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Darf Mieter bei Mietzeitende den abgeschliffenen Holzfußboden Überstreichen?

AG Neukölln, Az.: 12 C 49/11, Urteil vom 25.08.2011

1. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache, soweit der Kläger begehrt hat, dass den Beklagten untersagt wird, die in der Wohnung vorhandenen Holzfußböden mit Farbe oder anderen Materialien zu streichen, erledigt ist.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung dieses Urteils seitens des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Darf Mieter bei Mietzeitende den abgeschliffenen Holzfußboden Überstreichen?
Foto: archidea/Bigstock

Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 14. Februar 2011 hat der Kläger Klage gegen die Beklagten auf Räumung wegen Eigenbedarfs erhoben.

Durch das am 23. Juni 2011 verkündete und am 27. Juni 2011 den Beklagten zugestellte Urteil sind die Beklagten zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt worden. Wegen des Tenors, des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird auf den Inhalt des am 23. Juni 2011 verkündeten Urteils (Blatt 58 bis 64 d.A.) verwiesen.

Mit der Klage hat der Kläger gleichzeitig begehrt, dass den Beklagten untersagt wird, die in der streitgegenständlichen Wohnung vorhandenen Holzfußböden, die sie bei ihrem Einzug abgeschliffen und versiegelt hatten, mit Farbe oder anderen Materialien zu streichen.

Der Kläger trägt hierzu vor, die Mitarbeiterin des Mietvereins Frau … habe vorgerichtlich gegenüber seinem Prozessbevollmächtigten geäußert, dass „die Beklagten die Möglichkeiten haben, den Fußboden wieder mit Farbe zu streichen“. Dies habe er als Drohung aufgefasst.

In der mündlichen Verhandlung 26. Mai 2011 haben die Beklagten erklärt, dass sie die Holzdielen nicht abschleifen werden.

Daraufhin hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache diesbzgl. für erledigt erklärt. Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Der Kläger beantragt daher, festzustellen, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache, soweit er begehrt hat, dass den Beklagten untersagt wird, die in der Wohnung vorhandenen Holzfußböden mit Farbe oder anderen Materialien zu streichen, erledigt ist.

Die Beklagten beantragen, die Klage auch insoweit abzuweisen.

Sie tragen vor, dass die Mieter grundsätzlich bei Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung in dem angemieteten Zustand zurücksetzen müssten, was vorliegend das Streichen der Holzdielen bedeuten würde.

Mit bei Gericht am 29. Juni 2011 eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten begehren die Beklagten die Ergänzung des Urteils gemäß § 321 ZPO wegen der fehlenden Entscheidung über den Feststellungsantrag.

Entscheidungsgründe

Dem Antrag auf Ergänzung des Urteils war stattzugeben, da er zulässige und begründet ist.

Gemäß § 321 ZPO ist auf Antrag eine gerichtliche Entscheidung unter anderem dann durch Urteil zu ergänzen, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung einen Haupt- oder Nebenanspruch übergangen hat.

Diese Voraussetzung liegt vor, dass das Gericht in seinem am 23. Juni 2011 verkündeten Urteil über den neben dem Räumungsantrag gestellten Feststellungsantrag des Klägers nicht entschieden und damit übergangen hat.

Die 2-wöchige Antragsfrist des § 321 Absatz 2 ZPO, die mit Zustellung des Urteils begann, wurde durch den am 29. Juni 2011 bei Gericht eingegangen Schriftsatz der Beklagtenvertreterin gewahrt.

Die Feststellungsklage ist begründet, da der Rechtsstreit in der Hauptsache wegen der von dem Kläger zunächst begehrten Unterlassung erledigt ist. Voraussetzung für die Erledigung eines Rechtsstreits in der Hauptsache ist, dass der Klagegrund einer zunächst zulässigen und begründeten Klage nach Rechtshängigkeit durch ein erledigendes Ereignis weggefallen ist. Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist dabei derjenige, in dem das erledigende Ereignis eingetreten ist.

