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Eigenbedarfskündigung – Wohnung als Zweitwohnung gedacht

AG Schöneberg – Az.: 104 C 37/20 – Urteil vom 24.06.2020

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Schöneberg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.05.2020 mit Schriftsatzfrist für die Beklagten bis zum 3. Juni 2020 für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die im L. Weg, EG rechts, in ### B. gelegene Mietwohnung, bestehend aus 2 ½ Zimmern nebst Küche, Bad mit WC, Diele und Abstellraum mit einer Wohnfläche von 69,32 m² sowie den Kellerraum, der auf dem als Anlage beigefügten Aufteilungsplan mit der Nr. 111 beziffert und gelb umrandet ist, zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,- Euro abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. Oktober 2020 gewährt.

Tatbestand

Mit schriftlichem Mietvertrag vom 1. August 1985 mietete der Beklagte zu 1. zusammen mit seiner damaligen Ehefrau von der G., G. S. u. W. Gesellschaft B. mbH, die seinerzeit Eigentümerin des Grundstücks L. Weg in ### B. war, auf unbestimmte Zeit ab dem 1. September 1985 eine 69,32 m² große ofenbeheizte 2 ½ -Zimmer-Wohnung mit Küche, Bad mit WC und Diele im Erdgeschoss rechts des auf diesem Grundstück errichteten Mehrfamilien-Wohnhauses.

Unter § 4 ist in dem Mietvertrag geregelt, dass das Mietverhältnis nur nach Maßgabe der allgemeinen Vertragsbestimmungen gekündigt werden kann. In den allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Mietvertrag heißt es unter Nr. 10 Abs. 1: “ Das Wohnungsunternehmen wird von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen. Es kann jedoch in besonderen Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen, wenn wichtige berechtigte Interessen des Wohnungsunternehmens eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Mietvertrages in Kopie in Anlage K 1 zur Klageschrift, Bl. 11ff d. A., Bezug genommen.

Im Jahre 1997 wurde das Gebäude in Wohnungseigentum aufgeteilt.

Die G., G. S. u. W. Gesellschaft B. mbH, wurde privatisiert. Die neue Eigentümerin, die YYYY Gesellschaft mbH in B. bot der XXXX GmbH mit notariell beurkundeter Erklärung vom 31. August 2006 den käuflichen Erwerb u.a. der Wohnung der Beklagten als Treuhandeigentum zur Weiterveräußerung an Enderwerber an. Dazu heißt es in dem Kaufvertrag, den die XXXX GmbH mit notariell beurkundeter Erklärung vom 29. Dezember 2006 annahm, unter V. 5.: „Der Käufer übernimmt gegenüber den heutigen Mietern folgende Verpflichtungen und verpflichtet sich, in den Verträgen mit den Enderwerber die folgenden Verpflichtungen aufzunehmen:…Auf Kündigungen wegen Eigenbedarfs und wirtschaftlicher Verwertung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB oder, sollten an die Stelle des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB andere gesetzliche Bestimmungen treten, im Sinne dieser Bestimmungen zu verzichten.“

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der notariellen Erklärungen in Kopie in Anlage B1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 1. April 2020, Bl. 70ff d.A. Bezug genommen.

Dieser Kaufvertrag wurde den Mietern zur Kenntnis übersandt, um ihnen die Möglichkeit zur Ausübung ihres gesetzlichen Vorkaufsrechts gemäß § 577 BGB zu geben. Der Beklagte zu 1. und die damalige Mitmieterin machten hiervon keinen Gebrauch.

Die XXXX GmbH verkaufte dann den mit dem Sondereigentum an der Wohnung im Erdgeschoss rechts verbundenen Miteigentumsanteil an dem Grundstück L. Weg in ### B. u.a. an Herrn C. J., der am 29. Mai 2008 als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen wurde.

Nach der Scheidung der Eheleute trat die Beklagte zu 2. mit Wirkung zum 1. Dezember 2016 anstelle der früheren Ehefrau des Beklagten zu 1. als neue Mitmieterin in das Mietverhältnis ein.

Die Klägerin wurde am 1. August 2018 als neue Eigentümerin des mit dem Sondereigentum an der den Beklagten vermieteten Wohnung verbundenen Miteigentumsanteils im Grundbuch von Schöneberg eingetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Ausdrucks vom 3. August 2018 aus dem Wohnungsgrundbuch von Zehlendorf Blatt 20141 in Anlage K2 zur Klageschrift, Bl. 22 d. A., Bezug genommen.

Die Miete liegt seither bei 309,44 Euro nettokalt zzgl. 131,- Euro Betriebskostenvorschuss, zusammen 440,44 Euro.

