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Eigenbedarfskündigung bei zunächst vorliegender Verkaufsabsicht

AG Hamburg-Blankenese – Az.: 533 C 197/17 – Urteil vom 04.04.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das Einfamilienhaus mit Garage und Garten im … bestehend aus drei Zimmern, Küche, Flur, Bad, WC und Keller zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.07.2018 eingeräumt mit der Maßgabe, dass sie an die Klägerin zum 3. Werktag eines Monats jeweils eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe von 1.500,- € zuzüglich Nebenkosten zu zahlen haben.

3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,- € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 18.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Räumung.

Mit Mietvertrag vom 20.08.2012 (Anl. K 1) mieteten die Beklagten das im Tenor genannte Einfamilienhaus im … von der Klägerin. Der Nettomietpreis beträgt 1.500,- €. Laut § 2 Ziff. 2 des Mietvertrages war eine Befristung des Mietverhältnisses zum 30.08.2017 vorgesehen. Mit Zusatzvereinbarung vom 20.08.2012 (Anl. K 2) vereinbarten die Parteien eine Befristung der Mietzeit auf 5 Jahre, weil die Klägerin das Haus nach Ende der Mietzeit verkaufen wolle sowie ein Vorkaufsrecht der Beklagten.

Mit Schreiben vom 31.05.2013 (Anl. B 1) kündigte die Klägerin das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs, weil ihr Sohn mit seiner Verlobten in das Haus ziehen wolle. Nach Widerspruch der Beklagten (Anl. B 2) verfolgte die Klägerin die Kündigung nicht weiter.

Mit Schreiben vom 13.02.2017 (Anl. K 3) kündigte die Klägerin das Mietverhältnis entsprechend der Befristung zum 30.08.2017. Mit Schreiben vom 18.05.2017 (Anl. K 4) widersprach der Prozessbevollmächtigte der Beklagten der Kündigung.

Mit Schreiben vom 27.06.2017 (Anl. K 5) kündigten die von der Klägerin beauftragten Prozessbevollmächtigten das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs mit der Begründung, dass die Klägerin das Hausgrundstück ihrem getrennt lebenden Ehemann, dem Zeugen …, überlassen wolle. Auf den Inhalt der Kündigung wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14.07.2017 (Anl. K 6) widersprachen die Beklagten der Kündigung und beriefen sich auf einen Härtefall. Das Angebot, die Immobilie gegen Zahlung eines Betrages von 75.000,- € herauszugeben, lehnte die Klägerin ab. … kaufen. Vor der Kündigung vom 13.02.2017 (Anl. K3) hätten die Parteien Gespräche über die Durchführung der Vorkaufsoption aus der Zusatzvereinbarung geführt. Im Auftrag der Klägerin habe ein Makler die Immobilie besichtigt. Ein Verkaufsangebot hätten die Beklagten jedoch nicht erhalten. Am 19.07.2017 habe der Zeuge … bei den Beklagten vor der Tür gestanden und die Beklagte zu 1) als sie die Tür geöffnet habe unter anderem mit „blöde Fotze“ beleidigt. Er habe erklärt, er sei nicht bereit, ein Gerichtsverfahren mitzumachen, da ihn das ruinieren werde. In der nächsten Woche würden neue Mieter das Haus ansehen. Die Beklagte zu 1) solle vorbereitet sein, was nächste Woche passiere. Nach alldem sei davon auszugehen, dass die Klägerin beabsichtige, das Haus zu verkaufen. Neben dem Wunsch der Eigennutzung durch den Zeugen … werde auch bestritten, dass er der getrennt lebende Ehemann der Klägerin und Malermeister sei. Die geplante Nutzung der Immobilie für ein Gewerbe sei zudem unzulässig, da das Haus – was unstreitig ist – in einem reinen Wohngebiet liege. Die Härtefallgründe ergäben sich aus dem Schreiben Anl. K 6. Ein Umzug sei finanziell nicht möglich und auch nicht zumutbar wegen des Schulbesuchs und der sozialen Integration der beiden minderjährigen Kinder.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und …, für deren Aussagen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2018 verwiesen wird.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in der Sache begründet.

1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Räumungsanspruch aus § 546 BGB zu, da die auf Eigenbedarf gestützte Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB wirksam ist.

Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass der geltend gemachte Eigenbedarf nicht vorgeschoben ist und der getrennt lebende Ehemann der Klägerin in das streitgegenständliche Haus ziehen will.

Der Zeuge … hat glaubhaft bekundet, dass er in dem streitgegenständlichen Haus wohnen, sein Büro einrichten und die Garage als Lager nutzen wolle. Als getrennt lebender Ehemann gehört der Zeuge zu dem nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB privilegierten Personenkreis. Der Zeuge hat glaubhaft erklärt, dass er mit der Klägerin verheiratet ist. Sie seien getrennt, hätten aber ein gutes Verhältnis und er wolle auch nicht ausschließen, dass die Klägerin mit in das Haus ziehen werde. Die Angabe der Eheschließung wird auch durch die Trauurkunde Anl. K 11 belegt. Der Hinweis des Beklagtenvertreters, dass eine Ehe vor einem Standesbeamten geschlossen werde, ist zwar zutreffend, die weiter geäußerten Zweifel sind für das Gericht jedoch nicht nachvollziehbar, da es keinen ernsthaften Anhaltspunkt dafür gibt, dass keine standesamtliche Eheschließung stattgefunden hat.

