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Eigenbedarfskündigung bei zwei Wohnungen mit einheitlichem Mietvertrag

AG Groß-Gerau – Az.: 61 C 216/10 (14) – Urteil vom 04.01.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger ist Vermieter, die Beklagten sind seit dem 1.2.2009 Mieter des Anwesens Am … in G.. Das Anwesen ist als Zweifamilienhaus mit 2 identischen Wohnungen (jeweils 3 Zimmer, Küche, Bad) auf jeder Etage konzipiert. Die Beklagten haben das gesamte Anwesen gemeinsam mit einheitlichem Mietvertrag gemietet und bewohnen jeweils eine Wohnung.

Bevor das Haus an die Beklagten vermietet wurde, stand es leer.

Der Kläger hat 2 Söhne. Der Sohn F. B., 29 Jahre alt, arbeitete zusammen mit seiner Lebensgefährtin für ca. 5 Monate in einem Hotel in Österreich. Sie hatten sich im Sommer 2009 auf Mallorca kennen gelernt und sind von dort aus nach Österreich gegangen. Beide hatten ihre frühere Wohnung aufgegeben. Nachwuchs war nicht geplant.

Im März 2010 erfuhr der Kläger, dass die Lebensgefährtin seines Sohnes ein Kind erwarte. Das Kind ist inzwischen im September 2010 geboren.

Der zweite Sohn des Beklagten, Fa. B., 25 Jahre alt, arbeitet bei der Fa. … in D.. Er hat keinen Führerschein. Er ist seit mehreren Jahren mit seiner Freundin zusammen.

Mit Schreiben vom 19.4.2010 kündigte der Kläger beiden Beklagten wegen Eigenbedarfs, da er jedem Sohn eine Wohnung in dem Anwesen zur Verfügung stellen möchte. Auf die Kündigungsschreiben (Bl. 15, 16 d. A.) wird Bezug genommen.

Der Kläger verfügt über keine weitere freie Wohnung.

Der Kläger behauptet, sein Sohn F. und seine Lebensgefährtin hätten beabsichtigt, an verschiedenen Orten im Hotel- und Gaststättengewerbe zu arbeiten. Ein Wohnen im Rhein-Main-Gebiet sei nicht vorgesehen gewesen. Beide wohnten zur Zeit bei der Mutter des F. B. in einem Kellerraum des Anwesens G.-Straße … in D., der ca. 16 m² groß ist.

Sein zweiter Sohn Fa. wohne seit über 2 Jahren bei seiner Freundin in einer Zweizimmer-Küche-Bad-Wohnung (54 m²) in der H.-Straße … in D.

Beide Söhne würden mit ihren Lebensgefährtinnen in das Anwesen des Klägers ziehen wollen.

Der Kläger stellt keinen Antrag.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen und nach Lage der Akten zu entscheiden.

Sie berufen sich auf die Unwirksamkeit der Kündigungen vom 19.4.2010 und bestreiten, dass die Söhne des Klägers in das Haus einziehen wollen.

Entscheidungsgründe

Eine Entscheidung nach Lage der Akten ist zulässig, § 331 a ZPO, da bereits in einem früheren Termin mündlich verhandelt worden ist.

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht aus den Kündigungen vom 19.4.2010 ein Anspruch gegen die Beklagten auf Räumung, § 546 BGB, nicht zu.

Gegenstand des Rechtsstreits sind allein die Kündigungen vom 19.4.2010.

Die Kündigungen sind unwirksam.

Gemäß § 573 II Ziffer 2, III BGB sind in dem Kündigungsschreiben die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters anzugeben.

Dieser Voraussetzung genügt die Kündigung, soweit sie auf Eigenbedarf im Hinblick auf den Sohn Fa. gestützt ist, nicht.

Die Begründung der Eigenbedarfskündigung soll dem Mieter die Überprüfbarkeit der Kündigung ermöglichen. Dazu ist es ausreichend, dass sich für ihn das Vermieterinteresse an der Kündigung aus dem Schreiben erschließt und somit der in einem eventuellen Räumungsprozess zu beurteilende Sachverhalt beschränkt wird.