Mit Schreiben vom 23. Mai 2019 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis zum 28. Februar 2020 wegen Eigenbedarfs. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens in Kopie in Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 34ff d. A., Bezug genommen.

Mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 12. Dezember 2019 widersprachen die Beklagten der Kündigung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens in Kopie in Anlage K 3 zur Klageschrift, Bl. 12f d. A., Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 9. April 2020 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos wegen verschiedener Äußerungen des Beklagten zu 1. gegenüber dem von ihr beauftragten Installateur, Herrn W.. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens in Kopie in Anlage K 7 zum Schriftsatz der Klägerin vom 29. April 2020, Bl. 132ff d. A., Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet, sie beabsichtige, die Wohnung der Beklagten zu sanieren und dann zunächst als Zweitwohnsitz, spätestens mit ihrem Eintritt in den Ruhestand in drei Jahren aber als Altersruhesitz zu nutzen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die im L. Weg, EG rechts, in ### B. gelegene Mietwohnung, bestehend aus 2 ½ Zimmern nebst Küche, Bad mit WC, Diele und Abstellraum mit einer Wohnfläche von 69,32 m² sowie den Kellerraum, der auf dem als Anlage beigefügten Aufteilungsplan mit der Nr. 111 beziffert und gelb umrandet ist, zu räumen und geräumt an sie herauszugeben.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, die verlangte Räumung stelle für sie eine Härte dar, die auch unter Würdigung eventueller berechtigter Interessen der Klägerin nicht zu rechtfertigen sei: Der Beklagte zu 1. sei in Z. verwurzelt; seine Familie sei dort seit Generationen ansässig; er habe langjährige enge soziale Kontakte im Hause und der näheren Umgebung; es sei ihnen nicht möglich, eine vergleichbare Wohnung zu finden, die sie mit den ihnen monatlich zur Zeit zur Verfügung stehenden Einkünften – erst recht von ihren künftigen Rentenbezügen – bezahlen können.

Sie sind der Auffassung, die Regelung in dem Kaufvertrag zwischen der YYYY GmbH und der XXXX GmbH sei, soweit sie zusätzliche Verpflichtungen gegenüber den Mietern begründet hat, unmittelbarer Inhalt und Gegenstand ihres Mietvertrages geworden, weshalb der Verzicht auf das Kündigungsrecht bei Eigenbedarf auch die Klägerin binde – dies hätten sie bei der Frage der Ausübung ihres Vorkaufsrechts berücksichtigt.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig.

Das Amtsgericht Schöneberg ist gemäß § 23 Nr. 2a GVG sachlich und nach § 29a ZPO örtlich zuständig, weil die streitgegenständlichen Miet-Wohnräume im hiesigen Gerichtsbezirk liegen.

B.

Die Klage ist auch begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner Anspruch auf Räumung und Herausgabe der 2 ½-Zimmerwohnung im Erdgeschoss rechts des Hauses L. Weg in ### B. Berlin gemäß §§ 546 Abs. 1 und 985 BGB.

I.

Nach § 546 Abs. 1 BGB ist der Mieter verpflichtet, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurückzugeben.

Diese Voraussetzung liegt hier vor.

1. Der Beklagte zu ist unstreitig seit dem September 1985, die Beklagte zu 2. seit dem 1. Dezember 2016 Mieter der im Erdgeschoss rechts des Hauses L. Weg in ### B. gelegenen Wohnung bestehend aus 2 ½ Zimmern nebst Küche, Bad mit WC, Diele und Abstellraum sowie dem Kellerraum Nr. 11

Die Klägerin ist unstreitig mit dem Erwerb eines Miteigentumsanteils an dem Grundstück, der mit dem Sondereigentum an der den Beklagten überlassenen Wohnung verbundenen ist, am 1. August 2018 gemäß § 566 BGB für die Dauer ihres Eigentums als Vermieterin in die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag eingetreten.

1. Die Kündigung vom 23. Mai 2019 hat das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet.

a) Die Kündigung ist formell wirksam.

1. Die Kündigung ist formgerecht gemäß § 568 Abs. 1 BGB erklärt worden.

Nach dieser Regelung bedarf die Kündigung eines Mietverhältnisses der schriftlichen Form. Das bedeutet gemäß § 126 Abs. 1 BGB, dass die Urkunde vom Vermieter oder von dessen berechtigtem Vertreter eigenhändig unterschrieben oder mit einem notariell beglaubigten Handzeichen versehen sein muss. Diese Voraussetzung ist hier unstreitig erfüllt. Das Kündigungsschreiben ist von der Klägerin eigenhändig unterzeichnet worden.

2. Nach § 573 Abs. 3 S. 1 BGB sind in dem Kündigungsschreiben die Gründe für das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses anzugeben.