Der Zeuge hat zur Überzeugung des Gerichts auch nachvollziehbar erklärt, weshalb zunächst ein Verkauf des Hauses geplant und im Hinblick darauf die zeitliche Befristung in den Mietvertrag aufgenommen wurde. Der Zeuge hat dazu glaubhaft bekundet, das Haus sei im Zuge seiner Trennung von der Klägerin vermietet worden. Zuvor hätten beide zusammen in dem Haus gelebt. Zum Zeitpunkt der Vermietung an die Beklagten sei ein Verkauf aufgrund der Zinsbindung der Finanzierung nicht in Betracht gekommen. Die Befristung sei auf Vorschlag des Maklers in den Mietvertrag aufgenommen worden, um einen späteren Verkauf zu ermöglichen. Dass die Befristung rechtlich nicht zulässig sei, hätten die Klägerin und er nicht gewusst. Die Klägerin habe das Haus den Beklagten zum Kauf angeboten, da sie davon ausgegangen sei, aufgrund des im Mietvertrag vereinbarten Vorkaufsrechts dazu verpflichtet zu sein. Der Zeuge hat weiter glaubhaft erklärt, die Klägerin und er würden an dem Haus hängen, da es sich um das Elternhaus der Klägerin handele, und der Zeuge wolle in das Haus ziehen, weil seine Kosten zu hoch seien und er diese senken müsse.

Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Zeuge nicht nur aufgrund des Näheverhältnisses zur Klägerin, sondern auch aufgrund seines Wunsches, in das betroffene Haus einzuziehen, ersichtlich ein starkes Eigeninteresse an dem Ausgang des Rechtsstreits hat, sieht das Gericht keinen Anlass an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Er hat ruhig und besonnen seine Angaben gemacht und auch den in Rede stehenden Vorfall am Juli 2017 nicht in Abrede gestellt. Der Zeuge hat eingeräumt, dass er die Beklagten aufgesucht habe. Er sei über das Angebot gegen Zahlung von 75.000,- € auszuziehen, aufgebracht gewesen und habe der Beklagten erklärt, dass keine neuen Mieter mehr ins Haus kommen sollten, weil sie nicht mehr vermieten wollten. Der Zeuge gab zu, dass er lauter geworden sei und im Weggehen etwas Böses gemurmelt habe, allerdings habe er nicht wie von den Beklagten behauptet „blöde Fotze“ gesagt. Die Tochter der Beklagten, die Zeugin … hat zwar bestätigt, dass der Zeuge im Weggehen genau diese Worte gesagt habe. Welche Worte gefallen sind, kann im vorliegenden Verfahren aber dahinstehen, da dies lediglich die Frage der Beleidigung betrifft und der Zeuge selber zugegeben hat, etwas Böses und vermutlich auch Beleidigendes gesagt zu haben. Entscheidend für den Räumungsrechtsstreit ist allein die Frage, ob der Vorfall ein Indiz für einen vorgeschobenen Eigenbedarf darstellt. Dies ist zur Auffassung des Gerichts jedoch nicht der Fall, da die Zeugin die Behauptung der Beklagten, der Zeuge … habe erklärt, nächste Woche würden sich neue Mieter das Haus ansehen, nicht bestätigt hat. Auf ausdrückliche Nachfrage erklärte die Zeugin, sie erinnere nicht, dass darüber gesprochen worden sei.

Soweit die Beklagten Zweifel hinsichtlich der Möglichkeit einer gewerblichen Nutzung in einem reinen Wohngebiet geäußert haben, ergibt sich zur Auffassung des Gerichts auch aus diesem Umstand kein Hinweis auf einen vorgeschobenen Eigenbedarf. Der Zeuge hat glaubhaft erklärt, dass er in dem Haus wohnen wolle. Die Einrichtung eines Büros dürfte unproblematisch sein und eine Untersagung der gewerblichen Nutzung jedenfalls zweifelhaft, da der Zeuge ausweislich der Gewerbeanmeldung Anl. K 13 auch schon früher sein Gewerbe ohne Probleme unter der Adresse angemeldet hatte.

Auch die im Jahr 2013 erklärte Kündigung wegen Eigenbedarfs des Sohnes der Klägerin stellt kein Indiz für eine Täuschung hinsichtlich des streitgegenständlichen Eigenbedarfs für den Zeugen … dar. Die Klägerin hat die Kündigung damals nicht weiter verfolgt. Der Zeuge … erklärte glaubhaft, der Sohn habe zunächst in das Haus ziehen wollen, sei dann aber für eine längere Zeit nach Australien gegangen.

Härtegründe gem. § 574 BGB sind nicht ersichtlich. Die Beklagten haben ihren Vortrag, sie könnten sich einen Umzug finanziell nicht leisten, nach Bestreiten der Klägerin nicht weiter substantiiert. Allein die räumliche Nähe zu den von den minderjährigen Kindern der Beklagten besuchten Schulen begründet keine besondere Härte. Dass ein Wohnungswechsel ernsthafte Umschulungsschwierigkeiten oder andere soziale Probleme für die Kinder der Beklagten nach sich ziehen würde, ist nicht vorgetragen.

2. Die Gewährung der Räumungsfrist beruht auf § 721 ZPO. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 7, 711 ZPO.

 

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