Die Gründe müssen dabei so konkret und ausführlich angegeben werden, dass sie auf ihre Vernünftigkeit und Nachvollziehbarkeit hin überprüft werden können.

Wenn für eine Bedarfsperson gekündigt wird, muss auch deren Bedarfslage dargelegt werden.

Daran fehlt es vorliegend. In den Kündigungsschreiben vom 19.4.2010 hat der Kläger bezüglich Fa. folgendes angegeben: „Außerdem will mein Sohn Fa. umgehend auch „Am …“ eine Wohnung mit seiner Freundin beziehen“.

Dies genügt der Begründungspflicht nicht.

Die Bedarfslage von Fa. wird auch nicht ansatzweise dargelegt. Im Übrigen ist der Wille von Fa. nicht ausschlaggebend, da gemäß § 573 II Ziffer 2 BGB ein berechtigtes Interesse nur dann vorliegt, wenn der Vermieter die Räume für seine Familienangehörigen benötigt. Maßgebend ist damit das berechtigte Interesse des Vermieters, der den Wohnbedarf seines Familienangehörigen decken möchte. Es ist in den Kündigungsschreiben nicht dargelegt, dass der Kläger ein Interesse daran hat, dass Fa. in die gekündigten Räumlichkeiten einzieht.

Da in dem Kündigungsschreiben keine ausreichende Begründung enthalten ist, ist die Kündigung bezüglich des Eigenbedarfs im Hinblick auf Fa. nicht wirksam. Die Angabe der Gründe des berechtigten Interesses im Kündigungsschreiben ist Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung.

Hinsichtlich der Kündigung wegen Eigenbedarfs im Hinblick auf F. ist die rudimentäre Angabe der Gründe ausreichend; damit sind die Kerntatsachen genannt. Der Kündigungsgrund ist identifizierbar und von anderen Gründen zu unterscheiden; eine weitere Substantiierung kann dann noch im Prozess erfolgen.

Allerdings genügt allein der Bedarf von F. für sich, seine Lebensgefährtin und das Kind nicht, um die Kündigung zu rechtfertigen, da die gekündigten Räumlichkeiten den Bedarf für F. übersteigen. Dies sieht auch der Kläger so, der insoweit auch noch den Bedarf für Fa. und dessen Freundin geltend gemacht hat. Wegen der Unwirksamkeit der Kündigung in Bezug auf Fa. kann dessen Bedarf aber nicht berücksichtigt werden.

Bei den gekündigten Räumlichkeiten handelt es sich um ein Objekt mit der Größe eines Zweifamilienhauses bestehend aus 2 identischen Wohnungen je Etage. Da die beiden Wohnungen nicht getrennt, sondern einheitlich mit einem einheitlichen Mietvertrag vermietet sind, können sie nicht getrennt gekündigt werden.

Eine Teilkündigung hat der Kläger auch nicht vorgenommen.

Die Eigenbedarfskündigung setzt voraus, dass der Vermieter die Räume benötigt. Dies Eignung bezieht sich auf die gesamte gekündigte Wohnung bzw. das gesamte gekündigte Mietobjekt. Besteht nur Bedarf an einem Teil des Objekts, ist eine Eigenbedarfskündigung grundsätzlich ausgeschlossen; insoweit muss sich der Kläger an der vorgenommenen einheitlichen Vermietung des gesamten Objekts (trotz zweier getrennter Wohnungen) festhalten lassen (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1997, 711 – zitiert nach juris –).

Ausnahmsweise kann dann etwas anderes gelten, wenn die Teilkündigung einerseits den Belangen des Kündigenden entspricht, andererseits die Interessen des Mieters zumindest nicht unzumutbar beeinträchtigt werden.

Diese Ausnahme ist aber vorliegend schon deswegen nicht zu erörtern, da eine Teilkündigung nicht vorliegt.

Da die Kündigungen vom 19.4.2010 mithin bezüglich des Bedarfs für Fa. nicht wirksam sind, demzufolge der geltend gemachte Bedarf für F. überhöht ist, konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Mangels Hauptforderung stehen dem Kläger auch Nebenforderungen nicht zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils aus § 709 ZPO.

 

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