Das ist hier geschehen. Der Begründungspflicht des § 573 Abs. 3 BGB ist genügt, wenn der Vermieter darlegt, dass er ein berechtigtes Interesse an der streitgegenständlichen Mietwohnung hat. Der Zweck dieser Vorschrift liegt darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn in die Lage zu versetzen, alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Er muss also durch die Begründung in die Lage versetzt wird, abzuschätzen, ob er die Kündigung mit Aussicht auf Erfolg in Frage stellen kann oder ob er sie hinnehmen und sich nach einer neuen Wohnung umsehen muss. Diesem Zweck genügt es, wenn das Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund so genau bezeichnet, dass er identifiziert und von anderen Gründen unterschieden werden kann (vgl. Urteil des BGH vom 27. Juni 2007 zu VIII ZR 271/06). Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs reicht es insofern grundsätzlich aus, wenn die Person, für die die Wohnung benötigt wird, benannt und ihr Interesse an der Erlangung der Wohnung dargelegt wird (vgl. Versäumnisurteil des BGH vom 6. Juli 2011 zu VIII ZR 317/10).

Die Klägerin hat in ihrem Kündigungsschreiben dargelegt, dass sie die Wohnung abschnittsweise – entsprechend den ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln – sanieren und zunächst bis zum Eintritt in den Ruhestand als Zweitwohnsitz, danach – spätestens ab 2023 – als Altersruhesitz nutzen möchte; sie sei vor rund 20 Jahren aus beruflichen Gründen von ihrer Heimatstadt B. aus nach K. gezogen, dort aber nie heimisch geworden, weshalb sie im Alter wieder nach Berlin zurückkehren wolle; ihre bisherige 1-Zimmer-Wohnung in der R. Straße in K. sei nicht nur zu klein, um dort Familienangehörige und Freunde zu beherbergen, sondern auch erheblich durch Verkehrslärm und zudem seit einiger Zeit auch durch Baulärm beeinträchtigt; seit Januar 2019 habe sie sich wegen mehrfacher krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit dem Lärm auch tagsüber aussetzen müssen, was ihrer Gesundheit nicht zuträglich sei; sie benötige deshalb eine ruhiger gelegene Wohnung – wie die der Beklagten.

Diese Ausführungen sind in sich stimmig und zur Erläuterung des Eigenbedarfs völlig ausreichend.

b) Die Kündigung ist den Beklagten auch unstreitig zugegangen.

c) Die Klägerin hat aufgrund des geltend gemachten Eigenbedarfs an der streitgegenständlichen Mietwohnung ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses mit den Beklagten gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB.

Eigenbedarf liegt vor, wenn der Vermieter die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt. So ist es hier.

1. Das Merkmal “ benötigt “ bedeutet nicht, dass der Vermieter sich in einer Not-, Mangel- oder Zwangslage befinden müsste.

Es schadet auch nicht, wenn der Bedarf gezielt, etwa durch freiwillige Aufgabe der bisherigen Wohnung, herbeigeführt wird (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1993 zu 1 BvR 696/93).

Es genügt der ernsthafte, auf vernünftige, der Rechtsordnung nicht widersprechende Erwägungen gestützte Nutzungswunsch (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14. September 1989 zu 1 BvR 674/89; Rechtsentscheid des BGH vom 20. Januar 1988 zu VIII ARZ 4/87).

Nach der Anhörung der Klägerin steht zur Überzeugung des Gerichts im Rahmen der ihm nach § 286 Abs. 1 S. 1 ZPO zustehenden freien Beweiswürdigung fest, dass sie ernsthaft beabsichtigt, im Anschluss an die Sanierung der Wohnung der Beklagten diese selbst zu beziehen. Sie hat dafür auch vernünftige Gründe genannt. Sie hat erklärt, dass sie in B. geboren und aufgewachsen und nur aus beruflichen Gründen nach K. gezogen sei, jedoch nach Beendigung ihrer Berufstätigkeit wieder nach B. zurückkehren wolle; ihre bisherige Wohnung in der R. Straße in K. koste mit 367,- Euro monatlich fast genauso viel, wie sie selbst von den Beklagten an Miete erhalte, habe aber nur ein Zimmer und sei damit zu klein, um dort Familienangehörige und Freunde zu beherbergen; darüber hinaus sei sie auch erheblich durch Verkehrs- und Baulärm beeinträchtigt, was ihrer Gesundheit nicht zuträglich sei; in B. gäbe es auch ein breiteres Therapieangebot für ihre Krebs-Erkrankung.

Anhaltspunkte für Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Eigennutzungswunsches der Klägerin haben sich nicht ergeben und werden auch von den Beklagten nicht konkret vorgebracht.

