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Eigentumswohnung – Abrechnung über Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters innerhalb Jahresfrist

LG München I, Az.: 31 S 11267/17

Urteil vom 18.01.2018

In dem Rechtsstreit erlässt das Landgericht München I – 31. Zivilkammer – ……aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11.01.2018 folgendes Endurteil:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 29.06.2017, Az. 472 C 6762/17, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren bis zum 10.01.18 auf Euro 1.461,05 und ab dem 11.01.18 auf Euro 1.034,33 festgesetzt.

Gründe:

I.

Eigentumswohnung – Abrechnung über Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters innerhalb Jahresfrist
Foto: robnroll/Bigstock

Es wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Ersturteils Bezug genommen. Ergänzungen sind wie folgt veranlasst:

Die Parteien streiten um eine Kautionsrückzahlung des Klägers nach beendetem Mietverhältnis zwischen den Parteien sowie um die Rückzahlung von Betriebskostenvorauszahlungen des Klägers.

Das Erstgericht hat die Beklagte zur Rückzahlung der Kaution in Höhe von Euro 858,41 verurteilt sowie dem Kläger einen Anspruch auf vorläufige Rückzahlung hinsichtlich der für 2015 zu viel bezahlten Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von Euro 602,64 zugesprochen, mit der Begründung, dass es derzeit an einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung der Beklagten hierüber fehle, eine ordnungsgemäße Abrechnung aber noch möglich sei in Höhe der geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von Euro 1.920,-, da sich die Ausschlussfrist des § 556 Abs. 3 BGB ausdrücklich nur auf Nachforderungen, die über die mietvertraglich vereinbarten Vorauszahlungen hinausgehen, beziehe.

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer eingelegten Berufung.

Mittlerweile ist der Rechtsstreit mit dem Miteigentümer wegen der Wohngeldabrechnung 2014 wegen technischer Probleme und wegen der Grundverteilung der Heizkosten im Anwesen unter dem Aktenzeichen 481 C 26045/15 durch Vergleich beendet und es wurde vom WEG-Verwalter mit Datum 24.10.17 für die Beklagte die Gesamt- und Einzelabrechnung erstellt und die Beklagte hat an den Kläger mit Schreiben vom 01.11.17 die endgültige Kautions- und Nebenkostenabrechnung gesandt (Anlagen B 5 – B 8) und an den Kläger ein Restguthaben entsprechend der Abrechnung der Beklagten von Euro 426,72 an den Kläger bezahlt, wo der Betrag am 20.11.17 gutgeschrieben wurde.

Der Kläger hat deshalb den Rechtsstreit in Höhe der Zahlung von Euro 426,72 für erledigt erklärt. Dieser Erledigterklärung hat sich die Beklagte in der Berufungsverhandlung angeschlossen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts München aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung wird zurückgewiesen.

Er trägt vor, die ursprüngliche Klage sei zulässig und begründet gewesen. Nachdem die Beklagte auf den Kautionsrückzahlungsanspruch von noch Euro 858,41 eine Zahlung von Euro 426,72 geleistet hat, verbliebe noch ein offener Anspruch des Klägers von Euro 431,69. Es bestehe kein Anspruch der Beklagten aus der nunmehr erfolgten Betriebskostenabrechnung, der dem verbleibenden Kautionsrückzahlungsanspruch aufrechenbar gegenüberstünde.

Es stünde der Beklagten kein Anspruch aus der mit Schriftsatz vom 20.11.17 vorgelegten Betriebskostenabrechnung in Höhe von Euro 431,69 zu, denn die Beklagte habe über die Betriebskosten 2015 bis zum 31.12.16 abzurechnen gehabt und sei danach mit sämtlichen Nachzahlungsansprüchen gemäß § 556 III 3 BGB ausgeschlossen. Die Vorschrift führe zu einem von Amts wegen zu beachtenden Rechtsverlust. Abrechnungsschwierigkeiten der Hausverwaltung beträfen allein die Vermietersphäre. Die Beklagte habe die Frist des § 556 HI 3 BGB schuldhaft versäumt. Auch eine auf Schätzwerten basierte Abrechnung habe den formellen Anforderungen zu genügen, was hier nicht der Fall sei.

Aufgrund der formell unwirksamen Betriebskostenabrechnung für Heizung/Warmwasser sei diese Kostenposition vollständig zu streichen gewesen, mit dem Ergebnis, dass sich aus den Vorauszahlungen noch ein Guthaben für den Kläger von Euro 602,64 ergäbe und eine Berichtigung sei aufgrund der Fristversäumnis zum Nachteil des Klägers nicht mehr möglich. Die Beklagte kenne sich nicht einmal auf das Behaltendürfen der Vorauszahlungen beziehen.

