020, 30731 Rz. 40), wonach die hälftige Teilung auch für verbrauchsunabhängige Betriebskosten gelte und nur die verbrauchsabhängigen Betriebskosten vom Mieter vollständig zu tragen seien. Diese differenzierende Lösung würde ohnehin erheblichen bürokratischen Berechnungsaufwand für die Parteien auslösen, welcher angesichts des relativ geringen Betrages der zu leistenden Vorauszahlungen unverhältnismäßig ist.

Aus diesem Grund hält es das Gericht nicht für unzumutbar, dass die Beklagte auch für den Monat April 2020 die Betriebskosten- und Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von … € leistet.

11) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ergibt sich für den Monat März 2020, für welchen die Beklagte die monatliche Miete von 2… € vollständig bezahlt hat, folgende Berechnung:

Im März 2020 war das Ladengeschäft an 14 von 31 Tagen vollständig geschlossen, nämlich vom 18.03.2020 bis 31.03.2020.

Demnach ist die geschuldete Miete für 17 Tage vollständig zu bezahlen. Dies ergibt, ausgehend von einem Betrag von … €, geteilt durch 31, multipliziert mit 17 einen Betrag von … €.

Für die 14 Tage der Schließung ist jeweils die Hälfte des Mietzinses zu bezahlen. Dies ergibt, ausgehend von einem Betrag von … €, geteilt durch 31, multipliziert mit 14 und geteilt durch 2 einen Betrag von … €.

Die für März 2020 geschuldete Miete beläuft sich demnach auf … € (1…).

Demnach ergibt sich eine Überzahlung von Miete für den Monat März durch die Beklagte in Höhe von … €.

12) Für den Monat April 2020 ergibt sich folgende Berechnung:

Im April 2020 war das Ladengeschäft an 26 von 30 Tagen geschlossen; nur an 4 Tagen bestand keine behördliche Schließungsanordnung mehr fort.

Demnach ist die geschuldete Miete für 4 Tage vollständig zu bezahlen. Dies ergibt, ausgehend von einem Betrag von … €, geteilt durch 30, multipliziert mit 4 einen Betrag von … €.

Für die 26 Tage der Schließung ist der Mietzins zur Hälfte zu bezahlen. Dies ergibt, ausgehend von einem Betrag von … €, geteilt durch 30, multipliziert mit 4 und geteilt durch 2 einen Betrag von …7 €.

Die für April 2020 geschuldete Miete beläuft sich demnach auf ….

Zieht man wegen der erklärten Aufrechnung der Beklagten von diesem Betrag die Überzahlung aus dem März 2020 in Höhe von … € ab, so verbleibt eine geschuldete Mietzinszahlung in Höhe von … €.

Hinzu kommt die geschuldete Betriebskosten – Heizkostenvorauszahlung für den Monat April 2020 in Höhe von … €, die von der Beklagten ebenfalls nicht entrichtet wurde.

Insgesamt hat die Beklagte somit für den Monat April 2020 eine Gesamtleistung in Höhe von … € (Miete in Höhe von … + Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von … €) zu erbringen.

13) Für die Monate Mai und Juni 2020 hat die Beklagte jeweils den vollen, noch ausstehenden Mietzins von jeweils … € zu entrichten, da in diesen Monaten das Geschäft wieder für den Publikumsverkehr geöffnet war.

14) Für den Monat Juli 2020 hat die Beklagte den wegen der Umsatzsteuersenkung reduzierten Mietzins in Höhe von … € zu entrichten.

15) Im Dezember 2020 war das Ladengeschäft vom 16.12.2020 bis 31.12.2020, somit an 16 Tagen, vollständig geschlossen.

Für die verbleibenden 15 Tage ergibt sich ein zu zahlende Mietzins von … € (Berechnung: wegen der Umsatzsteuersenkung reduzierter Mietzins von … €, geteilt durch 31, multipliziert mit 15 = … €).

Für die 16 Tage der Betriebsschließung im Dezember 2020 ergibt sich eine zu zahlende Miete in Höhe von … € (Berechnung: Mietzins von … €, geteilt durch 31, multipliziert mit 16 und geteilt durch 2 = ….

Somit beträgt die geschuldete Miete für Dezember 2020 insgesamt … + … €).

Da die Beklagte im Voraus aber den vollen Mietzins von … € entrichtet hat, ergibt sich eine Überzahlung in Höhe von … €.

16) Im Januar 2021 war das Ladengeschäft an sämtlichen 31 Tagen vollständig geschlossen.

Deshalb ergibt sich für Januar 2021 folgende Berechnung: Mietzins …9 € (erneut mit Umsatzsteuersatz von 19 %), geteilt durch 2 (wegen Schließung nur hälftiger Betrag) = … €.

Hiervon ist infolge der erklärten Aufrechnung durch die Beklagte die Überzahlung von Miete für den Monat Dezember 2020 in Höhe von … € abzuziehen.

Es verbleibt somit ein restlicher Mietzinsanspruch für Januar 2021 in Höhe von … €.

17) Eine Addition der noch ausstehenden fünf Monatsmieten bzw. der für April 2020 zusätzlich ausstehenden Nebenkostenvorauszahlung ergibt einen Gesamtbetrag von … € ….

a) Diese Hauptsacheforderung ist der Klagepartei nebst Zinsen ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt der einzelnen Mietzinsforderungen zuzusprechen. Hierbei war hinsichtlich der geschuldeten Mietzinszahlungen einerseits und der Betriebskostenvorauszahlung andererseits zu differenzieren: bezüglich der Mietzinszahlungen besteht ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB, bezüglich der Betriebskostenvorauszahlung aber nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil dieser Anspruch keine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB darstellt, vgl. LG Mönchengladbach, a.a.O., Rz. 70.

b) Aus diesem Grund sind auch die Zinsen für die verspätet erst am 17.06.2020 geleistete Betriebskosten-/Heizkostenvorauszahlung für Mai 2020 (Verzugszeitraum vom 04.05.2020 bis 17.06.2020), welche die Klagepartei in Ziffer II der Klageschrift mit … € beziffert hat, von der Klagepartei fehlerhaft unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 9 Prozentpunkten über Basiszinssatz berechnet worden. Unter Zugrundelegung eines Zinssatzes von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (d.h. Verzinsung des Betrages in Höhe von … € mit 4,12 % für 145 Tage) ergibt sich ein Betrag von … €.

Diesen hat das Gericht in Ziffer 2 des Tenors zugesprochen.

18) Zudem sind der Klagepartei aus diesen Betrag vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, berechnet aus einer bei Klageerhebung bestehenden Hauptsacheforderung von … € zuzusprechen (Miete April 2020: 9… €; Nebenkostenvorauszahlung April 2020: … €; Miete für Mai und Juni 2020: jeweils 2…9 €). Unter Zugrundelegung einer 1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300, 1008 VV RVG und der Auslagenpauschale von 20 € gem. Nr. 7001 und 7002 VV RVG aus einem fiktiven Streitwert von …7 € ergibt dies einen Gesamtbetrag von ….

Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

19) Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO; die Kostenquote entspricht dem Maß des jeweiligen Obsiegens bzw. Unterliegens der Parteien. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 2 ZPO.

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