Wer finanzielle Mittel dazu verwendet, eine Eigentumswohnung zu erwerben, um in dieser selbst zu wohnen, gestaltet sein Leben selbst dann vernünftig und nachvollziehbar, wenn er sich hierzu allein deswegen entschließt, um künftig “ Herr seiner eigenen vier Wände “ zu sein (vgl. Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11. November 1993 zu1 BvR 696/93; Urteil des BGH vom 11. Dezember 2019 zu VIII ZR 144/19).

Das haben die Gerichte zu respektieren.

2. Es handelt sich auch nicht um eine unzulässige Vorratskündigung.

Dies wäre der Fall, wenn die Wohnung weder gegenwärtig noch in absehbarer Zeit, sondern allenfalls zu einem noch ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft genutzt werden soll (vgl. Urteile des BGH vom 18. Mai 2005 zu VIII ZR 368/03 und vom 23. September 2015 zu VIII ZR 297/14). So ist es hier aber nicht. Der Nutzungswunsch der Klägerin hat sich bereits so weit verdichtet, dass sie ein konkretes Interesse an einer Eigennutzung in absehbarer Zeit hat. Sie hat erklärt, dass sie die Wohnung, sobald sie frei ist, sanieren und nach Abschluss der Sanierungsarbeiten – deren Dauer sie noch nicht absehen könne, aber auf ungefähr ein Jahr veranschlage – für mehr als zwei Wochenenden im Monat als Zweitwohnsitz nutzen wolle; mit ihrem Renteneintritt – spätestens ab 2023 – werde sie dann vollständig nach B. in diese Wohnung umziehen.

Ihre Pläne sind damit hinreichend konkret, um die Annahme einer Vorratskündigung auszuschließen.

Dem steht auch nicht entgegen, dass sich die geplanten Sanierungsarbeiten nach Angaben der Klägerin möglicherweise über einen längeren Zeitraum als unbedingt notwendig erstrecken werden, weil sie sie nur abschnittsweise nach Maßgabe der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel und teilweise auch in Eigenleistung und mit Hilfe von Familienangehörigen durchführen will. Ob der Eigentümer die von ihm für notwendig erachteten Arbeiten zur Anpassung der Wohnung an seine Bedürfnisse beschleunigt durchführt oder sie sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, berührt die Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung nicht (vgl. Urteil des BGH vom 18. Mai 2005 zu VIII ZR 368/03).

3. Es schadet auch nicht, wenn die beabsichtigte Nutzung sich bis zum Eintritt der Klägerin in den Ruhestand auf eine Nutzung als Zweitwohnsitz beschränken soll.

Das Benötigen im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB setzt keine relative Mindestnutzungsdauer oder die Begründung eines Lebensmittelpunkts in der Wohnung voraus (vgl. Beschlüsse des BGH vom 22. August 2017 zu VIII ZR 19/17 und vom 21. August 2018 zu VIII ZR 186/17; Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 23. April 2014 zu 1 BvR 2851/13; entgegen dem Urteil des AG Wolfratshausen vom 28. Juni 2012 zu 8 C 51/12). Hier ist schon deshalb keine enge Handhabung der Kündigungsvoraussetzungen geboten, weil die von der Klägerin beabsichtigte Nutzung der Wohnung als Zweitwohnsitz nur vorübergehend erfolgen und in absehbarer Zeit in eine Nutzung als Altersruhesitz übergehen soll.

4. Die Wirksamkeit der Kündigung setzt nicht voraus, dass das Erlangungsinteresses des kündigenden Vermieters das Bestandsinteresse des Mieters überwiegt.

c) Die Eigenbedarfskündigung ist – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht ausgeschlossen.

1. § 577a BGB steht der Kündigung unter Berufung auf berechtigte Interessen im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht entgegen.

Diese Vorschrift greift hier nicht ein, weil der an die Beklagten vermietete Wohnraum bereits vor mehr als zehn Jahren in Wohnungseigentum umgewandelt und erstmals veräußert worden ist.

2. Die Bestimmung in den allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Mietvertrag unter Nr. 10 Abs.1, wonach das Wohnungsunternehmen von sich aus das Mietverhältnis grundsätzlich nicht auflösen und nur in besonderen Ausnahmefällen das Mietverhältnis schriftlich unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen kündigen wird, wenn wichtige berechtigte Interessen des Wohnungsunternehmens eine Beendigung des Mietverhältnisses notwendig machen, stellt keinen vertraglichen Verzicht auf das Recht zur Eigenbedarfskündigung dar. Insoweit gilt der Grundsatz, dass in Zweifelsfällen gemäß §§ 133, 157 BGB nicht davon auszugehen ist, dass ein Verzicht wollt ist (vgl. Beschluss des OLG Düsseldorf vom 8. November 1999 zu 20 W 48/99). Hier handelt es sich schon nach dem Wortlaut lediglich um eine Absichtserklärung, die zudem ersichtlich nur für die damalige Vermieterin, nämlich „das Wohnungsunternehmen“, gelten sollte, nicht aber für etwaige künftige Vermieter.

