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Eigenbedarfskündigung bei Nutzungskonzept mit öffentlich-rechtlichen Vorgaben

Eigenbedarfskündigung unwirksam: Mieter behalten Wohnung

Ein Gericht hat entschieden, dass eine Eigenbedarfskündigung eines Vermieters unwirksam ist, da sie nicht mit öffentlich-rechtlichen Vorgaben übereinstimmt. Die Mieter dürfen somit in ihrer Wohnung verbleiben.

Gerichtsurteil gegen Vermieter

Die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter wurde für ungültig erklärt, da die Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht erfüllt sind. Laut Gesetz benötigt der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn er die Räume für sich oder Angehörige nutzen möchte. Im vorliegenden Fall wollte der Vermieter zwei Wohnungen zu einer zusammenlegen.

Öffentlich-rechtliche Vorgaben nicht eingehalten

Das Gericht stellte fest, dass die geplante Zusammenlegung der beiden Wohnungen gegen öffentlich-rechtliche Vorgaben verstößt. Eine erforderliche Genehmigung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB war nicht eingeholt worden. Darüber hinaus wäre eine Genehmigung gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 BauGB auch im Falle der Beantragung nicht in Betracht gekommen, da die Verordnung die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus städtebaulichen Gründen erhalten soll.

Vorratskündigung nicht zulässig

Die Vermieterin hatte im Laufe des Rechtsstreits angegeben, auch eine getrennte Nutzung der Wohnungen in Betracht zu ziehen. Das Gericht wertete diese Aussage jedoch als Hinweis auf eine bloße Vorratskündigung, aus der der Vermieter keine Rechte herleiten kann.

Da die Kündigung unwirksam ist, war es für das Gericht nicht erforderlich, die Frage zu klären, ob die beiden schwerbehinderten Mieter aufgrund von Widerspruchsgründen die Fortsetzung des Mietverhältnisses hätten verlangen können.


Urteil im Volltext

LG Berlin – Az.: 67 S 10/22 – Urteil vom 26.04.2022

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 09. Dezember 2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 122 C 86/21 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Tatbestand entfällt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

II.

Die Berufung ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch nicht gemäß §§ 985, 546 Abs. 1 BGB zu. Die Eigenbedarfskündigung vom 26. April 2020 hat das Mietverhältnis nicht beendet, da die Kündigungsvoraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht gegeben sind.

Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB hat der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Erforderlich ist dafür ein auf vernünftige Gründe gestützter Eigenbedarfswunsch (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 28. April 2021 – VIII ZR 6/19, NJW-RR 2021, 597, beckonline Tz. 17). Vernünftig ist der vom Vermieter verfolgte Nutzungswunsch wegen der auch im Mietrecht zu beachtenden Einheit der Rechtsordnung aber nur dann, wenn er mit öffentlich-rechtlichen Vorgaben im Einklang steht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25. Oktober 1990 – 1 BvR 953/90, NJW 1990, 3259, juris Tz. 17; Kammer, Beschl. v. 12. März 2020 – 67 S 274/19, NZM 2020, 368, beckonline Tz. 19 m.w.N.). Daran fehlt es:

Die zur Begründung der Kündigung herangezogene Zusammenlegung der von den Beklagten innegehalten Wohnung mit der ebenfalls im Eigentum der Klägerin stehenden Nachbarwohnung widerspricht öffentlich-rechtlichen Vorgaben. Denn gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB i.V.m. § 2 Satz 1 der auch die streitgegenständliche Wohnung erfassenden Erhaltungsverordnung für das Gebiet X im Bezirk Y von Berlin vom 23. März 1999 bedürfen der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung der vorherigen Genehmigung. Eine solche Genehmigung ist vor Ausspruch der Kündigung – und bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung – weder eingeholt noch erteilt worden. Ihre Erteilung käme aber selbst im Fall ihrer Beantragung gemäß § 172 Abs. 4 Satz 1 BauGB nicht in Betracht, da durch die Verordnung die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Genau diesem Verordnungsziel handelt die Klägerin mit ihrem zum Gegenstand der Kündigung erhobenen Nutzungsvorhaben zuwider (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28. März 2018 – 2 N 64.15, BeckRS 2018, 4559, Tz. 8 ff.).

Soweit sich die Klägerin im Verlaufe des Rechtsstreits darauf zurückgezogen hat, sie könne sich im Falle der unterbleibenden Zusammenlegung auch eine getrennte Nutzung beider dann weiterhin abgeschlossenen Wohnungen vorstellen, rechtfertigt das keine ihr günstigere Beurteilung. Denn ihr geändertes Vorbringen gebietet den Rückschluss, dass es sich bei der ausgesprochenen Kündigung wegen der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht hinreichend verfestigten Vorstellungen und Planungen um eine bloße Vorratskündigung handelte. Aus einer solchen aber kann der Vermieter ohnehin keine Rechte herleiten (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 23. September 2015 – VIII ZR 297/14, NJW 2015, 3368, beckonline Tz. 22; Kammer, Urt. v. 13. Mai 2021 – 67 S 10/21, WuM 2021, 459, beckonline Tz. 5 m.w.N.).

Davon ausgehend bedarf es keiner Entscheidung, ob die beiden schwerbehinderten Beklagten wegen der von ihnen geltend gemachten Widerspruchsgründe im Falle der hier fehlenden Wirksamkeit der Kündigung nicht gemäß §§ 574 Abs. 1, Abs. 2 BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses hätten verlangen können.

Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen, bestanden gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht.

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