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Eigenbedarfskündigung wegen geplanter WEG-Wohnungszusammenlegung zulässig?

AG Hamburg – Az.: 25a C 286/19 – Urteil vom 08.09.2020

1. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung … bestehend aus einem Zimmer, Küche, Flur, Bad, WC und einem Kelier zu räumen und geräumt unter Herausgabe aller Schlüssel an die Kläger zu übergeben.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger 12 % und die Beklagte zu 88 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger gemäß Ziff. 1 des Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 2.400,00 abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von Euro 5.000,00 leisten. Im Übrigen kann der jeweilige Vollstreckungsschuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis 31.01.2021 bewilligt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf Euro 3.720,00 festgesetzt.

Tatbestand:

Die Kläger verlangen von der Beklagten Räumung und Herausgabe der im Tenor genannten Wohnung wegen Eigenbedarfs.

Die Kläger … sind Eigentümer zweier nebeneinanderliegenden Wohnungen im …. Die in der Mitte befindliche – streitgegenständliche – 1-Zimmer-Wohnung wird und von der Beklagten aufgrund eines mit den Klägern im Jahr … geschlossenen Mietvertrages bewohnt. Die links daneben befindliche 2-Zimmer-Wohnung wird von den Klägern zeitweilig genutzt, die sich bisher allerdings auch häufig in einer in ihrem Eigentum stehenden 3-Zimmer-Wohnung … aufgehalten haben. Wegen des genauen Schnittes der im Hochparterre gelegenen Wohnungen wird auf den Grundriss Anlage K4 Bezug genommen. In dem … befindet sich in einem höheren Stockwerk noch eine weitere 1-Zimmer-Wohnung, die von … der Beklagten bewohnt wird.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 28.12.2018 (Anlage K2) erklärten die Kläger die Kündigung des Mietverhältnisses mit der Beklagten wegen Eigenbedarfs zum 31.12.2019. Zur Begründung führten sie aus, dass sie die beiden nebeneinanderliegenden Wohnungen mittels eines Wanddurchbruchs zu einer rollstuhlgerechten Wohneinheit verbinden möchten, da sie einen altersgerechten Wohnsitz in Hamburg mit getrennten Schlafzimmern benötigen. Zu diesem Zeitpunkt lag noch kein statischer Nachweis für die Durchführbarkeit eines Wanddurchbruchs zwischen den beiden Wohnungen vor, auch gab es noch keinen Zustimmungsbeschluss seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft oder eine Baugenehmigung. Für die Anfertigung des anwaltlichen Kündigungsschreibens entstanden den Klägern Kosten i.H.v. Euro 503,61.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.10.2019 widersprach die Beklagte der Kündigung, weshalb die Kläger ihr Begehren nunmehr mit der hiesigen Räumungsklage weiterverfolgen.

Die Kläger behaupten, sie benötigten aufgrund ihres Alters und den damit einhergehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihre Wohnung in Hamburg als altersgerechten Wohnsitz. Da die Klägerin zu 1) an einer … leide und infolgedessen extrem schnarche, bräuchten sie zwei Schlafzimmer, um einen ungestörten Schlaf zu haben. Hierfür sei die Einbeziehung der zurzeit von der Beklagten bewohnten Wohnung erforderlich, die mit der von ihnen bewohnten Wohnung über einen Wanddurchbruch zu einer rollstuhlgerechten und geräumigen Wohnung verbunden werden solle. Dies sei technisch möglich und baurechtlich zulässig, die WEG werde dem Vorhaben auch zustimmen. Selbst wenn der Durchbruch nicht gemacht werden könnte, würden sie die von der Beklagten bewohnte Wohnung zumindest zum Schlafen nutzen wollen. Eine unzumutbare Härte für die Beklagte durch einen Auszug sei nicht ersichtlich. Die Beklagte könne im gleichen Haus in die Wohnung ihres Ehemannes ziehen. Sollte ihr dies nicht möglich sein, sei ihr zuzumuten, sich eine anderweitige Wohnung zu suchen.