3. Die Klausel unter V. 5. des Kaufvertrages zwischen der YYYY Gesellschaft mbH und der XXXX GmbH vom 29. Dezember 2006, wonach der Käufer gegenüber den heutigen Mietern die Verpflichtung übernimmt, auf Kündigungen wegen Eigenbedarfs und wirtschaftlicher Verwertung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB zu verzichten und sich verpflichtet, in den Verträgen mit den Enderwerber dieselbe Verpflichtung aufzunehmen, ist nicht Bestandteil des Mietvertrages der Beklagten geworden, auch wenn der Kaufvertrag seinerzeit den Mietern zur Kenntnis übersandt worden ist, um ihnen die Möglichkeit zur Ausübung ihres gesetzlichen Vorkaufsrechts gemäß § 577 BGB zu geben.

Dies ergibt sich schon daraus, dass die XXXX GmbH sich verpflichtet hat, den Verzicht auch in die Verträge mit den Enderwerbern, die die vermieteten Wohnungen von ihr erwerben, aufzunehmen. Dies wäre völlig überflüssig, wenn der zwischen der YYYY Gesellschaft mbH und der XXXX GmbH vereinbarte Verzicht Bestandteil aller Mietverträge mit den damaligen Mietern geworden wäre, denn dann wären automatisch alle Erwerber nach § 566 BGB für die Dauer ihres Eigentums in dieser Verpflichtung eingetreten. So sollte es aber – anders als in dem Fall, der der Entscheidung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 10. September 2018 zu 211 C 85/18 zugrunde lag – hier offenbar nicht sein.

Die XXXX GmbH hat sich auch nur verpflichtet, den Verzicht vertraglich denjenigen aufzuerlegen, die das Wohnungseigentum von ihr kaufen, nicht aber diese ihrerseits zu verpflichten, den Verzicht auf eine Eigenbedarfskündigung im Falle einer Weiterveräußerung auch von ihrem Vertragspartner zu verlangen und diesen ebenso zu verpflichten, den Verzicht seinerseits bei einer Veräußerung der Wohnung zur Bedingung zu machen.

Entsprechend heißt es auch in den von den Beklagten zitierten Regelungen in dem Privatisierungsvertrag der G. lediglich, dass die Käufer und Investoren auf Kündigungen wegen Eigenbedarfs und wirtschaftlicher Verwertung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB verzichten und dafür einstehen, „dass bei Verkäufen an Gemeinschaften und Genossenschaften oder bei en-bloc-Verkäufen an Sonstige diese Pflicht vom Erwerber der jeweiligen Wohnung und dessen Rechtsnachfolgern übernommen werden“. Die Klägerin ist aber weder eine Gemeinschaft oder Genossenschaft noch hat sie Wohnungen aus dem Bestand der G., G. S. u. W. Gesellschaft B. mbH en-bloc erworben. Sie gehört vielmehr zu der nach Ziffer 5.3 „bevorzugten Erwerbergruppe“ der „hinzuziehenden Eigennutzer“.

Es mag sein, dass es sich bei der Vereinbarung zwischen der YYYY Gesellschaft mbH und der XXXX GmbH über den Verzicht der Erwerberin auf Kündigungen wegen Eigenbedarfs und wirtschaftlicher Verwertung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB und ihrer Verpflichtung, in die Verträge mit den Enderwerber dieselbe Verpflichtung aufzunehmen, um einen Vertrag zugunsten der Mieter der betreffenden Wohnungen handelt. Bei einem Vertrag zugunsten Dritter erwirbt dieser ein eigenes Forderungsrecht gegen den Verpflichteten. Hier hätten die Beklagten also Ansprüche gegen die XXXX GmbH, falls diese zu ihren Gunsten übernommene Verpflichtungen nicht erfüllt haben sollte und den Beklagten dadurch Nachteile entstanden sind (vgl. Urteil des BGH vom 14. November 2018 zu VIII ZR 109/18). Diese Rechte würden unmittelbar auf dem Kaufvertrag basieren, soweit dieser ein Vertrag zugunsten Dritter ist – nicht aber auf ihrem Mietvertrag.

 

Ansprüche gegen die Klägerin, die an dem Kaufvertrag nicht beteiligt gewesen ist, ergeben sich daraus jedoch keinesfalls (vgl. Urteil des AG Schöneberg vom 9. April 2014 zu 12 C 340/12).