Weitere Ergänzungen sind nicht veranlasst.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und teilweise begründet.

1. Die Beklagte hat nunmehr endgültig über die Betriebskosten für 2015 abgerechnet und im der Abrechnung gemäß Anlage B 9 hinsichtlich des Kautionsguthabens mit der Nebenkostennachzahlung 2015 über Euro 431,69 aufgerechnet, sodass nunmehr der Kautionsrückzahlungsanspruch von Euro 858,41 in Höhe von Euro 431,69 erloschen (§ 387, 389 BGB) ist und der verbleibende Rückzahlungsanspruch von Euro 426,72 durch Erfüllung vor Schluss der mündlichen Verhandlung erloschen ist gemäß § 362 I BGB, weswegen insoweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend teilweise für über die Kosten des Verfahrens gemäß § 91a ZPO zu entscheiden war.

2. Die Beklagte trifft an der verspätet geltend gemachten Nebenkostenabrechnung für 2015, die die Beklagte grundsätzlich bis zum 31.12.16 gemäß § 556 II 2 BGB hätte abrechnen müssen, kein Verschulden, sodass vorliegend der Ausnahmetatbestand des § 556 III 3 BGB eingreift.

Denn die Beklagte hat unverschuldet nicht fristgerecht abgerechnet. Eine Abrechnung war der Beklagten bis zum 31.12.16 nicht möglich, da der Beklagten die Grundlagen für eine Heizkostenabrechnung fehlten. Denn über diese war ein WEG-Rechtsstreit, auch für die Abrechnung 2015 anhängig, indem ein gerichtliches Sachverständigengutachten erholt wurde. Erst am 08.09.17, widerruflich bis 06.10.17, haben die WEG-Eigentümer einen Vergleich geschlossen. Nachdem dieser nicht widerrufen wurde, erfolgte noch Oktober 2017 die Abrechnung und die Beklagte erstellte am 1.11.17 die endgültige Kautions- und Nebenkostenabrechnung des Beklagten. Die Entscheidung steht auch im Einklang mit der Entscheidung des BGH vom 25.01.17, Az: VIII ZR 249/15. Zwar hat danach der Vermieter einer Eigentumswohnung über die Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters grundsätzlich innerhalb der Jahresfrist des § 556 III 2 BGB abzurechnen, auch wenn der WEG-Beschluss nach § 28 Abs. 5 WEG zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegt. Aber eine Entlastung hinsichtlich einer nicht fristgerecht vorgenommenen Abrechnung kommt nach dieser Entscheidung jedenfalls dann in Betracht, wenn die Fristversäumnis für den Vermieter wie hier der Fall unverschuldet ist. Hier hat die Beklagte anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall den Entlastungsbeweis geführt. Denn die Beklagte hatte dem Kläger mit Schreiben vom 12.12.16 (B1) ordnungsgemäß mitgeteilt, dass eine endgültige fristgerechte Abrechnung aufgrund des anhängigen Rechtsstreits wegen fehlender Einzelabrechnungen der Heizkosten für 2015 nicht möglich ist. Mehr konnte und durfte der Kläger von der Beklagten nicht erwarten. Die Dauer des Rechtsstreits mit Gutachtenserstellung durch einen gerichtlichen Sachverständigen konnte die Beklagte nicht beeinflussen, weshalb von ihr im Gegensatz zu dem von BGH zu entscheidenden Verfahren, gelungen ist, nachzuweisen, dass die verspätete Abrechnung durch die beklagte Vermieterin unverschuldet erfolgte.