Die Kläger beantragen,

1. die Beklagte zu verurteilen, die Wohnung …, bestehend aus einem Zimmer, Küche, Flur, Bad, WC und einem Keller zu räumen und bis spätestens zum 31.12.2019 geräumt und unter Herausgabe aller Schlüssel an die Kläger zu übergeben,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 503,61 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet ein, die Kläger hätten ihren Lebensmittelpunkt auf … Selbst wenn der bestrittene Vortrag der Kläger zu ihrem Nutzungswunsch zutreffen sollte, würde dies unter Berücksichtigung ihrer eigenen Interessen keine Beendigung des Mietverhältnisses rechtfertigen. Die von den Klägern angeblich beabsichtigte getrennte Schlafsituation könne auch durch die Errichtung eines Schlafplatzes im Wohnzimmer der bisherigen Wohnung der Kläger im … erreicht werden. Es werde im Übrigen bezweifelt, dass der von den Klägern beabsichtigte Durchbruch zwischen den Wohnungen baurechtlich zulässig sei und die Eigentümergemeinschaft dem zustimmen werde. Für sie selbst würde die Beendigung des Mietverhältnisses eine gravierende unzumutbare Härte darstellen, keineswegs könne sie mit ihrem Ehemann zusammen in dessen 1-Zimmer-Wohnung leben. Angesichts ihres eher geringen Einkommens bestehe keine realistische Chance, auf dem Hamburger Wohnungsmarkt eine andere Wohnung zu finden.

Das Gericht hat die Parteien gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Wegen des Inhalts der Anhörung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 23.06.2020 (Bl. 90 ff. d.A.) Bezug genommen.

Im Anschluss an die Anhörung hat das Gericht u.a. darauf hingewiesen, dass es den Wunsch der Kläger, die Wohnung der Beklagten nutzen zu wollen, als bewiesen erachtet, sich jedoch noch die Frage stellt, wie es sich auswirkt, dass bis dato noch kein statischer Nachweis für die Möglichkeit des Durchbruchs geführt worden ist und auch die Eigentümerversammlung bisher keine Zustimmung erteilt hat. Mit Zustimmung der Parteien ist sodann per Beschluss die Fortsetzung des Rechtsstreits im schriftlichen Verfahren angeordnet und als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, der 11.08.2020 bestimmt worden. Den Klägern hat das Gericht nachgelassen, binnen drei Wochen zu den zuvor erteilten Hinweisen Stellung zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom 07.07.2020 haben die Kläger einen statischen Nachweis über die Durchführbarkeit der Maßnahme eingereicht (vgl. Anlage K5).

Mit weiterem Schriftsatz vom 14.07.2020 haben die Kläger zudem ein Schreiben des für die Wohnungseigentümergemeinschaft bestellten Verwalters eingereicht, aus dem sich ergibt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft der Zusammenlegung der beiden Wohnungen am 10.07.2020 zugestimmt hat (Anlage K6). Die Beklagte hat dieses Vorbringen mit Schriftsatz vom 04.08.2020 als verspätet gerügt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die protokollierten Äußerungen der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

1. Die Kläger haben gegen die Beklagte gemäß. § 546 Abs. 1 BGB Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitbefangenen Wohnung, da das Mietverhältnis durch die Eigenbedarfskündigung vom 28.12.2018 wirksam zum 31.12.2019 beendet wurde.

a) Die Kündigung ist formell wirksam. Die Kündigung ist unter Wahrung der Schriftform erfolgt, auch ist das Kündigungsschreiben ausreichend begründet, § 573 Abs. 3 S. 1 BGB. Einwände gegen die formelle Wirksamkeit erhebt auch die Beklagte nicht.

b) Die Kündigung ist zudem materiell wirksam. Gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Vermieter ein Wohnraummietverhältnis dann ordentlich kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches berechtigtes Interesse liegt gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB insbesondere vor, wenn der Vermieter die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. Durch die persönliche Anhörung der Kläger gemäß § 141 ZPO ist das Gericht zu der nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO erforderlichen Überzeugung gelangt, dass die Kläger die derzeit von der Beklagten bewohnte Wohnung für sich benötigen.

