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Eigenbedarfskündigung auch bei großer Wohnfläche gerechtfertigt

LG Berlin, Az.: 18 S 34/13, Urteil vom 07.05.2014

1) Das am 18.12.2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 212 C 123/12 – wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

(1) Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit sich hinsichtlich des Klageantrages zu 1) (Herausgabe und Räumung) erledigt hat,

(2) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger 2.189,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten um dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7.11.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten und die weitergehende Berufung der Kläger werden zurückgewiesen.

2) Die Beklagten haben die Kosten I. und II. Instanz als Gesamtschuldner zu tragen.

3) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4) Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Mietverhältnis.

Eigenbedarfskündigung auch bei großer Wohnfläche gerechtfertigt
Symbolfoto: Von Gorodenkoff /Shutterstock.com

Wegen des Vorbringens und der Anträge der Parteien in erster Instanz im einzelnen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des am 19.12.2012 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg. Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich Räumung und Herausgabe stattgegeben, hinsichtlich Nutzungsentschädigung ebenso abgewiesen wie die von den Beklagten erhobene Widerklage. Wegen der Begründung im einzelnen wird verwiesen auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Amtsgerichts.

Gegen das ihnen am 20.12.2012 zugestellte Urteil des Amtsgerichts haben die Kläger mit am 17.1.2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 15.2.2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagten haben gegen das ihnen am 29.12.2012 zugestellte Urteil des Amtsgerichts mit am 18.1.2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ebenfalls Berufung eingelegt und diese mit am 20.2.2013 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Kläger halten das angefochtene Urteil für falsch, soweit ihre Klage abgewiesen worden ist. Nachdem die Beklagten die durch sie von den Klägern gemietete Wohnung am 29.4.2013 an die Kläger herausgegeben und geräumt haben, erklären die Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich ihres Räumungsbegehrens für erledigt.

Der Rechtsstreit ist durch Beschluss vom 26.6.2013 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen worden.

Die Kläger beantragen, unter Abänderung des am 18.12.2012 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg zum Az. 212 C 123/12

1) festzustellen, dass sich der Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrages zu 1) (Räumung und Herausgabe) in der Hauptsache erledigt hat,

2) die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 2.189,88 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit (7.11.2012) zu zahlen,

667,35 EUR (außergerichtliche Kosten/ Gebührenrechnung Nr.1200166 vom 17.4.2012)  als Nebenforderung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen  Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit (7.11.2012) zu zahlen.

Die Beklagten schließen sich der teilweisen Erledigungserklärung der Kläger nicht an und beantragen, die Berufung der Kläger zurückzuweisen, sowie unter Abänderung des am 18.12.2012 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg, Az.: 212 C 123/12, die Klage vollumfänglich abzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagten verteidigen die teilweise Klageabweisung durch das Amtsgericht, halten ihre Verurteilung zur Räumung für falsch und verfolgen ihren umfassenden Abweisungsantrag weiter.

Die Kläger beantragen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug im einzelnen wird Bezug genommen auf die in dieser Instanz gewechselten Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschrift vom 7.5.2014.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten bleibt erfolglos. Auf die Berufung der Klägerin ist das Urteil des Amtsgerichts teilweise zu ändern. Zu ändern ist das Urteil außerdem, soweit die Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich ihres Räumungs- und Herausgabebegehrens in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Insoweit ist die Erledigung festzustellen.