3. Nachdem die Beklagte wie unter Ziffer 2 ausgeführt, zutreffend vor Fristablauf nicht endgültig über die Betriebskosten 2015 abrechnen konnte, bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Teilabrechnung, § 556 III 4 BGB. Die seitens der Beklagten überobligatorisch erfolgte vorläufige Nebenkostenabrechnung 2015 vom 12.12.16 kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht dazu führen, dass die Beklagte aufgrund der vorgenommenen Schätzung der Position Heizung/Warmwasser mangels Angabe der Schätzgrundlagen in der vorläufigen Abrechnung die erstinstanzlich ausgeurteilten Euro 602,64 vorläufig zurückzuzahlenden Nebenkostenvorauszahlungen zurückerhält. Ebenfalls war es der Beklagten, wie mit dem Schreiben in Anlage B8 erfolgt, mangels Verschuldens der verspäteten Abrechnung möglich, auch mit dem verbleibenden Kautionsanspruch des Klägers aufzurechnen. Auch kam es zur Entscheidung des Rechtsstreits, entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht darauf an, ob die vorläufige Nebenkostenabrechnung formell ordnungsgemäß erfolgt ist, denn aufgrund des Fehlens des Verschuldens der Beklagten hinsichtlich einer fristgemäßen endgültigen Abrechnung hätte es gar keiner Abrechnung der Beklagten bedurft und diese kann deshalb auch im Hinblick auf eine fehlende Angabe der von Schätzgrundlagen der vorläufig abgerechneten Heiz- und Warmwasserkosten auch für die Beklagte keine nachteiligen Auswirkungen entfalten. Soweit die Schätzung der Beklagten über dem tatsächlich nunmehr endgültigen Verbrauch des Klägers lag, ist die Differenz von rund Euro 400,00 nicht zu beanstanden. Die Schätzung, die die Klägerin aus den Abrechnungen der vorangegangenen Jahre unbestrittenen ermittelt hat, ist nicht zu beanstanden.

4. Die Beklagte durfte in Erwartung der noch ausstehenden endgültigen Heizkostenabrechnung 2015 und aufgrund der Nachzahlungen des Klägers in den Vorjahren aufgrund ihrer berechtigten Erwartung einer Nachzahlungspflicht des Klägers auch die Kaution des Klägers bis zur endgültigen Abrechnung der Heizkosten 2015 einbehalten. Insoweit stand der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu. Der Vermieter darf die Kaution über den regulären Abrechnungszeitraum hinaus zurückbehalten, wenn – wie hier – ein Nachzahlungsanspruch zu seinen Gunsten für noch nicht fällige Betriebskosten zu erwarten ist. Zwar muss im Allgemeinen der Vermieter innerhalb von 6 Monaten über die Kaution abrechnen; im Einzelfall kann die Abrechnungsfrist aber auch länger sein. Denn die Mietkaution sichert alle – auch die noch nicht fälligen – Ansprüche des Vermieters, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben. Dazu gehören auch Ansprüche aus einer noch zu erstellenden Betriebskostenabrechnung. Wird eine keine anderslautende Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen, gilt kraft Gesetzes ein umfassender Sicherungszweck. Maßgeblich ist, wann die Abrechnung möglich ist (BGH, Urteil vom 18.1.2006 – VIII ZR 71/05 a.A. Schmidt-Futterer/Blank BGB § 551 Rn. 99 f., beck-online). Im hiesigen Fall hatte das Interesse des Klägers an einer zügigen Abrechnung der Kaution nach Vertragsende in gegenüber dem Sicherungsinteresse der Beklagten als Vermieterin an der Kaution bis zur Klärung der Frage, ob noch Nachzahlungen aufgrund der Heizkostenabrechnung 2015 klägerseits zu leisten sind, zurückzustehen.

5. Da der Kläger vollständig unterlegen ist und die Beklagte sich mit der Rückzahlung der streitgegenständlichen Forderungen nicht in Verzug befand, steht ihm auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden gemäß §§ 280 II, 286 BGB zu.

6. Der Kläger hat die Kosten sowohl der ersten Instanz als auch des Berufungsverfahrens gemäß §§ 97, 91, 91 a ZPO zu tragen.

Aufgrund der o.g. Ausführungen stand der Beklagten bis zur endgültigen Abrechnung der Kaution und Nebenkosten vom 01.11.17 (B 8) ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe der gesamten noch verbleibenden Kaution von Euro 858,41 zu, da die Beklagte aufgrund ihrer Schätzung anhand der Abrechnungen der Vorjahre aufgrund der vorläufigen Abrechnung der Nebenkosten vom 12.12.16 eine Nachzahlung von Euro 847,36 erwartete.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichts war die Beklagte auch bis zur Abrechnung vom November 2017 berechtigt, die klägerseits gezahlten Betriebskostenvorauszahlungen einzubehalten, da vorliegend nicht entscheidend war, ob die vorläufige Abrechnung, zu der die Klägerin nach § 556 III 4 BGB nicht verpflichtet war, formell ordnungsgemäß erstellt wurde. Sondern ausschlaggebend war, dass die Beklagte unverschuldet an der rechtzeitigen Erstellung der Abrechnung gehindert war, § 556 III 3 BGB.

7. Die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

8. Der Streitwert folgt aus § 47 GKG.

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