aa) Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Tatbestandsmerkmal des Benötigens nicht erfordert, dass der Vermieter oder einer der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB genannten Angehörigen auf die Nutzung der Wohnung angewiesen ist. Vielmehr benötigt ein Vermieter eine Mietwohnung bereits dann i.S.d. § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB, wenn sein (ernsthafter) Wunsch, die Wohnung künftig selbst zu nutzen oder nahen Angehörigen zu Wohnzwecken zur Verfügung zu stellen, auf vernünftige und nachvollziehbare Gründe gestützt wird. Eine solche Auslegung ist im Hinblick auf die sowohl dem Vermieter als auch dem Mieter zukommende Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG geboten. Danach haben die Gerichte den Entschluss des Vermieters, die vermietete Wohnung nunmehr selbst zu nutzen oder durch den – eng gezogenen – Kreis privilegierter Dritter nutzen zu lassen, grundsätzlich zu achten und ihrer Rechtsfindung zugrunde zu legen. Zur Wahrung berechtigter Belange des Misters dürfen die Gerichte lediglich den Eigennutzungswunsch des Vermieters darauf überprüfen, ob er ernsthaft verfolgt wird, ob er von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen ist oder ob er rechtsmissbräuchlich ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 22.05.2019, VIII ZR 180/18, Rn. 18 f.). Die Interessen des Mieters am Erhalt der Wohnung sind nicht im Rahmen des § 573 BGB, sondern ausschließlich auf dessen Widerspruch gegen die Kündigung nach § 574 BGB zu berücksichtigen (BGH NJW 1988, 904).

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen erfüllt der von den Klägern geschilderte Wunsch, die von der Beklagten bewohnte Wohnung für sich zu nutzen, die Anforderungen des Kündigungstatbestandes des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

aaa) Zur gemäß § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Kläger ihren Lebensmittelpunkt zukünftig in Hamburg haben wollen und nicht … Der Kläger zu 1) hat diesen Wunsch authentisch damit begründet, dass sich die Lebensumstände der Kläger mit dem Alter geändert haben, die Kläger die medizinische Versorgung in Deutschland als besser erachten und sie gerne in der Nähe ihres gemeinsamen Sohnes und dessen Familie wohnen möchten. Es ist nachvollziehbar, dass die Kläger in ihrem fortgeschrittenen Alter eine Wohnsituation wünschen, in der sie einerseits auf ein Gesundheitssystem vertrauen können, das sie als qualitativ hochwertig erachten, und andererseits im Bedarfsfälle ohne weiteres die Hilfe ihres Sohnes und seiner Familie in Anspruch nehmen können. Das erkennende Gericht hat daher keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches der Kläger, der mit der gegebenen Begründung zugleich von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen ist und keinesfalls als missbräuchlich angesehen werden kann. Ob die Einschätzung der Kläger tatsächlich zutrifft, dass – wofür allerdings viel spricht – die medizinische Versorgung in Hamburg besser ist als …, ist dabei ohne Relevanz. Da die Kläger dies jedenfalls so einschätzen und aus diesem Grunde, aber eben auch aus anderen Gründen, fortan ihren Lebensmittelpunkt in Hamburg haben möchten, sind ihre Überlegungen jedenfalls nicht unvernünftig und deshalb zu respektieren. Wo die Kläger sich bisher schwerpunktmäßig aufgehalten haben, hat dabei außer Betracht zu bleiben, weil es hier um die Frage geht, wo sich die Beklagten zukünftig schwerpunktmäßig aufhalten möchten. Im Übrigen wäre die Einrichtung eines Lebensmittelpunktes in der betroffenen Wohnung aber auch nicht einmal zwingende Voraussetzung für die Anmeldung von Eigenbedarf (BVerfG, Beschluss vom 23.04.2014, 1 BvR 2851/13).