Der Klagegrund ist vorliegend nach Rechtshängigkeit durch die zu Protokoll gegebene Erklärung der Beklagten, dass sie die Holzdielen nicht abschleifen werden, weggefallen.

Die von dem Kläger zunächst erhobene vorbeugende Unterlassungsklage war jedenfalls zum Zeitpunkt der Abgabe der zur Erledigungserklärung des Klägers führenden Erklärung der Beklagten begründet.

Materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für eine Unterlassungsklage ist neben dem Unterlassungsanspruch die Wiederholungsgefahr (vgl. Palandt, BGB, 68. Auflage, § 1004 Rnr.: 32). Im Fall einer vorbeugenden Unterlassungsklage ist dabei anstelle der Wiederholungsgefahr die konkrete Gefahr einer Beeinträchtigung des Eigentums oder einer Rechtsverletzung erforderlich (vgl. BGH, Urteil v. 18.09.2009, V ZR 75/08 nach juris).

Der Unterlassungsanspruch ergab sich aus § 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB. Danach kann der Eigentümer für den Fall, das sein Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung beeinträchtigt wird, von dem Störer die Unterlassung einer Beeinträchtigung verlangen, wenn diese zu besorgen ist. Zwar stellt das Streichen der Holzdielen, welches regelmäßig zu den geschuldeten Schönheitsreparaturen gehört, grundsätzlich keine unerlaubte Handlung im Sinne des § 823 Absatz 1 BGB und damit keine Störung des Eigentums eines Vermieters dar, sofern dies nicht mietvertraglich bereits untersagt wurde. Sofern aber der Vermieter dem Mieter gegenüber unmissverständlich äußert, dass er ein Streichen der Dielen bei Rückgabe der Wohnung nicht wolle, wird durch ein entgegen diesem geäußerten Willen vorgenommenes Streichen der Dielen das Eigentum des Vermieters im Sinne des § 1004 Absatz 1 Satz 1 BGB beeinträchtigt. Es kann dahin stehen, ob die Mitarbeiterin des Mietervereins gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers geäußert hat, dass die Beklagten die Dielen mit Farbe streichen könnten. Jedenfalls mit Zustellung der Klageschrift vom 14. Februar 2011 hat der Kläger gegenüber den Beklagten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er die Holzfußböden im abgeschliffenen Zustand weiter benutzen möchte und auf gar keinen Fall einen neuen Anstrich der Dielen wünsche. Indem die Beklagten durch ihre Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 20. April 2011 haben erklären lassen, dass sie der Auffassung sind, dass sie bei Übergabe der Wohnung diese grundsätzlich in den Zustand versetzen müssten, der bei Beginn des Mietverhältnisses bestanden hat, und dass dies das Streichen der Dielen mit Farbe bedeuten würde, haben sie dem Kläger zu verstehen gegeben, dass sie seinen geäußerten Willen ggf. nicht beachten werden.

Auch die für die im vorliegenden Fall erhobene vorbeugende Unterlassungsklage weitere Anspruchsvoraussetzung der konkreten Gefahr einer Beeinträchtigung ist vorliegend gegeben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es dem Kläger nicht zumutbar war abzuwarten, ob die Beklagten tatsächlich die Dielen mit Farbe streichen, da damit die Beeinträchtigung seines Eigentums endgültig eingetreten wäre. In dem die Beklagten während des Rechtsstreit zunächst in keiner Weise erklärt haben, dass es nicht in ihrer Absicht stünde, die Dielen zu streichen, sondern vielmehr sich darauf berufen haben, dass das Streichen zu ihren Mieterpflichten gehöre, ist eine konkrete Gefahr der Beeinträchtigung eingetreten.

Einer erneuten Kostenentscheidung bedurfte es nicht, da die in dem Urteil vom 23. Juni 2011 verkündete Kostenentscheidung durch das Ergänzungsurteil nicht berührt wird.

Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 ZPO.

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