 

Soweit die Beklagten einwenden, sie seien aufgrund der Übersendung des Kaufvertrages zur Prüfung, ob sie ihr Vorkaufsrecht nach § 577 BGB ausüben wollen, davon ausgegangen, dass die Erklärungen in dem notariellen Kaufvertrag einen mietvertraglichen Verzicht auf Kündigungen wegen Eigenbedarfs darstellen würden, steht dem schon entgegen, dass ein solcher Verzicht gemäß § 550 S. 1 BGB der Schriftform bedürfte, die allein durch die – in einem ganz anderen Zusammenhang erfolgte – Übersendung des Kaufvertrags, an dem keine der Parteien beteiligt gewesen ist, an die Beklagten keinesfalls gewahrt wird (vgl. Urteil des BGH vom 4. April 2007 zu VIII ZR 223/06).

 

d) Die Kündigung hat das Mietverhältnis mit den Beklagten unter Berücksichtigung der Mietzeit mit Ablauf des 28. Februar 2020 beendet.

 

3. Die Beklagten können nicht von der Klägerin aufgrund des gem. § 574b BGB form- und fristgemäß erhobenen Widerspruchs vom 12. Dezember 2018 die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, da sie nicht schlüssig dargelegt haben, dass die Kündigung für sie eine Härte im Sinne von § 574 BGB bedeutet, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Klägerin nicht zu rechtfertigen ist.

 

Unter einer Härte versteht man alle Nachteile wirtschaftlicher, finanzieller, gesundheitlicher, familiärer oder persönlicher Art, die in Folge der Vertragsbeendigung auftreten können (vgl. Urteil des LG Berlin vom 7. Mai 2015 zu 67 S 117/14). Bei der Interessenabwägung ist das Bestandsinteresse des Mieters einerseits mit dem Erlangungsinteresse des Vermieters andererseits in Beziehung zu setzen. Hierbei sind die Wertentscheidungen des Grundgesetzes zu berücksichtigen. Auf Seiten der Klägerin dürfen nur die Gründe Berücksichtigung finden, die sie in dem Kündigungsschreiben angegeben hat. Andere Gründe werden nur dann ausnahmsweise berücksichtigt, wenn und soweit sie nachträglich entstanden sind, § 574 Abs.3 BGB.

 

a. Die mit einem Wohnungswechsel typischerweise verbundenen Unannehmlichkeiten stellen keinen Härtegrund im Sinne von § 574 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Die Konsequenzen, die für den Mieter voraussichtlich aus dem erzwungenen Umzug folgen, müssen sich von solchen üblichen Beeinträchtigungen und Nachteilen deutlich abheben (vgl. Urteil des BGH vom 15. März 2017 zu VIII ZR 270/15).

 

b. Die lange Dauer des Mietverhältnisses des Beklagten zu 1. ist allein nicht geeignet, eine Härte zu begründen. Denn diesem Umstand hat der Gesetzgeber schon durch die unterschiedliche Länge der Kündigungsfristen in § 573c Abs. 1 BGB Rechnung getragen.

c. Auch eine durch die lange Mietdauer begründete tiefe Verwurzelung des Mieters im bisherigen Wohnumfeld und eine besondere Bindung an die gekündigte Wohnung stellen für sich allein nicht unbedingt eine Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 S.1 BGB dar, da diese Umstände sich je nach der Persönlichkeit des Mieters und seiner körperlichen und psychischen Verfassung unterschiedlich auswirken (vgl. Urteil des BGH vom 22. Mai 2019 zu VIII ZR 180/18). Die Beklagten haben keine besonderen Umstände in ihrem persönlichen Bereich geschildert, die ihrer Verwurzelung in der Umgebung ihrer bisherigen Wohnung das erforderliche Gewicht verleihen könnten.

Sie tragen zwar vor, dass sie mit den anderen Hausbewohnern teilweise seit Jahrzehnten vertraut sind und sie ein enges freundschaftlich-familiäres Verhältnis verbindet, das sich in gemeinsamen Weihnachtsfeiern und gegenseitiger Hilfeleistung manifestiert.

Es ist aber nicht ersichtlich, warum diese Freundschaften nicht auch weiter gepflegt werden können, wenn die Beklagten nicht mehr im selben Haus wohnen, zumal die Beklagten unstreitig ein Auto zur Verfügung haben.

Es ist ja auch keineswegs ausgeschlossen, dass die Beklagten eine neue Wohnung in der näheren Umgebung finden werden. Gerade weil sie nach ihren eigenen Angaben dort vielfältig vernetzt sind, haben sie gute Chancen, frühzeitig von freiwerdenden geeigneten Wohnungen zu erfahren, um die sie sich dann gezielt bewerben können.