bbb) Die Kläger haben weiter glaubhaft geschildert, dass vor diesem Hintergrund ein berechtigtes Interesse daran besteht, neben der von ihnen bereits zeitweilig genutzten 2-Zimmer-Wohnung im … auch die daneben befindliche und von der Beklagten bewohnte 1-Zimmer-Wohnung zu nutzen. Die Ausführungen dazu, dass die Kläger ein zweites Schlafzimmer benötigen, sind ebenfalls verständlich und nachvollziehbar. Das Gericht hat angesichts der glaubhaften Angaben der Kläger keinen Zweifel daran, dass die Klägerin zu 2) tatsächlich – wie auch ausweislich der Anlage K5 ärztlich bescheinigt – an einer schwergradigen … (sog. Schnarchstörung) leidet und deshalb das Schlafen in getrennten Schlafzimmern angezeigt ist. Hierbei handelt es sich um eine Erkrankung, die gerade im hohen Alter vermehrt auftritt. Der Wunsch, zur Vermeidung der damit einhergehenden Belastungen des Klägers zu 1) ein zweites Schlafzimmer nutzen zu können, ist ebenso wie der Wunsch, den Lebensmittelpunkt zukünftig in Hamburg zu haben, von vernünftigen und nachvollziehbaren Erwägungen getragen und damit grundsätzlich zu respektieren. Als ein vernünftiges Interesse wäre sogar der Wunsch, eine größere Wohnung zu erhalten, anerkannt, da es den Gerichten nicht zusteht, eigene Vorstellungen von angemessenem oder zweckmäßigem Wohnen an die Stelle des Vermieters zu setzen (BVerfG NJW-RR 1994, 333, 333).

ccc) Der Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung steht auch nicht entgegen, dass die Kläger bei Ausspruch der Kündigung sowie im Rahmen der Anhörung am 23.06.2020 noch nicht den statischen Nachweis für den Wanddurchbruch geführt und auch noch keine Zustimmung der Eigentümerversammlung oder eine ggf. einzuholende Baugenehmigung eingeholt hatten.

(1) Zu berücksichtigen ist insoweit, dass bei Ausspruch der Kündigung eine vollständige, in alle Einzelheiten gehende Planung ebenso wenig vorliegen muss wie eine Baugenehmigung (LG Hamburg, Urteil vom 25.06.2009, 333 S 67/08, Rn. 16). Entscheidend ist allein, ob die Vorstellungen, die der klagende Vermieter hat, verwirklicht werden können oder ob diese Vorstellungen unrealistisch sind (LG Hamburg, a.a.O.). Andernfalls liefe der Vermieter Gefahr, im Voraus nicht unerhebliche Kosten (etwa für einen Architekten, einen Statiker, die Baugenehmigung selbst) aufwenden zu müssen, ohne sicher sein zu können, dass im Räumungsrechtsstreit sein Eigenbedarf vom Gericht nicht unter einem rechtlichen Aspekt verneint wird, der nicht damit begründet wird, dass die gekündigte Wohnung seinen Nutzungswunsch überhaupt nicht erfüllen kann (OLG Frankfurt NJW 1992, 2300, 2301).

(2) Hier ist festzustellen, dass der Plan der Kläger, einen Wanddurchbruch zwischen den beiden nebeneinanderliegenden Wohnungen zu machen, jederzeit verwirklicht werden kann.

Dabei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein Wanddurchbruch auch bei einer tragenden Wand in aller Regel bautechnisch umsetzbar und bauordnungsrechtlich genehmigungsfähig ist und sich lediglich die Frage stellt, welche Sicherungsmaßnahmen mit Blick auf die Statik durch Verwendung eines geeigneten Trägers zu treffen sind. Der mittlerweile mit Schriftsatz vom 07.07.2020 eingereichte statische Nachweis bestätigt dementsprechend auch die technische Umsetzbarkeit der streitgegenständlichen Maßnahme, die Richtigkeit dieser Feststellungen werden von der Beklagten nicht – jedenfalls nicht substantiiert – bestritten und vom Gericht auch nicht bezweifelt. Demgemäß hat das Gericht auch keinen Zweifel daran, dass die Kläger eine ggf. noch einzuholende Baugenehmigung für das Vorhaben erhalten werden.

