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Duldungspflicht Wohnungseigentümer als Rechtsnachfolger hinsichtlich Baumaßnahme

LG Hamburg – Az.: 318 S 96/18 – Urteil vom 29.01.2020

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 05.09.2018, Az. 539 C 13/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft F. Weg … in … H.. Sie streiten in der Berufungsinstanz über die Verpflichtung der Beklagten zur Duldung von Baumaßnahmen im Rahmen einer von den Klägern begehrten Erweiterung ihres Wohnungseigentums.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat mit seinem am 05.09.2018 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass das in der notariellen Urkunde vom 04.11.1969 unter § 5e enthaltene Ausbaurecht nicht zu einer Duldungspflicht der Beklagten führe. Die Regelung begünstige im Gegensatz zu § 5d derselben Vereinbarung nicht auch Rechtsnachfolger quasi automatisch. Ebenso wenig wirke die Vereinbarung zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Einheit Nr. 2. Darüber hinaus seien auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 3 WEG nicht gegeben, wonach Vereinbarungen, die abweichend von der ursprünglichen Teilungserklärung das Verhalten der Wohnungseigentümer untereinander neu regeln, gegen Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers nur gälten, wenn sie auch als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen würden. Dies sei nicht geschehen. Die Kläger dürften selbst bei einer bindenden Regelung jedenfalls nicht eigenmächtig anstelle eines Holzfensters ein Kunststofffenster einbauen. Auch die Schaffung „eines Fensterdurchbruchs in Form einer Gaube“ sei zu unpräzise. Wenn tatsächlich hinsichtlich des „Ob“ der Ausbaumaßnahme ein Duldungsanspruch ohne Eigentümerversammlung bestünde, so habe diese durch Beschluss ihr Ermessen jedenfalls dahingehend auszuüben, ob zum Beispiel Kunststoff- oder Holzfenster eingebaut werden sollen, und wie die Gaube zu gestalten sei. Das „Wie“ bleibe immer bei der primär zuständigen Eigentümerversammlung.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 10.09.2018 zugestellte Urteil haben die Kläger mit einem am 09.10.2018 bei Gericht vorab per Fax eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.12.2018 mit einem am 04.12.2018 vorab per Fax bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Kläger tragen vor, das Amtsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der begehrte Duldungsanspruch ergebe sich entgegen der Auffassung des Amtsgerichts aus der Regelung in § 5e der notariellen Vereinbarung vom 04.11.1969. Diese schließe nicht aus, dass die Eigentümerin der Wohneinheit Nr. 1 durch mehrheitliche Beschlussfassung gemäß § 22 Abs. 1 WEG oder auch durch eine Vereinbarung an der begehrten Maßnahme zu beteiligen sein werde.

Die Kläger beantragen, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 05.09.2018 (Az.: 539 C 13/17) abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, betreffend ihr Wohnungseigentum mit der laufenden Nr. 3 der Teilungserklärung vom 09.10.1969 der Schaffung eines Fensterdurchbruchs in Form einer Gaube mit den Maßen 2,40 m in der Breite und 0,70 m in der Höhe im Bereich des Wohnzimmers in Richtung Osten unmittelbar angrenzend an die vorhandene Gaube sowie den Einbau eines Kunststoff-Fensters in diesen Durchbruch, welches mit drei identischen, weißen Fensterflügen eingebaut wird, ebenso wie den Ausbau des vorhandenen Holz-Fensters mit den Maßen 2,08 m in der Bereite und 1,52 m in der Höhe im Bereich des Gästezimmers in Richtung Norden und das fachgerechte Verschließen der verbleibenden Fensteröffnung durch Mauerstein zu dulden.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das amtsgerichtliche Urteil.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der vorgetragenen Schriftsätze im Berufungsverfahren Bezug genommen.

II.

1.

Die Berufung der Kläger ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.

Die Voraussetzungen einer Duldungspflicht liegen nicht vor. Bei interessengerechter Auslegung der Regelung in § 5e der notariellen Vereinbarung vom 04.11.1969 ergibt sich, dass eine Duldungspflicht der Beklagten frühestens dann bestünde, wenn die von den Klägern begehrte Erweiterung ihres Wohnungseigentums sowohl öffentlich-rechtlich als auch wohnungseigentumsrechtlich zulässig ist, weil nach wohlverstandenem Interesse der damaligen Vertragsparteien, der Beklagte zu 1) und die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 2) – 4) nicht zu einer Duldung von einer unzulässigen baulichen Maßnahme verpflichtet werden sollten. Der begehrten Erweiterung des Wohnungseigentums Nr. 2 steht derzeit aber zumindest die nach § 22 Abs. 1 WEG erforderliche Zustimmung der Eigentümerin des Wohnungseigentums Nr. 1 entgegen. Diese hat zuletzt auf der Eigentümerversammlung 09.01.2019 einen zu TOP 6 gestellten Antrag der Kläger auf Zustimmung zur Wohnhauserweiterung abgelehnt. Die Zustimmung ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil das Zustimmungserfordernis nach § 22 Abs. 1 WEG in § 5e der notariellen Vereinbarung vom 04.11.1969 wirksam abbedungen wurde. Ob es sich insoweit um eine Vereinbarung nach § 10 Abs. 3 WEG handelt, kann dahin gestellt bleiben. Diese wurde jedenfalls nicht als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen und wirkt daher nicht gegenüber der Eigentümerin des Wohnungseigentums Nr. 1.

Ob die Kläger grundsätzlich überhaupt eigene Ansprüche aus der Regelung in § 5e der notariellen Vereinbarung vom 04.11.1969 herleiten können, kann nach alledem offen bleiben. Die Kläger haben insoweit schon nicht dargetan, dass sie im Rahmen einer Kette von Abtretungen Rechtsinhaber des geltend gemachten Duldungsanspruchs geworden sind. Eine solche Abtretung ergibt sich insbesondere nicht aus § 5 Abs. 7 des notariellen Kaufvertrages vom 09.07.2014 mit dem Voreigentümer der Wohneinheit Nr. 2, wonach der Käufer in alle Rechte und Pflichten der „vorgenannten Teilungserklärungen“ eintritt. Dass es sich bei der notariellen Vereinbarung vom 04.11.1969 um die zuvor im Kaufvertrag erwähnte „Änderungsverhandlung“ zur Teilungserklärung handelt, geht hieraus nicht hervor. Ob die Duldungsklausel in § 5e der notariellen Vereinbarung vom 04.11.1969 eine Vertragsklausel zugunsten Dritter darstellt (§ 328 Abs. 1 BGB), muss nicht entschieden werden (vgl. hierzu OLG München, Beschluss vom 04.08.2009, 32 Wx 33/09).

Es kann daher auch offen bleiben, ob ein (etwaiger) Duldungsanspruch der Kläger verjährt wäre.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 1 und Satz 2, 713 ZPO.

Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren richtet sich nach § 49a Abs. 1 GKG und entspricht der amtsgerichtlichen Streitwertfestsetzung, gegen die sich die Parteien nicht gewendet haben.

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