Der Rechtsstreit hat sich hinsichtlich des Räumungs- und Herausgabebegehrens erledigt. Die Klage war insoweit zulässig und begründet. Die Beklagten sind nach unbestrittenem Vortrag der Kläger mittlerweile aus der Wohnung ausgezogen und haben diese herausgegeben. Dem entspricht es, dass die Beklagten ihren ursprünglich auf die Verlängerung der ihnen eingeräumten Räumungsfrist über den 30.4.2013 hinaus gerichteten Antrag zurückgenommen haben. Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen die Kündigung der Kläger zum 30.4.2012 wegen Eigenbedarfs für wirksam gehalten. Die Berufung der Beklagten verkennt, dass es zur Begründung des Eigenbedarfs allein darauf ankommt, dass die Kläger die an die Beklagten vermietet gewesene Wohnung selbst nutzen wollten. Unerheblich ist es deshalb, dass die Wohnung der Kläger und die Wohnung der Beklagten zusammen eine Fläche von mehr als 200 m2 haben, weil angesichts der Nutzung durch jedenfalls drei Personen eine missbräuchliche Inanspruchnahme einer zu großen Fläche nicht erkennbar ist, zumal die Kläger nachvollziehbar vorgetragen haben, dass der Kläger zu 1) auch ein Arbeitszimmer benötigt, wofür die bisherige Wohnung nicht ausreichend Platz bietet. Ebenso unerheblich ist es, ob die Kläger die Wohnungen baulich verbinden können, weil eine Nutzung beider Wohnungen, die offensichtlich in derselben Etage desselben Gebäude liegen, ohne weiteres auch durch die äußeren Zugänge erfolgen kann. Das Amtsgericht hat zudem zutreffend ausgeführt, dass die Beklagten die Voraussetzungen eines Härtefalls im Sinne von § 574 BGB nicht hinreichend substantiiert vorgetragen haben.

Darüberhinaus steht den Klägern gemäß § 546a BGB ein Anspruch auf Entschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für die Zeit zu, in der die Beklagte die Wohnung trotz Beendigung des Mietverhältnisses weiter genutzt haben. Dabei handelt es sich um einen vertraglichen Anspruch, der unabhängig davon besteht, ob die Kläger nach Herausgabe die Wohnung anderweit vermieten oder selbst nutzen wollten. Das ergibt sich zum einen aus der Regelung des § 546a BGB selbst, der für einen Schadensersatzanspruch in Abs.2  eine besondere Regelung trifft. Es folgt zum anderen aus den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits vor der Neufassung des § 546a BGB in ständiger Rechtsprechung herangezogenen Grundsätzen des Bereicherungsrechts (vgl. BGH Urteil vom 10.11.1965, VIII ZR 12/64; Urteil vom 14.7.1999, XII ZR 215/97). Danach hat der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses den objektiv zu ermittelnden rechtsgrundlos erlangten Vorteil herauszugeben. Dieser aber richtet sich nach dem objektiv ortsüblichen Mietzins. Diese Überlegungen hat die Neufassung des § 546a BGB letztlich kodifiziert. Aus dem in der Berufung der Beklagten herangezogenen Urteil des BGH vom 5.10.2005, VIII ZR 57/05, ergibt sich nichts anderes, da dort lediglich darüber zu entscheiden war, welche Ansprüche gegebenenfalls für die Zeit nach Rückgabe der Mietsache noch bestehen. Der Berechnung der Kläger zu der unter Heranziehung des Mietspiegels ermittelten Höhe der ortsüblichen Miete sind die Beklagten hinreichend substantiiert nicht entgegengetreten. Das gilt insbesondere dann, wenn man die unbestritten teilweise gewerbliche Nutzung der Wohnung durch die Beklagten berücksichtigt.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs.1 BGB.

Kein Anspruch der Kläger besteht auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Das Amtsgericht hat mit zutreffender Begründung angenommen, dass die Beklagten sich zur Zeit der Aufnahme vorgerichtlicher anwaltlicher Tätigkeit weder mit der Räumung in Verzug befunden haben noch sonstige vertragliche Pflichten verletzt haben. Dass ihre Einwände gegen die Kündigung bei der Gesamtabwägung der gegenseitigen Interessen letztlich nicht durchgreifen, reicht nicht aus.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91Abs.1, 92 Abs.2 Nr.1,97 Abs.1,100 ZPO, die Entscheidung über vorläufige Vollstreckbarkeit und Sicherheitsleistung aus §§ 708Nr.10. 711, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch eine Entscheidung des Revisionsgericht für die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich ist (§ 543 ZPO).

 

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