Was daneben die (zunächst) fehlende Zustimmung der WEG zu dieser Maßnahme angeht, hat der Kläger zu 2) im Rahmen seiner Anhörung angegeben, dass diese zwar noch nicht vorliege, die Eigentümer jedoch bereits über die Pläne informiert seien und keine Einwände hätten. Diese Einschätzung des Klägers hat sich als zutreffend erwiesen, was durch das Schreiben des für die Wohnungseigentümergemeinschaft bestellten Verwalters vom 13.07.2020 (Anlage K6), ausweislich dessen die WEG dem Vorhaben der Kläger am 10.07.2020 im Wege des Umlaufbeschlusses zugestimmt hat, bestätigt wird. Dies wird von der Beklagten ebenfalls nicht in Abrede gestellt, sie rügt insoweit lediglich Verspätung. Dies geht jedoch schon deshalb fehl, weil verspätetes Vorbringen nur dann nicht zu berücksichtigen ist, wenn dadurch eine Verzögerung des Rechtsstreits droht, vgl. § 296 Abs. 1, Abs. 2 ZPO. Eine solche droht hier aber gerade nicht, da die Beklagte die mittlerweile erfolgte Zustimmung durch die WEG überhaupt nicht in Abrede stellt Zudem wäre hier ungeachtet dessen zu Gunsten der Kläger auch zu berücksichtigen, dass ein Wanddurchbruch durch eine im Gemeinschaftseigentum stehende Wand zum Zwecke der Verbindung zweier nebeneinanderliegender Wohnungen durch einen Miteigentümer stets zulässig ist, wenn hierdurch keine Gefahren für das Gebäude begründet werden, namentlich weder Statik noch Brandschutz gefährdet werden (Amtsgericht Karlsruhe, Urteil vom 15.07.2015, 9 C 299/14 WEG).

(3) Im Übrigen hat der Kläger zu 2) aber auch ergänzend ausgeführt, dass die Kläger die von der Beklagten bewohnten Wohnung selbst denn zum Schlafen nutzen würden, wenn sie keinen Durchbruch machen könnten. Auch dieses Vorbringen bewertet das Gericht als glaubhaft, da es sich um eine spontane Äußerung des Klägers zu 2) gehandelt hat, die ebenfalls nachvollziehbar ist. Schließlich liegen die Wohnungseingangstüren derart dicht beieinander, dass eine solche Nutzung ohne große Mühen möglich ist. Zwar handelt es sich hierbei um eine nicht ganz übliche Art der Nutzung. Angesichts des glaubhaften und nachvollziehbaren Wunsches der Kläger, ihren Lebensmittelpunkt fortan in Hamburg zu haben und dort in getrennten Schlafzimmern zu nächtigen, ohne das Wohnzimmer als zweites Schlafzimmer in Anspruch nehmen zu müssen, ist das Gericht davon überzeugt, dass die Kläger eine solche Nutzung vorziehen, sollte sich der Wanddurchbruch doch nicht realisieren lassen. Der Umstand, dass die Kläger diese Möglichkeit der Nutzung nicht bereits im Kündigungsschreiben erwähnt haben, führt nicht dazu, dass dies im vorliegenden Räumungsrechtsstreit nicht zu berücksichtigen ist, da es sich hierbei lediglich um eine Ergänzungstatsache und nicht um eine Kerntatsache handelt.