Notfalls dürften die Beklagten mit 53 und 60 Jahren auch noch in der Lage sein, sich an eine neue Wohngegend anzupassen.

d. Die Beklagten haben auch keine erheblichen gesundheitlichen Beschwerden vorgetragen, die sich infolge des Auszuges aus der bisherigen Wohnung verschlechtern könnten.

Das Asthma der Beklagten zu 2. beeinträchtigt sie offenbar nicht sehr, da sie trotzdem ihrer Arbeit nachgehen und sich zusätzlich noch um Angehörige und Bekannte kümmern kann.

Es ist dem Vortrag der Beklagten auch nicht zu entnehmen, dass für das bei dem Beklagten zu 1. diagnostizierte Pfeiffersche Drüsenfieber – eine Viruserkrankung, mit der sich fast jeder Mensch im Laufe seines Lebens ansteckt – etwas anderes gilt.

Soweit er vorträgt, Existenzängste wegen des Verlustes seines Arbeitsplatzes nach mehrmaliger Krankschreibung und schließlich Insolvenz seines Arbeitgebers und nun auch noch der drohende Verlust der Wohnung hätten bei ihm eine Depression ausgelöst, deren Folgen bis zur Suizidgefährdung reichen würden, ist ihm zwar zuzugestehen, dass sein grundgesetzlich geschütztes Recht auf Leben und Gesundheit gegen das Eigentumsrecht der Klägerin abzuwägen sind. Das heißt aber nicht, dass jede behauptete Suizidgefahr zwangsläufig dazu führen würde, dass die Ansprüche der Klägerin zurücktreten müssen (vgl. Beschlüsse des BVerG vom 3. Oktober 1979 zu 1 BvR 614/79 und des BGH vom 4. Mai 2005 zu I ZB 10/05).

Eine konkrete gegenwärtige Suizid-Gefahr behaupten die Beklagten selbst nicht.

 

Im Falle einer Verschlechterung seines Gesundheitszustands ist es dem Beklagten zu 1. zuzumuten, die psychologische Behandlung, in der er sich bereits seit längerer Zeit befindet, zu intensivieren, notfalls sich in stationäre Behandlung zu begeben. Dass die Gefahr hierdurch nicht abgewendet werden könnte, ist nicht ersichtlich.

e. Es ist auch nicht anzunehmen, dass durch einen Auszug aus der jetzigen Wohnung die bisherige Unterstützung der Mutter des Beklagten zu 1. – Begleitung zum Arzt oder zum Einkaufen, wöchentliche Versorgung mit vorbereiteten warmen Mahlzeiten, Hilfe bei Unwohlsein – nicht mehr in vergleichbarer Weise möglich wäre und sie nicht bei Bedarf auch in die neue Wohnung der Beklagten aufgenommen werden könnte.

f. Auch eine eventuelle Verlängerung der bisher 6,5 km betragenden Entfernung zwischen der Wohnung und der Arbeitsstelle der Beklagten zu 2. in der Residenz D. in der C. Allee stellt keine unzumutbare Härte dar.

g. Die Beklagten können sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass es ihnen aufgrund ihrer aktuellen Einkommenssituation und der derzeitigen Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt nicht möglich sei, Wohnraum mit vergleichbarer Ausstattung und Miethöhe in der näheren Umgebung zu finden.

Die Vorschrift des § 574 Abs.2 BGB führt zwar als Regelbeispiel für eine Härte aus, dass angemessener Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen nicht beschafft werden kann, wobei ein Ersatzwohnraum als angemessen anzusehen ist, wenn er im Vergleich zu der bisherigen Mietwohnung den Bedürfnissen des Mieters entspricht und preislich für ihn tragbar ist. Hinsichtlich der Finanzierbarkeit ist auf das aktuelle Einkommen abzustellen, mögliche staatliche Zuschüsse (z. B. Wohngeld) sind zu berücksichtigen.

Gewisse Veränderungen und zumutbare Verschlechterungen der Wohnverhältnisse muss der Mieter hinnehmen.

Entscheidend kommt es darauf an, dass der Mieter sich ernsthaft und energisch um die Beschaffung einer Ersatzwohnung bemüht hat.

Daran fehlt es hier, worauf schon die Klägerin im Schriftsatz vom 29. April 2020 hingewiesen hat. Die Beklagten haben nicht ausreichend vorgetragen, geschweige denn unter Beweis gestellt, dass sie alle ihnen persönlich und wirtschaftlich zumutbaren Schritte unternommen haben, um eine neue Wohnung zu beschaffen. Hierzu hätten sie substantiiert vortragen müssen, welche Bemühungen sie seit dem Ausspruch der Kündigung unternommen haben, um angemessen Ersatzwohnraum zu finden. Der Mieter ist verpflichtet, sich mithilfe von Verwandten und Bekannten, öffentlichen und privaten Stellen, unter Inanspruchnahme geeigneter Medien (Zeitungsanzeigen, Internet) ernsthaft und nachhaltig um eine Ersatzwohnung zu bemühen, soweit ihm dies unter Berücksichtigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zuzumuten ist (vgl. Urteil des BGH vom 22. Mai 2019 zu VIII ZR 180/18).