ddd) Der Einwand der Beklagten, die streitgegenständliche Wohnung befinde sich im Hochparterre und könne nicht als rollstuhlgerechte Wohnung genutzt werden, ist schon deshalb ohne Relevanz, weil die Kläger nach dem Eindruck des Gerichts nicht auf die Nutzung eines Rollstuhls angewiesen sind und die Möglichkeit einer rollstuhlgerechten Nutzung auch nicht als den wesentlichen Grund für die Eigenbedarfskündigung dargestellt haben. Im Übrigen kann aber auch eine Wohnung im Hochparterre grundsätzlich weitestgehend barrierefrei ausgestaltet werden, z.B. mittels eines Treppenlifts. Der in diesem Zusammenhang erhobene weitere Einwand, aufgrund der von den Kläger hervorgehobenen körperlichen Einschränkungen sei zu bezweifeln, dass diese die Wohnung für einen mehrjährigen Zeitraum nutzen könnten, ist als unangebrachte Spekulation nicht zu berücksichtigen.

cc) Da die Kündigungsfrist gemäß § 573 c Abs. 1 BGB mittlerweile abgelaufen ist, ist der Räumungsanspruch grundsätzlich per sofort fällig.

c) Die weiteren Einwände der Beklagten, die als Widerspruch i.S.d. § 574 BGB einzuordnen sind, greifen nicht durch. Eine unzumutbare Härte i.S.d. § 574 BGB liegt vor, wenn die Interessen des Mieters am Fortbestand des Mietverhältnisses diejenigen Interessen des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses überwiegen. Dafür ist hier nichts ersichtlich. Der Umstand; dass die Beklagte sich nicht in die Wohnung ihres Ehemannes begeben möchte, mag zwar dazu führen, dass sie eine Wohnung für sich alleine suchen muss. Der daran anknüpfende Einwand, angesichts ihres eher geringen Einkommens bestehe für die Beklagten keine realistische Chance, eine solche auf dem Hamburger Wohnungsmarkt zu finden, überzeugt indes nicht. Zweifelsohne wird es für die Beklagte mit Schwierigkeiten verbunden sein, eine angemessene Ersatzwohnung zu finden, das Gericht vermag jedoch mangels substantiierten Sachvortrags nicht zu erkennen, dass eine angemessene Ersatzwohnung überhaupt nicht beschafft werden kann.

2. Für einen Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen klägerischen Anwaltskosten i.H.v. Euro … fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Die Regelungen des §§ 280 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB scheiden mangels Verzuges im Zeitpunkt der anwaltlichen Beauftragung aus, andere vertragliche Schadensersatzansprüche sind mangels schuldhafter Pflichtverletzung der Beklagten nicht ersichtlich. Die für das Kündigungsschreiben entstandenen Anwaltskosten sind allein auf den Eigennutzungswunsch der Kläger zurückzuführen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Von der Möglichkeit, der Beklagten gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, hat das Gericht keinen Gebrauch gemacht, da die Zuvielforderung nicht mehr verhältnismäßig geringfügig ist. Die Kostenquote hat das Gericht anhand eines fiktiven Streitwertes von Euro … (Hauptforderung + Nebenforderung) ermittelt.

III.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 7, Nr. 11, 711 ZPO.

IV.

Die Entscheidung, der Beklagten eine Räumungsfrist zu bewilligen, beruht auf § 721 Abs. 1 S. 1 ZPO. Das Interesse der Kläger, die Wohnung sofort zu erlangen, ist als eher gering zu bewerten, da es ihnen im Wesentlichen darum geht, ein zweites Schlafzimmer zu erhalten. Demgegenüber ist das Interesse der Beklagten, die Wohnung vorläufig noch weiter nutzen zu können, als erhöht einzustufen, da sie nach ihren glaubhaften Angaben im Rahmen der persönlichen Angaben trotz bereits begonnener Suche bisher noch keine Ersatzwohnung gefunden hat und die Suche nach Einschätzung des Gerichts angesichts des angespannten Hamburger Wohnungsmarktes auch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen wird. Die Beklagte ist nach hiesiger Auffassung auch derzeit nicht darauf zu verweisen, dass sie zu ihren Ehemann in die von diesem bewohnte 1-Zimmer-Wohnung im selben Haus ziehen könnte. Diese Wohnung ist ersichtlich nur bedingt geeinigt, von zwei Personen genutzt zu werden.

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