Die Beklagten haben auch nicht hinreichend dargetan, dass es unmöglich ist, angemessenen Ersatzwohnraum – also ausreichend großen, nicht unbedingt qualitativ gleichwertigen – Wohnraum zu zumutbaren, also für sie preislich tragbaren Bedingungen zu erlangen.

Insoweit genügt es nicht, auf den angespannten Berliner Wohnungsmarkt, die Höhe ihrer aktuellen laufenden Einkünfte (zusammen über 2.800,- Euro) und ihren in absehbarer Zeit zu erwartenden Ruhestand zu verweisen.

Es ist zwar gerichtsbekannt, dass gerade im Niedrigpreissegment in B. Wohnungsnot herrscht. Schon aus der Kappungsgrenzenverordnung vom 7. Mai 2013, der gemäß § 577a Abs. 2 S.2 BGB ergangenen Verordnung vom 13. August 2013, der Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015 und zuletzt dem MietenWoG Bln ergibt sich, dass die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in Berlin besonders gefährdet ist (vgl. Urteil des LG Berlin vom 9. Mai 2018 zu 64 S 176/17). D. h. aber nicht, dass der Wohnungsmarkt derart angespannt ist, dass er praktisch nicht mehr existiert. Die Angebote auf den entsprechenden Internet-Plattformen zeigen, dass ungeachtet der Mangellage in B. weiterhin Wohnraum zur Vermietung – nicht nur im oberen Preissegment – zur Verfügung steht. Eine Beweislastumkehr dahingehend, dass der Vermieter die Möglichkeit zur Anmietung einer angemessenen Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen für den Mieter nachweisen müsste, ist daher nicht geboten (vgl. Urteil des LG Berlin vom 9. März 2018 zu 63 S 67/16).

h. Die vergleichsweise niedrige Miete für die jetzige Wohnung der Beklagten begründet grundsätzlich kein berechtigtes Interesse an ihrem Verbleib in der Wohnung. Anders ist es nur unter ganz besonderen Umständen, etwa wenn die niedrige Miete ein Ausgleich für Investitionen oder Leistungen des Mieters darstellt. Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich (vgl. Beschluss des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 16. Mai 2002 zu 124 /01; Urteil des LG Berlin vom 18. Dezember 2019 zu 64 S 91/18).

4. Selbst wenn die Kündigung vom 23. Mai 2019 nicht zur Beendigung des Mietverhältnisses geführt hätte, wäre dieses jetzt aufgrund der weiteren Kündigung der Klägerin vom 9. April 2020 nach § 543 Abs. 1 BGB beendet.

Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen, wobei ein solcher Grund vorliegt, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Das ist hier der Fall.

Unstreitig hat der Beklagte zu 1. die Klägerin gegenüber dem Installateur, Herrn W., als „Hexe“ bezeichnet bzw. sie mit einer „bösen Hexe im Märchenland“ verglichen.

Dies stellt eine Schmähung und eine üble Nachrede dar.

Das muss sich die Klägerin auch unter Berücksichtigung der durch ihre Kündigung und die Probleme der Beklagten mit der Warmwasserversorgung emotional belasteten Situation nicht gefallen lassen (vgl. Urteil des LG Leipzig vom 11. Januar 2002 zu 14 S 6332/01).

Eine Abmahnung ist nach § 543 Abs. 3 S. 2 BGB nicht erforderlich gewesen, zumal der Beklagte zu 1. es ersichtlich nicht für notwendig gehalten hat, die Klägerin um Entschuldigung zu bitten oder Reue zu zeigen.

II.

Die Klägerin kann ihr Herausgabeverlangen auch auf § 985 BGB stützen. Nach dieser Vorschrift kann der Eigentümer von dem Besitzer die Herausgabe verlangen.

Dies gilt nach § 986 Abs. 1 S. 1 BGB zwar nicht, wenn der Besitzer dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist.

Das ist hier aber nach der wirksamen Kündigung des Mietverhältnisses nicht mehr der Fall.

III.

Das Gericht hat den Beklagten zur Vermeidung von Obdachlosigkeit eine Räumungsfrist im Sinne des § 721 Abs.1 ZPO bis zum 31.Oktober 2020 bewilligt.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

D.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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